KOPF-ARBEIT

Ein Bauer ging zum Advokat,
den er um seinen Beistand bat.
Dem Advokat gehört' im Wald,
3 Klafter Holz, die hätt’ er bald
sehr gern in seinen Scheuern,
wenn’s kalt wird, um zu feuern.

Der Bauer hat mit Ochs und Wagen
das Holz geholt und hingefahren.
Zwei Tage hat er dran geschafft,
er und sein Ochs mit voller Kraft.

Der Advokat, rasch bei Gericht,
ein Viertelstündchen, mehr war’s nicht,
hat Richtern etwas vorgetragen,
die mochten nur noch „Amen“ sagen.

So schickte er nach kurzer Zeit,
die Rechnung hin und dacht’ gescheit,
der Bauer mag für sein Bemüh’n,
den Fuhrlohn einfach abzuzieh’n.

Der Bauer kratzt’ sich erst am Kinn,
setzt’ sich sodann zum Tische hin,
greift sich Papier und Federkiel -,
die Rechnung schien ihm etwas viel.

Dann rechnet er dem Advokat
was er selbst zu bekommen hat:
Das Wegegeld bei dem Gewicht,
die Angst, ob unterwegs was bricht,
den vielen Schweiß den er vergoss
und dabei keinen Schnaps genoss.
Addiert, addiert, die Summ’ ist gleich,
man ist sich quitt für beider Streich.

Dem Advokat war das nicht recht,
er fand des Bauern Rechnung schlecht,
er wollt’ sein Batzen Bargeld seh’n
und sah ihn übern Marktplatz geh’n.

Drum haut' er gleich den Bauersmann
in dieser Sache ernstlich an,
macht ihm mit vielen Worten klar,
dass Kopfarbeit stets mehr Wert war;
mit „Kopfarbeit“, mit „Kopfarbeit“,
argumentiert er lang und breit.

Der Bauer hört’ bedächtig zu
und sagt’ dann in verschmitzter Ruh’:
„Ich stimme bei, auch voll und ganz,
glaubt er, mein Ochs hätt’ mit dem Schwanz
das Holz aus diesem Wald gezogen ?
Auch ich muss Kopfarbeiten loben !"