Helm und Schwert aus Vendel-Funden
Bild von Wilhelm Petersen - „Der Reiter von Valsgärde“
 
Frühvendelzeitlicher Runen-Bildstein von Möjbro bei Hagby im schwed. Uppland
 
Vendel ist ein schwedisches Kirchspiel im Norden der historischen schwed. Provinz Uppland. Nach Vendel wurde die gesamte Periode zwischen 550 und 800 in der schwedischen Archäologie als Vendelzeit benannt. Valsgärde ist ein Hof am Fyrisån-Fluss in der Nähe von Alt-Uppsala. Ein benachbarter Hügel ist berühmt für seine Vendelzeitlichen Bootsgräber. In der Nähe der Vendels Kyrka (Kirche) entdeckte man 15 Bootsgräber aus dem Frühmittelalter. Das erste dieser Vendel-Gräber wurde im Jahr 1881 entdeckt und war nach dem Fund von Ulltuna das zweite Bootsgrab der Vendelzeit, das bekannt wurde. Die meisten Gräber sind höchstwahrscheinlich während des Baues der Christenkirche ca. im Jahre 1300 geschändet und geplündert worden. Insgesamt hat man bisher 12 Bootsgräber und zwei Holzkistengräber ergraben, die offenbar zeitlich aufeinander folgten und die Zeit von 600 bis 1000 n.0 überspannen. Die Holzkistengräber und sechs der Bootsgräber sind wikingerzeitlich, während die übrigen Bootsgräber vendelzeitlich sind. Die reichsten Gräber gehören der Vendelzeit an. Beispielsweise das Boots-Grab XII beinhaltete einen Toten im Boot, der ein zweischneidiges Schwert, Helm, Speer und Bogen besaß. Darüber hinaus Glasbecher, Spielsteine, auch ein im Boot geopfertes Pferd und Hunde. Während der Vendelzeit gelangten beträchtliche Reichtümer aus Bergbau und Pelzhandel in die Region Alt-Uppsala. Einen solchen Reiter, wie aus dem beschriebenen Grab, setzt der frühvendelzeitliche Möjbro-Stenen ins Bild (siehe die beiden Abb.). Er stand bei Hagby im schwed. Dieser Runenbildstein befindet sich jetzt im „Staatl. histor. Mus. Stockholm“. Ein knapper Text ist auf dem Gedenkstein eingeritzt. Zuoberst steht auf dem flachen, etwa 2,45 m hohen Block die waagerecht verlaufende Inschrift. Unterhalb befindet sich die Darstellung, die zu den besten ihrer Art auf einem schwedischen Denkmal gehört. Sie gibt einen Reiter mit erhobenem, Rundschild am linken Arm und einer hochgehaltenen Waffe in der rechten Hand wieder. Unter dem Pferd sind zwei Hunde zu erkennen. Die Inschrift: Der Name FRAWARADAZ entspricht dem althochdeutschen Männernamen Frorat und bedeutet soviel wie „hurtiger/schneller Reiter“, - aus ahd. frao, fro = froh, und altnord. frar, frawaR = hurtig. In nächster Zeile stehen die Runen: ANAHAHAISLAGINAZ, die in einzelne uraltnord. Wörter zu unterteilen sind. ANA = auf; HAHA(Z) (germ. hanha) = Renner / Hengst / flinkes Pferd; SLAGINAZ = erschlagen. Die letzte Z-Rune wurde offensichtlich aus Platzmangel oben links über die zweite Zeile gestellt. Diese Rune scheint eines der wichtigsten Heilszeichen des hyperboräischen Nordens gewesen zu sein; schon auf dem trichterbecherzeitlichen Krug von Halle (5. Jt. v.0) und in den bronzezeitlichen Felsbildern Schwedens (1.500 v.0) ist sie als Sommerchiffre zu finden. Mit ihren drei hochgereckten Ärmchen versinnbildlicht sie recht augenfällig das wiedererweckte, aufstrebende Leben. So wird es dem Runenritzer des Möjbro-Steines gut ins Konzept gepasst haben, dass er diese Schreibrune gleichzeitig als Sinnzeichen hoch auf den linken Gedenksteinplatz stellen musste/durfte.
 
Nicht weit entfernt von den Bootsgräbern liegt der Ottarshügel, der ein Grab enthält, das in die späte Eisenzeit 375–550 n.0 zu datieren ist. Der Volksglaube hält den Ottarshögen für das Grab des auch im Beowulf-Lied genannten mythischen Königs Ottar/Othere Vendelskraka, eines Königs aus dem Yinglingergeschlecht. Die reiche schmückende Tierornamentik an den gefundenen Waffen gehört dem Vendelstil an.
 
 
Bauten und Schiffe der Vendelzeit -
Bilder des genialen Director of Photography,
Redakteur und Produzenten Daniel Westergren
 
 Eigenes Foto - Insel Gotland, Visby, Gotlands-Fornsal,
Vendelzeitliche End- oder Kronensteine der Hügelgräber,
sog. „Gravkote“, mit Sonnenkreuz und -ringmotiven
 
Vendelzeitlicher Gravklot von Uppsala
nahe „kvarteret Sandbacken“,
mit Pferdchen, Knoten, Seelen-Doppelschlinge usw.
 
 
Abb. a - Vendelzeitliche kupferversilberte Seelenvogel-Brosche,
als Odil-Runen-Ideogramm gearbeitet, spätes 5. Jh.
(Accession Number: 1991.308) -
Abb. b - Der frühwendelzeitlicher Fünen-Brakteat mit Odil-Seelenvogel
 
Rune o - odal / odil - (hem-od = Heimat) Sippenerde, Stammgut /
Sippenseele / Gemüt / Geist (das Höchste / Spitze)
 
Gotland - Visby-Labyrinth, unterhalb Galenberg, G. Hess, 08.07.1987
 
Die Vendel-Zeit umfasst die mittlere Periode der späten Eisenzeit in Schweden. Der Zeitraum erstreckt sich zwischen der Völkerwanderungszeit und der Wikingerzeit, um das Jahr 550 bis 800, archäologisch nachgewiesen durch erforschte Grabstätten und Boot-Gräber bei Vendel und Valsgärde, nördlich von Uppsala. Beispielsweise das Boots-Grab XII beinhaltete einen Toten im Boot, der ein zweischneidiges Schwert, Helm, Speer und Bogen besaß. Darüber hinaus Glasbecher, Spielsteine, auch ein im Boot geopfertes Pferd und Hunde. Während der Vendelzeit gelangten beträchtliche Reichtümer aus Bergbau und Pelzhandel in die Region Alt-Uppsala. Ein Nachweis für die internationalen Kontakte zum Westen ist das prächtige Boots-Grab Sutton Hoo an Englands Ostküste. Es zeigt große Ähnlichkeiten mit den Boots Gräbern in der Mälardalen-Region. Gleichzeitig gründeten die Ynglingen-Könige der Vendel-Zeit eine Reihe von Handelsposten in den baltischen Ländern z.B. in Kurland, dem heute lettischen Liepaja (Liebau) und Grobina (Grobin). Als Schrift wurde die kürzere Futhark-Reihe und nicht mehr die 24-Ur-Runen-Reihe genutzt. Wie anhand der Funde zu erkennen ist, herrschte der Asa-Glauben, der sich als eine Sonnen- und Seelen-Religion ausweist. Der solare Gott Ingvi-Freyr, die Disen mit der Fruchtbarkeits-Göttin Freya und der Geist-Seelen-Gott Odin galten als die zentralen numinosen Mächte. Die vielen sonnenreligiösen Wendellauf-Kultplätze, wie das Labyrinth von Visby (siehe Abb.), die heiligen Quellen, wie die bei der gotländischen Bro-Kirche (siehe Abb.), die selbst über einer altheiligen Quelle erbaut wurde, sprechen noch heute von heidnischer Frömmigkeit. Als Trojaburgen (schwed. Trojeborg,  finnisch: Jatulintarha, Jungfrudans - Jungfrauentanz), von Dreh-Burg), werden begehbare wendelartige Wegesysteme aus faust- bis kopfgroßen Steinen bezeichnet. Die Durchmesser der Anlagen betragen zwischen fünf und 25 m. Man findet sie häufig in Küstennähe und auf Inseln (z.B. Gotland), seltener im Binnenland. Die meisten Trojaburgen gibt es in Skandinavien (etwa 300 in Schweden, um 200 in Finnland, 60 im europ. Russland, 20 in Norwegen, mehrere in Deutschland und in mittelalterlichen Kirchenmalereien Dänemarks). Der sich schlängelnde jährliche Sonnenweg wurde hier zu rituellen Anlässen von den altgläubigen Gemeinden nachgegangen. Möglicherweise geschah dies im Zusammenhang mit den Sommersonnenwend-Spielen, wenn die Sonne - aus menschlichem Betrachtungswinkel - ihre Umkehr und ihren Abstieg nach Süden erfährt.
 
Gotland - In einem Hain die heilige Quelle („Offerkälla“),
ein paar hundert Meter östlich der mittelalterl. Wallfahrts-Bro-Kerka,
zwölf Kilometer nordöstlich von Visby - G. Hess, 08.07.1987
Uppland - Vendel-Denkmal, nördlich Uppsala,
G. Hess - 13.07.1987