19.08.2024
Der Empfang der Fliegerhelden in Berlin.
.FLUGPIONIER HERMANN KÖHL
Deutschland war ein Land der Männer
noch ohne Straßen-Kleber-Penner,
noch gänzlich ohne Klima-Affen,
die CO2 voll Angst begaffen.
Männer suchten die Bewährung,
auch nationale Welterklärung,
sie wollten eine Leistung bringen.
neue persönliche Siege erringen.
Hermann Köhl war Weltkriegsflieger,
tat seine Pflicht als deutscher Krieger.
Danach gedieh er zum Flugpionier,
das Fliegen blieb sein Haupt-Panier.
Als erster überflog er das große Meer
von Ost nach West, den Atlantik quer.
Auf die Junker-Maschine war Verlass,
„W 33 Bremen“ hieß das Junker-Ass.
Er wurde geehrt in New York und Berlin,
so wie Filmstar, wo er erschien.
Die Luft-Hansa-Gründung war sein Ding,
die Widerstände war‘n nicht gering.
Der niederträchtige „Friedensvertrag“
der „Versailler-Sieger“ im Magen lag,
als unverdauliches Terror-Gericht,
für der Deutschen Verderben gemischt.
Trotz tausend Teufeln ist es geglückt,
die Deutschen waren mit Köhl entzückt.
Man wurd' auf deutsche Flieger stolz,
auf Männer hart wie Eichenholz.
„Deutsche Technik“, 1929: Dreiflügel-Propeller-Flugzeug der Lufthansa mit der Bezeichnung „Herm. Köhl“ auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof bei Nacht; - Illustration von Georg Heerdt im Sammelbild-Album 4 der Cigarettenfabrik Constantin
Hermann Köhl (1888-1938) war ein Neu-Ulmer Flugpionier. Er war Kampfflieger im WK I. wechselte 1925 vom Militär zur „Junkers Luftverkehr AG“, um dort den zivilen Nachtflugverkehr aufzubauen, und wurde bei Gründung der „Luft Hansa“ 1926 deren erster Nachtflugleiter. Ab 1927 beteiligte er sich an Atlantikflugversuchen und war 1928 Pilot der Junkers W 33 „Bremen“ bei der ersten erfolgreichen Überquerung des Atlantiks in Ost-West-Richtung durch ein Motorflugzeug. Dem leidenschaftlichen Piloten und technikbegeistertem Draufgänger, gelang am 12.04.1928 der erste Ost-West Überflug des Nord-Atlantik mit seinem Copiloten James C. Fitzmaurice und dem Flugzeugeigner Frhr. v. Hünefeld. Damit zogen die Deutschen, was die Atlantiküberquerung anbelangt, mit den Amerikanern gleich, nachdem Charles Lindbergh, Jr. (1902-1974) am 20.05.1927 zu seinem erfolgreichen Transatlantikflug von West nach Ost aufgebrochen war.
Eine Schreibtischtätigkeit forderte den passionierten Flieger Köhl zu wenig. Es ging ihm, der zum Zeitpunkt des Atlantikflugs kurz vor seinem 40. Geburtstag stand, um mehr als nur Ruhm. „Jetzt, wo sich die Besten aller Nationen bemühten, den Ozean zum ersten Male in ostwestlicher Richtung zu bezwingen, durften wir alten deutschen Kriegsflieger nicht fehlen“, beschreibt es Köhl, der seinen Pilotenschein während eines Heimaturlaubes in der Kriegszeit erwarb, später. Zumal das deutsche Flugwesen durch das „Versailler Knebel-Diktat“, wie auch er empfand, „geknebelt und gefesselt durch die Bande von Versailles“ sei, also den sog. „Friedensvertrag“ von 1918. Doch es ging natürlich auch darum, es dem Amerikaner Charles Lindbergh gleichzutun, der 1927 im Alleinflug den Ozean in Richtung Europa überflog.
Es sind dramatische Szenen, die Hermann Köhl in seinem autobiografischen Buch „Bremsklötze weg!“ beschreibt. Szenen, die auch heute noch packen, in einer Zeit, in der täglich Hunderte Flüge von Europa in Richtung Nordamerika starten. In diesen Stunden zwischen dem 12. und dem 13. April 1928 sind der gebürtige Neu-Ulmer Köhl und seine beiden Mitflieger – Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld und James C. Fitzmaurice - die ersten Menschen, die den Atlantik in Richtung Westen im Flug überwinden. 37 Stunden nach dem Start im irischen Baldonnel landet Hauptmann Köhl die „Bremen“ auf Greenly Island vor der Küste Kanadas.
Plötzlich ist sie da, die graue Nebelwand, feucht und salzig wie das Meer unter ihr. Die „Bremen“ verliert an Höhe. Nur noch 100 Meter über null. Nur noch 50 Meter. Schließlich fliegt die Junkers mit Hermann Köhl und seinen Begleitern an Bord so dicht über dem dunklen, aufgewühlten Meer, dass das Flugzeug zwischen den Wellen wie durch ein Gebirge fliegt. Die Böen erfassen die „Bremen“, ihre Flügel biegen sich durch die Kraft des Orkans. Es fehlt nicht viel, und das Abenteuer Atlantik endet im nassen Grab. Und das so kurz vor dem Ziel, so nah an Amerika. Das eigentliche Ziel, New York, wo Tausende warten, haben die drei Abenteurer zwar verfehlt. Doch sie haben nordamerikanischen Boden erreicht.
Der Charakter Köhls war von unbeugsamer Natur, die sich trotz zahlreicher Hindernisse und Probleme im Vorfeld nicht von seiner Idee abbringen ließ und für den Überflugversuch sogar ohne Genehmigung mit der Junkers nach Irland flog, als ihm in der Heimat die Unterstützung versagt blieb. Er opferte dafür sogar seine Stelle. Köhl war bis zu seinem großen Flug Nachtflugleiter der neu formierten Lufthansa. Mit dem komfortablen Reisen von heute hat Köhls Flug über den Teich freilich nichts gemein. Die „Bremen“ ist zwar erprobt und immer wieder modifiziert worden, steckte aber dennoch voller Tücken. Das Fliegen durch Nacht und Nebel war 1928 noch ein echtes Abenteuer, die Junkers war durch die nötigen Treibstoffvorräte so überladen, dass das Obst im Proviant angeblich sogar zuvor geschält worden ist, um Gewicht zu sparen. Und dann lief beim Start auch noch ein Schaf vor die Räder der „Bremen“. Co-Pilot Fitzmaurice riss geistesgegenwärtig die Maschine hoch - gerade noch rechtzeitig.
Anekdoten ranken sich viele um den Atlantikflug. Mehr über seine Folgen lässt sich im kleinen Hermann-Köhl-Museum erfahren, das im Foyer des Rathauses von Pfaffenhofen eingerichtet ist. Geleitet wird es von Bernd Weiß, der zum Jubiläum ein neues Buch („Die Welt feiert Hermann Köhl“) über den großen Sohn des Landkreises Neu-Ulm geschrieben hat. Die Ausstellungsstücke, die in den Vitrinen versammelt sind, erzählen vom Ozeanflug, vor allem aber vom Ruhm, der aus diesem entsteht. Welche Ausmaße das annimmt, zeigen einige Fotografien auf denen beispielsweise die Konfettiparade zu Ehren der Atlantikbezwinger am 30.04.1928 in New York, zu sehen ist, bei der 2,5 Millionen Menschen die Flieger feiern, der Auftakt zu einem Triumphzug durch Nordamerika und Deutschland.
Als nächstes ging es nach Washington, wo Präsident Calvin Coolidge den Abenteurern das „Distinguished Flying Cross“ verlieh, die damals höchste Fliegerauszeichnung der USA. Auch in Chicago, Detroit oder Montreal ließen sich die Deutschen und der Ire feiern. Momente großer Gefühle. Köhl schrieb: „Als von hohen Fahnenmasten neben dem Sternenbanner ... die deutschen Fahnen flatterten, da brachte uns der gewaltige Eindruck dieses Empfangs die beseligende Gewissheit: Wir waren Werkzeuge geworden, mit denen man Brücken schlug von Nation zu Nation, von Kontinent zu Kontinent.“ Hinter dem zeittypischen Pathos dieser Zeilen steckt ein ganz normaler Deutscher. Hermann Köhl war katholisch, konservativ und freiheitlich-militaristisch geprägt. Er war eben ein soldatischer Mensch. Diese Eigenschaft ließ den Veteranen des Ersten Weltkriegs ein klares Bekenntnis ablegen. Auf ihrer Tour durch Deutschland und andere Länder Europas besuchten die Piloten auch den ehemaligen deutschen Kaiser Wilhelm II. im holländischen Exil. Für viele bornierte fanatisch-demokratische Leutchen in der politisch zerrissenen Weimarer Zeit ein Affront. Köhl wollte dem ehemaligen Vorgesetzten einfach seine Aufwartung machen. Zwar feierten die Massen Köhl und seine Gefährten, doch schon in Bremen, der zweiten Station der Deutschland-Reise, organisiert die antinationale KPD eine Gegendemonstration. In Berlin trug der reaktionäre „Stahlhelm“ den Fliegern vor 15.000 Besuchern im Sportpalast die Ehrenmitgliedschaft an, die Feierlichkeiten in Bremen hat die Frontsoldaten-Vereinigung noch boykottiert, weil dort die schwarz-rot-goldene Flagge der Republik wehte. In München gerieten sich im Stadtrat Republikaner und Kaisertreue über die Flaggenfrage derart in die Haare, dass am Ende nur die bayerische Fahne und die der Stadt gehisst wurde. Die rechtsgerichteten Kräfte hatten indes keine Probleme mit den Helden der Lüfte - und benutzen die „Bremen“, wenn auch ohne Genehmigung, sogar als Motiv für politische Werbung. „Dem Siege entgegen – wählt deutschnational!“ ist ein Wahlaufruf beschriftet, der im Museum zu sehen ist. An der Junkers weht die schwarz-weiß-rote Flagge des Kaiserreichs. Köhl war ein gesinnungskorrekter konservativer Mensch gewesen. Wir haben allen Grund, ihn als einen der Großen Deutschen zu Ehren ! Er starb am 11.10.1938 in einem Münchner Krankenhaus an einer schweren Nierenkrankheit. Es heißt, er habe sich diese auf seinen Flügen zugezogen.
Hermann Köhl (mit Ledermantel) auf dem Flugplatz Fürth-Atzenhof, 1930
Die Chronik der Atlantik-Überquerung:
14.08.1927: In Dessau starten die Junkers-Maschinen „Europa“ und „Bremen“, mit Köhl und von Hünefeld, in Richtung Vereinigte Staaten. Beide müssen wegen schlechten Wetters umdrehen.
26.03.1928: Die Junkers-W33 „Bremen“ hebt von Berlin-Tempelhof ab, doch statt nach Dessau, wie angegeben, fliegt sie nach Baldonnel in Irland. An Bord sind Köhl, von Hünefeld und der Monteur Arthur Spindler, der unbemerkt von der Flughafenpolizei ins Flugzeug geklettert ist.
12.04.1928: Nach tagelanger Wartezeit startet die „Bremen“ in Richtung Amerika. Als dritter Mann neben Köhl und von Hünefeld steigt der irische Colonel James C. Fitzmaurice in die Junkers – die Deutschen wollen so ihre Dankbarkeit zeigen.
13.04.1928: Nach eineinhalb Tagen Flug kommt Land in Sicht: Die „Bremen“ ist über dem nordamerikanischen Festland angekommen. Köhl und seine Mitflieger entschließen sich wegen schwindender Öl- und Benzolvorräte, nicht mehr nach New York weiterzufliegen, sondern in Kanada zu landen. Köhl setzt die Junkers auf einem im Auftauen begriffenen Weiher auf, das Flugzeug bricht ein, von Hünefeld nimmt ein unfreiwilliges Bad.
26.04.1928: Nach dem vergeblichen Versuch, die bei der Bruchlandung beschädigte „Bremen“ wieder flott zu bekommen, brechen die drei Ozeanflieger an Bord eines Hilfsflugzeuges mit dem US-Piloten Bernt Balchen auf in Richtung USA - der Beginn eines Triumphzuges durch zahlreiche nordamerikanische und europäische Städte.