20.09.2023

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Der mönchische Fanatiker Savonarola (1452-1498) und der blonde lombardische Maler blonder Schönheiten Sandro Botticelli (1445-1510), wie mit dem Gemälde „Geburt der Venus“.

 SEELE UND GESICHT

Nichts deutlicher von der Seele spricht
als des Menschen Hauptes Angesicht !
Kein besserer Spiegel nach außen trägt
was des Menschen Innerstes bewegt.

Die Menschen schauen Mitmenschen an
seitdem der Mensch zu denken begann.
Und sie stellten Zusammenhänge fest,
blieb zwar auch immer ein dunkler Rest.

Erfahrungen gingen ins Sprichwort ein,
gewiss auch das vom „falschen Schein“.
Es gab wohl Ausnahmen von der Regel,
doch hoch ist der Erfahrungs-Pegel.

So hört‘ auf des Volkes Weisheit hin,
von „krausem Haar und krausem Sinn“,
und „krummer Nase krummem Geist“,
welche regelrecht das Gerade preist.

Helle Augen über freundlichem Mund
machen gutartige Seelen uns kund.
Das Dunkle lässt uns im Dunklen stehn,
ihm ist nichts Erhellendes anzusehn.

Beschaut den Savonarola aus Florenz,
der Fanatismus gleicht ja der Pestilenz.
Fanatisch verfuhr er im Lebenslauf,
selbst die Kinder hetzt‘ er zu Hetze auf.

Den Maßlosen sieht man es meistens an,
argen Anarchisten, nach Satans Plan.
Und tragen sie keine gekrümmte Nas‘,
ist an ihnen krumm doch irgendwas.

Girolamo Maria Francesco Matteo Savonarola (lat. Hieronymus Savonarola, 1452-1498) war ein italienischer Dominikaner und Bußprediger aus Florenz. Er erregte Aufsehen mit seiner sich verschärfenden Fundamentalkritik an der Kirche, was gutzuheißen gewesen wäre, hätte er nicht selbst noch schärfere Strenge gepredigt und sogar die Kinder in seinem fanatischen Sinne aufgehetzt. 

„Fegefeuer der Eitelkeiten“ - Im Jahre 1495 untersagte der krummnasige Papst Alexander VI. dem krummnasigen Savonarola, weiterhin zu predigen. Für kurze Zeit hielt dieser sich auch daran, prangerte aber bald wieder die Missstände in der Kirche an. Anfang Februar 1497 ließ Savonarola große Scharen von indoktrinierten Kindern und Jugendlichen („Fanciulli“) durch Florenz ziehen, die „im Namen Christi“ alles beschlagnahmten, was der schwarze Mönch als Symbol für die Verkommenheit der Menschen bezeichnet hatte. Dazu zählten nicht nur heidnische Schriften (oder solche, die von ihm dazu gezählt wurden) oder freizügig-leibfrohe, angeblich pornographische Bilder, sondern auch Gemälde, Schmuck, Kosmetika, Spiegel, weltliche Musikinstrumente und -noten, Spielkarten, aufwendig gefertigte Möbel oder teure Kleidungsstücke. Teilweise lieferten die Besitzer diese Dinge auch selbst ab, sei es aus tatsächlicher Reue oder aus Angst vor Repressalien. Am 7. Februar 1497 und am 17. Februar 1498 wurden all diese Gegenstände auf einem riesigen Scheiterhaufen auf der Piazza della Signoria verbrannt. Sogar der begnadete Maler Sandro Botticelli sah sich genötigt, einige seiner wunderbaren Bilder selbst in die Flammen zu werfen. Nicht alle, auch nicht alle Ordensmänner und Kleriker, unterstützten diese wahnsinnige Verbrennungsaktionen. Während seiner kurzen Herrschaft avancierte er zum Prototypen eines fanatischen Diktators der Moral, dem später Reformatoren wie Johannes Calvin und im Blute watende Revolutionäre wie Maximilien Robespierre folgen sollten. Wie viele andere, die über alle Maßen hinausschossen, wurde der christl. Fanatiker Savonarola zum Tode verurteilt und verbrannt.

Alessandro di Mariano Filipepi oder Sandro di Mariano di Vanni Filipepi, gen. Botticelli (1445-1510) aus Florenz, war einer der bedeutendsten Maler und Zeichner der frühen Renaissance. Im Geist der Frührenaissance und des Humanismus malte Botticelli Andachtsbilder sowie Bilder aus dem Themenbereich der griechischen Mythologie und Allegorien mit Gegenwartsbezug. Von herausragender Bedeutung ist seine Porträtkunst. Sein Spätwerk trägt emotional expressive Züge mit Rückbezug auf die Gotik. Einige Elemente seiner Malerei wurden später von den Präraffaeliten im 19. Jahrhundert wieder aufgegriffen. Auch der Jugendstil machte in Linie und Ornament Anleihen bei ihm.

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Eine Migrantin namens Moshtari Hilal, geboren 1993 in Kabul, schrieb ein Buch über „Hässlichkeit“ (2023). Sie will aus der Not eine Tugend machen und kokettiert kleinmädchenhaft: „Ich schließe mich lieber der Seite der Hässlichen an“. Ihr gesamter Text sowie ihre mündlichen Äußerungen dazu, können als ein typisch-pubertärer Hilfeschrei gewertet werden, dass bitteschön einer kommen möge, ihr zu sagen: „Weiblein sei beruhigt, Deine Nase ist doch gar nicht zu hässlich, Du gefällst mir, trotz Deiner Nase !“ Ihr Buch ist ein Selbstbekenntnis hinsichtlich ihres Schönheitsproblems mit ihrer vorderasiatischen Nase. Um sich ihre Nase schönzureden, holt sie weit aus, indem sie darzulegen versucht, die weltweit geltenden Schönheitsbegriffe des „Goldenen Schnitts“ seinen künstlich in die Menschheit hineinmanipuliert worden. Sie bemüht dazu auch das jüdische Bemühen um Gesichtsästhetik, indem sie schreibt: „Da gab es beispielsweise Jacques Joseph, einen der Begründer der modernen plastischen Chirurgie, insbesondere der Nasenkorrektur. Er war ein Berliner Arzt und der Sohn eines Rabbiners, der nach dem Ersten Weltkrieg damit begann, seinem Klientel unter anderem die Korrektur ihrer ,jüdisch wirkenden Nasen' anzubieten.“

Und weiter: „Durch die Rassentheoretiker wurden Vorurteile übernommen, und wie vieles davon bis heute wirksam ist, ohne dass uns die Zusammenhänge bewusst sind. Zum Beispiel die Vorstellung, man könnte Menschen vermessen und dann aus ihrem Aussehen und bestimmten Winkeln und Linien, die ihr Gesicht ausmachen ihre Entwicklungsstufe in Abgrenzung zum Tier ablesen, ihren Charakter oder ihre Intelligenz. TikTok ist ein riesengroßes Archiv für Selbstdarstellung. Für mein Buch habe ich deshalb sehr viel auf der Plattform recherchiert. Dort gibt es zum Beispiel eine sogenannte Nasenprofil-Challenge, bei der die Leute ihren Daumen an der Nase anlegen, um sie zu vermessen. Es geht darum, herauszufinden, ob ihre Nase „perfekt“ ist, oder nicht, also ob sich hinter dem Daumen ein Nasenhöcker verbirgt, oder ob der Nasenrücken entlang des Fingers verläuft.

Die Theorie des Gesichtswinkels stammt von einem niederländischen Mediziner namens Petrus Camper aus dem 18. Jahrhundert. Mithilfe von Vermessungslinien hat er die Menschen damals zugeordnet. Der Gesichtswinkel griechisch-römischer Statuen liegt nach Camper bei 90 bis 100. Das gilt als Ideal. Den Gesichtswinkel von Europäern hat er bei 80 festgelegt, also als dem Ideal am nächsten. Der von Menschen aus Asien und Afrika liegt laut Camper bei um die 70 und der eines Affen bei unter 60. Menschen aus Asien und Afrika seien nach dieser Kategorisierung dem Tier also näher als dem Ideal. Wenn die Leute heute auf TikTok ihre Nasen mit dem Daumen vermessen, sind es diese Winkel und die dahinterstehende rassistische Hierarchie, der sie nachspüren. Solche Kategorisierungen finden sich auch in vielen bildhaften Darstellungen wieder. Nehmen wir die Frage, welche Gesichter Hinweise auf das Böse geben. Früher dachte man, man könne sowas am Gesicht ablesen. Bis heute findet sich das in bestimmten Disney-Charakteren wieder oder in der Art, wie Rollen besetzt werden. Die Darstellungen von Bösewichten sind überwiegend rassistische, oft antisemitische Bilder. Meist haben sie dunklere Haut und Haare und größere Nasen. Die Guten dagegen sind häufig blond, haben im Vergleich hellere Haut und immer eine kleinere Nase.“

Frau Moshtari Hilals afghanisches Migranten-Narrativ ist nur närrisch, ihre rassistischen Vorurteile mögen sich gut bei „TikTok“ auskennen, doch deutsche Nachkriegsproduktionen und Unterhaltungsserien, wie beispielsweise „Der Alte“, „Derrick“, „Schimaski“, „Tatort“, „Der Komissar“ usw., kennt sie ganz offensichtlich nicht. Denn die Unholde und Mörder sind dort ihrem Aussehen nach in aller Regel typische Deutsche, mit kurzen, geraden Nasen, hellen Augen und Haaren und niemals krummnasige oder dunkelhäutige Mitmenschen. Die zeitgemäß-falschen Unterstellungen der Frau Hilals können als absolut unwissenschaftlich zurückgewiesen werden, ihre Vorurteile sind zumindest von gleicher Art wie Leute meinen, dass erfahrungsgemäß Menschen mit einer dominanten gebogenen Nase der Ansicht sind, es müsse immer „alles ihrer Nase lang“ gehen. Schon der etruskische Teufel ist extrem krumnasig dargestellt worden, trotzdem man dem Mischvolk der Etrusker (Blütezeit: 800-350 v.0) keinerlei Kenntnis von Petrus Campers Nasenregeln nachsagen kann. 

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Die Geburt der Venus von Alessandro Botticelli, 1484-1486