18.03.2022
Otto Hahn (1879-1968) und Lise Meitner (1878-1968)
 
Ein Stück Zeitgeschichte, wegen dem wir heute - nach Russlands Ukraine-Überfall - wieder zittern müssen !
 
Einen Text zeigen wir hier, ohne jede Änderung; eigene Zusatzerklärungen wurden, wie üblich, in eckige Klammern dazu gesetzt. „weltderwunder-online“, 17.03.2022: „Einstein, Bohr, Schrödliner - große Namen der Physik. Die Liste sollte um einen weiteren Namen ergänzt werden: Lise Meitner. Sie gilt als Entdeckerin der Kernspaltungund hat so maßgeblich zur Entwicklung der tödlichsten Waffe der Welt beigetragen. Doch die „Mutter der Atombombe“ genoss nie die Anerkennung ihrer männlichen Zeitgenossen. Die Gründe dafür reichen von Sexismus über Konkurrenzkämpfe zur Judenverfolgung unter dem NS-Regime. - Für manche Wissenschaftlerinnen versperrte nicht nur das Geschlecht, sondern auch die Religion den Weg zu Ruhm und Anerkennung. Das trifft auch auf Lise Meitner zu. Geboren wurde sie 1878 in Wien. Meitner kam als Tochter eines jüdischen Anwalts zur Welt, ihre Familie näherte sich aber dem Protestantismus an. Schon früh begeisterte sich die Österreicherin für Mathematik. Nach der Reifeprüfung studierte sie an der Wiener Universität und war die zweite Frau, die dort im Hauptfach Physik promovierte. Zunächst arbeitete Meitner am Institut für theoretische Physik an der Universität Wien. Mit 29 Jahren ging sie nach Berlin, um Vorlesungen von Max Planck zuzuhören. Dort traf sie auch Otto Hahn, der an Radioaktivität forschte. Er würde noch ihr langjähriger Forschungspartner werden. Meitner musste kämpfen, um mit Hahn zusammenarbeiten zu dürfen. Der damalige Institutsleiter soll gesagt haben: „Wenn sie im Keller bleibt und niemals das Institut betritt, soll es mir recht sein.“ Daher mussten Hahn und Meitner ihre ersten Experimente in einer Holzwerkstatt im Keller des chemischen Instituts durchführen. Einstein nannte Meitner: Die deutsche Madame Curie. Eine Lockerung erlebte sie erst, als 1909 Frauen in Preußen an Universitäten zugelassen wurden. Mit Hahn entdeckte sie das chemische Element Protactinium. Das brachte ihr genug Anerkennung, um am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie zu lehren. Damit war Meitner Deutschlands erste Dozentin für Physik. Sie lernte so Persönlichkeiten wie Marie Curie und Albert Einstein kennen. Einstein selbst nannte sie „die deutsche Madame Curie“. Anfang der 1930er Jahre wurde die Lage für Lise Meitner immer unsicherer. Obwohl sie 1908 zum evangelischen Glauben konvertiert war, galt sie im NS-Staat aufgrund ihrer Abstammung als Jüdin [Ganz natürlich, denn der Glaube ändert keine Abstammung und Meitner bewies selbst die diesbezügliche Richtigkeit der NS-Sichtweise, denn Blut ist dicker als religiöse Tünche]. 1933 entzog ihr die Universität deswegen die Lehrbefugnis. Meitner blieb in Deutschland und hoffte, dass das Regime ein baldiges Ende finden würde. Erst 1938 entschied sich die Physikerin zur Flucht. Denn mit der Annexion Österreichs [gemeint ist der von einer breiten Volksmehrheit befürwortete - von den Weltkrieg I.-Siegern verbotene - Anschluss Österreich ans deutsche Mutterland] verlor Meitner ihren Status als Ausländerin, der sie noch vor antisemitischen Gesetzen im Dritten Reich geschützt hatte. Mit Otto Hahns Hilfe landete Meitner noch 1938 im Exil in Stockholm. Dort konnte sie am Nobel-Institut weiterarbeiten. Doch dort war die damals schon bekannte Physikerin keineswegs willkommen. Sie erhielt weder Equipment noch Unterstützung, um weiter an Kernspaltung forschen zu können [Weil den Schweden dazu die fiskalischen Mittel fehlten]. Laut Meitner-Biografin, Ruth Lewin Sime, befürchtete ihr Vorgesetzter, Manne Siegbahn, Konkurrenz von der erfolgreichen Forscherin. Trotz aller Schwierigkeiten korrespondierte Meitner von Schweden aus weiter mit [dem politisch völlig naiven] Otto Hahn. Er führte als Chemiker Experimente mit Uranium durch und sie lieferte als Physikerin den theoretischen Hintergrund. Als Hahn nach dem Beschuss von Uranium mit Elektronen das viel leichtere Barium ausmachte, wandte er sich an seine Kollegin im Norden Europas [mit Brief vom 19.12.1938 - Hahn war völlig ahnungslos, hinsichtlich Meitners Verbindungen zu ihren jüdischen Freunden in den USA, wie z.B. A. Einstein, sowie darüber, dass sie schon im Februar 1939 in der britischen Zeitschrift „Nature“ über seine gelungene Atomzertrümmerung berichtete und Wissenschaftler der USA auf die Gefahr einer zukünftigen deutschen Atombombe aufmerksam machte. (Spiegel 22/1996) Bereits am 02.08.1939 forderte Albert Einstein, zusammen mit jüdischen Freunden, den US-Präsidenten Roosevelt per Brief - dem sog. „Einstein–Szilárd letter“ - auf, „dringend die experimentale Entwicklung der Atombombe gegen den potentiellen Kriegsgegner Deutschland voranzutreiben“ und sich im Zuge dieses Planes zuerst der belgischen Uranvorkommen zu bemächtigen. Kein Mensch in Deutschland sah zu dieser Zeit in den USA einen „potentiellen Kriegsgegner“] Meitner berechnete mit ihrem ebenfalls geflüchteten Neffen und Physiker, Otto Frisch, dass bei der Spaltung sowohl Barium als auch enorme Mengen Energie entstehen. So lieferten Meitner und Frisch die theoretische Grundlage hinter der Kernfusion. Den Nobelpreis für Physik erhielt 1945 nur Hahn [zurecht, weil er derjenige war, dem die Kernzertrümmerung als erstem gelang]. Trotz ihrer gemeinsamen Forschung. Denn die Ergebnisse veröffentlichte Hahn, ohne Meitners Namen zu nennen. Heute sieht Biografin Sime, den Grund für Hahns Handeln im damals herrschenden NS-Regime. Hahn wollte wohl eine Nennung seiner jüdisch-stämmigen Forschungspartnerin nicht riskieren [Hahn hat nie vermieden, sich zu seiner jüdischen Mitarbeiterin zu bekennen]. Nach der Entdeckung von Meitner, Frisch und Hahn forschten andere Forscherteams an einer Kettenreaktion der Kernspaltung, um Energie zu gewinnen. Doch das Interesse galt nicht nur der Energiegewinnung, sondern auch der Kriegsführung [nach Leó Szilárds u. Albert Einsteins diesbezüglichem Brief und Vorsprache bei US-Präsident F.D. Roosevelt, der]. Meitner war laut Sime schockiert über die Folgen ihrer Entdeckung [„ihrer  Entdeckung“ ?]. In der Presse wurde sie nach dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima die Mutter der Atombombe genannt, obwohl sie stets gegen den Einsatz von Nuklearwaffen war [sie verweigerte auch ihre Unterschrift der Aufforderung zum US-A-Bomben-Bau]. Trotz einiger Anfragen aus den USA wollte Meitner niemals an der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen arbeiten. [Nachdem F.D. Roosevelt wiederholt zum A-Bau-Thema gedrängt worden war, beschloss die US-Regierung am 11.10.1939 den Start für das geheime „Manhattan-Projekt“ zu geben. Zwei A-Bomben wurden ausschließlich gebaut, um sie gegen Hitler-Deutschland zu verwenden; die Ziele sollten schließlich Berlin und Wien, alternativ Mannheim, sein] 1960 zog Lise Meitner mit ihrem Neffen Otto Frisch ins britische Cambridge und setzte sich bis zu ihrem Tod am 27.10.1968 für eine friedliche Nutzung der Kernspaltung ein. Stolze 49 Mal wurde Meitner für den Nobelpreis in Physik oder Chemie nominiert - gewonnen hat sie ihn nie.“ Die führenden deutschen Kernphysiker Otto Hahn und Werner Heisenberg plagten Skrupel, die Bombe zu bauen. Otto Hahn gar fühlte sich als Pionier der Kernspaltung noch nach dem Kriege schuldig und trug sich sogar eine Zeitlang mit Selbstmordgedanken, als er vom Abwurf der ersten Atombombe in englischer Kriegsgefangenschaft erfuhr. Typisch deutsch war seine geradezu kindhaft-naive Loyalität gegenüber seiner ehemaligen Mitarbeiterin, welcher er seine Entdeckung der Atomspaltung per Brief ins Ausland nachschickte. Weniger sentimental waren Vertreter des US-Manhattan-Projekts die zu den apokalyptischen Erzvätern des Atom-Massenmordes wurden: Albert Einstein = „Initiator des Bombenbaues“, Robert Oppenheimer = „Vater der Atombombe“, Edward Teller = „Vater der Wasserstoffbombe“ und Samuel Cohen = „Schöpfer der Neutronenbombe“.
 
Lise Meitner - „Mutter der Atombombe“