21 - DIE ALTHEILIGE ZAHL
 
DIE FRAGE DES HERRN PROF. DR. KLAUS DÜWEL:
 
Sehr geehrter Herr Hess,
das Semesterende ist leider immer mit vielerlei Arbeiten randvoll. Deshalb nur dieser Hinweis: Ich bezweifele nicht, dass die von Ihnen vorgelegte Lösung zur Reihenfolge des älteren Futharks in sich stimmig und wohl auch richtig ist. Das Problem liegt an anderer Stelle: Sie machen zahlreiche Voraussetzungen, von denen Sie plausibel machen müssten, dass diese zur Zeit der Runenschöpfung, der Entstehung und Ordnung der Futhark-Reihe, in dem geographischen Raum und im geistigen Horizont der an der Schöpfung der Runen beteiligten Person(en), auch eine Rolle gespielt haben. Wo ist ,die altheilige Weltgeist - Geistsonnenzahl 21' dabei belegt, was hat sie mit Wotan zu tun ? (die Ordnung Asen / Wanen ist wesentlich nur aus der nordischen späten Überlieferung bekannt). ... - (Brief vom 23.01.1994 - Prof. Dr. Klaus Düwel - Seminar für deutsche Philologie der Georg-August-Universität Göttingen)
 
 
UND MEINE BEANTWORTUNG:
 
 
Natürlich hat Herr Prof. K. Düwel, als strenger Schulwissenschaftler, berechtigte Forderungen an die Beweisbarkeit gestellt, andererseits war ihm manches Quellenmaterial sicherlich unbekannt. Es gibt einen unabweisbaren Aspekt der den germanischen Schicksalsgott Wodin eng mit der Zahl 21 zu verbinden geeignet ist, nämlich die sogenannte „Spielleidenschaft“ der Germanen, von der Tacitus (Germania, 24, 3-4) zu berichten weiß. Zuerst einmal müssen wir uns von der naiven Vorstellung befreien, dass wir es mit einer „Spielleidenschaft" im modernen Sinne zu tun haben könnten. Tacitus berichtet: „Das Würfelspiel treiben sie merkwürdiger Weise nüchtern unter den ernsthaften Dingen, im Gewinnen und Verlieren so unbeherrscht, dass sie, wenn sie nichts mehr haben, im letzten Wurf ihre Freiheit und Person einsetzen. Der Besiegte begibt sich freiwillig in die Knechtschaft; wenn auch jugendlicher, wenn auch stärker, lässt er sich binden und verkaufen. So weit geht ihre Unnachgiebigkeit in einer verkehrten Sache: sie selber heißen es Ehrenpflicht. Sklaven dieser Art verkaufen sie weiter, um auch sich selbst von der Beschämung des Sieges zu entlasten.“ Weder Tacitus noch uneingeweihte moderne Leser begreifen zunächst den geschilderten Sachverhalt. Wer „in nüchternem Zustand“, um Haus und Hof, zuletzt gar um die eigene Freiheit“ würfelt, der „spielt“ nicht, und am allerwenigsten mit „äußerstem Leichtsinn“ ! Einem beständig in Waffen einhergehenden Menschenschlag, wie ihn Tacitus beschreibt, dem die Freiheit über alles geht, der setzt nicht leichtfertig seine Freiheit aufs Spiel, der beugt sich aber als Ernsthaft-Frommer dem Schicksalsspruch der Gottheit, den er im rituellen Würfelspiel über sich verhängt glaubt. Nur dem Schicksalsspruch der Gottheit, dem sogenannten „Gottesurteil“, fügte sich der wehrfähige Germane und ging in den Tod oder in die Knechtschaft. Wenn die 21 Würfelaugen, mit Quersumme 3, die Würfelzahlen-Totale darstellen, ist von ihr unmittelbar auf die zahlenmythische Schicksalsmacht Wodins hochzuschließen und aus diesem sekundären Bereich eine zusätzliche Erklärung abzuleiten, warum der 21. Runenstab die Asen-Rune Wodins repräsentieren soll. Die Zahl 21 ist die Totale der Würfelzahlen, jeweils zwei sich gegenüberliegende Seiten eines Würfels, ergeben 3x die Summe 7 (1+6, 2+5 und 3+4). 
 
Das Würfelspiel, bei vielen alten Völkern nachweisbar, scheint bei den Indogermanen kultischen Charakter besessen zu haben. Es kannten Griechen wie Inder ein Würfelorakel. Jan de Vries erkannte schon Odin als Gott des Würfelspiels: „Denn aus dem Fall der Würfel wird das Schicksal offenbar, daher heißen in Indien die Würfel pāsía oder pāsíaka („Schlinge / Fessel“), um damit gleichsam die bindende Macht des in ihnen sich kundgebenden Schicksals anzudeuten. Eine Beziehung zu Varuna liegt auf der Hand, und führt mit Hinsicht auf die germanische Welt wieder den Gedanken auf Odin, dessen Beziehung zum Spiel wir sogleich begegnen werden.“ Er kommt zu dem Schluss, „dass Varuna-Odin der Gott des Würfelspieles ist.“ („Altgermanische Religionsgeschichte“, Bd. 1, 1956, S. 436 f) Würfel sind in germ. Gräbern gefunden worden. Der Spielwürfel von Rickeby aus dem Gräberfeld von Rickeby (Vallentuna / Uppland), ca. 25 km nördlich von Stockholm, gehört zu der Gruppe schwedischer Kleinfunden mit Runenbeschriftung. Der Würfel kam im Jahr 1980 bei der Untersuchung des südlichsten Hügels ans Licht und wird archäologisch auf die frühmittelalterliche Zeit 590-640 datiert. Sein Aufbewahrungsort ist das „Historiska Museet Stockholm“ (Inv.-Nr. Raä 27b, grav 1). Den ranghohen Toten hat man mit dem Kopf in Richtung Nordosten gelegt. Unter anderem wurde ein Spielbrett, Spielsteine, Würfel (darunter die runenbeschrifteten Würfelfragmente), Perlen, Kämme, ein Trinkhorn aus Glas, Keramikgefäße und Nahrung gefunden. Die Analyse der Knochen ergab, dass der Verstorbene zusammen mit Pferd, Hunden und neun Vogelarten beigesetzt wurde, d.h. Tieren, die für die Falknerei benötigt wurden. Bei dem vorliegenden Fund handelt es sich um den einzigen runenbeschrifteten Würfel mit einer Inschrift im älteren Fuðark. Die Runenfolge ist leider unvollständig erhalten. Die Beschriftung auf den vier zusammengesetzten Bruchstücken befindet sich auf der Seite mit der Zahl „1“ und folgt der Kante zur Seite mit der Zahl „5“. (Arrhenius 1983; Arwidsson 1983; Brink 1997a; Gustavson 1983; Sjösvärd 1983; 1993; Steuer 1987) Auch die Wikingerschiffsgräber von Salme (Insel Ösel / Estland), aus der Vendelzeit 700-900, bargen an Kleinfunden u.a. 71 Spielsteine aus Geweihknochen und drei Würfel. 
 
Die Inschrift des Rickeby-Würfels lautet: „Hlahahaukʀ / Hlahahaukz“. Sie hat offensichtlich einen Bezug zum Habicht (altnord. haukr, isl. haukur), der als Sonnenvogel (siehe auch altägypt. Horus-Falke / Re) galt und sowohl in der germ. Mythologie eine Rolle spielt, wie er auch im Leben des Toten von Rickeby bedeutsam war, dessen Grabbeigaben ihn als Falkner ausweisen. Der Habicht wird in der eddischen Literatur bzw. in Snorris Prosa-Edda erwähnt: „Ein Adler sitzt in den Ästen der Esche, der hat manches Wissen und zwischen seinen Augen sitzt der Habicht mit Namen Wedrfölnir" (Gylfaginning, Kap. 16). Die Metapher des Habichts zwischen den Augen des Adlers, addiert die Kraft und Vielwissenheit des Adlers mit jener des Habichts. Galt schon der Adler als vielwissend, so müsste sein Ratgeber nochmals vielwissender sein. Es ist mithin zu vermuten, dass er - nicht anders als Wodins Raben - ausfliegt, um neue Kunde aus aller Welt zurückzubringen. Jacob Grimm wies darauf hin, dass die altnordische Redewendung haukr í horni“ (Habicht im Winkel) einen verborgenen Ratgeber meinte. Er sah deshalb im Habicht nicht nur einen Freund des Adlers - also Wodins - sondern auch schon dessen weisen Ratgeber. Dass dieser Berater solare Bezüge haben muss, liegt auf der Hand des alten Sonnenverständnisses. Nach diesen Schlussfolgerungen verstärkt sich um ein weiteres der Würfelbezug auf die asische Schicksalsmacht.
 
Zusammenfassung: Mit den Würfeln müssen die „spielenden“ Germanen Vorstellungen von der Schicksalsmacht verbunden haben und mithin deren unmittelbare Weisungen, denn aus seichter spiel-versessenen Torheit setzt kein vernünftiger Mensch sein Hab und Gut und sogar seine Freiheit als Einsatz „aufs Spiel“. Wer im Spielausgang aber den göttlichen Wink bzw. das göttliche Urteil - vom göttlichen Habicht gesehen oder gelenkt - zu erkennen glaubt, der ist in der Lage, auch Spielschulden als eine Ehrensache und als der Fatumsmacht Schuldspruch - also Wodans Wort - anzunehmen. In diesem Sinne war der Würfel und seine 21 Augen eine Erscheinungsform des Asen Wodan, wie es in der 21. ODING-Position zum Ausdruck kommt.
 
 
Rosettenfibel von Vaerlöse, Seeland / Dänemark, 2. - 4. Jh. - Beschriftung: = ALUGOD = heiliger Gott / Heilgott / Gottesheil - Schreibweise von Gott = GOD = zahlenmythologisch  = 18 +  1 +  2 =  21 mit QS = 3 -- Der gematrische germ. Begriff god / Gott implizierte, dass der Ase Wotan-Wodin-Odin in erster Linie Gott sein müsse.  Die Gesamtaddition der Inschrift ergibt die oding-runische Vollkommenheitszahl 6: 21+4+23+18+1+2=69=QS 15= QS 6 -- 21 Runen umfasst der Kernbestand des germ. Schriftsystems, da auf ei, ng, p verzichtet werden konnte. Es handelt sich bei diesen drei Lauten wohl um Füllmaterial, damit der Runenschöpfer auf seine angestrebte Buchstabenzahl von 24 gelangen konnte. Auch der Runenmeister des umfänglichen Röck-Stein-Textes (Schweden) kam mit den genannten 21 Buchstaben aus.
 
 
Relieffibel aus Gummersmark, Ostseeland / Dänemark aus 400-600 n.0 (Nationalmus. Kopenhagen / Raum 19) -- 21 gleiche Sonnensymbole wie im Fries des Theoderich-Grabmales zu Ravenna
 
 
Die 21. ODING-Rune :  Vollkommenheit
 
 
Das archaische lat. Alphabet umfasste 21 Buchstaben. Der Spiel­würfel (Hexa­­eder­/Ku­­bus), als ein von 6 Qua­draten begrenzter Körper, ist Symbol der veränderlichen Da­uer bzw. Ewigkeit. Unter den fünf platonischen Kör­pern repräsen­tiert er die Erde; er trägt 21 Augen. Die 21 wurde zwar „Krone der Magier“ genannt, doch ohne einleuchtende Begründung. (Cheiro, Das Buch der Zahlen, 1964, S.78) Eine pytha­go­reische Erklärung wäre aus dem My­s­terium dieser Geheimlehre um die Tetraktys („Vierheit“) zu gewinnen: Die Summe der ersten vier harmoni­schen Zahlen multi­pli­ziert mit der vollkommenen 6-Zahl ergibt 210 (6+8+9+12=35X6=210). Die 21 ist Pro­dukt aus der ganz außerordentlichen, einerseits erdhaft-mütterlichen, andererseits kosmisch-geistigen 7 und der Gottesgeistzahl 3 (7x3). Schon die 7 verglichen die Pythagoreer  mit dem Lenker des Weltalls, um wie viel mehr müsste die Dreimal­sieben die Zahl des Weltgeistes sein ! Sie muss als noch einmal überhöhte „vergeis­tigte Sieben“, als Kronensieben verstanden worden sein. Jedenfalls ist sie ein Signum für die Feuergeis­tigkeit Got­tes.
 
 
Allgebärerin
 
 
Sie ist die geheimnisvolle Allzahl, Rundzahl, ver­steckte Jahreszahl. Die Totale der 24 Runen verdichtet sich zur QS 6 und aus der Theosop­hischen Addition jener per­fekten 6-Zahl (1+2+3+4+5+6=21=2+1=3) wird über den Umweg der 21 die Gottes-3 als Kernziffer sichtbar. Das wäre schon fähig, die ihr entgegen­ge­brach­te Hochschätzung zu erklären. Bei Theosop­hischer Addition der Geistzahl 21 ergibt sich 231 als Zahlen­sym­bol der Geistwelt; deren Umkehrung müsste folglich die Körperwelt versinn­bildlichen, das wäre 132. Die Addition beider ergibt mit 363 die fast ge­naue Anzahl der Jahres­tage; denn das Jahr wurde mythisch verstanden als etwas aus den beiden großen Gegen­sätzen Zusammengebrachtes. Die Geistwelt der Größenordnung 231 (QS 6), als Schöpfung des Asen (Wodin), ist zwangsläufig der irdischen Schöpfung vorgeordnet, deshalb musste die 21., die A-Rune des Asen im Runen-Jahr(Zeit)kreis vor dem Kreislaufbeginn eingeordnet werden.
 
Im ähnlichen Sinne verwendete die Zahl der Autor der Nag-Hammadi-Schrift (NHC VIII,1) über die Him­mels­reise des Zostrianos, aus Anfang des 2. Jh.n.0. Sein Text von 132 Seiten soll der irdische Spiegel der geschilderten geistigen Himmelswelten für seine Schü­ler sein. Auch jüdische Kreise ließen sich von der neupythagoreischen Buchstaben­magie anstecken und verarbeiteten die Geistweltzahl 231, das beweist das mittel­alter­liche Sepher Jezira („Buch der Schöpfung“). Es vermittelt in dunkler, mystischer Sprache die magische Anwendung der 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets. Im Vers 2,2 heißt es: „Zweiundzwanzig Buchstaben: Er gravierte sie, Er meißelte sie, Er permutierte sie, Er wog sie, Er transformierte sie, und mit ihnen bildete Er alles, was geschaffen ward, und alles, was geschaffen wird." Mit dem „Er“ ist zweifellos Gott gemeint. Gemäß dem Thora-Satz „Die Erde war Chaos und Leere" (Gen. 1,2) de­finiert das Sepher Jezira das Chaos als Ursub­stanz der magischen Schöpfung. In dieses pränatale Sein, das eigentlich Nochnichtsein, oder vorirdisch-ideenhaftes Sein ist, stellt der Text geheimnisvolle 231 Tore „in einem Kreis wie eine Mauer", die aus den 22 Buchstaben gebildet werden. Sie stellen die 231 mathe­ma­tisch möglichen Verbindungen zweier Buch­staben des Alphabets dar, wenn sich keine Kombi­na­tion wiederholt: A und B wird z.B. also nur einmal verbunden, die Kombinationen AB und BA gelten als gleich. In der Kabbala ist häufig von den „Pfaden der Weisheit" die Rede. Das hebräische Wort bytn (Pfad) hat den Wert 462, also 2 x 231. In einem Entwurf von 231 Verbindungen gibt es jeweils 462 Buchstaben. Wenn aus dieser Zahlengröße die Welt hervorgegangen sein soll, und das Judentum bekanntermaßen den Anspruch erhebt mit dieser gleichwertig zu ein, muss auch Israel auf 231 zu­rückgeführt werden können: Durch eine kabbalistische Umformung wird hebr. larwy (Ishrael) in alr wy verändert, was bedeutet: „da sind  231“. Da die Zahl 231 Ergebnis der arithmetischen Addition der Zahl 21 ist und diese schon in den alten ind. und pers. Religionsschriften von Bedeutung war, dürfte es sich bei den jüd. Konstruktionen nur um späte gesuchte erkünzelte Ausdeu­tungen des eigentlich dazu unpassenden 22-er Buchstabensystems handeln. Die ursprüng­liche Bedeutung der Geistweltzahl hat das Sepher Jezira aber getreulich bewahrt und anschaulich vermittelt.
 
Wie wichtig die 21. Rune im System ist, geht aus folgendem verstärkt hervor: Der italienische Mathematiker Fibonacci (1180-1240) veröffentlichte eine bedeut­same Zah­lenreihe aus Überlieferungsgut, denn er schreibt nicht, er wäre ihr Ent­decker: 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34 usw. Die später nach ihm benannte „Fibonacci-Reihe“ stellt die Zahlenfolge des Gol­denen Schnitts dar. Sie hat die Eigenschaft, dass sich die jeweils folgende Zahl aus der Ad­dition der zwei vorange­gan­g­enen ergibt: 1+1=2; 1+2=3; 2+3=5; 3+5=8; 5+8=13; 8+13=21 usw. Je drei aufeinander folgende Glieder dieser Reihe bilden eine Dreiergruppe (z.B. 5 : 8 : 13) und die Verhältnisse des Goldenen Schnitts. Sie sind so beschaffen, dass sich die jeweils kleine Strecke zur größeren verhält wie die größere zum Ganzen. Dergestalt  lässt sich rech­nerisch die Erwei­terung vom Kleinsten bis ins unendlich Größte darstellen. Aus neupytha­goreischem Denken kommt die Gewissheit: „Wenn Gott schafft, rechnet er“. Der bedeutendste multigeniale Kopf der Neuzeit, Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) prägte den Satz: „Cum deus calculat, fit mundus", „Die Schöpfung der Welt ist eine Rechnung Gottes!" Dass dies auch Glaube der Runenmeister war und die gesamte Zahlen­symbolik der runenmeis­terlichen Darstellungskunst auf dem Goldhorn von Rosen­gaard, zu Anfang 5. Jh., auf der sog. „Fibonacci-Reihe“ beruht, konnte Heinz Klingenberg in seinem Runenbuch nach­weisen. Die Reihe beginnt mit der Ein­heit und reiht zunächst die ersten natürlichen Zahlen 1, 2, 3 - dem runischen Zahlen- und Buch­stabenhaupt - also von „O“ be­ginnend“, bis zum „A“ der 21. Rune. Im zahlen­mythischen Sinne, übertragen auf Vorstellungen der Weltwerdung, wird nach dem Gesetz des Goldenen Schnitts der Kosmos geschaffen, in 6 sich erweitern­den Rech­enprozessen; in 6 Schritten aus dem Urgrund der „1-2-3“ bis zur asisch-göttli­chen Geistwelt des 21-ers, der „2-3-1“. (Erinnerung: Die Theosophische Addition von 21, also die Emmanation der Asenrune 21, ist 231) Innerhalb dieser Spanne, von „O“ bis „A“, oder umgekehrt (im runischen Zeitkreis ist A dem O vorgeordnet), liegen alle Elemente des Kosmos nach hellenistischer Buchstabenmystik, so wie es in einer koptischen Mysterienschrift von der Bedeutung des großen Namens des wahren Gottes heißt: Er bedeutet „Vater aller Vaterschaft, denn das All ist aus dem Alpha herausgekommen und wird zu dem Omega zurück­kehren, wenn die Vollendung aller Vollendung statthaben wird“. (Hans Leisegang, Die Gnosis, 1985, S.330f) Getreu dem hermetischen Grundsatz „Oben wie unten“, ist das Runen-All so gut wie aus dem „O“ aus dem „A“ des Asen Wodan hervor­ge­gan­gen, er wird damit als der ger­ma­ni­sche Logos („Weltgesetz / -vernunft“) geoffenbart. Der schon im altägyptischen Totenbuch vorkommende Gottesnamen Iao bestand aus dem mittelsten, ersten und letzten Buchstaben des griech. Alphabets. Das erschien tiefsinnigen Gemütern derart bezeichnend, dass diverse Kultgruppen diesen Begriff ihren Hauptgottheiten bei­legten, so auch der aus persischer Mystik stammende Aion, der als Licht- und Zeitgott, Weltschöpfer und -regent, Offenbarungsgott und Erlöser galt. Auch ein altgerm. Wōðinaz würde dem Rahmen dieses Buchstabenschemas sehr genau ent­sprechen.
 
In den griech.-hellenis­tischen Zauber­papyri wird die Woche durch die 7 griech. Vokale bezeichnet, in Zusammenhang mit den 28 Mond­häusern: Die Vokale schrieb man dann in anstei­gender Zahl, also: a, ee, hhh, iiii, ooooo, uuuuuu, wwwwwww-, so dass 28 Buch­staben hintereinander stehen. (Franz Dornseiff, Das Alphabet in Mystik und Magie, 1925, S.35ff) Über­tra­gen wir diese Verständ­nis­manier auf ODING-Verhältnisse mit den 6 Runen-Voka­len, ergibt sich folgen­des Bild: o, ee, yyy, iiii, aaaaa, uuuuuu = 21 Stäbe. Der 21-er, der Ase-Wodin, wird als Herr und Schöpfer der Vokale, also der Grundlaute runischer Sprache und Schrift, erkennbar.
 
 
Altheilige Zahl
 
 
Die heilige Zahl 21 besitzt altehrwürdige Tradition: Als Umlegehölzer der vedischen Brandopfer wurden 3 x 7 Hölzer gebraucht (z.B. Rigveda 10.90,5,15). Ein solches Brandopferzeremoniell war nichts anderes als ein Ent­stofflichungsprozess, d. h. Vergeistigung des Opferangebotes für die im Geistigen wesende Gottheit. An anderer Stelle heißt es: „Das Opferfeuer hat 7 Einschlusshölzer und 21 Brennhölzer“ (Rigveda 10.90,15). Die feurige Urkraft Agni wohnt in verborge­ner Gestalt (rupa) in diesen 21 Hölzern. Erst wenn die Flamme erwacht, ist Agni in seiner sichtbaren Offenbarung zu schauen. Agni ist also eb­en­so die 21 (2+1= 3 ), wie das Himmels­feuer Surya, von dem die Veda-Wissenden sagten: „Die Sonne ist gleich 21“ (z.B. Cankhayanacrautasutra 16.3,9), oder „Mit 21 [Silben] gelangt man zur Sonne“ (Chândogya-Up. 2.10,5). Welche Vorstellung Altindien von dieser Tota­litätszahl hegte, erweisen Erklärungsschriften wie Satapatha Brahmana 4.2,2,3: „Will man die Zahl 21 haben, so ergibt sie sich aus der Addition der 12 Monate, der 5 Jah­reszeiten, der 3 Welten und der einen Sonne; oder dar­aus, dass der Mann / Mensch [purusha] 21fältig ist: Er hat nämlich 10 Finger, 10 Zehen, dazu das Ich.“ Purusha galt indisch­en Spekulationen als das geistige Prinzip, das man in der hellenistischen Gnosis Logos und Christos nannte; im Germanischen eben Wodan. Gemäß solcher Hoch­schätzung mussten es 21 Vedaschulen sein, wel­che das würdige Wis­sen hüteten, und auch das Avesta, das heilige Buch der Zor­aster­re­li­gi­on war in 21 Teile, so­ge­nannte Nasks, gegliedert. Das Ahuvar-Gebet, wel­ches Gott Ohrmazd selbst wider den bösen Geist einst gesungen hatte, um ihm die endliche Nie­derlage anzuzeigen, bestand aus 21 Worten. Dazu kennt die iranische Religion 21 gute Geister, sogenan­nte Ja­gatas. Der jüdische Widerspruch veranlasste die Zahl 21 bzw. den 21. Buch­staben des jüd. Alphabetes als „sin“ („Zahn“) zu deuten. Der zur Aneignung und Vereinnahmung des Materiellen, Körperlichen) und der „Narrheit“ gedeutet wurde.
 
 
21 Sternbilder der Nordhalbkugel
 
 
Ptole­maios, wahrscheinlich schon vor ihm Hipparch, beschrieben 21 Sternbilder nörd­lich der Ekliptik bzw. der nördlichen Halbkugel: Cassiopeia, Andromeda, Cepheus, Perseus, Adler, großer Bär / Wagen, kleiner Bär, Ochsentreiber, Schlangenträger, Schlange, Herkules, Drache, Leer, Pfeil, Schwan, Delphin, kleines Pferd, Pegasus, nördliche Krone, nördl. Triangel,  Fuhrmann. Dazu schrieb mir Dr. Heinz Tiersch von Sternwarte Königsleiten: „Was Ihre Frage bezüglich der Sternbilder der „klassischen“ Zeit angeht, so ist die Zahl 21 sicherlich partiell richtig, aber ich würde mich immer hüten, mich auf eine genaue Zahl festzulegen. Die Zahl der Sternbilder hängt ja auch vom jeweiligen Kulturkreis ab (z.B. Babylonier, Ägypter, Chinesen, Mayas etc.). Zum anderen sind Sternbilder auch immer ein Objekt königlicher Eitelkeiten gewesen, d.h., die Astronomen der älteren Zeiten haben oftmals am Himmel willkürlich Sternbilder kreiert und nach ihren jeweiligen Königen benannt (um sich damit das Wohlwollen und auch die Finanzen ihrer Herrscher zu sichern). …. Hochachtungsvoll …“
 
Hoch oben im Norden glaubten die alten Völker den Wel­tenberg und darüber die Götterthrone. Dort hinan zum Himmelszenit hoffte auch der Mithrasgläubige dereinst aufzufahren in den unermesslichen Strahlen­kreis. Nach bestimmten Gebeten und der Anrufung des Licht- und Feuergottes in dessen 21 griech. Bezeichnungen erhoffte er sich Einlass in die Welt der Seli­gen. Und auch die Ägypter glaubten an 21 Tore zur Jen­seitswelt, wo die Seele von Osiris mit 2x21=42 Totenrichtern erwartet wurde.
Der zahlensymbolische Befund der ODING-Lehre stimmt also überein mit einer Men­ge eindeutiger Quellen, auch mit den aus herme­ti­scher Theo­sophie hervorge­gangenen mittelalter­lichen alchi­mis­tischen Systemen. So zeigt noch ein Kupferstich von 1723 den Annulus Platonis („pla­­to­nischer Ring“), mit dem geflügelten Schlangen­wesen des Aufstiegs und dem ungeflügelten des unter­irdischen Prinzips (vgl. Abb. 4). Die 7 Metall- bzw. Pla­neten­zei­chen sind derart geordnet, dass 6 davon rings um das All­symbol krei­sen (Son­ne=­Gold, Mond=Silber, Venus=Kupfer, Jupiter=Zinn, Sa­turn=Blei, Mars=Eisen), wäh­rend im Herzen der Dinge und des Kosmos als 7. Sym­bol Mer­kur=Quecksilber thront. Galt er, der Hermes-Merkur, aus Sicht der alchi­mis­tischen Merkur-Enthusiasten, dort im Zentrum, als Summe seiner 6 um ihn kreisen­den Tra­banten, war er rein rechnerisch der 21-iger. Hat man ihn als 7. und als als 7-ener verstanden, dann musste er als Hermes-Trismegistos („Dreimalgrößter“), wie man den Gott im Hellenismus nannte, zur Dreimalsieben, ebenfalls zum 21-er werden. Bei dieser Gelegenheit sei auf das Merkur­zeichen hingewiesen (  ), das dem uralten Schlingen- und Doppel­schlan­genzeichen am Herolds- und Zauberstab des griech. Hermes ebenso gleicht wie der gedrehten Odal-Rune, dem Odem-Se­elen­symbol des Wodin-Odin (). Nach antik-römischem Verständnis entsprach der germ. Wodan dem Merkur und auch die Christenkirche ersetzte Wodan folgerichtig durch ihren Erzengel Michael, der ebenfalls dem Planet Merkur zugerechnet wurde.
 
Die Hochschätzung unserer Zahl hat sich auch im Tarot niedergeschlagen: Die 21. Karte ist die stärkste, bedeutungsvollste, sie heißt „die Welt“, sie sym­boli­siert das Absolute, die Erfüllung: „Die Karte zeigt die göttliche Urkraft hinter dem Kreislauf, dem Spiel der Welt“. Ältere Handschriften definieren die Bedeutung der Zahl 21 in Übereinstimmung mit unserem Befund: „Gekröntes Haupt“, „Ruhm“, „Gei­stiger Auf­stieg“. (Werner Zimmermann, „Geheimsinn der Zahlen“, 1948, S.24) 21 Figuren des Fürstenportals am Bamberger Kaiserdom.
 
 
2 a/b    3 
 
 
Nicht unin­te­re­ssant erscheint die Frage, ob sich auch im germ., altnord. und frühdt. Fund­material die Bedeutung der 21 nachweisen lässt: Das bronzezeitl. (ca. 800 v.0) Hängegefäß von Sophienhof / Kreis Demmin (ehem. Museum von Stettin) weist 21 Sonnenstrahlen auf (vgl. Abb. 3). Die eisenzeitl. Hakenplatte des Holsteiner Gür­tels von Thors­dorf / Kr.-Grevesmühlen führt 3x7=21 Sonnenzeichen (vgl. Abb. 2 a+ b). Das altheidn. Son­nengeist-Relief in der Tübinger Jakobuskirche (Abb. 4) eingemauert, besitzt drei zentri­sche Ringe, zehn Finger und acht Armreifen, zusammen 21 Zähleinheiten. Im alt­gläu­bigen Runen-ODING durfte diese esoterische Kronenzahl allein dem Wel­ten­geist zuge­spro­chen werden, dem Hermes-Trismegistos, dem Asen Wodin, dem Atem des Alls. (Nicht alle Quellenangaben im „ODING-Wizzod", 1993 aufgeführt !)

Abb. 4