Das bronzene „Schöneberger Rind“ aus einer Semnonensiedlung von Berlin-Schöneberg des 1. bis 3. Jh. n.0
 
ZEITRAUM DER RUNE
 
Das runische Heil, gebündelt zum Strauß,
steht im vierundzwanzigsten Runenhaus.
Wir dürfen in dem Begriff VIEH vermuten
eine Zusammenfassung von allem Guten.
 
Das Runenbild zeigt ein gehörntes Tier
in leicht erkennbarer Kürzel-Manier.
Die Zahl Vierundzwanzig meint die „Sechs“,
das gesamte, um fassende Wonnegewächs.
 
Die Sechs, die das All umschließen soll,
keine Rune ist sämtlicher Gaben so voll.
Als Ergebnis von unserem „Runengebet“,
zu dessen Ende erfüllte Gewährung steht,
darf nur das VIEH als Sinnwort erscheinen,
der Ausdruck will allen BESITZ vereinen.
 
Kein Saal im gesamten Runengebäude
ist erfüllter von hoffnungsseligster Freude.
Das Gleichniswort VIEH galt unseren Ahnen,
vedischen Indern, Eranern, Germanen,
soviel wie „Wohlstand - Reichtum - Eigentum“,
zum eig‘nen sowie eig‘ner Gottheit Ruhm.
 
Gewiss aber ist, dass in allen Landen
unter „Besitz“ die Feinen Feines verstanden;
Vermögensschätze im übertragenen Sinn,
der himmlische Reichtum steht auch darin.
 
Im Mittelpunkt arischer Volkswirtschaft
stand das VIEH mit seiner Ernährungskraft.
Könige und Bauern, selbst auch Brahmanen,
sie dachten sämtlich in gleichen Bahnen.
 
Man wünschte den Viehreichtum zu mehren,
Krieg nannte man offen das „Rinderbegehren“.
Das Wort VIEH ist nur recht zu ermessen,
wenn wir es in heut‘ge Begriffe umpressen,
wie: „Zinsstarke Bankguthaben“, so ungefähr;
ein Herdenbesitzer galt alsAktionär“.
 
Es belehrt das angelsächsische Runenlied,
das die materielle Seite der Rune erriet:
„GELD ist ein Trost für Menschen alle,
doch soll man auch spenden in jedem Falle.“
So ist nur natürlich, dass VIEH und Rind
dem sonngeist‘gen Freyr-Fro geheiligt sind.
Denn er galt als großer Reichtumsspender,
als goldbeschenkender Füllhornverschwender.
 
Das ist die halbe Wahrheit der Rune VIEH.
Die and‘re Seite arischer VIEH-Mythologie
zeigt ein hohes, zartes, edles Gebilde
auf den Ebenen erhabenster Geistesgefilde.
 
Was der Urstier aus seinem Opfer erschuf,
was da erwachte nach seinem Entstehungsruf,
war ein geistiges Wesen, ein Seelenstrauß,
jede einzelne Rinderseele wuchs da heraus.
 
Aus diesem heiligen Kraftquell entströmt‘,
was die Menschen mit ihrer Erde versöhnt.
All die nährenden, stärkenden, guten Gaben,
mit denen die Rinder die Menschen laben,
sie sind ein Geschenk jener Seelenmacht,
die man als Weltgeist des Rindes gedacht.
Hier offenbart sich ein dankbares Denken
gegenüber dem VIEH und seinen Geschenken.
 
das VIEH, nicht zur „Sache“ niedergedrückt,
sondern eng mit geistigem Heil verquickt.
Die VIEH-Seele ist Symbol für „GUTEN SINN“,
sie bringt Erdenglück sowie Seelengewinn.
Drum handele man milde gegenüber dem VIEH,
so ermahnt uns alt-arische Theologie.
 
Aus dem Opfer der Gottheit ergoss sich Segen,
des Urstieres Blut, wie gedeihlicher Regen.
Noch im Sterben, so berichten die Legenden,
war des Stieres Wunsch, das VIEH zu spenden.
 
Aus geopfertem, göttlichem Samenschwall,
gleich wunderbar, wuchtigem Widerhall,
als Antwort auf himmlische Opfergesänge,
erwachte der Glanz-Keime mächtige Menge.
 
Die „geistigen Keime“, die Ideen, die Seelen,
die in Stoffwelten erst ihre Körper erwählen,
der heiligen Lichtwelt umfassendes Gut
stammt aus des Stieres vergossenem Blut.
 
So ist für die Welt nun der Grundstein gelegt,
gute Werdegeister, sie schwärmen erregt;
die Finster-Seelen setzt‘ Satan dagegen;
nun ringen die Mächte auf sämtlichen Wegen.
 
Das Geistertreiben verfeindeter Schatten,
erst nach der „Bechtennacht“ wird es ermatten;
wenn Nachtschatten ihre Länge verlieren,
die Lichtkräfte deutlicher triumphieren.
 
Bis dann währet wildes Perchten-Schwärmen,
da hört man ihr Toben, ihr rasselndes Lärmen;
ihr Schnauben, Knallen, Zischen, Kläffen,
die Schemen liefern sich heftigste Treffen.
 
Mischen Menschen sich ein in diesen Reigen,
müssen holde und hässliche Masken sie zeigen.
In Geister -Schwarmnächten der Umgangszeit
halten sich Perchten-Burschen bereit,
„schöne“ und „schiache“ Mummen zu tragen,
gleich Holden und Unholden wollen sie jagen,
nächtens mit Larven und Laren umtollen,
als Eische und Feine, als Hutler und Hollen.
 
Wenn dem göttlichen Opfer Gaben entquellen,
die Nächte des Winters mit Hoffnung hellen,
wenn die geistigen Keime der Gottesgaben
des kommenden Jahres Göttlichkeit haben,-
ein tröstliches Scheinen durch Herzen zieht,
da steigt auch die Zuversicht wie ein Lied.
Aus dem finsteren Grausen der Opfernacht
hat das Nachtgestirn sich erneut entfacht.
Nie hing er so hoch, der glanzvolle Ball,
so wie ein Segensschwur steht der Kristall.
 
Diese Freude wurde ins Brauchtum getragen,
davon wollten die Sitten singen und sagen.
Wie der Herrgott die große Welt beschenkt,
von ihm nur sind Sonne und Mond gelenkt,
ein Licht in die öde Winternacht scheinen.
 
Was müssen die Kinder des Nordens entbehren,
wenn Nässe und Nebel die Spiele verwehren,
Stürme die Häuser und Heiden umheulen
und Wälder zerschlagen mit Wetter-Keulen.
Wie bedrängen die engen, rauchigen Stuben
lichthaarige Maiden und wählige Buben.
Um das freudarme Kinderdasein zu würzen,
vor der Wende die wehen Wochen zu kürzen,
geschah zum letzten Vollmond des Jahres
in verklärender Nacht etwas Wunderbares:
Ein gütiger Geist, Wodans treuer Knecht,
der macht‘ es den artigen Kindern recht.
Das Schimmelchen Wodans hat er geliehen,
um raschen Rittes nach Mitgard zu ziehen.
Was spendet nicht alles sein Füllegepäck,
ein Püppchen aus Wollschnur und Honigweck,
ein hölzernes Rösslein, Äpfel und Nüsse,
welch‘ herrliche himmlische Segensergüsse !
 
Der sie brachte, aus hoher Helle gesandt,
er wurde „Berchtel“, der Glänzende, genannt,
oder „Ruprecht“, der Ruhmesprächtige, auch,
ihn umwob des Wodans hochrühmlicher Hauch.
 
„Klod“ heißt ganz knapp nur der Ruhmesvolle,
zu „Klaus“ geriet dies Wort außer Kontrolle;
der Brauch kennt große Kläusescharen,
die segenbringend über die Felder fahren.
 
Ruprecht erschien zum Schenken und Rügen,
aus beiden muss die Erziehung sich fügen,
so ward er ein Necker, der launische Geist,
der auch „Nycker, Nichus und Nikhus“ heißt,
und wuchs vom beschenkend-neckenden Klaus
zur Vorweihnachtsfreude, zum „Nikolaus“.
Sein „Klausenweiblein“ stand ihm zur Seite,
die Milde der Mutter gibt immer Geleite.
 
Doch wie dieses Wort auch zu deuten ist,
verdreht ward der „Nickel“ mit arger List.
Dem Sigurd erschien bei wütendem Wetter
und würgenden Wellen der ratende Retter;
vom Vorgebirg‘ rief er den Ringenden an,
er kam an Bord, und der Sturm zerrann.
Da ward es die Mannschaft des Schiffes gewahr,
wer „der Mann vom Berge“ in Wahrheit war.
Odin-Wodan sagte: „Man hieß mich Nikar“.
 
Runenreihe-Ende
 
So sieht sie aus, die mythologische Sicht,
doch sie erklärt den runischen Endpunkt nicht.
Die Vieh-Rune steht am Ende der Reihe,
sie beschließt die kosmisch-runische Weihe.
Mit seelischem Start, materiellem Ende
vollzieht sich des Runen-Kreises Wende.
Wir durften des ODINGs Verkündung erben,
vom OD bis zum vordergründigen Derben.
Der Schöpfer versäumte keine Erklärung,
auch nicht diese, zur viehischen Währung.
Geld und Gold sind des Satans Gescheiß‘,
doch die Welt fußt darauf, wie jeder weiß.
Der Fuß und der Hintern sind hier präsent,
an des Runen-ODINGs „fuðark“-End‘,
denn „fuða“ im Germanischen meint
„Fotze“, „Hintern“, „Fuß“, vereint,
vom Zeh bis zur Lende, erfahren wir,
also das Endstück von Mensch und Getier.