19.06.2023

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Jahrtausende alt ist die deutsch-germanische Metallurgie, das Hüttenwesen, die Waffentechnik und namentlich die Schmiedekunst. Mein eigener Großvater mütterlicherseits war der Schmiedemeister Josef Steingass aus Gräfrath bei Solingen, der nach Weltkrieg I. in Frankfurt/Main eine Schmiedewerkstätte aufbaute, aus der die Jostwerke in Neu-Isenburg hervorgingen, die heute Vertriebsstandorte und Produktionsstätten in über 20 Ländern auf fünf Kontinenten besitzen.

Vor wenigen Tagen brachten Archäologen im Donau-Ries bei Nördlingen/Bayern ein noch glänzendes, wie erst kürzlich gegossenes, ca. 3.300 Jahre altes Bronzeschwert, von rund 80 Zentimetern Länge, ans Licht. Es handelt sich um ein Vollgriffschwert, dessen achteckiger Griff vollständig aus Bronze besteht. Es werden Röntgen-Aufnahmen angefertigt und Analysen durchgeführt, die zeigen, aus wie vielen Güssen die Waffe besteht. Von Seiten der Fachleute heißt es: „Die Herstellung von Achtkantschwertern ist aufwendig, da der Griff über die Klinge gegossen wird, was man Überfangguss nennt.“ Der Griff der Waffe ist mit einem eingeprägten Wellenmuster und weiteren Verzierungen geschmückt. Sie wurden erst mittels Punze eingeprägt, dann mit einem farblich kontrastierenden Material gefüllt. Während es zwei echte Nieten gibt, wird ein anderes Nietenpaar nur angedeutet. Der Schwerpunkt der vorzüglichen Hiebwaffe liegt im ausbalancierten vorderen Teil der Klinge, woraus hervorgeht, dass es sich um eine Hieb- und keine Stechwaffe handelt. Der Herstellungsaufwand ist immens.

Hieb- bzw. Gebrauchsspuren fehlen, also ist eine unbenutzte Waffe ins Grab von drei Personen gegeben worden. Die bayrischen Denkmalschützer sind überzeugt, das Prunkstück ist „made in Bavaria“. Sie schreiben: „Bereits früh ist aufgefallen, dass es zwei getrennte Verbreitungsschwerpunkte der „Achtkantschwerter“ gibt, und zwar den süddeutschen Raum, sowie Norddeutschland und Dänemark. Frühere Funde solcher Waffen legen demnach die beiden Verbreitungsschwerpunkte der bronzezeitlichen Achtkantschwerter nahe. So wurden Waffen des sogenannten „Hausmoning-Subtyps“ in Bayern gefunden, ein zweiter Subtyp war auch in Norddeutschland und Dänemark verbreitet. Er unterscheidet sich vom süddeutschen Typ in den Gusstechniken und der Verzierung. Ob es sich bei den norddeutschen Achtkantschwertern um Nachbauten süddeutscher Formen handelt oder ob ausgewanderte Schmiede ihr Wissen in den Süden brachten, ist ungewiss.

Noch müssen das Schwert und die Bestattung eingehender untersucht werden, damit die Archäologen diesen Fund exakter einordnen können. Aber schon jetzt lässt sich sagen: Der Erhaltungszustand ist derart außergewöhnlich, wie man es sich nur wünschen kann, erklärte Generalkonservator Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes. Johann Friedrich Tolksdorf vom Landesamt führte aus, dass das Schwert wohl so gut konserviert worden sei, weil es in einem Boden mit sehr feinem Sediment lag. Das Objekt ist dadurch mit nur sehr wenig Sauerstoff in Kontakt gekommen.

Das Schwert ist in einem intakten, also bisher ungestörten Grab der mittleren Bronzezeit, gefunden worden, in dem kurz nacheinander drei Personen mit reichen Bronzebeigaben bestattet worden sind. Es handelt sich um die sterblichen Überreste eines Mannes, einer Frau und eines Jugendlichen. Ob alle drei zu einer Familie gehörten, ist noch unklar. Reiche Grabbeigaben aus Bronze legen aber nahe, dass diese Toten von hohem Stand waren.

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In der Zeit als man das Bayerische Schwert herstellte und ähnliche Waffen auch in Norddeutschland sowie Skandinavien geschmiedet worden sind, gab es eine intensive frühgermanisch-nordeuropäische  Küstenschifffahrt mit Doppelstevenbooten, wie es durch die schier zahllosen Felsbilder von z.B. Bohuslän/Schweden zu erfahren ist. Auch Schwerter des gefundenen Typs fanden dort entsprechende Abbildung.

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Die Dreierkreise des Schwertgriffes von Unterkrumbach sollten offenbar der Schwerthand des Träges sieghafte Sonnenkraft vermitteln.

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Das vorchristliche Sinnzeichen des Sonnenemblems der drei zentrischen Kreise des Unterkrumbach-Schwertes findet sich auch (Foto rechts) als personifiziertes Sonnenrelief der Tübinger Jakobus-Kirche, dem eingemauerten Rest eines heidnischen Tempels (früher an der Kirchen-Außenwand angebracht, heute in deren Innerem). Ebenso (Zeichnung links) ist es ein Bilddetail beim sog. Bogumilen-Stein in Podveležje, Mostar, einer Hochebene im zentralen Teil der Herzegowina, am Fuß des Berges Velež. Die Beispiele zeigen die versinnbildlichte Sonnengottheit, mit Sonnenringen-Kopf und Spiralarmen der jährlichen Lichtzunahme u. Lichtabnahme.    

Ein anderer schöner Fund ist das urnenfelderzeitliche Bronzeschwert von Unterkrumbach bei Kirchenstten im Frankenland, das in einem kultischen Akt an einer Quelle niedergelegt worden ist. Es handelt sich also um ein Quellen-Opfer. Seine Besonderheit ist das dreiringige Sonnensymbol von Eisen als religiöse Verzierung am Schwertgriff. Man kann das Schwert weder einem Grab noch einem Hort zuweisen; für beide fehlen Beweise. Dagegen sprich alles für eine absichtliche Hinterlegung des Schwertes in der Quelle was die gefundene Steinpackung, zum Aufstauen des Wassers untermauert. Auch ein Holzkohleuntergrund war erkennbar. Vermutliche Reste eines Pferdeschädels scheinen ebenso zum Fund gehört zu haben. Gefunden wurde ein Pferdezahn. Das Schwert, ein ausgezeichneter Vertreter des „Möriger Typus“, ist 87,5 cm lang; davon fallen 12,8 cm auf den Griff. Dieser ist dreifach gegliedert. Die aufgenietete Knaufplatte ist kräftig gewölbt, das verdickte Mittelstück des Griffes ist von zwei Rippen eingefasst, die eleganten Nietschenkel haben drei Nieten, an denen deutlich Feilspuren zu erkennen sind. Die Metallkomposition des Schwertes und des Bronzestückes (Ortband) ist nach der Stichprobe verschieden; das Schwert entspricht einer Mischung mit 10% Zinn, das Bronzestück einer solchen mit 5%.

Das Bemerkenswerteste am Griff ist die Verzierung desselben. Sie besteht, wie schon erwähnt, auf den beide Seiten des Mittelstücks aus drei konzentrischen Kreisen, die um eine kräftige Niete angelegt sind, auf der Knaufplatte aus ebensolchen Kreisen, die links und rechts von einem Zickzackmuster eingefasst sind. Alle diese Muster sind mit Eisen eingelegt, das hier die Rolle eines Edelmetalls eingenommen hat, wie z. B. das Silber bei den frühgeschichtlichen tauschierten Gürtelschnallen. Das Eisen muss damals noch selten und kostbar gewesen sein. Heute ist dasselbe natürlich unansehnlich und vom Rost verkrustet. Einst muss sich aber das Muster hell und bläulich schimmernd von der dunkleren, goldglänzenden Bronze auf dem blank polierten Griff abgehoben haben. Ebenso vorzüglich wie der Griff ist das lange Schwertblatt gearbeitet, das schwach lorbeerrähnlich geschwungen ist. In der Mitte ist es 6 mm stark, die Schneiden sind sehr scharf, links und rechts des gewölbten Mittelgrates laufen je zwei feine Rillen. Die Patina des Schwertes ist nicht grün, sie nähert sich stark der braunen Moorpatina; das Stück ist um 300 Jahre im Wasser und im versumpften Gelände gelegen. Das Ortband, also Endstück der Scheide, ist eine leicht konische, gerillte Düse, die unten mit einem Knopf geschlossen ist; es ist gerade weit genug, um die Schwertspitze aufzunehmen. Das Unterkrumbacher-Schwert diente eher eine Stich- denn als Hiebwaffe, oder war ein symbolisch-kultischer Gegenstand.