23.12.2021
 
 
JUL
 
„JUL, JUL, JUL !“, riefen die Männer,
in zottigen Pelzen, zu Mitte Jänner.
Jul ist das Sonnen-Begrüßungsfest,
man hofft aufs End' vom Wintergebrest.
 
Der Vater reichte der Frau die Hand,
dankte, dass ihre Treue nie schwand,
und sicherte Beistand und Liebe zu,
bis einst, zur gemeinsamen Todesruh.
 
Die kultische Feier galt dem Gott Frō,
dem Sonnengeist aus der Sonnen-Loh‘,
mit seinem goldborstigen Attribut,
dem Sonnen-Eber aus Himmels-Glut.
 
Man war ausgelassen, sang und trank,
der Eberbraten dampfte auf der Bank.
Das Ael und der Met perlten im Horn,
die Kinder sprangen im Reigen vorn.
 
Dann trat der Hausvater an den Herd,
dem Jahrgang hat er den Becher geleert.
Zwei Schwurfinger legt‘ er aufs Eberfell:
„Das Jahr geht an, die Zeit wird hell !“
 
„Und bis die Sonn‘ ins Dunkle schwingt,
mir die stolze, mannhafte Tat gelingt.“
Er schwor, was er alles zu tun gedenkt -;
die Menschen hoffen, Gott aber lenkt.
 
So nimmt die Jul-Feier ihren Verlauf,
die Sonne klettert zum Gipfel hinauf.
Und die Nordlandleute im ganzen Jahr,
dachten, wie herrlich ihr Jul wieder war.
 
-o-o-o-
 
„Jul“, englisch „Wheel“, bedeutet „Rad“,
das Sonnenrad rollt auf dem Sonnenpfad.
Erst wenn man Rades Bewegung sieht,
das Rad-Fest sinnvoll-zurecht geschieht.
 
„Jul-Giuli“ war einstens zwei Monde lang,
an deren End‘ stand jener Julfeiergang.
Und in Julzeit-Mitte stand „Mütternacht“,
der man zur Wintersonnenwende gedacht.
 
 
Das altgläubig-echte Julfest stand am Ende einer zweimondigen (2 synodische Mondphasen) währenden Zeitspanne, die unsere vorchristlichen norddeutsch-angelsächsischen Vorfahren „1. giuli“ und „2. giuli“ nannten, der 1. vor und der 2. nach der Wintersonnenwende, die man als „modraneht“ (Mütternacht) bezeichnet hat. Man hielt in der zweimondigen Jul-Zeit den Jul-Frieden, die Streitigkeiten ruhten, so wie die Sonne zu ruhen schien und auch die Alltagstätigkeiten, wie beispielsweise das Spinnraddrehen, wurden, wie in einem großen Atemholen und Besinnen, heruntergefahren. Ein Gutteil der Altreligion war ja das Bemühen, es möglichst der Gottnatur nachzutun, um mitzuschwingen in ihren heilvollen Rhythmusbögen. Die eigentliche Hochjulfeier („fagnadaröl“ = Jahres-Begrüßungsfeier) am Ende der beiden Jul-Monate (lag mondstandsabhängig auf ca. „Mittwinter“), galt dem Sonnengott ahd. Frō, an. Freyr (Herr, Ingvi-Freyr = Herr Ing - Ing = Himmelskind), in ausgelassener Freudenstimmung, mit viel kultischem Jul-Biergenuss, deftigem Essen und Kultspielen für die Jul-Götter. Das Attributtier von Frō war der Eber „gullinborsti“ (Goldborste, ein Sonnen-Sinnbild). Der „Julgaldr“ (Jul-Schweinebraten) wurde als Kultspeise verzehrt und wer sich einen echten Braten nicht leisten konnte, bug sich ein Gebildbrot in Eberform, um damit der Gottheit seinen guten Willen zu zeigen. Das galt als voller Ersatz; der Sinn war, die Sonnenkraft als Kommunion (Gottesgemeinschaft) sich einzuverleiben. Der Kultname der Hochjulfeier war auch „hokunott“ (Hakennacht), weil die Sonne sichtbar den Umkehrbogen in Richtung Norden begann. Zum Jul-Brauchtum gehörte, dass der Hausvater dem Nackenkamm der Eberschwarte (Sonnenrepräsentant) die beiden Schwurfinger auflegte und beschwor, was er im Verlauf des beginnenden Sonnenlauf-Jahres an Taten zu vollbringen gedachte. - Über die beschriebene Kalenderstruktur informierte der Angelsachse Beda-Venerabilis (672-735), in seiner Schrift „De temporibus“, des Jahres 703. Meine erstmalig exakten Festzeitangaben erhielt ich durch die Zusammenschau der 1.) der altnordischen Texte, 2. des Verständnisses des luni-solaren Oding-Runen-Kalenders und 3.) meiner Kenntnis des christl. Kirchenjahres.