IN BEARBEITUNG !
Die 8 - - Himmelsseligkeit und Gerechtigkeit
Schon im Altsumerischen bedeutet der Achtstrahl Himmel (Dingir) oder Himmelsgott. Im ind. Atharvaveda (10.2,31) heißt es: „achträderig, neuntürig ist die unbezwingbare Festung der Götter.“ Acht Ur- oder Elementargötter hatten die Altägypter. Im Altindischen kannte man 8 Himmelsrichtungen (Culika-Up. 1) und die 8 kosmischen Dinge. 25 Auch Aschta mangala, das „Glücks-Schicksalsrad“ besitzt 8 Sprossen. Die Bhagavad-Gita der Hindus kündet von der 8-geteilten und 2-geteilten göttlichen Natur Krishnas, der von sich selbst sagt (VII, 4): „Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther [die 5 Elemente als Voraussetzung materiellen Daseins], dazu Geist, Verstand und Selbstgefühl - dies ist meine 8-fach geteilte Wesenheit.“ Und unmittelbar danach, in den folgenden Strophen, spricht er von seinem dualen Charakter (7.5 / 6): „Doch ist dies nur die niedere Natur. Erkenne [...] auch meine andere Natur [...] Ich bin die Geburt der gesamten Welt und ebenso ihre Auflösung.“ Das pythagoreische Weltbild ging von 8 konzentrisch um den irdischen Mittelpunkt herumgelagerten Sphären aus; die 8. Sphäre war die der Fixsterne; der „Achte Himmel“ galt als Sitz des höchsten Gottes über den 7 Planetensphären. In Platos Seelenwanderungslehre müssen die Seelen 7 Tage auf der Gerichtswiese verbringen, am 8. Tage reisen sie ab. Die Grundlage der griech. Musik, die dorische Tonleiter, erschien aus zwei nebeneinandergestellten Vierakkorden gleichen Baues zusammengefügt. Die Oktave umschmeichelte das ästhetische Gehör in ihrer vollendeten Tonfolge, deshalb spricht Platon im „Staat“ von der „einen Harmonia“, bestehend aus 8 Tönen. Im Buddhismus wird vom 8-gliedrigen Pfad zum Nirwana gesprochen. Der Mithras-Gläubige hoffte, dass seine Seele dereinst nach Durchschreiten von 7 Toren hinter dem 8. Tor der Gottheit den „Berg der Verklärung“, die Lichtheimat, fände. Agrippa von Nettesheim wusste aus den Werken der Alten („Die magischen Werke“ I-III,S.216): „Die Zahl Acht nennen die Pythagoräer die Zahl der Gerechtigkeit und der Fülle, und zwar, weil sie zuerst unter allen in gleiche gerade Zahlen geteilt werden kann, nämlich in vier; auch bei der wiederholten Teilung (zweimal Zwei) findet dasselbe Verhältnis statt. Wegen dieser Gleichheit der Teilung erhielt sie den Namen der Gerechtigkeit; die Zahl der Fülle aber wurde sie wegen ihrer körperlichen Dichtheit genannt, denn sie bildet zuerst einen festen Körper. Hierher gehört auch der Eid des Orpheus, welcher, als wollte dadurch die göttliche Gerechtigkeit zum Zeugen aufgerufen werden, bei acht Gottheiten geschworen wurde, deren Namen sind: Feuer, Wasser, Erde, Himmel, Mond, Sonne, Phanes und Nacht. Auch gibt es nur acht sichtbare Himmelssphären. Ferner wird durch diese Zahl das Wesen der körperlichen Natur bezeichnet, die Orpheus in acht Meerhymnen darstellt. Auch auf die Ewigkeit und das Ende der Welt bezieht sich diese Zahl. Ferner ist sie die Zahl der Seligkeit ...“ Ebenso im neupythagoreisch inspirierten Gnostizismus: Über 7 Sterngeistern steht als oberstes, 8. Prinzip, der ungezeugte Vater, die eine namenlose und unaussprechliche Gottheit. (Herausgeber K. Rudolph, von R.A. Lipsius, Gnosis und Gnostizismus, 1975, S. 89) So dass noch der belesene Kirchenschriftsteller, Clemens von Alexandrinen schwärmte: „Wen Christus wieder zum Leben gebiert, der wird in die 8-heit versetzt!“, d.h. in den geistigen Kosmos, den allumfassenden, gestaltlosen Gott. Bischof Hilarius von Poitiers (4. Jh.) spricht vom „Geheimnis der Achtheit“ (Hil., Instructio psalmorum 14), von der „heiligen und religiösen Fülle“ der 8-Zahl (Hil., Tractatus in psalm. CXVIII), nimmt sogar die 8-heit als ein Sinnbild der christl. Religion auf Erden und als Sinnbild erhoffter Seligkeit (Hil., Instruc. Psalm. 16) F.J. Dölger kommentiert die aus antikem Heidentum nahtlos übernommene frühchristl. Betrachtungsweise: „Die Achtheit ist ewiges Leben und Unsterblichkeit.“ (Franz Joseph Dölger, Zur Symbolik des altchristl. Taufhauses, in: Antike und Christentum, Kultur- u. religionswiss. Stud. Bd. 4, 2. Aufl., 1975, S.168ff und Ernst Bindel, Die ägypt. Pyramiden als Zeugen vergangener Mysterienweisheit, 1932, S. 236) Daraus entstand die Wertschätzung des Oktogons („Achteck“) in der christl. Sakralarchitektur. All die späten christl. Ausdeutungen der 8-Zahl auf Himmel und Seligkeit geben nur wieder, was längst vorher Iraner, Griechen und Germanen gedacht und niedergelegt hatten.
Ein ODING-Gläubiger hätte mit großer Berechtigung davon sprechen dürfen, in der Achtheit ein Sinnbild seines Runenglaubens zu erkennen: Dreimal, in allen Zeitdimensionen wesend, schmiegt sich Ziffer 8 des Himmelsvaters Tiu () in den 24-teiligen runischen Ouroboros, der das All bedeutet (2+4=6). Runenringe auf den frühmittelalterlichen skandinav. Amulettmünzen von Vadstena und Gumpan zeigen Einteilungen in 3 Gruppen zu je 8 Zeichen. Nach solchen 8er-Gruppen war schon das Alphabet der Griechen eingeteilt, man nannte sie im 17. Jh. auf Island ätt, das bedeutet: „Geschlecht / Familie / Abstammung“. Die drei Buchstabenkolonnen könnten aus Beziehungen zum 3-geteilte griech.-germ. Landwirtschaftsjahr (Frühling-Sommer-Winter) herrühren, darüber hinaus aber aus der Vorstellung der dreigeteilten Zeit. Der entsprechende altpruzzische Himmelsgott Deiwas symbolisierte nach Auffassung seiner Gläubigen das „Gestern-Heute-Morgen“. Auch der ODING-Kalenderkreis verkündet zahlenallegorisch: Gott schreitet in Gestalt seiner Drei- und seiner Achtheit durch Raum und Zeit (3x8=24). Die 8 ist erste Kubikzahl, mithin „vollendete Zahl“; Kubikzahl der 2, also 2. Potenz der 2. (2x2x2=8). Dadurch entspricht die 2. Doppelaxtgott-Rune (), der 8. Himmelsvater-Rune (). Als Zahl des vollen Körpers ist 8 die Zahl der Himmels-Raum-Harmonie, also Vollkommenheit und Gerechtigkeit.24 Nur folgerichtig muss die Information scheinen, dass der Himmelsgottes Tiu-Tyr () als Thingsus-Tyr auch oberster Gerichts- und Gerechtigkeitsherr war. 27 Der Gedanke an den ewigen Gotteshimmel machte die 8 zum Symbol für „Ewigkeit“ (). Verewigt hat sich diese Beziehung zum alten erhabenen Hochgott in unserer Sprache, indem das Zahlwort „Acht“ in einem Sinne auftritt, der es über die übliche Verwendung zur Mengenbezeichnung hinaushebt. Wir „beachten“ Wichtiges, „achten“ Hohes, „verachten“ Unwertes, „ächten“ Minderwertiges, und die „Acht“ (Unacht / Nichtbeachtung / Verachtung) verhängen, war im Mittelalter die fürchterlichste Strafe. Nicht anders als in Indien war in Germanien das 8-speichige „Glücksrad“ und die gewöhnlich 8-teilige rosa ventorum („Windrose“) bereits zur Zeit des Frankenkönigs Karl bekannt.
Entsprechend der platonisch-aristotelischen Theorien, dass jedes der 5 Elemente (Erde, Wasser, Luft, Feuer, Äther) aus materiellen Bausteinen (Atomen) gebildet sein müsse, ordnete man ihnen die 5 regulären, durch gleiche Flächen begrenzten Körper zu, deren dünne Wände zerfallen und wieder neue Körper bilden könnten.26 Die Luft, so spekulierte man, bestehe aus Oktaedern, also aus Körpern, die aus 8 Dreiecksflächen und 6 Ecken strukturiert sind. In solchem Gebilde schienen die Gotteszahlen wunderbar vereint. Dass die Luft () jenes Element sei, aus dem das Feuer () geboren würde, auch das Himmelsfeuer der Sonne, und dass die Luft das Element des Himmelgottes (-) sei, das scheint antiken Philosophen vertrautes Denken gewesen zu sein. Epicharmos (6.-5. Jh. v.0) rechnete die Luft dem Jupiter zu und Empedokles zuweilen dem Uranos (Himmel). Andere zwar identifizierten die Göttermutter Dione-Hera mit diesem Element. Aus dyaus, dem ved. Begriff für den 8-geteilten und 8-sphärigen Himmel, leitet sich etymologisch das Wort Zeus (Dativ von Zeus = di-we) ebenso ab wie der germ. Himmelsgott Tiu/Tyr. Dem Vollkommenheitscharakter der potenzierten 8 dürften ebenso die 8x8=64 Figuren des chines. „I-Ging“ entsprechen. Bemerkenswert ist, dass in China die Zahl 8 als maßgeblich für die Entwicklung des Männlichen gilt. So fanden sich demnach aus unterschiedlichen Religionskulturen zahlenmythologische Gründe genug, die 8. Rune dem geachteten Himmelsvater zuzuordnen.
Abb. 3 - Das ODING-Runenjahr als Baum, mit Wurzel und Wipfel
In der Dreigliederung von Raum (3. Dimension) und Ewigkeit (3 Zeitformen) west Gott als Zweiheit. Er umspannt die Gegensätze von Licht und Finsternis, von Auf und Ab, letzteres lehrte schon Herakleitos. Auch der runische Himmelsgott Tiu () ist identisch mit dem polaren Tagvater (), dessen 2. Zeichen im Runenkreis ebenso das 26. mit Kernzahl 8 ist. Dass Gott wahrhaftig als die Summe des Gegensatzes einer jeden Zeitphase verstanden wurde, lehrt uns der Tages-Jahres-Äonen-Baum des ODING Zweigeteilt ist Gottes Jahrgang durch den Lichtanstieg zunehmender und den Lichtabstieg sich verringernder Tageslichthelligkeiten. Die Runenzahlen-Addition auf jeweils gleichen Zeitenstufen der Voll- und der Neumondmarken ergeben die Summe 26 (QS 8). Gott () ist, so demonstrieren die Runen, Zunahme und Abnahme, Plus und Minus, von O () bis F (), d.h. von oben bis zum Fuß des Zeitkörpers. 26 ist darüber hinaus die Zahl des am Himmel ablesbaren Zeitumschwungs von der Dauer eines Äons, eines Weltenjahres. Etwa 26.000 Jahre (exakt 25.200) benötigt der Frühlingspunkt, um einmal die 360° des Tiu-Tyr-Tir-Kreises zu umwandern und seinen Ausgangspunkt wieder zu erreichen. Im griech. Zauberpapyrus (P-XIII,752) vom Jahr 346 n.0 heißt es: „Halt geheim, Kind, den Namen [...] den der 26 Buchstaben, des Zeus Namen.“ Auch der Judengott Jahwe konnte mittels des Zahlwertes der hebrä. Buchstaben so definiert werden: J=10 + H=5 + W=6 + H=5 = 26. Dass der alte Himmelsgott (), über seinen Himmelskreis von 360° bestimmt, ist auch aus der ihm eigenen 8-Zahl herauszulesen: 1+2+3+4+5+6+7+8=36. In Bestätigung unserer runischen Zahlenanalyse erfahren wir, dass Dios-Zeus als Himmelskreis verstanden wurde (Herodot 1.131).
Zwar stellte der Runenschöpfer in den zahlensprachlichen Mittelpunkt des ODING-Systems den Seelen-Geistgott Wodin, den Asen () - vielleicht in reformatorischer Absicht (vgl. 21. SB) - doch der alte allbeherrschende Himmelsgott Tiu () musste ebenso seine kosmische Universitalität behalten. Zurückgedrängt wurde er, wie es scheint, doch nicht entthront.