WANDERER-LUST
 
Wer Kraft durch Freude tanken will,
der braucht ein Herz von frohem Mut,
der hockt nicht in der Stube still,
der ist dem Wald und Wandern gut.
 
Er nimmt die Rindersohlen her,
greift sich die Klampfe von der Wand,
sein Vesperränzel ist nicht schwer,
noch leichter ist der Liebsten Hand.
 
Es ruft das Feld, der Milan streicht,
am hohem Himmel Blau und Weiß,
des Wanderers Seele wird so leicht,
sie ahnt den Sinn von Fleiß und Preis.
 
Dann tritt der Wanderer in den Dom,
der deutschen Gottheit Tempelbau,
zum Herzen drängt ein Jubelstrom,
aus frommer Andacht reiner Schau.
 
Das ist der Rausch im Buchenwald,
der jeglich’ Schauen aufwärts zieht,
der an der Säulen Urgestalt,
zur hohen Himmelsheimat flieht.
 
Und nur der deutsche Mensch allein,
ist seinem Gott im Waldlicht nah’,
so wandert hin zum heiligen Hain,
tankt Kraft wie’s alle Zeit geschah !
 
Plakat von Otto Geiger, 1935