10.05.2022
 
MAUS + WANDERMAUS FEIVEL
 
Hass und Hetze für die Kleinsten,
Völkerverständigung am reinsten,
wie sie Art Spiegelman versteht;
für Fabeln ist es nie zu spät.
 
„Maus“ erzählt die Juden-Tragik,
doch gab‘s mehr als eine Panik.
Jede Geschichte hat zwei Seiten,
die den Gang der Dinge leiten.
 
Feivel, die jiddische Wandermaus,
zog ins Gelobte Land hinaus.
Sie glaubte es von Katzen frei,
dass dort der Große Frieden sei.  
 
Doch auch dort gibt‘s Nazi-Katzen,
die am US-Image kratzen.
Und die armen Mäuslein jagen;
immer, immer muss man klagen!
 
Der Cartoonist Art Spiegelman,
ging die Geschichte jüdisch an.
Natürlich ist ihm das erlaubt,
dass er nur an sein Credo glaubt.
 
Doch die Wahrheit ist verschieden,
jeder sieht sein Stück hinieden,
sieht des anderen Wahrheit nicht
und rennt darum zum Gericht.
 
Nicht nur Mäuse müssen leiden,
da sie die bösen Katzen meiden,
die Katzen haben geradso Feinde,
die bösen Hunde der Gemeinde.
 
Die Feivel-Maus beklagt ihr Los,
nur Katzen wär‘n erbarmungslos,
doch für das große Katzenmorden,
bekamen auch Mäuse ihre Orden.
 
Alles, alles hat zwei der Seiten,
einseitig seinen Hass bereiten,
muss dem Völkerfrieden schaden
und zu neuem Krieg einladen.
 
Große Mäuse gleichen Ratten
diese huschen durch die Schatten,
wer‘s nicht sieht und nicht erkennt
hat wohl die Realität verpennt.
 
Art Spiegelman ist der sympathische jüdische Cartoonist der die jüdische „Maus - Die Geschichte eines Überlebenden“ („Maus. A Survivor's Tale“) kreierte. Ein Versuch das deutsch-jüdisches Kriegsdrama im Comic darzustellen. Es ist die Geschichte in der Juden als Mäuse, Deutsche als Nazi-Katzen, US-Amerikaner als Hunde, Polen als Schweine (was zu Verbrennungen des Buches in Polen führte), Franzosen als Frösche, Schweden als Rentiere und Briten als Fische dargestellt werden. Wenn ein Charakter vorgibt, einer anderen Gruppe anzugehören, trägt er (symbolisch) eine Maske. Durch die Tiermetapher (und das Medium Comic) wahrt Spiegelman - so die Interpretation - den „Abstand zum erzählten Grauen“. Dass es sich aus anderer Sichtweise, um Pauschaldiskriminierungen beleidigender Art handeln kann, beweisen die Proteste in Polen. Ebenfalls die Juden als Mäuse stellten Don Virgil Bluth und Gary Wayne Goldman 1986 das, in dem Zeichentrickfilm „Feivel, der Mauswanderer“ (An American Tail).
 
Ablauf: Die jüdische Mäusefamilie Mousekewitz lebt in Weißrussland in bitterer Armut und in der ständigen Bedrohung durch mörderische Katzen. Schließlich beschließen sie, in die USA auszuwandern, denn „es gibt keine Katzen in Amerika“, so heißt es zumindest. Auf dem Frachter über den Atlantik begegnen ihnen zahlreiche weitere Auswanderer-Mäuse, welche ebenfalls Schicksalsschläge durch die Katzen erlitten haben. Sie besingen ihre neue katzenfreie Heimat in einem Lied. Bei einem großen Sturm wird der kleine Feivel dann von Bord gespült und kann sich nur noch in eine Flasche flüchten. Während vor allem Feivels Schwester Tanya fest daran glaubt, dass ihr Bruder noch am Leben ist, hat vor allem Papa Mousekewitz längst alle Hoffnung aufgegeben, Feivel jemals wiederzusehen. In New York gehen die Mousekewitz' von Bord und betrachten die Freiheitsstatue als Verheißung ihrer neuen Freiheit. Allerdings erwartet sie eine böse Überraschung, denn wider Erwarten ist Amerika keineswegs katzenfrei. Nach einigen Angriffen durch die New Yorker Katzen beschließen die Mäuse, gemeinsam etwas gegen die Katzen zu unternehmen. Feivel hat eine Idee, um die New Yorker Mäuse-Gemeinde ein für alle Mal zu schützen: den Bau einer übergroßen, mit Feuerwerkskörpern anefüllten Mäuseattrappe. Diese „Riesenmaus von Minsk“ aus einem russischen Mäusemärchen versetzt die Katzen derart in Schrecken, dass alle Katzen fluchtartig die Stadt durch ein Schiff verlassen. Damit ist die Mäusegemeinde in Sicherheit, denn Feivels gelobte neue Heimat ist nun tatsächlich „katzenfrei“. Feivel ist ein männlich-jiddischer Vorname und die Koseform von Feibush, mit der Bedeutung des Glänzenden, Reinen. Natürlich sieht jeder Nationalist die eigene Art und Position als die allein „reine und glänzende“ an. Doch jede vermeintliche Wahrheit ist relativ und kann durch die Wahrheit des anderen in Frage gestellt werden. Menschenvernichtungen im großten Stil erfuhren nicht nur Juden, wie man weiß, sondern vor und nach dem Krieg deutsche Bürger durch Polen und Russen. Spiegelman zeichnet ein hassvolles Schwarz-Weiß-Bild von harmlosen jüdischen Mäusen und schrecklichen Nazi-Katzen. Das angesprochene Publikum seiner Mäusegeschichten sind die Kinder. Die jüdischen Mäuse bieten nicht wie die Micky Maus, vom irisch-deutsch-stämmigen Walt Disney, nur fröhliche Unterhaltung, die Maus“ mehr und Feivel weniger bringen eine vergiftete Botschaft in die Kindergehirne vom nachhaltigen Hass gegen die Mäusefeinde. Dem Völkerfrieden und einem anzustrebenden Geist der Versöhnung tut er damit sicherlich keinen Dienst. Und von der historischen Wahrheit zeichnet er damit sein sehr einseitiges Verständnis, eben sein signifikant jüdisches. Von der diffizilen Geschichte der Glaubensstreitigkeiten, vom Marxismus-Leninismus, der Oktoberrevolution, vom Bolschewismus und Gulag und all dem was zum Weltkrieg II. und dem Überlebenskampf der „Katzen“ geführt hat, ist aus Feivels Horizont ausgeblendet. Die Kinder wären damit auch überfordert. Von der Historie der massenhaften Niederbombung im Krieg und Erschlagung der „Katzen“ nach Kriegsende, ebenso. Dass „Mäuse“ nicht nur Opfer, sondern auch Täter waren, will man mancherorts nicht wahrhaben, es würde das einseitige Opferverständnis beschädigen. Wir wissen doch alle, dass nicht allein die Katzen“ bösartige, lebensbedrohliche Tiere sein können, sondern auch die „Mäuse“ zu gewissen Begebenheiten und Regionen anderen Lebewesen übel mitspielen konnten und können. Tendenziöse Schwarz-Weiß-Malerei gehört aber in keine Redaktionsstube, in keine verantwortliche Regierungskanzlei und auch in kein Kinderzimmer.