
JUDENSTERN - GERMANENSTERN - KOSMOSSTERN
Ein Sechseck oder Hexagon ist ein Vieleck, bestehend aus sechs Ecken und sechs Seiten. Sind alle sechs Seiten gleich lang und alle Winkel an den sechs Ecken gleich groß, spricht man von einem gleichseitigen, regelmäßigen Sechseck. Werden die gegenüberliegenden Ecken des Sechsecks miteinander verbunden, ergeben sich sechs gleichseitige Dreiecke. Werden alle nicht gegenüberliegenden Ecken miteinander verbunden, entsteht ein Hexagramm. In Symbolik, Architektur, Malerei und Grafik liegt bei der Verwendung des Hexagons die Sinnbildsprache der Zahl 6 zugrunde, deren Bedeutung sich aus der Summe der ersten drei Zahlen (1+2+3) und deren Zahlensymbolik ergibt. Sie und damit das reguläre Hexagon symbolisieren die Harmonie der Schöpfung. Sie stehen auch für die polare, sich gegenseitig bedingende gleichgewichtige Verklammerung des Himmlischen und Irdischen, des Göttlichen und Weltlichen. -- Das Hexagramm, der Sechsstern, wird in unserer Zeit von ungebildeten Menschen ganz wie selbstverständlich als „Judenstern“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine Verständnisweise die sich insbesondere durch die Stigmatisierung der Juden mittels des Sechssterns zur Weltkriegszeit im Dritten-Reich eingebürgert hat. Davon, dass dieser Stern einer bestimmten Religions- oder Volkskultur zugeordnet werden könnte, kann nicht die Rede sein.
Sicher hat die Zahl 6, die in der Natur beispielsweise in der Bienenwabe, der Basaltstruktur und der hexagonalen Kristallform der Schneeflocken erscheint, schon früh die menschliche Beachtung auf sich gezogen. Mit Zunahme der Begrifflichkeit des Menschen von sich selbst als Einzelwesen im Raum seiner Umwelt, muss auch die Vorstellung erwacht sein, dass er gewissermaßen wie in einen Mantel von 6 Haupthimmelsrichtungen eingehüllt erscheint -, neben dem Vorne und Hinten, dem Rechts und Links, auch der Höhe und der Tiefe. Diese 6-Zahl, die so etwas wie eine Kosmosdeutung oder -erklärung erscheinen mochte, gab Anlass, darüber zu spekulieren, sie symbolistisch auszudeuten und schließlich ihre mathematischen Geheimnisse zu erkennen. Das alte Kulturvolk der Sumerer benutzte ein Rechenwesen das auf dem Sexagesimalsystem oder Hexagesimalsystem basierte, also ein Stellenwertsystem das den Wertes 60 zugrunde gelegt hatte. Der analytische Griechengeist erkannte und bezeichnet schon die 6 als vollkommene Zahl, die auch von dem Lateinern als solche galt (griech. „arithmos teleios“, lat. „summus perfectus“), weil ihre Summe ihren aliquoten Teilen entspricht, bzw. ihre Teilersummen gleich sind (einschließlich 1, ausschließlich der Zahl selbst). Diese Definition geht mindestens zurück auf den griechischen Mathematiker Euklid, der im 4. Jh. v.0 die „Elemente“, sein berühmtes Lehrbuch der Geometrie, verfasste. 6 hat die Teiler (Divisoren) 1, 2, 3; die Summe von 1+2+3 und das Produkt von 1x2x3 ergeben wieder 6.
Die älteste idg. Religionsurkunde, der Rigveda 2.27, nennt nur 6 höhere Götter, deren Zahl später auf 12 steigt und bald in ein Göttergewimmel auswuchert. In Zarathustras Religion gibt es 6 Gotteseigenschaften des Ahura Mazdas („Weiser Herr“, vgl. Yasna 44): 1. das gute Denken, 2. die Wahrheit, 3. die Herrschaft, 4. die Fügsamkeit, 5. das Heilsein, 6. das Nicht-Sterben. Der Pythagoreer Empedokles ging von insgesamt 6 Urgegebenheiten aus: „Feuer, Wasser, Erde und der Luft unendliche Höhe“; dazu Liebe und Hass bzw. Anziehung und Abstoßung. Das sind die Urkräfte, die so wie sie uns bewegen auch die Elementen beeinflussen, - meinte er. Neupythagoreische und neuplatonische Schulen, namentlich Jamblichos (4. Jh. n.0), meinten, die Form des Weltalls ist die Kugel; Gott konstruierte das Dodekaeder, das Gebilde aus 12 Fünfecken, und beschrieb dann die Kugel darum. Das Weltallmodell des Dodekaeders hat 60 gedachte Ecken, von denen aber nur 20 sichtbar werden, da jeweils 3 Fünfecke in einem Punkt zusammentreffen (Abb. 1). Aber auch die 20 sichtbaren Ecken des Kosmosmodells machen im zahlenmythologischen Weltverständnis eine gleichlautende Aussage. Die theosophische Addition von 20 erbringt die Weltgeist-Meisterzahl (210 / 21 / 3), deren Aufsummierung wiederum die ersten drei Zahlen (231) ergibt mit Endergebnis 6. Das nur auf der Insel Elba und in den südlichen nach Piemont auslaufenden Alpentälern vorkommende Mineral Pyrit (Schwefelkies) kristallisiert mitunter in Formen von Dodekaedern und Ikosaedern aus. Bei den Galliern waren zuerst Interesse und die Technik der Metallurgie zur hohen Vollkommenheit gereift, so versteht es sich, dass in Norditalien und im gallischen Bereich die Kenntnis über diese regulären Vielflächner schon früh vorhanden war, was dergestalt geschnitzte Specksteinfunde aus um 900 v.0 belegen. So wäre es erklärlich, woher die süditalienischen Pythagoreer-Gemeinschaften ihre diesbezüglichen Anregungen und Kenntnisse empfingen.
Abb. 2
2 a 


Im germanischen Mythos – im eddischen Vafþrúðnismál erzählt - heißt es, dass vor der eigentlichen Welterschaffung der Urriese einen sechsköpfigen Sohn gebar. Noch im spätheidn. hochmittelalterl. Die germanische Buchstabenurkunde des ODiNG-FUThARK besitzt 24 Stäbe, basiert damit auch - in ihrer Quersumme - auf der Kosmoszahl 6. Im germ. Ritus behielt die Zahl ihre Bedeutung: Der arab. Reisende Ahmad Ibn Fadlan beschrieb im 10 Jh. die Bestattungssitten der germ. Waräger an der unteren Wolga. Vor dem Leichenbrand an Bord eines Schiffes, vollzogen 6 Männer die letzten rituellen Handlungen.
Abb. 3
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Im ur-gallogermanischen Kulturraum Mitteleuropas ist das 6-Eck und der ornamentale 6-Zack früh zu finden. Ein siebentausend Jahre alter Kumpf des Kindergrabes von Goseck /Sachsen-Anhalt zeigt bereits das Sechseck (Abb. 2 a / Dekorabrollung Abb. 2 b). Sechssterne zieren irdene Kultgefäße der Bandkeramiker im 4. Jt. v.0, besonders schön auf den Kumpfen von Rheindürkheim und Rheingewann (Museum Worms). In der Frühbronzezeit erscheint das Hexagramm als Zierstern von norddt. Gerätschaften und goldenen Schalen. Einen derartigen altkretischen Siegelabdruck (2.000-1.700 v.0) und ein besonders schön gearbeitetes, durchbrochenes Goldblech (Saal XI, Vitrine 151) aus protogeometrischer Periode (1100-900 v.0) mit jeweils 2 Sternspitzen, die nach oben und unten weisen, zeigt das Archäolog. Museum von Heraklion / Kreta. Ebenso ist das Zeichen im gesamten hellenistischen Kulturkreis auffindbar, besonders in der hermetisch-mystischen Tradition bis ins völkerwanderungszeitliche Germanien hinein. Seine Bedeutung ist klar als Hochzeit von Oben und Unten bzw. Rechts und Links, Erde und Himmel, Geist und Stoff, Feuer und Wasser zu definieren. Schon im Altindischen bedeutete es die Vereinigung des schöpferischen Vishnu-Dreiecks mit dem zerstörerischen Shiva-Dreieck, also die Schöpfung und Vergänglichkeit der materiellen Welt. Der sechszackige Stern findet sich auf der Rückseite einer Münze des Ostgotenkönigs Theoderich I. (451-526), der in Ravenna im Namen des oström. Kaisers Anastasius regierte (Abb. 3). Es handelt sich dabei um die „gibu, donum“-Rune (donum = lat. Geschenk). Unter dieser Doppelbezeichnung wird sie in der Runen-Tabelle des Hrabanus Maurus im „St. Galler Codex“ Nr. 270 geführt. Das Ursymbol ist auf merowingischen Grabfunden zu finden, z.B. einer großen Perle (Starkenburg/Hessen), einer Gewandspange (Museum Nordhausen) sowie auf sächs. und ags. Fibeln des 5.Jh., nachweisen. Die bisher schönsten Funde dieser Art sind die völkerwanderungszeitliche silberne Schalenfibel aus einem Frauengrab aus Ostbense (Ldkr.-Wittburg / Weser-Ems), mit verflochtenem Sechsstern (Abb. 4) sowie der allamannische Fingerring von Eschenz/ Schweiz (Abb. 5), mit farbigem Glasfluss eines roten und eines grünen Dreiecks (Polarität: Feuer-Wasser), die sich zum Sechsstern zusammenfügen; inmitten des roten Dreiecks sind 2 zentrische Sonnenkreise eingelegt. Deshalb war es, vereinzelt bis heute erhalten, in Deutschland ein mittelalterliches Emblem jener Wirtshäuser, welche die Berechtigung besaßen „Feuer-Wasser“ (Branntwein) auszuschenken. Das Hexagramm wurde zum Zunft-Zeichen der Brauer und Mälzer , der Schnaps- und Bierbrauer, sowie zum Erkennungszeichen für die Ausgabestellen des Haustrunks der Brauereien. Auf vielen alten irdenen Bierseideln ist es deshalb anzutreffen. Man nannte es Brauerstern, Bierstern, Bierzeiger, Braustern, in der Oberpfalz Bierzoigel / Zoiglstern.
Abb. 6 

Die alchemistischen Mittelalterschriften nutzten zur Erklärung der Prozesse heidn.-antike Gleichnisbilder. Das „Rosarium Philosophorum“ (Erstdruck Frankfurt, 1550), war eines der beliebtesten Bücher dieser Gattung in früher Neuzeit. Es zeigt einprägsam im zweiten Bild den Sechsstern als Symbol für die „coniunctio Solis et Lunae“, den Hieros-Gamos, also der Vereinigung der Gegensätze von Mann und Frau, Bräutigam und Braut, König und Königin, Apollo und Diana, - als Einkleidungen der Urgegensätze (Abb. 6). So ist es nur folgerichtig, wenn in den altertümlichsten Tarotspielen (ca. Mitte 15. Jh.), dem „Venezian.-T.“, „Visconti-Sforza-T.“ sowie „Bologna-T.“, die 6. Karte „Die Liebenden“ oder „Die Liebe“ heißt, während die Karte dieses Namens im „Minchiate v. Florenz“ die 5. ist. Da sehen wir wieder jene Ambivalenz und die Austauschbarkeit zwischen 5 und 6. Auch aus dem gezeigten Holzschnitt des „Rosarium Philosophorum“, ein zahlenmystisches Schlüsselbild ersten Ranges, ist sie herauslesbar: Drei Grundkräfte vereinigen sich in den Gestalten von Männlichem, Weiblichem, dazu dem Geistvogel der göttlichen Belebungskraft. Er und Sie reichen sich einander den Blütenstengel mit jeweils zwei Blüten (4 Elemente: zwei männliche, zwei weibliche) zur Kreuzung/Mischung entgegen. Der Geistvogel, der aus dem göttlich-vollkommenen Sechsstern herab fliegt, gibt die segnende 5. Blüte (Quinta Essentia) hinzu, damit sich das hexagonale Stengelgebilde der Allvereinigung bilden kann. Dieses sich kreuzende Urpaar entspricht dem Bildkürzel der 5. Mannaz-Rune (
- Abb. 7) ebenso wie beispielsweise dem 6. Blatt des „Visconti-Sforza-Tarot“, auf dem sich Mann und Frau die Hände reichen während der Vereinigungsgeist (Cupido) über ihnen seinen Pfeil nach dem Liebespaar abschießt.

Abb. 7 
Unmissverständliche Aufklärung über den Symbolismus um die Gegensatzvereinigung, Mensch und Hexagramm bietet auch eine Darstellung in dem alchemistischen Werk von Michael Majer „Scrutinium Chymicum“ (geschrieben 1619, Erstdruck Frankfurt, 1678), das zur Bibliothek der Leopoldina Halle/Saale gehörte, doch (neben 8.000 anderen dort von den Russen gestohlenen Werken) zu den kriegbedingten Verlusten zählt. Es handelt sich um das „Emblema XXI“, das die Quadratur des Zirkels, die zwei Geschlechter zur Ganzheit zusammenfassend, zeigt. Das Menschenpaar steht inmitten des Quadrats (Sinnbild der 4 Elemente) und des Dreiecks (Vergeistigung), rundherum wird ein Zirkelschlag der Allvereinigung geführt; dessen Plangedanke sich im linken Bildvordergrund als „Hexagramm im Kreis“ verdeutlicht findet. Das „Rosarium Philosophorum“ verspricht: „Mache aus Mann und Frau einen runden Kreis und ziehe aus diesem das Viereck und das Dreieck aus. Mache einen runden Kreis, und du wirst den Stein der Philosophen haben.“ (C.G. Jung, Psychologie und Alchemie, 1944, S.182f) Wer diese Gedankengänge durchschaut, hat auch die Grundlage der Runenzahlenordnung begriffen, denn die Alchemie benutzte nichts anderes als die Sprachbilder spätantiker Religion. Ihre Verständniskontinuitäten bezog sie direkt und bruchlos aus der antiken Alchemie, die sich vom 1.-7. Jh. n.0 datieren lässt. Praktiziert wurde sie in Tempeln und deren Werkstätten, aber auch von profanen Männern und Frauen. Bereits hier gab es ein gegenseitiges Durchdringen von Theorie und Praxis: man verband den chemisch-technischen Bereich mit einem religiösen Weltbild. Das praktische Ziel war die Transmutation („Umwandlung“) unedler Metalle in Gold oder zumindest Silber -, spirituell wurde gleichzeitig die Vervollkommnung des Geistes und die Läuterung und der Seele des Alchemisten angestrebt.
Das Hexagramm tritt auf echten jüdischen Altertümern, meiner Kenntnis nach, nicht auf. Lange bevor es in Synagogen erschien, wurde es als Heilszeichen im Islam und in frühmittelalterlichen Kirchen dargestellt. Das eigentliche religiöse Symbol des Judentums war allein der siebenarmige Leuchter, die Menorah und der aufgerichtete Löwe Juda. Der Leuchter bildet noch heute das offizielle Wappen des Staates Israel. Die Geschichte des sogenannten „Davidsterns / Davidschildes“ begannt im Jahr 1648 in Prag, der von den Schweden belagerten deutschen Reichsstadt. Sie wurde durch ein Aufgebot der Bürgerwehr verteidigt, unter der sich auch eine jüdische Truppe befand. Erst Maria Theresia ließ die Juden-Einheit auflösen. Weil es den Schweden nicht gelungen war, das energisch verteidigte Prag einzunehmen, gestand Kaiser Ferdinand III. allen Milizen die lobende Auszeichnung durch selbst gewählte Ehrenflaggen zu. Probleme gab es bei der Auswahl des jüdischen Fahnensymbols. Sogar die befragte Familie Openhaimer, des Kaisers „Hofjuden“, vermochten keine Lösungsidee beizutragen. In ihrer Ratlosigkeit - schreibt Dr. Ysmael Rubinstein - bat man die gelehrten Jesuiten in Wien, ein jüdisches Symbol zu erfinden. Diese kamen schließlich zu dem Schluss, dass König David „den ersten und den letzten Buchstaben seines Namens, „D“, auf seinem Schild getragen haben muss“. In den alten phönizischen Buchstaben ist der Buchstabe „D“ ein Dreieck. Daher legten sie zwei Dreiecke übereinander, womit der „Davidschild“ geboren war. Es wurde nachfolgend auf die jüdische Flagge gestickt und den Juden Prags als Auszeichnung für ihren Einsatz für das Reich überreicht. Die gelehrten Rabbis verstanden wohl sehr bald die schöne, tiefsinnige Bedeutung und so begann sich dieses neue jüdische Gemeindesymbol auch in jenen Städten zu verbreiten, die mit Prag in Verbindung standen und es wurde von nun an in den Synagogen und zu feierlichen Anlässen gern verwendet. Eine dieser Städte war auch Frankfurt/Main. Und als die dort wohnhafte Familie Rothschild im frühen 19. Jahrhundert geadelt wurde, fügten sie dieses nunmehr schon altehrwürdige auch jüdische Zeichen in ihr Wappenschild. Der Banker Amschel Mayer Freiherr von Rothschild wurde 1817 von Franz II., dem letzten Kaiser des „Hl. röm. Reiches deutscher Nation“, in den Adelsstand erhoben. Sein Wappen von 1822 zeigt den Sechsstern zwischen dem Stiergehörn. Von diesem Moment an verbreitete sich das Hexagramm im gesamten internationalen Judentum, wozu man es beglückwünschen darf, denn damit hat es ein wahrhaft internationales Ursymbol an sich gezogen.
Abb. 8
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Da das Hexagramm - mit seinen 6 Spitzen und den 7 Feldern, sie sich aus den beiden ineinander geschobenen Dreiecken ergeben - die polaren Gegensätze der Welttotalen versinnbildlicht, wurde es in Darstellungen der mittelalterlichen Alchemie zuweilen mit den seinen Charakter noch einmal verdeutlichenden 7 Planeten-Göttern und deren 7 Metallen zusammengestellt, dazu die beiden Sinnbilder des Lebens und des Todes, der geflügelten und ungeflügelten Seelenschlange vom Stab des Hermes-Mercurius, dem Caduceus (Abb. 8). -- Auch die „Theosophische Gesellschaft“ hat sich den Sechsstern als Abzeichen erwählt. Es ist eine 1875 in New York gegründete Organisation, die manche esoterische Zirkel oder um Esoterik bemühte Gruppen zu beeinflussen vermochte. Sie gibt vor, einer „Universalen Bruderschaft“ anzugehören, die zu allen Vorzeiten bereits im Geheimen tätig war und die gnostischen Erkenntnisse der Ägypter, Inder, Griechen und Römer zu studieren. Die Hauptakteurin Frau Blavatsky war Helena Petrovna von Hahn-Rottenstern. Im Zeichen der Gesellschaft erscheint im Schlangenring des Ouroboros der Sechsstern mit dem Sonnenkreuz und der altägyptischen Lebens-Hieroglyphe Anch (Abb. 9).
Abb. 10
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Wie urwesenhaft die 6-Zahl mit dem germanischen Runen-Schriftdenken verbunden ist, kann aus der Buchstabenzahl 24 abgelesen werden, denn die Seelen- oder Kernzahl bzw. Quersumme der 24 ist 6. Ebenso wählte der Runenschöpfer bewusst und willentlich 6 Urlaute (Vokale), obwohl sprachlich auch 5 ausgereicht hätten. An Konsonanten haben wir im System 3x6 Stäbe. Die Runengesamtheit und ihre Wesenheit wird konkret ausgedrückt mit den ersten drei rechts-beginnenden Buchstaben, nämlich O-D-ING, dessen Zahlensumme wieder 6 ergibt. Folglich muss dem Runenschöpfer auch das Hexagramm im Sinn gestanden haben, als er den komplexen Runen-Kosmos erklügelte.
Titel des Buches von Gerhard Hess, ODING-Wizzod - Gottesgesetz und Botschaft der Runen, 1993
Die Runenschöpfung des ODING-FUThARK geschah erkennbar im Dunstkreis des spätpythagoräischen Denkens. Mit dessen Zahlenmystik und Symbolismen waren die alten Runenmystiker vertraut, das ergab nicht allein die Untersuchung der Runeninschrift des nordschleswiger „Goldhorns von Rosengaard-Gallehus“ durch Prof. emer. Dr. Heinz Klingenberg („Runenschrift, Schriftdenken, Runeninschriften“, 1973). Die 5. ODING-Rune kann nicht zufällig ein zum Hexagramma erweiterbares hieroglyphisches Bildkürzel sein. Die antiken Kosmossinnbilder Penta- und Hexagramm sind im germanischen völkerwanderungszeitlichen Fundhorizont nicht unbekannt, wie ich aufzeigen konnte. Ebenso kommt der 5- und 6-Stern in den germanisch-deutschen Familien und Städtewappen vor: Das Pentagramm in Dinslaken (Nordrhein-Westfalen) -, Maastrich (Niederlande) -, Sitten (Wallis / Schweiz) -, das Hexagramm in Kaufbeuren (Bayern) -, Perleberg (Mark Brandenburg) -, Stargard (Pommern) -, Norden (Ostfriesland) -, Waldeck (Hessen) -, Adelsgeschlechts von Allendorf / Aldindorf (Lkr. Frankenberg / Nordhessen) -, Schaumburg-Lippe (Niedersachsen) -, Blankenburg (Sachsen-Anhalt) -, Reinstein (fränkisches Adelsgeschlecht des „Ritterkanton Odenwald“) -, Hans Ingeram, Hilfsherold einer Adelsgesellschaft, trägt drei rote Sterne -, Sigmaringen - goldener Hirsch mit Stern im roten Feld (Baden-Württemberg) -, Geschlecht von Neideck / Christazhofen / Württemberg) -, Reichsabtei Marchtal trug zusätzlich gelben/goldnen Stern (Alp-Donaukreis / Schwaben) -, Tamins (Graubünden / Schweiz) -, Bozen (Südtirol) -, Ribe (Dänemark) -, Österreich (unter Ottokar von Böhmen) -, Châteauroux (Indre / Frankreich). - (Quelle: Ottfried Neubecker, Wilhelm Rentzmann „Wappen Bilder Lexikon“, 1974)
Den 6-Stern dominant im Wappen führte auch das fränkische freiherrliche Geschlecht derer von Geuder und zu Heroldsberg (Abb. 10). Die Familie wird bereits im Jahre 1263 erwähnt; sie stammt wohl aus Kammstein bei Schwabach. Heinrich Geuder, seit 1349 in Nürnberg, wurde 1353 Mitglied des „Kleinen Rates“, 1353 Reichsschultheiß. Er erwarb 1391 das Reichslehen Heroldsberg. Sein Wappen, in Blau und Silber gehalten, zeigt im Schild drei an den Spitzen mit einen facetierten Dreieck verbundenen sechsstrahligen silbernen Sternen. Auf dem bekrönten Helm mit blau-silbernen Decken, ein sechsstrahliger von Silber und Blau gespaltener Stern, dessen Spitzen mit je zwei kleinen Federn in gewechselten Farben besetzt sind. -- Aus dem rheinfränkischen Uradel ging Eberhard von Erbach hervor, er galt als Bedrücker des mächtigen Reichsklosters Lorsch in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Den Erbachern gelang es, dem Kloster die Mark Michelstadt zu entfremden, die somit zum Stammland des Hauses Erbach wurde, einem der mächtigsten Geschlechter im Odenwald. Als Reichsministeriale, also hohe Beamte des Königs, sind die Erbacher erstmals mit dem 1223 verstorbenen Gerhard I. Schenk von Erbach verbürgt. Von Konrad I. stammt die Hauptlinie Erbach, von Eberhard III. die Hauptlinie Reichenberg, die sich unter dessen Söhnen wiederum in eine Fürstenauer und in eine Michelstädter Linie aufteilte. Seit dieser Zeit ist auch das Erbacher Wappen mit drei od. sechs Sternen in roter und weißer Farbigkeit und Büffelhörner-Helm mit Kleinod überliefert. 1532 erreichte Schenk Eberhard XIII. als Graf Eberhard I. bei Kaiser Karl V. die Erhebung in den Reichsgrafenstand, der dem tatsächlichen Stand und Einfluss des Hauses Erbach ohnehin entsprach. Das Bild zeigt Schenk Erasmus zu Erbach (1466-1503) in Turnierrüstung zu Pferde (Abb. 12).
Abb. 12 

Wie ich mit meiner Untersuchung „Woden- / Oden- / Gottes-Orte“ nachweisen konnte, war das autochthone Germanien überspannt von einem Netz der altheiligen Weihe- und Kultorte der OD-Gottheit, nämlich des „Od“, „Goð“, „Wodan“, „Godan“, „Gott“. Etliche derartige Ortsbezeichnungen haben bis heute ihre alte Sprachgestalt bewahrt, andere - wie Eding, Ötting, Oeding, Oedingberge - gingen im sprachlichen Abschliff aus der ursprünglichen Ortsbezeichnung Oding hervor. Die hauptsächlich friesischen Familiennamen Oding, Odink, Odinga kennzeichnen die Nachfahren einstiger Priesterge-schlechter der Od-Gottheiten ebenso wie eine Reihe überkommener Vornamensgebungen an od-priesterliche Amtsträger erinnern oder Menschen denen der Od-Segen zuteil werden möge, wie z.B.: Oda, Odilberga, Otberga, Otburga, Ottberge, Ottburga, Odilberta, Odilgard, Odo, Otto, Otfrid, Odoaker, Odilo, Odilon, Ottokar, Otakar, Otger. -- Hinter Altötting (Alt-Oding) in Bayern, ist die zweitgrößten Wallfahrt Deutschlands jene von der Asenhochburg Osnabrück in Westfalen zum alten Rittergut Oedingberge. Diese Wallfahrt muss eine Erinnerung aus alten Missionstagen sein, wo kirchenchristliches Engagement besonders vor den altheidnischen Weiheorten Flagge zeigen wollte. Dieses Oedingberge wird als „Burg des Oding“ der altheilige Sitz eines priesterlichen Vorstandes und Lehrkörpers gewesen sein. Etwa 75 km westlich liegt die kleine westfälische Burgsiedlung Oeding im Kirchspiel Südlohn, wo ausgerechnet der „Heilige“ Otger (ahd. „Besitzer des Speeres“) der älteste christl. Glaubensbote im 6./7. Jh. am Niederrhein gewesen sein soll. Wenig nördl. davon liegt Ottenstein. Des weiteren findet sich ein Oedingen / Odingen (bei Eslohe) im oberen Sauerland, das noch zur sächsischen Herrschaft Engern gehörte. Vom Oedinger Berg, mit seiner alten Wall- und Fliehburg, die im Jahre 1.000 als Grundlage für die Errichtung eines Nonnenklosters diente, spricht eine Urkunde von 1533: „tho Odingen uff deine Berge...“.
Der frühe Angehörige eines schwäbischen Grafenhauses im „Nördlinger Ries“, ein Herr von Oettingen an der Wörnitz ist urkundlich als Ludwig I. von Oettingen bereits im Jahre 1141 nachweisbar. Am 04. 06. 1147 wurde „Ludovicus quidam de Otingen“ bzw. „Ludovicus comes de Otingen“, also acht Wochen nach dem Tod des Staufer-Herzog Friedrich II. von Schwaben am 4. oder 6. April, dem Inhaber der Ries-Grafschaft, zum Grafen erhoben. Wäre der v. Oettingen nicht mit dem Staufer verwandt gewesen, hätte ihm König Konrad III. deren Stammgut niemals anvertraut. So aber bekam er die alte staufische Gaugrafschaft im Ries als Lehen übertragen. Sein Bruder war „Chuno comes de Othingen“. Die Herren von Oettingen leiten ihre Abkunft zurück auf die 987 und 1007 urkundlich nachweisbaren Grafen „Fridericus comes“ und dessen Vater, den Riesgauer Graf Sieghard V. „Sigehardus comes in pago Riezzin“, aus dem Geschlecht der Sieghardinger. Diese gelten als Vorfahren der Staufer. Es ist übrigens die Aussage König Konrads IV. von 1251 über die Vetternschaft belegt, Graf Ludwig IV. von Oettingen sei sein „dilectus familiaris et fidelis“. Ca. 40 km südwestlich von Öttingen liegt die Stadt Heidenheim an der Brenz und ca. 12. km nordöstlich liegt das Dorf „Heidenheim am Hahnenkamm“, wo 752 ein Kloster von dem angelsächs. Geschwisterpaar Wunibald und Walburga gegründet wurde. Walburga ist nach ihrem Tod als Heilige mit Wirkungen im deutschen Raum gepriesen worden -; da ihre Verehrung vom neuen christlichen System erlaubt und gefördert wurde, hat ihr deutsches Volk Züge der germ. Muttergöttin angehängt. -- 1147 heiratete Burggraf Heinrich III. von Regensburg die Tochter des „Ludwig von Öttingen“, der - wie erwähnt - als „comes“ aktenkundig ist. In diese Zeit fällt die Provokation des Papstes, der den deutschen König und Kaiser als Lehnsmann der Kirche niederzudrücken versuchte. Im Juni des Jahres 1158 begann Kaiser Friedrich I., Barbarossa, in aufgeheizter politischer Stimmung der Deutschen, seinen zweiten Italienzug von Augsburg aus. Mit dem Ausbruch des Papstschismas i.J. 1159 begann das Unheil der Kirchenspaltung, seither ging ein parteilicher Riss durch das Reich, der Streit zwischen Papstbefürwortern und Papstgegnern erschwerte das Zusammenleben und schwelte weiter bis zur Reformation Martin Luthers und der „Los-von-Rom-Bewegung“. Die Regensburger Adelskreise gehörten zeitweise zu den Papstanhängern, die sich gegen die reichstreue Politik Barbarossas sperrig zeigten und von ihm streng gezüchtigt werden mussten. In diesen Jahren brannten die Kirchen von Regensburg nieder. Am Palmsonntag, dem 5. April 1159 fiel der alte Kirchenbau auf dem Freisinger Domberg und Teile der Stadt einem verheerenden Brand zum Opfer. Im gleichen Jahr brannte der Dom zu Speyer und stürzte ein, wobei die Trümmer des Querhausgewölbes viele Menschen unter sich begrub. Auch die Bauarbeiten am Langhaus des Mainzer Domes wurden durch etliche Brände und einen Aufstand im gleichen Jahr erschwert. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich dabei um Proteste klerusfeindlicher Kreise gehandelt haben könnte.
Das Wappen von 1339 des allamannischen Grafenhauses des „Ludwig von Oetingen“ zeigt ein um das Malkreuz-Vermehrungskreuz - der Gibor-Rune - herum gelegtes Hexagramm (Abb. 11). Der in unserem Sinne markante Familienname, sowie die damit harmonierende heraldische Wappensprache, legen die Vermutung nahe, im Haus Öttingen ein altgermanisches Priestergeschlecht des Od-Gottes zu erkennen. Der Methode früher Herrscher, altheilige Stätten und heidnische Gnadenorte in Klosterbesitz übergehen zu lassen, konnte ich im Zuge meiner Forschungen immer wieder begegnen. Die Altgläubigen sollten der unentrinnbaren intensiven Umerziehungsbearbeitung durch Klosterfanatiker ausgesetzt sein. So nimmt es auch in diesem Falle nicht Wunder, dass das weit entfernte Kloster Fulda in Oettingen seit dem frühen 9. Jahrhundert begütert war. Im Bereich des heutigen Gruftgarten ist die Keimzelle des Ortes Oettingens anzunehmen. Hier lag wohl der Herrenhof, aus dem sich der alemannische „-ingen“-Ort entwickelte, der schon um 750 im Güterverzeichnisse des Klosters Fulda als eine Besitzung in otingen aufgeführt wird. Dessen Besitz im Ries gelangte allerdings später größtenteils als Lehen an die erwerbstüchtigen Staufer und sind dem Kloster allmählich entfremdet worden. Dieser Umstand des Fuldaer Klosterbesitzes gilt als zusätzlicher Beweis für die altheilige Bedeutung der odgottlichen Stätte Odingen-Oettingen und dem damit verbundenen und daraus hervorgegangenen Geschlecht.