Copyright © Gerhard Hess - 1. Mai 2021
 
 
 
 
Ausschnittbild vom Rasiermesser der Jüngeren Bronzezeit aus dem sog. „Königsgrab von Harsefeld“ (Stade Niedersachsen). Die S-förmigen Seelenzeichen wiederholen sich im S-förmig geschwungenen Steven beidseits der Seelenschiffe auf ihrer Überfahrt ins Jenseits (Niedersächs. Landesmus. Hannovover) Warum Seelenmotive auf bronzezeitlichen germanischen Rasiermessern ? Weil das Haar als ein Spiegelbild der Seele galt und Haarpflege als Seelenpflege verstanden wurde.
 
 
 
 
Der Goldbrakteat von Ravlunda (IK 543,2), an der Ostküste von Schonen, zeigt im Zentrum das wodinische Gotteshaupt über der Opfergesamtheit (Ross, Stier, Bock). Und mit dem Gotteskopf zusammen ist die geamte Opfergenossenschaft des Lebendigen dargestellt, im Sinne der entsprechenden Textstellen des arioindischen Veda: „Alles hohe Leben ist wie ein Opferfeuer, es gibt sich hin für das Kommende.“ Umrandet ist der Mittelpunkt von den Zeichen der Ewigkeit/Ewigen Wiederkehr, dem Doppelwendel. Im äußeren Kreis die „S“-Symbole für die Doppel-Schlangen-Seelen, der dieseitigen wie jenseitigen Seelenkraft-Dauer. Wir können sicher sein, es existierte eine germanische Kultgemeinschaft der Braketaten-Religion. Gott Wodin-Odin trägt auf allen Brakteatenbildnissen den Haarknoten, und alle seine Anhänger trugen den sog. Swebenknoten ebenfall, als Treuezeichen zu ihrem Ahnengott/Volksgott und seiner Runen-Lehre, dem ODING-Wizzod, dem geheimen-Od-Evangelium. - „Außer im südskandinavischen Kerngebiet der Brakteatenherstellung werden sie in einem geographischen Raum zwischen Norwegen, England, Nordostfrankreich, Süddeutschland, Ungarn und Polen gefunden. So bezeugen sie Kontakte, die zwischen den Menschen dieser weit entfernten Regionen bestanden haben müssen. Vermutet wurde etwa, daß Brakteaten als Geschenke zwischen Angehörigen der Eliten, als Privatbesitz sich auswärts verheiratender Frauen, als Ehrenzeichen verdienter Menschen oder vielleicht auch als hochrangige Devotionalien, in verschiedene Hände und Gebiete gelangten. Dabei ist die Fundverteilung nicht gleichmäßig: Es gibt Zonen mit hoher Konzentration, weite Gebiete mit geringem Fundvorkommen wie auch gänzlich fundfreie Regionen zwischen den Gebieten mit Brakteaten. Alexanda Pesch in „Die Goldbrakteaten der Völkerwanderungszeit ...“, 2011.
 
„Brakteaten-Religion“ - eine Wortschöpfung von Karl Hauck
 
 
Die goldenen Brakteaten sind Geleitmünzen bzw. Amulette aus dem für die meisten Germanen noch vorchristlichen Frühmittelalter, etwa der Völkerwanderungs-Zeitspanne. Sie sind Zeugnisse der germanischen Volksreligion, welche für die sog. Eisenzeit - ewa 500 Jahre vor und 500 nach christlicher Zeitrechnung - nachweisbar ist. In ganz Nordeuropa sind um tausend solcher von der Altreligion zeugende Amulette gefunden worden. Als Schwerpunkt der Religion darf der Licht- bzw. Sonnenkult angesehen werden, welcher - durch viele Zeugnisse bewiesen - seit der jüngeren Bronzezeit den Funden ihren ikonographischen Stempel aufdrückte. Sich eng an den Sonnenkult anlehnend, oder aus ihm hervorgehend, ist der Ahnenkult um den Geistgott, den Od-Gott Wodanaz-Wodin-Odin, zu begreifen. Der Fachwissenschafter Karl Hauck führt dazu im Vorwort aus, in „Die Goldbrakteaten der Völkerwanderungszeit“, 2004, in „Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde“, Bd. 38: „Von den antiken Vorstufen rückschließend darf man also mit Sicherheit sagen, daß auf den Goldbrateaten Göttergestalten des Nordens in einer eigenständigen Ikonogaphie wiedergegeben werden. Nach unseren Untersuchungen handelt es sich am häufigsten um Odin-Wotan, den Götterfürsten, seinen Sohn Baldr und Loki.“ Der einstige tragische Untergang des germ. Volksglaubens, der dem in den Norden einbrechenden aggressiven kirchenchristlichen Missionsfanatismus weichen musste, ist ganz offensichtlich nicht so reibungslos verlaufen wie uns die heutige Kirchenpropaganda weismachen will. Karl Hauck schreibt in „Neues aus Uppåkra bei Lund, Südschweden. Zur Ikonographie der Goldbrakteaten, LXIV“: „Der Beitrag skizziert, daß die Bildchiffren und Runen der Goldbrakteaten deutbar sind. Götterbeinamen sowohl bei Götteranrufungen sowie auch beim Götterpreis (Beck) kennzeichnen einen epochalen geistigen Aufbruch offensichtlich in Konkurrenz mit dem Christentum in Europas Süden. Die Hauptnamen der Götter waren dagegen ein Tabu. Den Wettbewerb der Religionen veranschaulichen ferner die Neufunde von paarweisen, polytheistischen Imitationen oder Importe wertvoller Gefäße aus Glas oder Edelmetall zur liturgischen Verwendung im Kult. Überaus seltene Holzfunde solcher polytheistischen Geräte aus Kent und aus den Niederlanden, schon fast nach der Völkerwanderungszeit, vergegenwärtigen ebenfalls eines der konkurrierenden Elemente mit dem Christentum und seiner Liturgie.“
 
Einen hervorragenden Einblick in die übergeordnete Gesamtproblematik gab die Arbeit von Prof. Carole Cusack (University of Sydney), erschienen in der Zeitschrift „Pomegranate“ (13.1, 2011): „Pagan Saxon Resistance to Charlemagne’s Mission: „Indigenous“ Religion and „World” Religion in the Early Middle Ages“. Deutsche Übersetzung von Markus Nicklas wurde veröffentlicht unter dem Titel: „Heidnisch-sächsischer Widerstand gegen die Mission von Karl dem Großen“. Sven Knippschild, 45549 Spockhövel, hat sie dankenswerterweise ins Netz gestellt. In der „Schlussfolgerung“ des Artikels heißt es: „Indigene Menschen in der heutigen Welt haben sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts neu gruppiert und in einigen liberaleren Kulturen in der Ersten Welt sind Landrechtsansprüche erfolgreich (zum Beispiel der australischen Aborigines, der Inuit in Kanada, der Indianer, der Lappen oder Saami in Norwegen und sogar der Ainu in Japan). Indigene Religion und Spiritualität werden auch in neuen Kontexten wiederbelebt; modernes Heidentum, das eine lebendige und bedeutungsvolle Religion für eine wachsende Anzahl von Menschen ist, könnte als indigene Revitalisierungsbewegung interpretiert werden. ... Obwohl es nicht die Absicht dieses Artikels war, die zugrundeliegenden Ursachen für die Befürwortung der Auslöschung der Heiden aus der frühmittelalterlichen Geschichtsschreibung zu untersuchen, erscheint es doch politisch naiv oder schlimmer, diese Gründe zu ignorieren, wenn man die Zeugnisse aus modernen Kolonialbegegnungen bedenkt. Sogar bei „friedlichen“ Bekehrungen zum Christentum wurden die indigenen Heiden ihrer traditionellen Lebensweise und Religion beraubt. Im Fall der gewalttätigen Eroberung und Bekehrung der Sachsen erlebte ihre Kultur eine seismische Verschiebung, als sie der christlichen Weltreligion begegnete. Ihre indigene Weltanschauung verlor ihre Überlebensfähigkeit, als ihr Mikrokosmos mit dem christlichen Makrokosmos, dem frühmittelalterlichen Äquivalent einer globalen Kultur und Weltreligion, zusammenstieß. Die Christen haben die Sachsen sowohl ihres Heidentums als auch des Landes, das ihre traditionelle Weltsicht nährte, beraubt. Es kann nur als eine bedeutende moralische Verfehlung bezeichnet werden, wenn man als Historiker Texte untersucht und dort nur das Christliche betrachtet und die Existenz des Heidentums leugnet. Die Konvertierung zum Christentum unkritisch als etwas positives zu betrachten und dabei zu versäumen, die mutwillige Zerstörung heidnischer Kultur und Religion auch nur zu erwähnen, bedeutet nicht nur der kolonialistischen Expansion und Globalisierung zuzustimmen sondern ihr sogar Beifall zu klatschen, während man die zynischen und brutalen Mittel, durch die dieses Ende erreicht wurde, einfach ignoriert. …“ https://rotergeysir.de/heidnisch-saechsischer-widerstand/
 
                        
 
Die germ. Goldbrakteaten-Kunst ließ sich inspirieren von den röm. Goldmedallions mit ihrer Kaiserverherrlichung, Kaiservergötzung. Die Germanen begannen, im bewussten Gegensatz dazu, ebensolche goldenen Amulette zu wirken, um ihre nationale Identität herauszukehren. Nicht der röm. Kaiser, sondern, der germanische Volksgeistgott, der Ahnenseelenführer Wodan-Wodin-Odin, der als göttlicher Zauberarzt vermittelt wurde, sollte die wirkmächtigeren Amuelette geweiht haben. Im Bild sehen wir einen typischen nordischen C-Goldbrakteaten (Durchmesser 28 mm, Münzkabinett Berlin), mit dem Wodanshaupt über gestürztem Rösslein seines Sohnes Baldur, das mit verrengtem/gebrochenem Vorderbein sichtlich darniederliegt, genau so wie es im 2. Merseburger Zauberspruch beschrieben ist: „Phol [Baldr] und Wotan ritten zu Holze [Gehölz/Forst]. Da ward Balders Fohlen Fuß verrenkt. Es besprach [mit Heilzauber] ihn Sinthgunt und Sunna, ihre Schwester, es besprach ihn Frija [gemeingerm. Muttergöttin] und Volla, ihre Schwester, es besprach ihn Wotan, der es [nämlich den Heilzauber] wohl verstand: Wie Beinverrenkung, so Blutverrenkung, so Gliederverrenkung: Bein zu Bein, Blut zu Blut, Glied zu Gliedern, wie geleimt sollen sie sein !“ In dieser Heils-Tat erblickten die germ. Gläubigen den Kern ihres Gottvertrauens und den Urgrund ihrer Religiosität, denn Sohn Baldur und sein Ross sind Metaphern für die wodinische Schöpfungsgesamtheit. Das Ross trägt das Stiergehörn und den Bocksbart auf vielen Brakteaten; das kranke Ross ist Baldr selbst und mit ihm die gesamte lebendige Welt aller gutartigen, atmenden Wesenheiten. Jeder einzelne Volkszugehöriger darf sich mit Gottessohn-Baldur identifizieren und gleich welches Ungemach ihm auf seinem Lebensweg zustieß, ob in Frieden oder Krieg, ob sein Lebensrösslein strauchelte oder stürzte, Zauberarztgott Wodan konnte helfen und leimen, wenn er nur wollte. Im vorliegenden C-Brakteaten spitzt Wodan den Mund, er ausatmet das Heil, möglicherweise in Gestalt eines Brakteaten-Amuletts, das er zwischen den Lippen hat, ganz gewiss aber in Gestalt des solaren Schweifkreuz-Zeichens. Wodan allein besitzt das Vermögen, recht zu raten und zu retten, kein Römerkaiser und kein Römergott, woher er auch immer nach Rom importiert sein sollte, ist dazu imstande. So geht das Raunen der Runen und der Brakteaten.  
 
Zu den differierenden Heilsvorstellungen und Heilswegen von frühen Christen (Juden, Syrer, Ägypter, Romanen) und Germanen: Golgatha war ein etwas außerhalb Jeusalems liegender Kalksteinbruch und Hinrichtungshügel dieses Namens, der „Schädelstätte“ bedeutet, auf dem laut Evangelien-Berichte der Marterpfahl gestanden haben soll, an dem der galiläische bzw. samaritanische (Joh. 8:33,41,48) Zimmermann Jesuha, griech. Jesus, wegen Gotteslästerung, im Jahr 30 oder 33 christlicher Zeitrechnung, zum Tode verurteilt worden war. Die sog. „Kreuzigung“, also Hinrichtung des Religionsrebellen, den die röm. Reichspolitik Kaiser Konstantins I., während dem von ihm einberufenen ersten „Konzil“ (Klerikerversammlung) in Nicäa des Jahres 325 n.0, zum neuen Gott kreieren ließ, wurde seitens der sich staatlich geförderten und sich demzufolge etablierenden Christenkirche zum Nonplusultra des Christenglaubens hochstilisiert. Das Kreuz, das uralte Sonnenzeichen, eignete sich die Kirche als eigenes Heilszeichen an, obwohl es aus ihrer Sicht als Marterinstrument ihres Gottes verstanden wurde, dem es nachzueifern galt, was als einer der schauerlichsten Aspekte ihres Religionssystems, sich jeglicher Rationalität entzieht, denn Lebenskraft hat eine sinnvolle Religion zu spenden und keine Aufforderung zum Leiden und zum Tod ! Seit dem 5. Jh. hat die Kirche es noch deutlicher hervorheben wollen, indem sie das Kruzifix als Werbe-Ikone zu bevorzugen begann, also das Bild „Christi am Kreuz“, den „Kruzifixus“ als gemarterten Gott. Das sollte das Inbild aller menschlichen Erlösung sein, was für einen damaligen frohsinnig-gesunden Germananen so unverständlich bleiben musste, wie es bis heute für einen Deutschen von klarem Verstande abstrus geblieben ist. Insbesonde auch schon deshalb, weil es sich dabei um eine nur dem jüdischen Mythengeist verständliche Konzeption vom „Sündenbock“ handelt, die der Religionsstifter Scha’ul/Saul aus Tarsus („Hl. Paulus“) auf den hingerichteten judäischen Sektenführer Jeshua - in freiester Willkür - übertrug; zum Erstaunen und Widerwillen derer die den „Rabbi Jesus“ zu Lebzeiten - im Gegensatz zu Saul-Paulus - persönlich kennengelernt hatten. Die germanische Heilserwartung, wie sie die Brakteatenreligion bekundet, setzte auf den Od-Gott, den volklichen Ahnengeist, d.h. im Grunde genommen, auf den ethnischen Logos der Selbsthilfe. Darin liegt ebensviel nüchterne Einsicht, wie die der heutigen Zionisten Israels, die die Überzeugung vertreten, das jüdische Volk müsse sein eigener Messias sein und nicht mehr auf einen warten, der gleich einem Elias, aus dem Himmel wie eine Sternschnuppe herniederfahre. Die Überzeugung, ein Retter und Erlöser kann niemals von völlig andersartiger Mentalität einer fremden Volksart sein, entspringt nur der biederen menschlichen Vernunft, waren doch die Lebensumstände des durch die Kirche vergötzten Orientalen so viel anders als die germanischen Gegebenheiten und möglichen Problemstellungen des Nordens.
 
Wie kam es zum Impuls für die Ausdrucksform germanisch-religiöser Goldbrakteaten ?
 
Die germ. Brakteaten-Produktion setzte etwa ein mit der Erscheinung christlicher Kaiser in Rom und Byzanz und ihrer zunehmenden Intoleranz gegenüber dem Heidentum. Konstantin I. bzw. „Konstantin der Große“ (ca. 270-337), der lange von Trier aus regierte, wurde von seinen germanischen Truppen in die Macht getragen. Es waren die „Cornuti“ (die Gehörnten), eine Auxilia palatina-Einheit gekaufter Legionäre der spätröm. Armee, des 4./5. Jhs., die sich rekrutierten aus den germ. Neuansiedlern auf ehemals nordwest-gallogerm. Eroberungsgebieten, wo Rom die ursprünglichen kelt. Bewohner ausgerottet hatte. Diese röm. Provinz nannte man „Germania inferior“ (Niedergermanien), welche die heutigen Niederlande, Belgien u. nordwestdeutsche Gebiete umfasste. Die Cornuti waren bekannt für ihren „Barritus“, eine Kombination aus Kriegstanz und Kriegsschrei, mit dem sie ihre Gefährlichkeit auf dem Schlachtfeld verkündeten. Sie spielten in zahlreichen wichtigen Schlachten der spät-röm. Periode ihre kampfentscheidende Rolle, wie bei Verona oder der Milvischen Brücke, zur Zeit des Krieges zwischen Konstantin und seinem Mitkaiser Maxentius 350-353 n.0. Konstantin und seine Germanenkrieger huldigte eigentlich dem Sonnengott, dem sog. „Sol invictus“. Er, der kühle Pragmatiker, ließ sich erst auf dem Sterbebett christlich taufen. Im Jahr 325 ließ er die Kirchenversammlung  in Nicäa abhalten, auf der, unter seinem Protektorat, die Jesuische Gotteslehre als verbindlich bestimmt wurde. Sein eher schwacher Sohn, Kaiser Constantinus II. (317-361), setzte die prochristliche Religionspolitik fort. Der Enkel Konstantin des Großen, Kaiser Flavius Claudius Iulianus (um 331-363), versuchte eine Neubelebung des röm. Heidentums, doch er starb zu früh. Von Kaiser Theodosius I. (347-395) wurde 380 und 391/392 das nicänische Christentum zur alleinigen röm. Staatsreligion erklärt und die heidnische Religionsausübung unter Todesstrafe gestellt. Der Syrer Eusebius von Nikomedia (?-341), Bischof und ab dem Jahr 338 Reichsbischof von Konstatinopel, fand in einem gotischen Mischling namens Wulfila (um 311-383), Ende der 30er Jahre (336/341) den geeigneten Mann den christlich-römischen Volkszersetzungsgedanken zu den Goten an die oström. Nordgrenzen zu tragen. Er weihte Wulfila in Antiochia zum „Bischof der Christen im gotischen Land“ und setze ihn im Staatsauftrag zur christlich-prorömischen Umerziehung der Goten an. Bis 348 war Wulfila in missionarischer Wühlarbeit im damaligen Herrschaftsbereich der gotischen Terwingen an der unteren Donau tätig. Doch der einsetzende Widerstand der noch freien, selbstbestimmten Völker gegen die christlich-römischen Beschwatzungsversuche vertrieb Wulfila, mit einer kleinen Anhängerschar in den Raum des heutigen Nordbulgariens. Dort entstand die got. Bibelübersetzung, die sog. Wulfilabibel, auf Basis einer von ihm neu entwickelten Schrift. Dann geschah und begann im Jahr 375 das Untergangsscenario durch einbrechende, berittene hunnisch-asiatische Stepppenvölker-Horden. Sie zerschlugen das osteuropäische Gotenreich, das Chaos der Völkerwanderung begann. Kaiser Theodosius I. rief im Jahre 381 ein Konzil nach Konstantinopel, um die Ergebnisse des Konzils von Nicäa zu bekäftigen, die Folge waren zunehmende Bedrückungen der Nichtchristen und der sog. Häresien, zu denen auch der Arianismus zählte. Im Jahr 381 versuchte Wulfila auf dem Konzil von Konstatiopel, das Kaiser Theodosius I. zusammengerufen hatte, die Verurteilung die Form des arianischen Christianismus als Häresie zu verhindern, aber vergeblich. Im Jahr 382 hat man erstmals bedeutenden gotischen Germanengruppen erlaubt, von eigenen Führern geordnet, als „Föderaten“ (Hilfsverbände) sich auf dem Boden des Römerreiches anzusiedeln. In dieser Zeit begann der heiße, nun auch geistig-religiöse Konflikt zwischen römischer Staatsdoktin und germ. Eigensinn. In der Zeitspanne vom Übergang des 4. zum 5. Jh. begann, unter Vorlage damaliger röm. Kaiserbildermünzen, die germanisch-heidnische Brakteaten-Kunst zu blühen. Die Darstellungen der Köpfe ost- und weström. Kaiser auf röm. Münzen dienten zur Vorlage der ersten germanisch-kultischen Gegenmünzen/-amulette. Zum Jahreswechsel 406/07 setzten ostgermanische Kolonnen bei Mainz über den Rhein und drangen ins weström. Gallien ein. Der Untergang des Weströmerreiches begann sich abzuzeichnen. Der Germane Odoaker (um 433-493), Sohn eines Thrüringers und einer Skirin als Mutter, erklärte den letzten weström. Kaiser für abgesetzt und wurde am 23.08.476 zum Anführer der in Westrom stehenden Germanen zum „rex Italiae“, also König von Italien, gewählt. Unter ihm dienten Kriegergruppen aus allen germ. Stämmen, die es nun ins sonnige Italien zog. im besonderen Maße unterstützten ihn die höchst mobilen jütländischen Kult- und Kampfverbände der Heruler, die an so gut wie sämtlichen damaligen Fronten, ob west, ost, nord und süd, auftauchten. In ihnen verstehe ich die Nachfolge der Anhänger des hypothetischen kimbrischen Runen-Schöpfers Erul (etwa 110-40 v.0). Der Skandianavist Prof. Heinz Klingenberg setzt den „Helm von Negau“ (mit dem ältesten nachgewiesenen germ. Wort: „harigast“) viel später an und misst aber, ebenso wie  ich, „dem im Ostalpenraum um Christi Geburt bezeugten Erul eine größere Bedeutung zu: wiederum einem Eruler.“ (in „Runenschrift - Schriftdenken Runeninschriften“, 1973, S. 143). „Der ,erulische’ Anteil an Runenschrift und -inschriften ist jedenfalls älter als die Eril-Denkmale des 5./6. Jhs. Um 200 n. Chr. beginnt die historische 24-Runen-Zeit und die ältesten Runenland­schaften decken auch die alten Verbreitungsgebiete und Einflussbereiche der ,Eruler’ …“, schreibt Klingenberg in gleichem Werk, S. 143. Der Be­griff „eri­lar/erilari“ galt als Standesbezeichnung der Runenmei­ster und hat vermutlich das Grund­wort für den altnord. Adelstitel „Jarl“, angels. „eorl“, engl. „earl“geliefert. Die streitbaren, seefahrenden Heruli erschienen an vielen west- und osteuropäischen Orten seit dem 3. Jh. am Nordrand des Schwarzen Meeres; bis ins 6. Jh. in Quellen belegt. Der kompetente Germanist Felix Genzmer datierte den Wodans Heilkunst betreffenden Merseburger Zauberspruch ins 5. Jh. Nach dem Geschauten können wir damit rechnen, dass die urspünglich jütländischen Eruler/Heruler sowohl den Anstoß zur Runenschrift, wie den zum Brakteaten-Brauchtum gegeben haben.
 
   
Das gefallene Ross
 
Den Lösungsansatz zur Deutung der Ross-Metapher in den Brakteaten-Bildern findet sich auf dem gewaltigen Runenstein von Rök, der Gemeinde Ödeshög in Östergotland. Um die Zeit von 800 stiftete ein Vater, der sich Varin nannte, zum Gedenken seines toten Sohnes Vämod, den Stein in altnordischer Sprache, mittels der 24-stabigen Ur-Runen, sowie Geheimrunen. Der Text spricht davon, dass einer „vor neun Generationen sein Leben bei den Reidgoten verlor, und er starb bei ihnen als Folge seiner Schuld.“ Der Autor Troels Brandt, in „The Hypothesis oft the Heruls“, vertritt die streckensweise plausible Deutung, Varin und Vämod waren Nachfahren der Königsfamilie der Heruler, die mit einem Teil ihrer Gefolgschaft, nach der Niederlage gegen die Langobarden im Jahre 508, nach Skandinavien zurück zog. Zuvor hatten die Heruler, nach dem Untergang Attilas und seiner Söhne Hunnenmacht, um das Jahr 454, unter König Rådulf/Rudolf, der nach Berichten im hohen Norden weite Herrschaften besaß (Jordanes, Getica 3,24) im Raum der südlichen heutigen Slowakei und des östlichen Weinviertels ein Reich errichtet. Rudolf war jener der Schuld auf sich lud, indem er den Krieg mit den Langobarden mutwillig herausgefordert hatte; er fiel in der Schlacht. Die rückgewanderten Heruler, ohnehin ein den Goten nahverwandtes Volk, ursprünglich in Jütland beheimatet, sollen, nach dem Aufgehen mit den Svear, fortan eine zentrale Rolle in der weiteren Entwicklung Schwedens während der Vendelzeit (ca. 600-800) gespielt haben. Es war der oström. Historiker Prokop der in seinen „Historien“ (um 550 erschienen) berichtete, dass die Heruler sich gespalten hätten und ein Teil nach „Thule“ (Skandinavien) zurückgekehrt seien. „Wer vor neun Menschenaltern lebte und das Leben unter den Hreidgoten verlor“, könnte also definitiv Herulerkönig Rudolf gewesen sein, der sogar - in glücklicheren Zeiten - als „Waffensohn“ Theoderichs galt. Mit den Hreidgoten, berittenen Goten, war das ostgotische Volk Theoderichs gemeint, deren Kämpfe auf der Vorderseite des Rök-Steines beschrieben sind. Die Heldentaten, von denen Varin sicher annahm, dass seine Vorväter daran teilgenommen hatten, sollten hier verewigt werden, um Sohn Vämod zu ehren. Da steht geschrieben: „Tjodrik [Theoderich] der Kühne, Häuptling der Seekrieger, herrschte über den Strand des Reidmeeres. Nun sitzt er gerüstet auf seinem gotischen Pferd mit dem Schild am Gürtel, der Höchste der Märinger.“ Glaubhaft ist demnach, dass Varins Vorväter nahe Verbindungen zu Theoderichs Volk hatten. Auch war die Ritterstatue Theoderichs von Kaiser „Karl dem Großen“ im Jahre 801 von Ravenna an seine Residenz Aachen verbracht worden, was in Skandinavien weithin bekannt wurde. Sie stellte Theoderich dar, mit dem Schild über der linken Schulter hängend, und mit einer ausgestreckten Lanze in der rechten Hand. Worauf es bei Kenntnisnahme dieser Texte ankommt, ist ein Einblick in jene streckenweise grauenvolle Beilzeit-Blutzeit, in der, gegen den ausgesprochenen Willen und Plan des großen Theoderich, Brudervolk gegen Brudervolk, um Machterwerb und Raumbesitz losschlug. Und so wie Theoderich glorreich auf „seinem gotischen Ross“ einst saß, so ist nach seinem Tod gar bald das „gotische Ross“ erst gestrauchelt und dann gestürzt. Ebenso wie vorher das „heruliche Ross“ König Rudolfs gestürzt war und das des Odoakers und Attilas mitsamt seiner Söhne und das kaiserlich-weströmische ging ebenso zu Boden. Die stolzen weltlichen Rosse steigen und stürzen. Der chritliche Angriff, Christenmission geheißen, von den Herrschern erbarmungslos protegiert, nagte bedenklich am freien Heidentum und machte manche Voksschwester, manchen Volksbruder der alten Volksgemeinschaft abtrünnig. Auch die „Bekehrten“ glichen aus der Herde gefallenen Rösslein. Das Ross war eine germanische Metapher, ein treffliches Gleichnis für stolze Unversehrtheit oder Fall. In den kirchenchristlichen Predigten wurde das Pferd als ein Synonym für Hochmut verketzert. Man saß „fest im Sattel“ oder stürzte mitsamt seinem Tragetier in den Graben, wo man von den Raben, den Totenvögeln, gefressen wird, wie‘s im Kinderlied heißt. Einer nur kann dann retten, durch rechtzeitige Heilung des Rosses oder in der Wiederbelebung durch eine erneute Lebenshauchspende. So war die Verkündung des Wodan-Glaubens. Der kompetente Germanist Felix Genzmer datierte den Wodans Heilkunst betreffenden Merseburger Zauberspruch der Rösslein-Verarztung ins 5. Jh. Der Glaubenskomplex des „gefallenen und wiederhergerichteten Rosses“ ist der Idee des judäochristlichen Golgatha an die Seite bzw. gegenüber zu stellen ! So bedeutsam für den wodinischen Kult das Symbol des göttlichen Hengstes „Sleipnir“ war, dem tiefsinnigen Attribut Wodans, so nicht weniger symbolstark war und ist für den Christianismus das Schaf, „Agnus Dei“ (lat. Lamm Gottes), denn der Kunstgott „Jesus“ sollte aus der jüdischen Tradition des Passalammes und damit als Sohn des altägyptischen Widder-Gottes (Amun-Re) begriffen werden. Und das germ. Rossopfer-Kultmahl bzw. erlaubtem Gebildbrot-Ersatz für Mittellose, darf mit dem chrisl. „Herrenmahl“, der sog. „Eucharistie“, mit Verzehrung von „Brot und Wein, als dem Leib und Blut Christi“, vollinhaltlich verglichen werden.
 
 
Der Goldbrakteat oben li. ist Sievern-A (Morgenstern Mus., Bremerhaven). Der Kenner Karl Hauck erklärt dazu: „mit Hilfe von zweigestrichenen langen Atem-Chiffren“, oder: „Atemstrom in kräftigen geraden Strichen“. Dergestalt verständlich ist der Beseelungsakt mit der Hauchgeburt der Seelenschlängelein ins Bild gesetzt. Der Brakteat oben re. ist A-76 von Hitsum (Friesland), er zeigt wie die Seelenhauch-Schlange, gleich einem „s“, aus des Od-Gottes Mund fährt. Der Brakteat unten li. ist Ejby-Seeland (südlich von Roskilde); die Seelen-„s“-Schlange kommt aus dem gespitzten Hauchmund der Gottheit. Der Brakteat unten re. ist IK 195 Ulvsunda-B Uppland/Schweden. Auch er zeigt wie aus dem Gottesmund die Seelen-Schlange fährt. Ebenfalls trägt die Gottheit auf linker Herzhand (re. Bildseite) zwei Seelen-Schangen die  sich nach oben recken. - Die wichtigste Literatur zum Thema: Karl Hauck: „Der religions- und sozialgeschichtliche Quellenwert der völkerwanderungszeitlichen Goldbrakteaten“ in Heinrich Beck, Detlev Ellmers, Kurt Schier (Hrsg.): „Germanische Religionsgeschichte“, Ergbd. 5 zum „Reallexikon der Germanischen Altertumskunde“. Karl Hauck: „Zur Ikonologie der Goldbrakteaten. XIV: Die Spannung zwischen Zauber- und Erfahrungsmedizin, erhellt an Rezepten aus zwei Jahrtausenden“ in: „Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münsten. Band 11, 1977, S. 414–519. Karl Hauck „Goldbrakteaten aus Sievern. Spätantike Amulett-Bilder d. Dania Saxonica u.d. Sachsen-Origo bei Widukind von Corvey“ in: „Münstersche Mittelalterschriften“ Bd. 1. 1970.
 
Zurück zum Thema jener Bildersprache der germanisch-heidnischen Brakteaten, auf denen wir germ. Mythenzüge wiederfinden, die uns aus den nordgerm. Edda-Texten bekannt waren. Damit stellen diese Dokumente eine wunderbare Quelle zur Erkenntnis der germanischen und mithin der deutschen Urreligion dar. Siehe dazu meine Ausarbeitungen: 
 
Die beiden Abb. oben re. + li. zeigen den Goldbrateaten IK 39, Dänemark, welcher den Mythos des bekannten Schießspieles um Gott Baldur ins Bild setzt. Oben links im Amulett sieht man die Seelenschlange mit der angehängten Odal-Rune (die Seelen-Geist-Schlinge) am Schwanz. Unmittelbar davor steht der antigöttliche Bösewicht Loki, mit dem tödlichen Mistelzweig über der Schulter. Auch die Brakteaten von Killerup-B, Gudme II-B, IK 20 aus Zagórzyn (Polen), einer aus russ. Beresina Raum (im Württhemberg. Landesmus. Stuttgart), IK 39, IK 51,1, IK 165 und IK 595 aus Dänemark, K 595 aus Sorte Muld, Bornholm, sprechen von des Gottes Baldur Tötung. Auf Brakteat von Fakse/Faxe auf dem dän. Seeland-B (IK I,3) ist die Fortsetzung des rituellen Schießspiels abgebildet, da steckt das Mistelzweig-Geschoss bereits in Baldurs Leib; im Bereich der Leber. Der Goldbrakteat unten li. ist IK 50 Raum Esrom-C, dän. Nordseeland. Er zeigt den bekannten Topos des Od-Gottes Haupt über dem gefallenen Ross. Über seinem Kopf - rechts und links - sind zwei Seelen-Schlängelein in Spiralform platziert, womit der solare Charakter der Seelen angedeutet sein könnte. Vor Odins Gotteshaupt steht wahrscheinlich der Sohn-Gott Baldur, mit Herrscherstab und Ring (der Unsterblichkeit). Die Insignien Stab und Ring sind ebenfalls auf den Goldhörnern von Gallehus-Rosengaard (aus Anfang 5. Jh.) verbildlicht. Vor und hinter der ganzheitlichen Gestalt auf IK 50-Esrom-C sind die Metaphern des Jahres und der Zeit - die beiden Hauptformen der Doppelwendeln - zu sehen. Beide Formen finden sich im Fundus der bronzezeitlich-schwedischen Felsbilder und auf etlichen Brakteaten markant hervorgehoben. Brakteat unten re. ist Av b, ein frühes Stück innerhalb der Brakteaten-Genese: Der Kopf entspicht noch auffällig den röm. Münzbildern der Kaiserportraits. Die lange Geist-Atem-Schlange ist dem noch geöffneten Mund des ins röm. Kaiserbild hineingeschauten germ. Od-Gottes entsprossen. 
 
Sicher teilten die im Norden siedelnden Kelten, als Nachbarn der Germanen, eine Vielzahl von Brauchtümern, Kalenderfesten und sakrale Symbolen. Taranis, der keltische Gott des Himmels, des Wetters und des Donner, stand an der Spitze der keltischen Götterwelt; er entspricht in seiner Bedeutung dem röm. Jupiter und dem germ. Donnergott Donar/Thor. Julius Cäsar beschrieb die Vorstellung der Gallier nach der der Gott die himmlischen Kräfte beherrschte. So sind seine Attribute, mit denen auch seine Statuetten ausgerüstet sind, der Donnerkeil, das Sonnenrad und das „S“-Symbol der Zeit und damit der Ewigkeit. Sein dementsprechendes Bronzefigürchen des Fundortes Le Châtelet de Gaourzon in der Gemeinde Bayard-sur-Marne, liegt im Nordosten des heutigen Frankreich bzw. dem Département Haute-Marne. Es gibt auch eine kelt. Münze aus dem 1. Jh. v.0, ein sog. „quarter Stater”, deren Vorderseite den Kopf des Tarannis und S”-Zeichen zeigt (s. Abbildung); sie stammt vom Volk der Caletes, das in der Normandie lebte.
 
 
Abb. links zeigt den keltischen Gott Taranis mit dem Sonnenrad und solaren „S“-Chiffren.
Abb. rechts zeigt den Runen-Brakteaten mit Doppelspirale. Ähnlich dieser Version - aber mit gegenläufigem Doppelwendel - gibt's den Brakteat von Holmetorp (liegt in Nat.-Mus. Stockholm).
 
 
Oben li. der Brakteat von Lyngby, nördlich von Kopenhagen, der besonders eindrucksvoll die am Schwanz verbundene Doppelschlangen des Leben und des Todes vorführt. Darüber, auf dem Hals des Od-Gottes ist die alte Odil-Rune zu sehen, welche ebenfalls die verbundenen beiden Kreise darstellt, nämlich die Stätten des Dieseits und die des Jenseits. Das Hakenkreuz tritt als altgermanisches  Standart-Heilszeichen, von segnendem Charakter, hinzu. Die Rückseite dieses Brakteaten zeigt die kreisrunde Midgardschlange die sich in den Schwanz beißt, gleich dem Ouroboros oder Uroboros (griech. Schwanzverzehrer). Sie wird auch als Schlange der Ewigkeit bezeichnet. Mit diesem Götterhaupt dürfte der jugendliche Gott Baldr gemeint sein. Karl Hauck schreibt im Hinblick auf die vielen Brakteaten welche den „Zauberarzt“ Wodin-Odin zeigen, derweil er mittels Atem-Heilung das erkrankte/tote Rösslein des Baldr kuriert, in der Schrift „Vom Kaiser- zum Götter-Amulett“ (1969), S. 37: „Es ist daher folgerichtig, die Roßheilung nach dem schweren Unfall als Verheißung von Baldrs Wiederkehr und damit als Verkündigung der ewigen Wiederkunft alles Lebens überhaupt anzusehen.“ Oben re. der Brakteat von Skrydsrup, Amt Haderslev/Hadersleben/Nordschleswig. Das Bild zeigt wohl Gott Teiwaz-Tyr, wie er seine Hand in den Rachen des Fenriswolfes legt. Das Runenwort „lauaz“ könnte den „Geheimen/Verborgenen“ meinen, aus an. laun = Geheimhaltung; oder auch aus laun pl. = den Vergeltenden, Lohnenden. Möglicherweise ist in der kryptischen Runenschreibweise sogar beides gemeint. Vor der Brust des Sonnenhirschs steht das sehr gebräuchliche runische Segenswort „alu“. Zu Füßen des Hirschs die Doppelschlangen; die obere im deutlichen Gestus des Bisses zum Geschlechtsteil des Lichttieres, was ihren bösartig-antigöttlichen Charakter demonstriert. Unten li. der Brakteat Vendsyssel-A, von der Nordspitze Jütlands. Hier wird das Gotteshaupt von einem Doppelschlangen-Runenschrift-Reif umrankt. Der ins Bild gesetzte Kopf entspricht noch den röm. Kaisermünzprägungen, was das Brakteatenbild als eine frühe Arbeit kenntlich macht. Auch die vorliegende Doppelschlangen-Kreisform leht sich an spätröm. Gürtelschnallen-Zierformen an, wobei zunächst offen bleiben muss, inwieweit diese Arbeiten, vom zur spätröm. Kaiserzeit immer stärker nach vorne dängenden germ. Elemet im röm. Heer initiiert worden sind. Brakteat unten re. ist Skättekärr-A aus Höganäs Kommun Skåne/Schonen/Schweden. Hier ist die Seelenschlange (oben links vom Kopf) zur Odal-Schlinge geformt.
 
Der göttliche und menschliche Haarknoten
 
Fast jedes Brakteatenbild zeigt den Götterkopf mit dem Haarschopfknoten. Er muss also von allgemeiner, immenser Bedeutung gewesen sein. Den Swebenknoten der Männer können wir uns vorstellen als demonstratives, öffentliches Treuebekenntnis zur wodinischen Volksreligion, naheliegenderweise im Zusammenhang von Vorbereitungen zu öffentlichen Auftritten und insbesondere militärischen Unternehmungen. Für die sich wappnenden Männer wird diese Haartracht die innere Einstellung auf den in Aussicht stehenden Tod in der Schlacht bedeutet haben, damit sie, sogleich bei ihrer Ankunft in Walhall, als feste Wodangläubige zu erkennen seien. Der Haarknoten der Männertracht, auf der linken vorderen Scheitelseite getragen, hatte vermutlich sein Gegenstück in der weiblichen Haartracht, eines Knotens im Nackenzopf. Er ist anhand mehrerer Funde belegt. Aus der Wikingerzeit (800/850) kam ein silbervergoldetes Walkürenfigürchen aus Grab III des Bootgräberfeldes von Tuna in Alsike, Uppland/Schweden (im Hist.-Mus. Stockholm). Ebenso ist das Frauenfigürchen von Hårby der dän. Insel Fünen zu nennen, das, zusätzlich zum Haarknoten, noch den Wodanknoten auf der Seite trägt (im Dän. Nationalsmus. Kopenhagen). Die gleichen brezelartigen Haarknoten trägt die Walküre auf dem gotländischen Bildstein von Tjängvide, Alskog. Ebenso das Walküren-Amulett von Klinta der schwed. Insel Öland und das silberne Freya-Figürchen aus Storgården bei Tissø auf Seeland trägt sogar zwei große „Brezel“ am re. u. li. Zopf (im Dän. Nationalmus. Kopenhagen). Ein 8,5 cm langesbronzenes Figurenblech von Solberga im Kirchspiel Gräsgärd/Öland zeigt die Meeresgöttin Rán mit Brezelschlingenzopf, unter einem Boot, in einem Feld voller Schicksalsschlingen. Man darf davon ausgehen, wenn die sakralen Figuren mit solcher Haartracht abgebildet wurden, also eine solche Vorstellung im Volk bestand, dann wird auch das profane Frauensvolk diesem Vorbild tendenziell nachgefolgt sein. Es gibt weitere entsprechende Funde, die den sakralen Charakter des weiblichen Haarknotens unterstreichen, welcher aus der mythischen Hochwertung des Haarwesens erwuchs, wie der Haarkult der Merowingerkönige, ebenso wie der männliche Swebenknoten. Denn im Haarwuchs tritt - so der Glaube  - das Wesen der Seele zutage, sei sie dunkel oder hell, kraus oder glatt, derb oder fein. Und in das Seelengewächs einen Knoten hineinzuwinden, bedeutete - sei es für Gott oder Mensch - eine sichtbar getragene vertragliche Treuezusicherung abzulegen. Der Brauch hielt sich unter dem Begriff „Nestelknüpfen“ (nesteln = binden) über das Mittelalter bis in die Neuzeit. Den Nestelknoten/Bandknoten schrieb man magische Kräfte zu, die Knoten, die man mit dem Nesteln knüpfte, vermochten, je nach dem magisch Hineingedachtem, Segen oder Unheil stiften. Das Nestelknüpfen hieß lat. Ligatura magica”. Dieser, bis in die germ. Frühzeit zurückreichenden zauberische Bedeutung der Nestel als Amulett, Talisman, zwecks Abwehr von Schadenzauber, darf zusätzlich eine nicht unwesentliche soziale Aufgabe zugeschieben werden, nämlich der Förderung des Wir-Gefühls”. Wer solche Haarknoten, und später die Nestelbänder, nach außen sichtbar, trug, der gehörte dazu”, sei er nun Gefolgschaftsführer oder Gefolgschaftsmann, Landsasse, Krieger, im späteren Hochmittelalter, Gildemitglied und Kaufmann. Im Falle der Kaufmannszüge sollten die Nesteln vor Räuber, Dieben und Betrug schützen und lohnende Geschäfte bringen. Die Nestel konnte noch in diese Spätzeit aus bunt zusammengewürfelten Haufen eine Schicksalsgemeinschaft prägen. In dem Bestreben, solchermaßen Kooperationen zu stiften, zeigte sich für das bürgerliche Hochmittelalter ein typischer Wesenszug. In Nürnberg, wie in zahlreichen anderen deutschen Städten, sind die Tätigkeiten von Nestelmacherinnen nachweisbar, welche Nestelbänder mit eingewebten Segenssprüchen anfertigten.
 
 
Die wichtigsten Heilszeichen der Brakteatenreligion erscheinen deutbar: 1.) Das kleine „S“-Zeichen, aus dem Mund der OD-Gottheit fahrend, meint die Hauch-Seele die die Gottheit spendet. 2.) Die Od-Schlinge (1. Rune im ODING-Urrunenkreis) sowie die ineinanderübergehenden Mehrfachschlingen, auch Wodanknoten geheißen, stehen für die Dauer der wiederholten Erdenleben. Schon auf den ältesten indogerm. hethitischen Siegeln findet sich die „Kreuzschleife“ als Lebenssymbol und ganz nebenbei: das Dreieck, mit Spitze nach oben, als Heilszeichen („Die Hethiter und ihr Reich“, 2002, S. 89). 3.) Hammer/Doppelaxt: Der bronzezeitliche Felsbilderfelsen Vitlyckehällen in Tanum (Bohuslän/Schweden) zeigt den das Ehepaar segnende altgerm. Himmelsgott mit dem Hammer in der Hand und über seinem Haupt ist das Sonnenrad in den Felsen eingekerbt. 4.) Sonnen-Seelen/Dauer-Doppelwendel (s. Felsbild von Bardal, Nord-Tröndelag/Norwegen. Zum einfachen Sonnenwirbel aussagestark ist das Felsbild von Finntorp in Taum/Bohusländ, mit pflügendem Bauern, daneben zwei Adoranten mit erhobenen Armen, unter großer Sonnenwirbel-Standarte). Die „S“-Zeichen und „S“-Wirbel-Zeichen meinen seit alters den scheinbaren jährlichen Sonnenweg und damit die Dauer der Zeit. Diesen Sachverhalt demonstrieren die steinzeitlichen Reliefs der Malta-Kultur, auch der jungsteinzeitlichen irischen Ganggräber von Newgrange, Knowth (deutlich am Fund des Spiral-Hammerkopfes) und Dowth, deren Anlagen um 3.150 v.0 erbaut wurden. Das „Seelen-S“ könnte sich - meiner Vermutung nach - vom „Zeitspiralen-S“ durch verdicke Endpunkte der Schlangen-Köpfchen unterscheiden. 5.) Sonnenrad. Auch der besonnte Erdenkreis mit seinen vier Erdquadranten, aus Sicht des Menschen, der stets im Mittelpunkt und Kreuzpunkt zu stehen meint. Für jeden Naturmenschen, der seine Umwelt beäugt, teilt sich sein Gesichtsfeldkreis in ein Kreuz, von hinten, vorn, rechts und links, also von Nord, Süd, Ost und West. Wichtig zum Verständnis der Sonnenverehrung und Sonnenhuldigung ist das Felsbild der großen Radkreuz-Stele von Backa, Brastad/Lysekil/Bohuslän. Und das Sonnen-Radkreuz im Schiff, besonders schön dargestellt im Felsbild von Bottna, Bohuslän, das ich auf einzelner Felsplatte fand, gewissermaßen inmitten eines Bauernhofes fand, unmittelbar neben einer eisernen Egge. Neben dem Radkreuz als heidnisches Sonnensymbol war schon in skandinavischer Bronzezeit das „Tupfenkreuz“ bekannt, in der Weise, wie es eine Münzprägung von Kaisers „Ludwig der Fromme“ (778-840), Sohn „Karls des Großen“, zeigte. Dem Ludwigs-Pfenning war ein sog. griechisches Kreuz eingeprägt, dessen vier Kreuzwinkel mit vier Punkten versehen waren, welche angeblich auf die „vier Wunden Jesu“ verweisen sollen. Ursprünglich war wohl das Sonnenheil gemeint das in allen vier Quadranten des Erdkreises walten möge. Das Felsbild von Bro/Tanum/Bohuslän zeigt eine anthropomorphe Gestalt, die sich anscheinend über ihr Produkt, das Erdenkreuz, beugt, um es mit erhobenen Armen zu segnen. In rechter Hand hält dieser - möglicherweise Schöpfergott - etwas Rundes, eigentlich nur eine Art „Punkt“, was man als ein gleiches verstehen kann das die beiden darunter geritzten Tupfenkreuze in ihren jeweiligen Quadranten aufweisen. Ist mit diesem „Heils-Tupfer“ die Sonne selbst oder ihr göttlicher Segen gemeint ? Verstehen wir die Bildsprache des Bildschöpfers recht, so wollte er ausdrücken, dass das Erdenkreuz als Produkt des göttlichen Schöpfungsaktes zu gelten hat. Warum sonst spannt sich das Weltenkreuz aus dem Unterleib der Gestalt heraus, wo sonst bei den Darstellungen der oft überdimensionierte Fruchtbarkeitsphallus wächst ? (die Abb. davon im unten angewiesenen Aufsatz, Bild 9) Das Felsbild von Finntorp/Tanum/Bohuslän zeigt ein Radkreuz angefüllt mit zahllosen Punkten. Ein besonderes Tupfen-Radkreuz zeigt auch das Felsbild von Madsebakke/Bornholm, mit 16 Punkten rundherum, gleich einer 16-strahligen Windrose. Aufschlussreich ist das bronzezeitl. Bronzeamulett von Charroux/Gannat/Frankreich, das ein ähnliches Kreiskreuz im Schiff darstellt; s. Oscar Almgren, „Nordische Felszeichnungenal  religöse Urkunden“, 1934, S. 214.) 6.) Das Sonnenkreuz, Schweifkreuz meint das sich drehende Sonnenrad, was dadurch zum Ausdruck kommt, indem die rechtwinkligen Haken auch als Halbrundhaken (s. Felsbild von Tunge/Tose, Bohuslän) oder als Vierer-Sonnenkreuzwirbel vorkommen.
 
 
 Zu 3.) wäre mein Aufsatz hilfreich: ERDGOTTHEIT UND WELTKREISKREUZ >>
 
Verbildlichungen der Seelenkräfte
 
Althochdeutsch „ōd“, aus indogerm. Wortwurzel „auðr“ meint Gabe, Schatz, Besitz, Wohlstand, Glück. In der eddische Völuspa-Strophe 18 von der Menschenschaffung heißt es: „ónd gaf Ódinn, ód gaf Hönir“ (Atem gab Odin, Seele gab Hönir); Hönir meint den „Schwanengleichen“, den Himmelsgott Tiwaz/Tyr. So wie der Himmelsgott vom Geistgott nicht zu trennen ist, so ist der Atem („Hauchseele“) von der Seele nicht zu unterscheiden. So wie die völlig unjüdische nordisch-christliche Trinitätslehre Gottvater, Gottsohn und Gott-Heiliger-Geist nicht zu trennen fähig war, so waren schon vorher im germ. Heidentum „Wodin, Wili und Weh“ (Seele, Wille und Weitum) nicht zu scheiden. Wodin-Odin ist der Geist-Seelen-Gott, ist die Weltseele selbst, aus der sich alle Seelenenergie letztlich speist. Und weil die vorgeprägte Menschenseele auch ihr vorbestimmtes Schicksal mit sich führt, ist er auch der große Schicksalsherr. Das Schicksalsnetz ist im anschaulichen Gleichnisbild der alten Weisen ein Gewebe aus vielen Knoten und allen Knoten liegt die erste Schlinge aus dem Uranfang der Dinge zugrunde. Diese Schlinge ist die Odal-Rune mit welcher der Runenreigen des ODING-FUÞARK beginnen muss. Schlinge und Schlange kommen aus dem gleichen Wortsinn der „sich windens“. Die Knotenschlinge windet sich gleich der Schlange, drum muss logischerweise vor der Knotenschlinge das „S“-Zeichen sein, als freie Seelenkraft, der noch keine Vorbestimmung, kein  Schicksal anhaftet. Schon das bronzezeitliche Bronzemesser von Honum/Jütland zeigt das „S“ auf zwei Beinchen. Wir denken an die vielen Giebelbretter der alten Häuser in „S“-Formen in Nordholland, in der Landschaft Twente, in den Dörfern bei Minden im Weserland. Oft sind sie in Formen von Schwänen ausgestaltet. Ganz folgerichtig, denn auch der galt den germ. Vorfahren als Kinderbringer, als Seelenbringer, wie der Storch, der „Odebero“. Die deutschen Gebiete, in denen man glaubt, dass der Schwan die Kinder bringt, liegen in Rügen, in Pommern und Mecklenburg. Im Althochdeutschen erscheint als Storchen-Name der „odebero/odeboro“, der zum „Adebar“ wurde. Und wenn auch die exakte Übersetzung zunächst „Schatzbringer“ bedeutet, so ist eben im tiefsten semantischen Sinne das Leben, der Lebenshauch des Kindes und aller Nachkommen der größte aller denkbaren Schätze für jede gesund-denkende Sippe.
 
Das Verständnis der Schlaufe und Schlinge als Seelen-Sinnbild scheint aus alter auch arischer Tradition zu kommen, schon die Eraner/Perser bezeichneten ihre Ahnengeister, die Fravaši, mit einem Schlingenzeichen, das etwa der ursprünglich zweizipfligen ägyptischen Anch-Hieroglyphe, der „Lebensschleife“ gleicht, die Unsterblichkeit oder Lebenskraft versinnbildlicht. Es gibt altägyptische Darstellungen, in denen eine Gottheit die Anch-Chiffre dem König/Pharao als Zeichen der Verlebendigung vor die Nase hält, womit verdeutlicht wird, dass die Atem-Seele das Leben vermittelt. Auch die altägyptischen Schlingenzeichen „Isisknoten“ und „Isisblut“ gehören in diese Symbolkategorie. Die Fravaši entsprechen den Totengeistern, den ind. Pitara, röm. Manen, germ. Äsir (got. ansis). Die Äsir oder dt. Asen wurden im germ. Spätheidentum ein genereller Begriff für Gott und Götter. Die abgeschlagenen Ungläubigen hat man im zoroastrischen System als Dämonen angesehen, was bei den Germanen wohl kaum anders gesehen worden ist, denn aus isländischen Sagatexten wissen wir, dass eine gewisse Angst bestand vor den bösen Totenseelen gekristeter d.h. christlich bekehrter Weiber.
 
Zum Schlingenzeichen siehe Jahresbericht d. Inst. f. Vorgeschichte  d. Uni. Frankf. A.M. 1978-79, H. Müller-Karpe, „Bronzezeitliche Heilszeichen“, Schingenzeichen: Abb. 2,29; Abb. 3,32-37, Abb. 5,15-20. Was Müller-Karpe nicht anführt ist das 1979 gefundene „Bieberer Amulett“ (Krs. Offenbach); das bronzene Schlingen-Amulett aus Steinkistengrab der Urnenfelderzeit (1.200-800 v.0).
    
 
Der intensive Seelenglauben hat den Gemanen in seiner sprichwörtlichen, verwegenen Todesverachtung  bestärkt; das Körperleben zu erhalten erschien ihm wesentlich unwichtiger als die Wahrung seines Nachruhms. Ein Feigling, ein Verräter, ein Schurke war des Nachruhmes unfähig. Nur so ist es zu erklären, dass eine Fülle von germanischen Kriegerausrüstungen, nämlich Riemenzungen, Koppelschlös­ser, Sattelbeschläge, Brakteaten-Amulette u.a. die gleichen Sinnzeichen führen: Seelenschlangen und Schicksalsschlingen. Die Schlange demonstriert als seelische Erscheinungs­form, als Seelentier des To­ten, verweist und erinnert den Träger an die wiederholbare Nichtigkeit der leiblichen Seinsform. Denn so wie sie, die scheinbar ewig fortdauernde, nach starrem Winterschlaf durch Häutung das alte Leben fort­wirft und sich förmlich ein neues Lebenskleid anzieht, so verstand der germanische Od-Gläubige den leblosen Körper im Sarg, oder auf dem Schlachtfeld, als eine abgeworfene ersetz­bare Körperhülle, die ihm im nächsten Leben seiner Wiederkehr erneut zuwachsen würde. Dieser Glaube hat die germanische Lebenszähigkeit, allen römischen Knechtungs- und Ausrottungsmaßnahmen trotzend, das Überdauern der germanischen Körper-Geist-Seelenart bewirkt.
 
Die Verbildlichung der Seele als Vogel, welcher scheinbar schwerelos durch die Lüfte segelt, möglicherweise aus allen geheimnisvollen Fernen kommend, findet ihr erdhaftes Gegenstück in der Schlange, die durch die Gründe, die Tiefen und Spalten schlüpft und sich obendrein noch durch die Kunst ihrer Häutung scheinbar endlos zu verjüngen weiß. Der intelligente Rabe wurde zu Odins Vogel, der in den Gestalten von Hugin und Munin (Gedanke/Sinn und Erinnerung) dem Gott den Beinamen „Hrafnáss“, Raben-Ahne/Gott einbrachte. Die Brakteaten-Bildkunst stellte immer wieder diesen Topos der Seelenvögel Odins ins Bild, die sich oft durch ihre zu Odal-Schlingen gebogenen Flügel als Seelenwesen zu erkennen geben. Der altheidnische Grabstein von Stenkyrka bei Visby/Gotland führt es in kaum zu übertreffender Deutlichkeit vor: die Odalschlinge ist als Schwanz einem Seelenvogelbruchstück angehängt; er wird ein aggressives christliches Missionsopfer zum Zerschlagen verlockt haben. Ebenso schlingen sich auf den Brakteaten die Seelen-Schlangen mitunter zur markanten Odal-Schlinge. Auch die Kunst der nach Italien gezogenen langobardischen Brüder und Schwestern vermochte ihr nordisches Herkommen nicht zu verleugnen. Die 8er-Schlingen, Odalschlingen, Knotenbänder und Schlingenranken der langobardischen Reliefkunst in Italien werden vom endlosen Seelenleben ebenso raunen, wie die silbertauschierten Schlangen auf langobardischen Riemenzungen. Auch die Franken gehörten selbstverständlich zu dieser germanischen Glaubensgemeinschaft, bis zur Schlacht von Zülpich im Jahr 469, wo Franken wider Alemannen kämpften, nach der die fränkische Verdrehungs- bzw. „Bekehrungsgeschichte“ begann. Auf den merowingischen Gräberfelder der Stadt Trier finden sich Sonnen- mit Doppelspiral-Motiven des 6./7. Jhs. und  Seelenschlangen-Motive auf merowingischen Gürtelschnallen und -beschlägen (s. „Die Franken, Wegbereiter Europas“ (1996), S. 699) und Gürtelschnallen mit der Odalschlingen-Rune, wie die von Mannheim-Seckenberg, Grab 10, s. Reiss-Mus. Mannheim, Archäolog. Sammlung. Der goldene Beschlag des Ortbandes im Grab König Childerichs I. (um 655-675) zeigt das Doppelschlangenmotiv. Ja sogar die Pfeiler zwischen den Schrankenplatten der Kirche Saint-Pierre-aux-Nonnains (St. Peter zu den Nonnen), der lothringischen Stadt Metz, führen verschieden geformte Doppelschlangen-Bandgeflechte, bei denen die Schlangenköpfe nach oben ausgerichtet sind. Im 7. Jh. wurde das Gebäude zur Kirche eines Frauen-Klosters geweiht, dessen erste Äbtissin Walrada war. Es gilt als das älteste noch existierende Kirchengebäude Frankreichs. Mit ganz ähnlichen, geschnitzten Doppelschlangen-Ziergeflechten ist Vorderseite der sechsseitigen „Trossinger Leier“ geschmückt, die aus einem alamannischen Adelsgrab des 6. Jhs. in Tossingen, Lkr. Tuttlingen, gehoben wurde. Die Brakteaten-Küstler gebrauchen nicht selten Formgebungen, bei denen man zur Annahme gelangen muss, es sollten Mischwesen wie Vogelschlangen bzw. Schlangenvögel verbildlicht werden, was alles andere als sonderbar ist, denn geistwesenhafte Kräfte müssten die Lüfte wie die Erden gleichermaßen durchdringen können. Die Flügelschlange ist aus der antiken Ikonographie des Hermes/Merkur-Kultes ebenso bekannt. Der Hermesstab oder Caduceus ist ein Stab mit zwei Flügeln, der von zwei Schlangen mit einander zugeneigten Köpfen umschlungen wird. Hermes-Merkur galt als Psychopompos, als Seelengeleiter; bekanntlich gilt nach der römischen Übersetzung (Interpretatio Romana) Wodan-Odin als der germanische Merkurius. In den alten Darstellungen, auch denen der Alchimie, in der der Mercurius oder „Hermes-Trismegistos“ (also der spätgerm. Hauptgott) als die zentrale Zaubermacht verstanden wurde, werden die beiden Schlangen unterschieden, in eine ohne und eine mit Flügeln. Die ohne dürfte die irdische und die mit Flügelchen die jenseitige Schlangenform der Seelen meinen, denn die Reinkarnation, die Lehre vom Ewigkeitswert der immer zur Erde wiederkommenden Menschenseelen war ja das zentrale Evangelium der alten Mysterien-Religionen, der griechischen wie der keltischen und germanischen. Darin findet sich die Erklärung für die vielen Darstellungen der „Doppelschlangen“ in den germanischen bildhaften Schöpfungen, von den Brakteaten, dem fränk. Grabstein von Niederdollendorf, den fränk. Gürtelschnallen von Conneré, dem aus Montillot-Vaux-Donjon und Saunay. Ewähnt seien auch die von mir schon in meinem Buch „ODING-Wizzod“ (1993) gezeigten Gürtelschnallen mit Odalrunen und Doppelschlangem z.B. aus Alamannengräbern, auf Seite 95, mit den Fundnachweisen auf Seite 432 im Abbildungsverzeichnis. Alamannische Gräber des 6./7. Jahrhunderts, aus dem frühmittelalterlichen Gräberfeld von Oberflacht (Kreis Tuttlingen), zeigen die schlicht geschnitzen Doppelschlangen auf den Baumsärgen ebenso, wie noch das feingearbeitete Runenkästchen von Auzon (Franks Casket), aus klösterlichem Umfeld des 8. Jahrhunderts. Das Doppelschlangen-Bronzemodel aus Liebenau Krs. Nienburg, auch das untere Register vom wodanischen Hornhausen-Reitersteinrelief, vom ca. 7. Jh. zeigt die ornamentale Doppelschlange. Auch schon das runenlose „Goldhorn von Gallehus-Rosengaad“ aus Südwestjütland/Nordschleswig, des Herstellungszeitraums ca. 400-450 n.0, bringt im ersten ornamentalen Schalltrichterringstreifen sieben sich unterschiedlich verbiegende plastische Schlängelein-Figuren und darunter das gepunzte Doppelschangen-Motiv.
 
 
Die große Verheißung vom Ewigen Leben
 
 
 
Das germanische „S“-Symbol, für Seele oder seelisch-geistige Potenzen, gerät in eine gewisse Trennungsunschärfe, wenn es sich zu einem „s“-förmigen Doppelwendel/-wirbel erweitert, der eigentlich, wie auch der gegenläufige Doppelwendel/-wirbel, den jährlichen Sonnenweg zu symbolisieren hat, wie es mehrere bronzezeitlich-skandinavische Felsritzbilder ausweisen; beispielsweise das eindeutigste vom fast senkrechten Ryland-Felsen (Tanumshede/Bohuslän/Schweden). Ich habe das Ryland-Hellbild mehrfach gezeigt und erklärt:
 
7.000 JAHRE NORDISCHE SONNEN-RELIGION >>
 
 
Vorher schon und sicher zur Brakteaten-Zeit war den ikonographischen Künstlern des Alt- und Artglaubens bewusst, dass alle Kraft des irdischen Lebens von der Sonne kommt und, dass auch die Seelenenergie solaren Charakter haben muss. Seelen sind Licht- bzw. Gottesfunken, wird die uralte sakrale Einsicht gelautet haben. Folgerichtig gebiert im germanisch-religiösen bzw. magischen Welterkenntnissystem des „runischen“ (geheimen) ODING-Wizzod die 1. Rune, die Odal-Rune, das Sonnenjahr in Gestalt der 4 astronomischen Eckpunkte des Jahres, nämlich den beiden Sonnen-Wenden und der beiden Sonnen-Gleichen. Denn von der Wintersonnenwende (21.12.) der O-Rune führen 9 Geburtsschritte zur Herbstgleiche (23.09.) der K-Rune, von dort führen 9 weitere Werdeschritte zur Frühlingsgleiche (21.03.) der B-Rune und diese mündet wieder nach 9 Schritten zur Wintersonnenwende (21.12.) der O-Rune zurück. Und Wodanaz-Wodin-Odin, der „Ase“, also der Seelengeleiter und Ahnherr seines germanischen Volkes, wie er sich in der herbstlichen 21. ODING-Rune darstellt, wird in der oding'schen Sonnentheologie schlüssig als Sonnenabkömmling definiert.
 
Runische Sonnen-Theologie >>