Schautafel im Widukind-Mus./Enger mit Dattelpalm-Ikone als Irminsul
 
 
Widukind-Museum und Irminsul-Plattitüden
 
 
Das „Widukindmuseum“ in Enger ist ein Museum in der Stadt Enger in dem die Geschichte des Sachsenherzogs Widukind sowie Legenden über dessen Leben und die seiner Nachfahren im herkömmlichen unkritischen, christlich-naiven und christlich-propagandistischem Sinne dargestellt werden. Echte tendenzfreie Aufklärung darf und kann man von einem offiziellen Stadtmuseum unserer Tage freilich nicht erwarten. Schlichte Schautafeln mit banausenhaft flachen Instruktionen über germanische Religion, über Thors-Hammer usw. werden dem Publikum zugemutet, ganz im gewünschten flachgehaltenen Niveau unserer Schwundzeit. So nimmt es nicht Wunder, dass auch die Blödigkeit der Irminsul-Lüge dort in der Ausstellung zelebriert wird. Die Abbildung der Dattelpalm-Ikone vom Externstein-Relief wird auf einer Schautafel dargestellt (siehe Abbildung). Höchst verwunderlich ist zusätzlich, dass als Beispiel für die altsächsische Irminsul das exakte Logo eines Vereines, nämlich der „Artgemeinschaft“, verwendet wurde -, als gäbe es keine sachlich korrekten Abbildungen der Palmette im Externstein-Relief.
 
Auch die Übersetzung auf der Tafel ist nicht korrekt, wo es heißt, die Sachsen, verehrten „einen Holzklotz von nicht geringer Größe“. „Holzklotz“ ist eine unzulässige Bezeichnung für die Irminsul, mit deren Hilfe eine bösartige Verballhornung der Irminsul versucht wird. Richtig ist hingegen: In der Schilderung eines im Kloster Corvy um 888/891 wirkenden Geschichtsschreibers, Poeta Saxo, der die „Annales de gestis Caroli Magni imperatoris“ verfasste, heißt es: „Irminsul benannte das Volk und verehrte als heilig ein in Säulengestalt gen Himmel ragendes Bildwerk trefflicher Arbeit fürwahr und auch gar herrlich gezieret.“ Der Mönch Rudolf von Fulda gab der Nachwelt genauere Kunde von der altsächsischen heiligen Irmin-Säule i.J. 863 in „De miraculis sancti Alexandri“ (Kap. 3): „Truncum quoque ligni non parvae magnitudinis in altum erectum sub divo colebant, patria eum lingua Irminsul appellantes, quod Latine dicitur universalis columna, quasi sustinens omnia.“ - „Sie verehrten auch unter freiem Himmel einen senkrecht aufgerichteten Holzstamm / -Schaft / -Rumpf von nicht geringer Größe, den sie in ihrer Muttersprache ,Irminsul‘ nannten, was auf Lateinisch ,columna universalis‘ [dtsch. All-Säule] bedeutet, welche gewissermaßen das All trägt.“ Er gebraucht bei seiner Bezeichnung der „Irminsul“, entweder bewusst abfällig und verwischend den Begriff Säule nicht, oder deshalb nicht weil er im Namen des Objektes ohnehin vorkommt, und schreibt vielmehr „truncus-ligni“, „Holzstamm“, so dass wir annehmen dürfen, dass es sich um ein aus Holz gefertigtes Weltsäulen-Idol gehandelt habe. „Truncus ligni“ wird gewöhnlich mit „Baumstamm“ übersetzt, doch bei Vitruv, dem röm. Architekten und Ingenieur des 1. Jh. v.0, bezeichnet „truncus“ einen Säulenschaft. Holzstamm, Säulenstamm, heißt es -, aber nicht Holzklotz !
 
Untergebracht ist das Widukind-Museum/Enger in einem alten Dielenhaus. Es wurde 1938 gegründet und am 20. August 2006 nach einer Umbauphase wiedereröffnet. Das Museum befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Engeraner Stiftskirche. Seit der Neueröffnung ist das Museum mit einem Audio-Führungssystem und multimedial ausgestattet. Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich eine zeitimmanente sog. „historische Darstellung der Zeit Widukinds“, in der üblich gewordenen Verzerrung der Fakten. Je eine Abteilung widmet sich den Sachsenkriegen und der „Eingliederung von Sachsen in das fränkische Reich“, bei der die grauenvollen Untaten des „Großen Karl“ so gut wie nichts zu sehen und zu hören ist. Die Geschichte wird sozusagen weichgespült. Des Weiteren wird der Frage scheinbar nachgegangen, ob Widukind in der Stiftskirche Enger begraben liegt. Die Ausgrabungsbefunde der Gräber aus dem Chor der Stiftskirche mit drei Skeletten sind im Museum nachgebildet worden. Außerdem gibt es dort ein modernes „anthropologisches Forschungslabor“, in dem Besucher an verschiedenen Stationen einen Einblick über die Analyse von historischer DNA gewinnen können. Der Wandel des Umgangs mit der Widukind-Gestalt und das Bild, das im Laufe der Zeit von ihm herrschte, wird im ersten Obergeschoss präsentiert. Unter anderem wird - wie könnte es anders sein ? - obligatorisch auf den „Umgang mit der Person Widukinds zur Zeit des Nationalsozialismus eingegangen“, wobei man sich auf die üblichen Plattitüden und tendenziösen Blickwinkel beschränkt. Dass uns erstmals das Dritte Reich einen fairen alternativen Blick auf das Geschehen der Sachsenkriege gewährte, haben die Ausstellungsmacher gar nicht begriffen. Im Dritten Reich wurde „Karl der Große“, als „Einiger der Germanen“ ebenso geehrt, wie der Freiheitskämpfer Widukind, der für die Freiheit seines Volkes gegen die fränkische Fremdherrschaft und deren Glaubensterror rang. Die wichtigste Forschungserkenntnis bezüglich der Vita-Widukind in der Nachkriegszeit ist doch die Feststellung, dass Widukind als „Lebenslanger“ im Bodenseekloster Reichenau gefangen war und dass die gesamte Legendenbildung um den „getauften und geläuterten Widukind“ ins Reich der Kirchenmärchen zu weisen sind. Wer sich um die wahre Geschichte der Sachsenkriege bemüht, kann einen Besuch in diesem Stadtmuseum vergessen !
 
Wie war es wirklich ?
 
Der Edeling Widukind / Wittekind (Bedeutung: Waldläufer), plattdeutsch Weking genannt, führte die Sachsen als Herzog, also als Kriegshauptmann an, nach dem Überfall der Franken unter König Karl im Jahre 772. Er stammte aus Wildeshausen (851 - Wigaldinghus), das an der Straße von Westfalen nach Bremen über die Hunte liegt. Seine Frau hieß Geva und war eine Schwester seines Kampfgenossen Abbi aus dem Geschlecht der Immidlinger. Die Franken griffen zuerst die Engern an, die Westfalen, die Ostfalen und bedrohten mit furchtbaren Verwüstungen und Menschendeportationen die Existenz des Sachsenvolkes. Zwar gelangen den vereinigten Sachsen und Friesen im Gegenzug einige Siege, wie jener am Süntel-Gebirge und an der Grotenburg, doch schon nach dem Massenmord der Enthauptung von 4.500 ausgesucht edlen Sachsen, im sogenannten „Blutgericht von Verden an der Aller“ (782), zeigte sich die unnachsichtige Vernichtungsabsicht des „aisken Schlächters Karl“ und der militärischen Überlegenheit des Frankenreiches, so dass sich Widukind 785 entschloss - um sein Volk vor dem Untergang zu bewahren - vor Karl das Knie zu beugen und sich gefangen nehmen zu lassen. Die unbarmherzige Brutalität mit der Karl vorging, war in seiner Familie Tradition, sogar die hofnahen Reichsannalen erwähnen drei Blutbäder die Karl anrichten ließ (Reichsannalen 775) sowie die „Nordhumbrischen Annalen“ (Vetus annales Nordhumbranis775) und merken an, er sei in seiner Wut wie von Sinnen gewesen. Mit seinen Massenmorden wiederholte er nur was ihm Vater Pippin und Onkel Karlmann vorexerziert hatten, die im Jahre 746 im sog. „Blutgericht von Cannstatt“ welche „viele tausend“ alamannischen Adlige und Herzöge zu einer Versammlung gerufen hatten, um die gesamte Führungsschicht in einer Massenhinrichtungsaktion auslöschen zu lassen. -- Auszug aus Karls Königsordnung das Sachsenland betreffend: § 8. Wenn zukünftig im Sachsenvolk ein heimlicher noch Ungetaufter sich verbergen und sich weigern sollte, zur Taufe zu kommen, weil er Heide bleiben will, dann sterbe er des Todes.“ 793 rebellierten die Sachsen erneut, trotz der Einschüchterungen durch grauenhafte Mordserien und Deportationen durch die katholischen Zwangsherrschaften fränkischer Grafen und kollaborierender sächsischer Adligen. Sie kehrten zu ihren heidnischen Sitten und Gebräuchen zurück. Um diesen Unruhen etwas den Wind aus den Segel zu nehmen, wurden von Karl im Jahre 797 die etwas milderen „Capitulare Saxonicum“ erlassen.
 
Freiheitsheld Widukind - 30 Jahre Klosterhaft, bis zum Tod i.J. 825
 
Die Unterwerfung zur Taufe von Widukind und seinem Schwager Abbi (Kurzform von Albrich) meldete Karl sofort beflissen dem Papst nach Rom, welcher einen dreitägigen Dankgottesdienst in allen christlichen Kirchen anordnete. Der triumphierende Eintrag der Reichsannalen lautete: „baptizati sunt supranominati Widochindus et Abbi una cum sociis eorum; et tunc tota Saxonia subiugata est“. Mit Großmut und Freizügigkeit bei der Behandlung Widukinds und seiner Hauptleute, ist nicht zu rechnen. Absolut unrealistisch wäre die Vorstellung, die Franken hätten ihre Gegner nach dem Taufakt wieder frei herumlaufen lassen, insbesondere ist es schon deshalb völlig undenkbar, weil die Sachsenkriege ja weitergingen. Die Kenntnis, wie Karl mit Widukind verfuhr, verdanken wir den Forschungsergebnissen des Historikers Prof. Dr. Gerd Althoff. („Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau. Ein Beitrag zur Kritik des Widukind-Mythos“ in: Frühmittelalterliche Studien, Bd. 17, 1983, S. 251-79) Vier Belege in den Verbrüderungsbüchern des Bodensee-Klosters Reichenau und dem Reichenauer Nekrolog beziehen sich ersichtlich auf den Mönch namens „Uuituchind“ und „Wituchi“, dem der Titel „mon(achus)“, also König und zu seinen Eintritt im Jahre 786 der klosterintern-ironische Zuname „dominator“ (Herrscher) beigestellt wurde. Sein Sterbetag war offenbar der 12.12. 825. Althoff schreibt: „Alle Indizien stimmen also überein und sichern die Schlußfolgerung, dass es sich bei dem Mönch Widukind um ein Mitglied des Reichenauer Konvents handelte, das um 786 die Profeß ablegte und danach noch mindestens bis zum Jahre 825 im Reichenauer Konvent lebte, ohne eine geistliche Weihe zu erhalten.“ Widukind litt also noch rund 40 Jahre nach seinem erzwungenen Ordens-Eintrittsgelübte im Reichenauer Konvent. Althoff: „Geht man von der Annahme aus, dass Widukind sich etwa 30-jährig taufen ließ und somit als 70-jähriger verstorben wäre, dann widerspricht kein Faktum einer Identifizierung des Reichenauer Mönches Widukind mit dem Sachsen-Herzog.“ Dieser verstarb ohne in der Klosterhierarchie, wie es damals bei frommen intelligenten Mönchen üblich war, aufzusteigen. Aus dem Umstand geht hervor, dass Widukind als Zwangs-Mönch nie seinen Heidenglauben aufgegeben hat, kein echter Christ wurde, also nie „zu Kreuze kroch“. Im Spätjahr 786 ist Karls Reichenau-Besuch, auf der Durchreise nach Italien, so gut wie sicher, er hat demnach seinen Gefangenen - mit 12 oder 13 weiteren Sachsen - (die zum kollaborieren ersichtlich nicht bereit waren) persönlich abgeliefert. Neben den Reichenauer Priestermönchen erscheint in den Listen eine Gruppe von 14 einfachen Mönchen, die offenbar bis ins hohe Alter keinen Weihegrad erhielten. Karl verfuhr mit Widukind nicht anders als wie mit dem letzten Bayernherzog Tassilo III. und dem Langobarden-König Desiderius, den er bis zum Lebensende in die Klosterhaft von Corbie steckte. Kloster Reichenau war wegen seiner Insellage ein ideales Gefängnis, in welchem, wie der Mediävist Prof. Dr. Alfons Zettler feststellte, beispielsweise ebenso der Slawenapostels Methodius und seine Gefährten, einige Zeit inhaftiert wurden. Auch Abbi, der treue Freund und ostwestfälische Kampfgefährte Widukinds, teilte die Kosterhaft bis zum Tode. Er scheint zeitweise im Kloster St. Wandrille in der Normandie gefangen gehalten worden zu sein, findet sich dann jedoch im Reichenauer Gedenkbuch der verstorbenen Sachsen zur Zeit von König Heinrich I..