1.   Goldbrakteat Køge-C – Baldurs Pferdesturz mit Fußverrenkung
2.   Goldbrakteat Schonen II-C – Wodan heilt Baldurs Rösslein
Beide Amulette aus 500-550 n.0
 
WODANS „HUF-HEILUNG“
 
Der Ase ist der große Arzt,
Wodan heilt alle Wunden,
er ist der Heiler Hort und Halt,
wer ihm traut muss gesunden.
 
Wodan-Wodin ist Volkes Heil,
er ist des Odems Spender,
er ist das große heilige Od,
der Schicksalsherr und -wender.
 
Der Deutschen wahrer Gott,
so muss man Wodan nennen,
man hieß ihn Mikkel, Mikkael,
den wir als „Großen“ kennen.
 
Die Gläubigen vertrauten ihm
und seinem Wundheil-Zauber:
„Blut zu Blut und Bein zu Bein“,
schon war der Schaden sauber.
 
Und fiel ein Kerl oder die Maid,
im Streit um Volk und Ehre,
da nahm sie Vater Wodan auf,
so war der Runen Lehre.
 
Die Runen tragen Wodans Od,
als Wizzod durch die Zeiten.
Botschaft ist’s von Od bis Fuß,
Germanen-Sinn zu leiten.
 
„Od“ heißt Gottesgeist und Seel‘,
der „Fuß“ steht für Fortkommen.
Unter dem Spannungsbogen liegt
das Leben all‘ der Frommen.
 
Drum heilte Wod den Pferdehuf,
des Balders kranken Schimmels,
was als Verbildlichmachung galt
für Heil und Hilf‘ des Himmels.
 
Wenige Monate nach meinen Begegnungen mit Herman Wirth und meiner intuitiven Decodierung des Runengeheimnisses, kaufte ich mein erstes Runenbuch: „Über deutsche Runen“, 1820/1988, von Wilhelm Carl Grimm. Darin erfuhr ich vom adligen Mainzer Universalgelehrten Hraban („Rabe“), den man zusätzlich als Hrabanus Maurus („Dunkler“) latinisierte. Er lebte von 780 bis 856. Als Kind ist er dem Benediktinerkloster Fulda übergeben worden, wo er auch Vorsteher wurde. Ihm werden die „Wiener Handschriften“ („Tractat de inventione linguarum“) zugeschrieben, aus denen die Kunde hervorgeht, dass man 1.) die lange Reihung der Ur-Runen als markomannische oder deutsche Schrift bezeichnete und die kürzere Reihung als nordische Runen 2.) dass nur diejenigen welche dem Heidentum zugetan waren, sich der Runenschrift bedienten, 3.) zum Zwecke, ihre Gedichte, Zaubersprüche und Weissagungen damit aufzuzeichnen. Man unterschied also zwischen den deutschen, den nordischen Runen und den angelsächsischen, wobei die deutschen die ursprünglichen sind. Was Hraban-Maurus im 9. Jh. nicht mehr wusste, war aber, dass noch in synkretistischer Epoche, vor dem Erstarken des Mönchswesens und seiner Christenkirche, die Runenschrift sowohl schriftbewanderte Laien wie geistliche Herren für ihre Korrespondenzen genutzt hatten. Grimm erwähnt Venantius Fortunatus (ca. 540-600), ein oberitalienischer, wohl langobardischer, seinerzeit gefeierter Dichter und Denker, der als betagter Mann zur Merowingerzeit Bischof im westgallischen Poitiers wurde und mit germanisch-deutschen Ländern und Lebensweisen gut vertraut war. Er hatte seine Ausbildung in Ravenna erhalten und die Ostgotenzeit selbst noch erlebt. Er schrieb an seinen Freund Flavus („Blonder“) einen Brief in dem er um Rückantwort bat und „wenn er ihm nicht lateinisch antworten wolle, könne er es auch in einer anderen Schrift, oder in barbara runa antworten“, also mit runischen Buchstaben (S. 61 ff). Grimms Buch darf bis heute als ein runischer Grundlehrkurs gelten, obwohl er in etlichen Punkten dieser Frühzeit der Runenforschung noch irren musste, vermutete er doch ganz richtig, hinsichtlich der runischen Sinnzeichen, z.B. als Orakelstäbe. Er führte aus (S. 314), „so gerät man auf die weitere Vermutung, der Name der auf dem herausgehobenen Zweig sich befindlichen Rune habe die gesuchte Antwort oder Entscheidung gegeben. Ich kann nämlich nicht glauben, dass diese Namen durch irgendeinen Zufall den Runen beigegeben wurden, und ihre Bedeutung daher ohne Beziehung oder ganz gleichgültig sei, […] Sie bezeichnen ja sämtlich die nächste Umgebung jener Zeit, das wünschenswerte oder unheilbringende z.B. Fruchtbarkeit des Jahres oder Hagelschlag, Sonne oder Eis; […] Auf einen solchen Gebrauch scheinen auch einige Stellen der Edda zu weisen.“ Schon diese Vermutung und deren Nachweis – den ich für die Konstruktion des luni-solaren Kultjahreskreises erbrachte – führt jede Ableitungstheorie aus älteren fremdvölkischen Schriftsystemen der Ur-Runenreihung ad absurdum ! Denn eine künstlich, nach magischen und mystischen Regeln zusammengefügte Sinnzeichenreihe, kann unmöglich „übernommen“ werden, vielmehr muss sie nach ureigenen, schöpferischen Ideen des Runen-Erfinders vorgenommen worden sein. Neben den urnordischen Symbolismen sind einige lineare Zeichen als Fremdanleihen aufgegriffen worden, um sie unter eigenen, neuen Sinninhalten dem Runen-System einzureihen.
 
Runenbotschaft: „Heil vom Haupt bis zum Hintern“ und „Heil vom Geist bis zum Geld“
 
Zum Charakter einer Sakralschrift gehört grundsätzlich der an die Gläubigen gerichtete Segenswunsch. So verhält es sich auch bei den Runen und zwar in Form nicht zu übertreffender Deutlichkeiten, die ich erklären werde. Ebenso ist plausibel darzulegen, dass es sich bei dem Runenkanon um einen Hymnus an den Geistgott Wodan-Wodin-Odin handelt. Mein Mentor Herman Wirth hat, in seiner liebenswert-romantischen aber irrigen Fixation auf den Mutterkult, diesen als Ursprung der germanischen Runenreligion angenommen, nicht aber den Wodankult, dessen runisches Zeugnis er nicht durchschaut hat. Sicher, es gibt eine Vielzahl (etwas über 400) der keltisch-suebischen Matronensteine, die in der Regel das Dreifrauen-Gestirn zeigen, aber die Sueben waren bekanntlich Tiu-Ziu-Anhänger und ebenso Wodan-Gläubige. Meine Runendekodierung ist in ihrem strukturellen Prinzip leicht zu beschreiben: Die Urrunenreihe ist rechtsbeginnend bzw. linksläufig zu lesen, wobei die ersten drei Runen den Begriff „O.D.ING“ ergeben; ein Wort das vergleichbar mit „A.B.C“ ist, also als Titel für die Gesamtheit der ihnen nachfolgenden Buchstabenreihen gebraucht werden. ODING bedeutet aber mehr, es handelt sich um das klare germanische Wort „Od-Kind“, also Geist/Gottesgeist-Produkt/Emmanation, denn germ. Suffix „ing“ meint Kind/Nachkommen.
 
Wie gelangt man zum Kalender-Resultat ? Legt man die erste Rune „o = odala“ auf den Neumondstand der Wintersonnwende und alle weiteren 23 Runen auf die folgenden 23 Mondstände des Sonnenjahres, ergibt sich der luni-solare Kultkalender der runenreligiösen jährlichen Feststände. Folgt man dieser Anweisung, ist jeder germanisch-religiöse Festkreis ablesbar aus den Runen-Charakteren auf den dazugehörenden Mondphasen. Die Tagesdifferenz zwischen Mond- und Sonnenjahr von ca. 11 Tagen ist durch die Schaltregel auszugleichen die der angelsächsische Gelehrte Beda Venerabilis (672-735) in „De temporum ratione“ (725) angab. In der gematrischen Zahlensprache des ODING steht der Ase Wodan im geheiligten Mittelpunkt, um ihn herum breitet sich die mythologisch-religiöse Runenzahlen-Vernetzung. Der Ase Wodan steht an 21. Stelle des ODING (Quersumme = 3). Wodan-Odin gilt als Trinität: Wodan (Geist/Seele), Wili (Wille), Weh (Weihe); an. Óðinn, Vili, Vé. Die Summe aller 24 Runenzahlen beträgt 300 (Quersumme 3). Die Addition von 3 resultiert 6 (1+2+3), ebenso wie die Addition der Zahl 24, der Buchstabenanzahl (2+4). Die 6 galt als „summus perfectus“, als Symbol des Kosmos, als gelungene Gegensatz-Vereinigung von Feuer und Wasser, von Himmel und Erde, Hoch und Tief, Mann und Frau. Nach des griech. Rechenmeister Euklids (3. Jh. v.0) Definition handelt es sich bei der 6 um die erste vollkommene Zahl weil sie die Summe ihrer Teiler ist. 6 ist das Produkt aus 2 × 3, was die Ehe des Männlichen mit dem Weiblichen bedeutet. Zudem gibt es 6 Raumrichtungen, vorwärts, rückwärts, rechts, links, oben, unten, woraus die 6 zur Kosmoszahl avancierte. Aus diesen Erwägungen erlangte das Hexagramm (Sechsstern) in der mittelalterlichen Alchimie die hohe Bedeutung und blieb bis in die Neuzeit ein vielsagendes Wirtshausschild jener Häuser die zum Brandweinausschank berechtigt waren, denn im „Feuerwasser“ vereinigen sich schmeckbar Wasser und Feuer, also die sich vertragenden Weltgegensätze.
 
Von Anbeginn meiner Runen-Entschlüsselung im Jahr 1981 glaubte ich zu erkennen - aufgrund meines Wissens um antike gnostische Vorstellungsmodelle - dass die Runenreihe am Beginn und am Ende von aussagefähigen Begriffen gewissermaßen eingerahmt erscheint. Das von mir erkannte ODING-Modell ist nicht ohne Vorbilder oder Nachahmer. Aus den altgriechisch-pythagoreischen Schulen entwickelten sich auch gnostisch-christliche Sekten wie die des Valentinus (ca. 100-160 n.0) und seines Schülers Marcus. Sie lehrten die theosophische Weltanschauung vom Anthropos (griech. „Mensch/Der-zu-den-Höhen-Blickendende“), ein geschautes aus Gott emaniertes Geistwesen, was sich zwischen Himmel und Erde spannt, also der übersinnlichen und der sinnlichen Welt. Diese Anhänger schätzten die 6-Zahl ebenso heilig ein wie die Runen-Jünger. Die 1 galt ihnen nicht als Zahl, sondern als das Ursächliche. Erst mit der Zwei begann für die Griechen das Zählen. Gerade Zahlen galten ihnen als weiblich, ungerade als männlich und durch die Vereinigung der ersten dieser beiden (2+3), mit der Ursache, wurde das große Heil erzeugt, nämlich die 6, die als „Zahl der Erlösung“ galt. Marcus verstand den Anthropos als weibliches Wesen als eine Art Sophia, die Personifikation der gnostischen Weisheit, oder als Aletheia (griech. „Wahrheit“). Er beschrieb sie in Gestalt der 24 Buchstaben des griechischen Alphabets. Ihr Kopf bestünde aus Alpha und Omega, ihr Hals als Beta und Psi und weiter so, bis hinab zu ihren Füßen aus Mu und Nu. So sei der zauberhafte Leib der Wahrheit, aus dem Charakter der Buchstaben, und die Quelle aller Töne und Sprache, ebenso wie von allem was unaussprechlich ist. Wenn 6 die „Zahl der Erlösung“ ist, dann müsste der runische Erlöser Wodan sein, der auf 21. Position im ODING-Kreis steht, denn die Aufsummierung der 6 ergibt 21. Und er, als Schöpfer des Alls, müsste die 6 wieder aus sich hervorbringen können. Er kann es: Die Aufsummierung der 21 ergibt die Zahl 231 = 6. Des Markos strenggläubig-christlicher Kritiker Irenäus (ca. 135-200), der aus Kleinasien stammte, schrieb „Gegen die Häresien“ (adversus haereses) worin er hinwies, dass die Geheimnisse und „feinen Dinge“ die Marcus über die Zahlen zu sagen wusste, alle von der Verwendung der Form des griechischen Alphabets abhängig seien und dass sie verschwinden würden, wenn ein semitisches Alphabet verwendet wird, was er als orientalisch ausgerichteter Christ als maßgeblicher betrachten musste.
 
Zweifelsfrei ist die Ur-Runenreihe als rechtsbeginnende Struktur erdacht worden, denn nur dann stimmen die zahlenmythologischen Begriffen mit den tradierten Runenbegriffen überein, so passt z.B. die Menschheits-Rune mannaz allein mit der Zahl 5 zusammen und nicht mit der Zahl 20, oder die Sonnen-Rune sowilo nur mit der 9 und nicht mit der 16 usw.. Dieses kosmisch-personifizierte Runen-Gebilde trägt unter diesem Gesichtspunkt den Namen Oding, also Geist-Kind. Dann müsste es - so wie es auch Marcos verstand - Kopf und Füße aufweisen. Das Haupt - mithin der Anfang - war ja schon mit dem Wort „Oding“ gefunden, weil dieser Begriff für die Beschreibung der Gesamtheit des Runenkörpers gelten mochte, doch auch, in separierter Betrachtung der drei Anfangsrunen, als Kopf des Systems. Óðr/Od ist der eddische Gott welcher mit der gemeingerm. Göttin Frija verheiratet ist, das Oding darf als seine Emmanation betrachtet werden. Ódr trägt im Germanischen, aus dem urgerm. auð-, die semantischen Inhalte: Seele, Geist, Gefühl, Gut. In der Ikonographie der Goldbrakteaten-Amulette wurden beispielsweise den Seelentieren (Schlangen, Vögel) Odal-Runen-Schlingen angehängt, um sie als Götterattribute bzw. jenseitige, höhere Wesen zu deklarieren. Die odal-Rune markierte immer das Gute-Geistig-Seelische, woraus sich der autochthone Adel ergab, der in Form eines Sippengutes bzw. Odal-Gutes, Anspruch auf angestammten Landbesitz erheben durfte.
Meiner Hypothesenlogik folgend, musste am entgegengesetzten Ende, der nachgeordneten linken Seite des Oding-Fuðark-Geistwesens, dessen Fuß/Füße gesucht werden. Ich glaubte ihn im dortigen Anfangsbegriff fuð/fud/fut erkennen zu können, der - wie ich meinte - zwar grammatikalisch nicht korrekt, aber doch von jeder germanischen Lautgruppe als Fuß zu verstehen gewesen sein müsste. Falls man eine derartige Freizügigkeit nicht akzeptieren möchte, muss man diese drei Anfangsrunen an. „fuð“, in linksbeginnender Leseweise, als Arsch/Fotze lesen. So würde die runische Gesamtaussage lauten: „Von Oben bis Unten bzw. Klarsprache „von Od/Geist bis Arsch“ (allzumenschlich-schlicht: von „A bis O“), was semantisch meiner Theorie keineswegs widerspräche. Der für uns Heutige obszön wirkende Begriff fuð ist in der magischen, altschwedischen Inschrift auf dem Bronzeamulett von Högstena (um 1100) zu finden. Ein Wiedergänger, der mit dem derben Schimpfwort bedacht wird, soll mittels des Zauberspruchs gebannt werden. In Übersetzung heißt es dort: „gegen den Zaubernden, gegen den Gehenden, gegen den Reitenden, gegen der Rennenden, gegen den Sitzenden, gegen den Segelnden/Sinkenden/Segnenden, gegen den Fahrenden/Reisenden, gegen den Fliegenden/Fliehenden: Der/die alte fuð soll erledigt werden und deswegen sterben.“ Eine weitere Inschrift mit ähnlichem Inhalt ist auf einem Knochenstück von Schleswig überliefert: „fuðarsb fuikð“. Die Inschrift auf einem Holzstück von Bergen/Norwegen lautet: „felleg er fuð sin bylli / fuðorglbasm“ (schön ist die Fotze, möge der Prügel sie füllen). Fud, Füdli, Fidle, Füdle, Füdlech ist im Alemannisch gewöhnlich das Wort für Gesäß und wird als Schimpfwort für besonders üble Menschen genutzt. Im Mittelhochdeutschen wie im Mittelniederdeutschen ist die Lautung „vud /vut“. Der als Abb. 2 gezeigte Goldbrakteat trägt das linksläufig zu lesende Runenwort „fuðu“ (eher als „fuði“; wollte man ein „i“ lesen, wäre der linke Abstrich vom „u“ unmotiviert.) unterhalb des Pferdes. Welche Bewandtnis hat es damit ?
  
Bein, Fuß, Huf sind Gleichnisse „des Fortbewegens“
 
Um das zu erklären, muss etwas ausgeholt werden. Im Zentrum der Wodan-Religion stand für die Gläubigen die Heils-Tat der Huf-Heilung des Rösleins seines Sohnes Baldur. Der Wodin‘sche Heilungsakt, durch zauberische Besprechung, ist in einem der „Merseburger Zaubersprüche“ in althochdeutscher Sprache auf uns gekommen. In einer theologischen Handschrift des 9./10. Jahrhunderts blieb er erhalten. Da heißt es: „Phol [Balder] und Wotan ritten ins Gehölz. Da wurde dem Balders-Fohlen sein Fuß verrenkt. Da besprach ihn Sinthgunt und Sunna, ihre Schwester, da besprach ihn [Göttin] Frija und Volla, ihre Schwester, da besprach ihn Wotan, der es wohl verstand: Wie Beinverrenkung, so Blutverrenkung, so Gliederverrenkung: Bein zu Bein, Blut zu Blut, Glied zu Gliedern, wie geleimt sollen sie sein !“ Die hohe Bedeutung dieser Beschreibung wird erst verständlich, wenn sie als omnipotente Metapher begriffen wird, wenn im geliebten „Sohn Baldur“ zunächst die germanische Menschheit gesehen wird und in der „Huf-Heilung“ der Heilzauberkunst-Nachweis des göttlichen Arztes. Darüber hinaus gilt Baldur selbst als das Rösslein, geradeso wie Gott Mithras identisch ist mit dem weißen Opferstier. Die Ikonographie der Brakteaten-Kunst zeigt Wodin-Odin als Od-Spender, Odem-Spender, wie ihm der Belebungs-Atem aus dem Munde fährt. Die Edda-Mythologie, auch Brakteaten-Bildchen, berichten vom Sterben Baldurs durch den Mistelzweig-Schuss des „blinden Bruders“ Höðr, aufgrund der Verführung durch den übelwilligen, unholden Geist Loki. Baldur muss zunächst hinabfahren zur Hel, doch der göttliche Zaubervater wird ihm die Wiedererweckung schenken. Der Isländer Snorri Sturluson (1179-1241) übermittelte in seinen selektierten Eddatexten nur andeutungsweise diese Wiedererweckung durch Odin im Vafþrúðnismál, in Form der letzten unbeantworteten Frage, was Odin seinem toten Sohn ins Ohr geflüstert hat. Er muss ihm die Erweckung versprochen haben, doch der christlich geschulte Politiker Snorri wird jede zu deutliche Gleichstellung Odins mit dem kirchlich propagierten Heilbringer und Totenerwecker tunlichst vermieden, also solche eddischen Liederpassagen wegzensiert haben. Auf den goldenen mittelalterlichen Geleitmünzen aber blieben sie erhalten, worüber der bedeutende Mediävist Karl Hauck (1916-2007) in seinem Werk „Zur Ikonologie der Goldbrakteaten“, 1970, Erhellung schenkte. Bei Hauck heißt es: „Den Tod Balders durch den Mistelschuss zeigen die Drei-Götter-Brakteaten, seine anschließende Hel-fahrt einige Medaillon-Imitationen. Insgesamt wird eine Perspektive der Regeneration im Baldermythos erschließbar. Sie ist bildlich auf den Brakteaten an den verwandten Chiffren ,Ring‘ (Draupnir) bzw. ,kleiner, runder Gegenstand’ nachzuweisen. Die Regenerations-thematik ist damit als eigentliche Heilsthematik der Brakteaten und als eines ihrer beiden Kernelemente ermittelt.“ Wir müssen uns an die Glaubenshorizonte der germanischen Vorfahren heranzutasten versuchen, wie es Hauck bezüglich des Brakteaten-Fundus vorbildlich getan hat.
 
Abb. 1 zeigt Brakteat „Seeland-II-C/ Raum Køge (IK 98, KJ 127, DRBr 61)“, den ich als Beispiel für den Pferdesturz gebrauche. Die rechtsbeginnende Runeninschrift ᚺᚨᚱᛁᚢᚺᚨᚺᚨᛁᛏᛁ⌃ᚨ⁝ᚠᚨᚱᚨᚢᛁᛋᚨ⁚ᚷᛁᛒᚢᚨᚢ✝ᚨ (ᛏᛏᛏ) lautet: „hariuha haitika : farauisa : gibu auja“, dahinter 3 „t (Tiwaz/Tyr)“-Runen, einem Tannenbäumchen gleich, übereinander. „t“ ist 8. Rune, so dass mit 3x8=24 die gesammelte Runenkraft gemeint sein könnte. Die Übersetzung dem Sinne nach: „Kundiger Hariuha heiße ich, der Glück/Unfallschutz auf der Reise gibt“. Der Begriff „fara-uisa” bezieht sich auf die Reise zu Pferde; „gibu auja“ heißt: [ich] Gebe Glück ! Der Brakteat stellt sich also selbst als Amulett auf gefährlichen Wegen dar. Mit „Hariuha“ muss ein Bei- oder Kultnamen des Wodin/Odin gemeint sein, denn der Kopf über dem Ross trägt die wodanische Seelentierkappe und der Wodanspeer „Gungnir“ ist ihm beigefügt. Das Brakteatenbild zeigt demnach nicht speziell „Balders Fohlensturz“, sondern jeder germanische Reiterwanderer oder -krieger könnte sich angesprochen fühlen, dem gesagt wird: „Sei getrost, Wotan ist mit Dir, er wird Dir Fahrtenglück gewähren !“ Der Pferdesturz ist dargestellt, jedoch der Beistand Wotans wird ihn glimpflich ablaufen lassen. So etwa ist die Brakteaten-Aussage zu bewerten. Wie im wodanisch-religiösen Denken vorbehaltslos Mensch und Tier zusammengeschaut werden konnten, wie „Ross und Reiter“ zur Einheit verschmolzen, wie Baldur mit seinem Rösslein Eins wurde, die gemeinsam-untrennbar auf Wodans Heilung hoffen und erfahren sollten, das ist aus der reichhaltigen Brakteaten-Palette herauszulesen. Ein Beispiel: Das unter Abb. 2 gezeigte Brakteatenrelief von „Schonen II-C“ zeigt die beiden Pferdehufe deutlich als menschliche Hände. Das könnte heißen: „Der gläubige ,Patient‘ hat den göttlichen Fuß-Heilungsakt begriffen“, oder will es durch Mischung tierisch-menschlicher Morphologien nur sagen: „Baldurs Ross ist mit Baldur identisch“ ? Der Namen von Baldurs Ross blieb unbekannt, ihn nennt die Edda nicht -, aber den Namen der Pferdes von Gott ahd. Frō, an. Freyr: Blóðughófi („Blutig-Huf"), in Skáldskaparmál 261: „Blóðughófi hét hestr“. Baldur und Freyr tragen beide den solaren Grundcharakter, unterscheiden sich allein in ihrer religionsgeschichtlichen Schichtung. Der ältere Jahreszeiten-Mythos ist rekontruierbar. Ab der Sommersonnenwende scheint die Sonnenkraft verletzt und das Sonnenrösslein, wie es auf bronzezeitlichen Rasiermesser-Ziergravuren und Felsritzungen vorgeführt wurde (z.B. Schweden, Bohuslän, Tanumshede, Balken), muss sich wegen einer Hufverletzung auf den jährlichen Abstieg begeben. Erkennbar wird, dass die Wodan-Religion an einen jahrtausendealten nordischen Sonnen- und Jahresmythos anknüpfte. Wenn es im wodanisch-religiösen „Merseburger Zauberspruch“ um die „Fußheilung“ geht und heißt: „dû wart demo balderes folon sîn fuoz birenkit“ d.h.: „da wurde dem Balder-Fohlen sein Fuß verrenkt“, dann ist damit nicht irgendeine „Beinverrenkung“ und Beinheilung gemeint, es geht nicht um Schulter oder Armverletzungen, es betrifft konkret den Körperteil der zu allererst als Fortbewegungsglied vonnöten ist. Es geht hier zentral um den gestörten Lauf, sicher auch - im Ursprungsmythos zumindest – um den gestörten Zeitlauf ! Denn das Sonnenpferd zieht die Sonne und sie ist es die die Zeit - das Jahr - voranzieht. Das Wort Jahr, got. jēr, awest. yār, ahd. jār, asächs. jār, anord. Ār, mnl. jaer, nl. jaar, aengl. gēr, gēar, engl. year, schwed. år, dän. aar, geht auf die idg. Wortwurzel jēro zurück, mit der Bedeutung „gehen, fortbewegen“ und meinte ursprünglich ganz natürlich den Lauf der Sonne. Das Jahr ist die Zeitdauer eines Umlaufs der Erde um die Sonne, aber aus Erdensicht ist die Sonne der Läufer, ist sie das rotierende, heilbringende Licht. Die göttlich-solaren Wesensmächte der germ. Religionsgeschichte Frō/Freyr („Herr“) und Balder/Palter/Phol („Herr/Fürst“), mit ihren Pferden „Blutig-Huf“ und „Fußverrenkungs-Fohlen“ erweisen sich als nichts anderes als Sonnenjahresmetaphern. Der Anschauungsunterricht erweist es, nach jedem herbstlichen Niedergang oder Niederritt des Sonnenpferdes und seinem vorübergehenden Tod im Sonnenstillstand zur Wintersonnenwende, kommt das frühjährliche Wiedererwachen. Aus gleicher Zeit wie die Goldbrakteaten stammt der 2,25 hohe Möjbro-Stein (Uppland/Schweden), der den Sonnenreiter mit Sonnenwirbel-Schild und Schwert vorführt. Der Pfarrer von Hagby ließ ihn 1730 mit der Bildseite nach oben vor seinen Brunnen legen, um ihn damit zu entehren, die Inschrift von den Mägden abtreten zu lassen und vergessen zu machen. Die über dem Reiter befindliche zweizeilige rechtsbeginnende Runeninschrift ist, wie die Sonne immer unbeirrbar erneut aus den Tiefen des Wintergrabes aufwärts strebt, von unten nach oben zu lesen: „FrawaradaR anahahaislaginaR“. Der Satz beginnt mit dem Männernamen der dem ahd. Frorat („schneller Reiter“) entspricht, aus ahd. frao, fro = froh, an. frar, frawaR = hurtig. Der Satz endet mit „erschlagen“. Sonnengott Frō/Freyr wird gemeint sein. Ganz oben steht, gleichsam triumphierend, das runische Sinnzeichen der Auferstehung, die Rune „z-algiz“, mit der im Oding-Kalender zum Maibeginn das Winterhalbjahr endet und der Sommer seinen Anfang nimmt. Und diese Botschaft, sakral-mythisch und mystisch verklausuliert in der Balder-Legende und der Fohlen-Heilung, wurde zur erbaulichen Kraftspende aus der runischen Wodanreligion -, darin dürfen wir ihr Kern-Mysterium erblicken. Durch sie haben die bettelarmen germanischen Bauernkrieger das Weltreich in die Knie gezwungen und sind Herren Roms geworden. Aus den Predigten der Wodan-Parawaris, der Oding-Erilari, die Wotans Garantie auf die Todesheilung und die Wiedererweckung vermittelten, gewannen sie die Todesverachtung in den Kämpfen mit einem technisch und pekuniär weit überlegenen, skrupellosen Feind. Von der Furchtlosigkeit beispielsweise der Eruler, die ohne Rüstungen, nackt in den ersten Schlachtreihen fochten, schrieben bewundernd antike Schriftsteller. 
 
Der Goldbrakteaten-Typus von Abb. 1 „Køge-C“ demonstriert Baldurs Pferdesturz, die Folge ist die Hufverletzung, Fußverrenkung des Reittieres oder gar dessen Tod, oder ist beides auf den Reiter höchstselbst gemünzt ? Das ist anzunehmen, sonst wäre die Relevanz für die Masse der Gläubigen ohne direkte Bedeutung ! Goldbrakteat-Typus „Schonen II-C“ verbildlicht die Heil- und Errettungstat Wodans, wieder durch den Belebungshauch-Gestus des geöffneten Mundes, womit er Baldurs Rösslein wieder herstellt. Wie aktuell solche Gefährdungen für die damaligen germanischen Reiterkrieger erlebbar waren, lässt sich denken, angesichts unablässiger Auseinandersetzungen mit dem aggressiven  römischen Imperium. Das Legionslager Regensburg erlitt, wie der Zerstörungshorizont belegt, schon im Jahr 250 erhebliche Schäden. Der norddeutsche suebisch-alemannische Stamm der Juthungen/Jotungi rüstete im Jahr 270 zum erneuten Gegenschlag und heerte auf röm. Reichsgebiet, konnte jedoch von Kaiser Aurelian (214-275) abgewehrt werden. Der griechische Historiker Publius Herennius Dexippos (ca. 210-275) berichtete darüber, in zweifellos etwas überzogener Darstellung. Der römische Sieg, von dem er schreibt, war nicht recht überzeugend, denn die Juthungen schickten eine Gesandtschaft zu Aurelian, die einen Vertrag aushandeln sollte. Offenbar wollten die Germanen ein Beistands- oder Friedensbündnis vorschlagen. Ihr Sprecher forderte, „dass wir weiterhin bekommen, was uns [früher] von Euch an Gaben von ungeprägtem und geprägtem Gold sowie von Silber zur Bekräftigung der Freundschaft zukam. Lehnt ihr aber ab, werden wir uns gegen euch als unsere Feinde wehren und euch nach Kräften bekämpfen.“ Die Juthungen, die nach den Angaben ihrer Delegation angeblich „beinahe ganz Italien erobert“ hatten, stellten sich folgendermaßen dar: „Mit 40.000 Reitern sind wir ausgezogen, und das sind keine zusammengewürfelten Truppen und keine Schwächlinge, sondern ausschließlich Juthungen, deren Fähigkeiten im Reiterkampf wohlbekannt sind. Und Fußvolk stellen wir ins Feld, das doppelt so stark ist wie die Reiterei, und auch bei ihm beflecken wir die Unüberwindlichkeit des eigenen Heeres nicht durch Zumischung von Fremden.“ Dieser Bericht von Dexippos zeigt, wie stolz und kampfwillig sich diese germ. Volksverbände darstellten. Im Verlauf der Kaiser-Caracalla-Expedition ins Innere Germaniens, vom Jahre 213, werden sich röm. Militärs Verbrechen gegen den Stamm schuldig gemacht haben. Die Reaktion darauf waren die Rachefeldzüge. Jedoch gibt es Hinweise, dass diese Jotungi-Invasionen, über die Donau hinweg, in die satte röm. Provinz Raetia II, dem heutigen Ober- und Niederbayern, in schlechten Erntejahren mehr einem Kampf ums Überleben entsprachen, als dass sie aus ungestümer Angriffslust erfolgt wären. Die Versorgungsschwierigkeiten der Germanenheere in den alpinen Gebieten waren aber kaum zu bewältigen, ebenso wie die Überwindung der gesperrten Alpenpässe. So haben ihre Angriffe manchen Rückschlag erlitten. Trotzdem griffen Truppen der Markomannen später bis in den Raum von Mailand aus. Schon Ende des Jahres 271 entschloss sich Kaiser Aurelian das unter Germanen-Furcht leidende Rom mit einer 29 km langen Schutzmauer zu umgeben. Die religiöse Rettungshoffnung im Reiterkampf und im Manöver waren sicherlich ganz wichtige Aspekte zur Aufrechterhaltung der germ. Kampfmoral. Zwar waren die Sueben-Jotungi, der alten Tradition gemäß, Tiu/Ziu-Verehrer, doch ihre Jungmannschaft muss bereits vom Fieber des neuen wodinischen Runenglaubens entzündet gewesen sein.
 
Runenreihen-Endlaut „Fuð“ meint „Fuß/Bein“ bis „Fotze/Hintern“
 
K. Hauck hat insbesondere B- und C- Brakteaten untersucht, die im Fundortbereich von Odin-Heiligtümern angetroffen wurden. Ihre ikonographischen Darstellungen zeigen, dass Jahrhunderte vor der literarischen Beschreibung in der Edda, Wodan-Odin beim Heilen eines Pferdes abgebildet wurde. Eines Pferdes mit nach unten einknickender Körperhaltung, dessen Vorderläufe deutliche Schädigungen aufweisen. Dieser Topos trifft auf Brakteat „Køge-C“ (Abb. 1) sehr wohl, auf Brakteat „Schonen II-C“ (Abb. 2) nicht ganz zu, er zeigt das verwundene, bereits am Boden liegende Pferd, während Wodans Heilzauberbesprechung. Es bleibt die Frage, wie ist seine Bild- und Runensprache „fuðu“ („Fotze/Hintern“) zu deuten ? Das Wort steht zwischen dem Vorder- und Hinterbein. Wenn mit einem Runenwort auf die Situation des verletzten Pferdes hingewiesen werde soll - und etwas anderes ist nicht zu erwarten - wäre der Begriff Fotze/Arsch absolut unverständlich. Zu erwarten ist ein Begriff der „Fuß/Huf/Bein“ thematisiert, aber keineswegs die Geschlechtsregion. Oder doch, ist doch „der Pferdefuß“ gemeint ? Offensichtlich missverstehen wir das altnord. Wort der Lautung: „fuðu/futhu/fudu“, oder verstehen es nicht im vollen Umfang. Der Fuß, ahd. fuoʒ, mhd. vuoʒ ist ohne „d/t“-Konsonant, aber in anderen germ. Dialekten ist er vorhanden. Im Niederländisch-Friesischen erscheinen die Formen: fuoz, fúet, fötj, fuot, voet und dän. fod (Arjen P Versloot, „Fuß und Bein in den modernen friesischen Mundarten“, 1994). In Mundarten des Burgenlandes meint m. Foutz den Mund; w. Foutzn ist der Mund, die Ohrfeige und die Vulva/Vagina. Was jedoch bedeutsamer ist, wäre der erhellende Fakt, dass im, durch die alemannisch-suebische Einwanderung geprägten südlicheren Teil Deutschlands, mit Fuß bzw. Hax(en) nicht nur dieser Körperbereich, sondern auch noch das ganze Bein bis zur Hüfte gemeint ist. Aus Österreich und Südtirol werden beide Versionen gemeldet. Eine weitere Version bezeichnet den Unterschenkel, ab dem Knie, als Fuß. Johann Christoph Adelung, „Grammatisch-kritisches Wörterbuch der hochdeutschen Mundart“, 1811, S. 373f, gibt als erste Bedeutung von Fuß das Gliedmaß „bis an den Unterleib“ an: „Überhaupt, von diesen Gliedmaßen bey allen Thieren, welche im gemeinen Leben auch Beine genannt werden. Der Mensch und die Vögel haben zwey, manche Thiere vier, die Insecten sechs und mehr Füße.“ Meine ursprüngliche  Vermutung traf also doch ins Schwarze, die Runenreihen-Endlautung „fuð-ark“ meint nicht akkurat „Fotze“, vielmehr ist anzunehmen, im alten Sinne, „Bein bis Unterleib“. Wie eng Unterleib und Fuß in altnord. Denkweise zusammengeschaut werden konnten geht aus der schwankhaften eddischen Skaði-Erzählung hervor. Die Götter hatten ihren Vater Thiazi getötet, deswegen reiste sie nach Asgard, um Sühne zu verlangen. Sie forderte einen göttlichen Ehemann sowie, dass man sie aus ihrer Trauer wieder zur Heiterkeit bringen könne. Die erste Bitte wurde ihr gewährt, unter der Bedingung, ihren gewünschten Ehegenoss an seinen Füßen auswählen zu müssen. Die übrigen Körper wurden verborgen, sie sah nur der Götter Füße und wählte den Gewässergott Njörðr, vergriff sich jedoch damit, denn sie hoffte eigentlich Baldur am „Fuß“ erkennen zu können, der als solarer Befruchtungsgott, ebenso wie Frō/Frey/Frikko, mit einem besonders stattlichen Zeugungsorgan gedacht und dargestellt worden ist. Odin selbst tat der Skadi sogar Überbuße, indem er ihres Vaters Augen an den Himmel warf, wo sie fortan als zwei Sterne funkeln. Aus all dem ist zu schließen, dass im alten Norden unter den scheinbar fernstehenden Begriffen „Fuß“ und „Fotze“ sehr verwandte semantische Inhalte transportiert werden konnten und, dass „der Fuß“ das gesamte Bein bis Hüfte und Unterleib mit einschloss.
 
Die von mir entschlüsselte pauschale und erste Runenbotschaft: „Heil vom Haupt bis zum Hintern“ und „Heil vom Geist bis zum Geld“ bedeutet die unmissverständliche Aufforderung zur ausgewogenen Lebenshaltung und keineswegs zur Weltflucht, wie es der kirchenchristlichen Tendenz entsprach. Zur Beachtung und zur Pflege des Geistes und der Seele fordert der Runenreihen-Beginn „od“ auf. Das heißt: „Beachte zuerst die Seele !“ Ganz gleich, ob die 1. Rune „o“ „oðala“, mit „ð“ oder „d“ geschrieben wurde, das Schlingenzeichen wurde in kursiver und eckiger Form als Seelensymbol eingesetzt. Als nachgeordnet muss die letzte Rune „f“-„fehu“ verstanden werden. Sie bedeutet „Vieh“ und meint damit „Vermögen/Geld“, weil in alter Zeit über den unterschiedlich großen Viehbestand eines Herdenbesitzers sein Wohlstand definiert wurde. Auch bei den Römern kommt der Begriff für Geld, lat. pecunia, aus „pecu“ = „Vermögen an Vieh“. Die daraus resultierende Botschaft heißt: „Geld und Gut sind wichtig, sie sind die Basis jeder menschlichen Existenz, aber trotzdem sind sie zweitrangig; wichtiger ist das Geistige !“