Palmetten-Mosaikschmuck im Felsendom zu Jerusalem
 
 
Die „Irminsul“ im Felsendom zu Jerusalem
 
Der Felsendom in der Altstadt Jerusalems ist der älteste monumentale Sakralbau des Islam. Der fränkische Bischof Arculfus bereiste um 670 Palästina und berichtete bereits über ein viereckiges Gebetshaus auf dem Tempelberg das über Trümmerresten mit dicken Balken und Brettern errichtet worden sei. Um 692 wurde das Gebäude unter dem Kalifen Abd al-Malik geschaffen. Es gibt eine Reihe von Hinweisen dazu, dass er mit dem Gebäude den Zweck verfolgte, um den Triumph des arabischen Islam über die beiden Großmächte Byzanz und Persien ebenso zu feiern, wie den Sieg über Judentum und Christentum. Auf dem im Zentrum des Baus stehende Felsen soll nach jüdischem Mythos die Welt gegründet worden sein. An dieser Stelle habe Abraham, der Stammvater der Juden und Araber, seinen Sohn Isaak opfern wollen, nach islamischer Tradition soll Mohammed von diesem Felsen aus die Himmelfahrt angetreten haben. Der Felsendom ist ein Meisterwerk der byzantinischen Baukunst, mit typisch byzantinischen Mosaiken geschmückt. In seiner ursprünglichen Form sah der Felsendom so aus, wie der unmittelbar im SO daneben stehende Kettendom: ein offener Bau mit Kuppel. In den Jahren 808 und 846 wurde der Bau durch Erdbeben beschädigt, im Jahre 1016 stürzte die Kuppel während eines weiteren Erdbebens auf den Felsen herab, die Neuerrichtung erfolgten 1021 und 1027. Die Forschung nimmt an, dass die älteste Außenverkleidung des Baus seiner Innenverkleidung geglichen haben wird, nämlich der Darstellung von Bäumen, Früchten und Pflanzen aus Glasmosaiken. Der Dominikanermönch und Schriftsteller Felix Fabri, eigentlich hieß er Felix Schmid (1438-1502), aus Zürich, berichtete über seine Reise in den Nahen Osten im Jahre 1483. Man hat ihn als „hervorragendsten Pilger des 15. Jahrhunderts“ tituliert. Die umfangreichen Erneuerungen, unter dem Türkenherrscher „Süleiman dem Prächtigen“, sah Felix in Jerusalem mit eigenen Augen, worüber er in seinem „Evagatorium“ berichtete. Er erzählt von Motiven wie Palmen, Olivenbäumen und Engeln an der Außenverkleidung des Felsendoms. Die Innendekorationen des Felsendoms - von der wir also annehmen dürfen, dass sie unverändert aus der ältesten Bauphase stammt - zeigen Darstellungen des Paradieses, mit stilisierten Dattelpalmbäumen. Ebenso auch die Inschriften die der Bauherr Abd al-Malik als seine dogmatischen Glaubensgrundätze aufstellte, nämlich einer antichristlichen Polemik. Im inneren Teil des Oktogons, dem heiligen Fels gegenüber, steht eine Passage aus der Sure 4, Vers 171: „Christus (al-masih) Jesus, der Sohn der Maria, ist nur der Gesandte Gottes …“. Die Fachgelehrte Angelika Neuwirth führt aus: „Religionspolitisches Ziel der Inschriften ist es, den vor Ort als Gottessohn verehrten Jesus auf seine koranische Dimension eines bloßen Gottesdieners zurückzustufen und ihm den Propheten des Islam auf gleicher Höhe, als einen im Himmel und auf Erden hochgeehrten Propheten […] zur Seite zu stellen.“
 
Die obige Abbildung zeigt ein Detail der bis heute erhaltenen ursprünglichen Innendekoration des Felsendoms. Byzantinische Bauleute, aus den hochentwickelten Mosaikkünstlerschulen, hatten die Ausgestaltung übernommen, wozu die kriegerischen Nomaden der arabischen Halbinsel nicht in der Lage waren. Damals bestand das Bilderverbot des Islam noch nicht. Was zeigt „meine“ vorgeführte Fotografie ? Eine Zierform der altorientalischen Dattelpalme, die als „Heiliger Lebensbaum“, im wahrsten Wortsinne, denn ganze Stadtkulturen lebten von ihren süßen, energiegeladenen Frucht-Erträgen. Jedes einzelne Zierelement entspricht den jahrtausendealten nahöstlichen ikonographischen Vorgaben. In mehreren bei mir, unter gleicher Rubrik, nachlesbaren Aufsätzen habe ich das dargelegt, deshalb schenke ich mir hier die weiteren Einzelheiten. Auch ein kunstgeschichtlicher Laie, mit nur wenigen ikonographischen Vergleichsbildern im Kopf, wird bei gutwilligem bzw. aufgeschlossenem Ansatz erkennen, dass die Grundstrukturen des byzantinischen Mosaiks im Felsendom mit denen des als altsächsische Irminsul fehlgedeuteten Reliefs im Kreuzabnahmebild des Externsteins übereinstimmen. Es tut mir leid, dass ich mehrfach den harten Terminus gebrauche, aber es geht nicht anders, denn das was der Unsinns-Apostel Wilhelm Teudt (1850-1042) auf dem Gebiet „Irminsul-Forschung“ angerichtet hat, ist nicht schroff genug zu kennzeichnen ! Gleichgültig, wie gutwillig der Mann agierte, er war ein leichtfertiger Demagoge, weil schon zu seiner Zeit eine gewissenhafte diesbezügliche Forschung über die orientalische und byzantinische Kunstgeschichte möglich gewesen ist. Ungeprüft übernahmen den Unsinn der Professor für Urgeschichte der Universitär Halle, der Externstein-Archäologe Julius Andree (1889-1942) und auch - als Verlagslogo - die „Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbee. V.“ Das ist und bleibt beschämend, aber noch irritierender ist es, wenn bis zum heutigen Tag die orientalische Dattelpalmen-Ikonographie vom Externstein von neuheidnischen Schwärmern - borniert und lernunfähig wie viele sind - als ihre „heilige germanische Irminsul“ angehimmelt wird. Es gibt eben keine „Irminsul im Felsendom zu Jerusalem, vielmehr gibt es ein byzantinisches Lebensbaum-Relief im Externstein-Felsen bei Horn-Bad-Meinberg ! Wie es dorthin kam, habe ich erklärt.
 
Ausgeschmückt ist der „paradiesische“ Lebensbaum im Felsendom durch die ihn umrankenden Weinreben und Traubenpergel, um seine nahrhafte Süße und Köstlichkeit zu unterstreichen. Als zentrale Spitze ist, sehr sinnvoll, ein männlicher Palmsamenkolben eingearbeitet worden. Denn aus dem Samen erfolgt die neuerliche Befruchtung der zweihäusigen Dattelpalme. Dieses Detail - wir kennen es hinlänglich schon von den assyrischen Reliefs - symbolisiert trefflich die Lebendigkeit des Lebensbaumes, wohingegen das Bild vom Externstein als ein Symbol des Todes verstanden wurde: Jeglicher Mittelspross, das Sinnzeichen des weitergehenden Lebens, fehlt hier ! Das sollte bedeuten, dass der um 90 Grad geknickte „Lebensbaum“ keine Zukunft hat, dass er absterben muss. Was von Seiten der benediktinischen Mönche der Erzdiözese von Paderborn, die das Relief Anfang des 12. Jahrhunderts bestellten, der antiklerikalen röm.-deutschen Kaisermacht - damals von Heinrich V. (1081-1125) repräsentiert - zugedacht war. Die Dattelpalme galt zu dieser Zeit als das Herrschaftssymbol schlechthin, dem die streng antiweltlich-oppositionell und päpstlich gesinnten Benediktiner Paroli boten wo immer es möglich wurde. Zur Entstehungszeit des Kreuzabnahmereliefs hatte der Salier Heinrich V. beim Welfesholz, am 11. Februar 1115, die Schlacht um Sachsen verloren. Die Benediktiner triumphierten und ließen ihr Siegeszeichen gegen den - wie sie es sahen - „heidnischen Kaiser“ am altheidnischen Extern-Felsen einhauen.