DAS KERNGEBILD'
 
Rund, froh und frisch von Anbeginn,
doch steckt der Tod längst in uns drin;
unlösbar hält er uns im Bann,
der dürre, bleiche Knochenmann.
 
In jedem Augenblick und Schritt,
läuft er im Inneren mit uns mit,
als unsere wahre Urgestalt,
die aufersteht schon viel zu bald.
 
Was sie ummäntelt ist nur Schein,
wird allzu rasch vergangen sein,
sich lösen wie ein Wolkenbild,
das nur fürs Auge machtvoll quillt.
 
Fleisch ist nur leichtes Truggewebe,
wie Blatt und Traube um die Rebe;
ob stramme Muskeln, oder Bäuche,
sind Lumpen einer Vogelscheuche.
 
Ein kurzer Wahn ist unser Sein,
es mündet bald ins Nichts hinein -;
und ob die Seele länger währt,
kein Lebender es je erfährt ?!
 
So ist das Skelett ein Ursymbol,
ist zwar der Mensch mitnichten hohl,
doch ist sein Kern ein Todeszeichen;
wir sind wie kurz belebte Leichen.
 
Die längste Zeit als irdischer Gast,
verbringen wir in toter Rast,
als steinverwandtes Knochenbein,
in der Gefolgschaft von Freund-Hein.
 
Sobald dich dieses Wissen graust,
wenn du in deinen Spiegel schaust,
wenn dir verfliegt das Lug-Gespinst,
dir Wahrheit frech entgegen grinst,
 
dann lach’ den öden Knochenmann,
aus vollem Halse schallend an -;
du kannst ihm nimmermehr entrinnen,
er ist dein Ich, dein eig’nes Innen.
 
Du wirst ihn niemals überklügeln,
nur Frohsinn kann ihn etwas zügeln -;
wird er mit heiterem Mut geneckt,
hält er meist’ länger sich bedeckt !