Idstein mit Schloss und Hexenturm, Stahlstich, 1835
 
PFARRFRAU VON HEFTRICH
 
Johannes Wicht, von Heftrichs Pfarre,
war ein christlich frommer Narre.
Ganz dem Hexen-Wahn ergeben,
zerstörte er manch’ Frauenleben.
 
Er hetzt' hinab vom Kanzel-Stuhl,
gegen des „Satans Sündenpfuhl“.
In allen seinen Predigt-Reden,
tät er die „Hexen“ scharf befehden.
 
Sein Bibel-Glauben gab’s ihm ein:
Verbrenn’ der Hexen bös’ Gebein,
willst du im rechten Sinne streben,
lass’ keine Unholdin am Leben !“
 
Auch Graf Johann von Nassaue,
der schon betagte altersgraue,
war nicht so sehr ein Ungeheuer,
doch angstvoll vor dem „Fegefeuer“.
 
Er dachte fromm und recht zu tun,
sich nicht im Alter auszuruh’n.
Lieber ließ er „Hexen“ brennen
und von Rümpfen Köpfe trennen.
 
Pfarrer Wicht war dienstbeflissen,
zu guten Werken hingerissen,
wollt sich keiner Pflicht versagen,
auch darum tät er „Hexen“ jagen.
 
Erst der Moment, als es geschah,
dass seine eigene Hausfrau gar,
des Hexen-Rittes ward bezichtigt,
hat jenes Pfaffen Wahn berichtigt.
 
Er lief barfüßig nachts im Sturm,
zu Idsteins düsterem Hexenturm
und klagte laut der Frau sein Leid,
bat weinend, dass sie ihm verzeiht.
 
Ihn traf der Schlag, er ward gelähmt,
hat sich noch eine Zeit gegrämt.
Sein Weib, Cäcilie, nach der Qual,
erlöste bald des Henkers Stahl.
 
Der Feuertod ward ihr genannt,
zu eines bösen Glaubens Schand’ !
Doch war ihr Leiden „nur“ gering,
da leicht ihr Kopf vom Halse ging.
 
„Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen.“
(2. Mos/Ex. 22,17 -katholische Einheitsübersetzung)
 
DIE PFARRFRAU VON HEFTRICH
 
KURZFORM: Die „Hexenbulle“ (Bulle = Weisung / Diktat / Gesetz) von Papst Innozenz VIII. des Jahres 1482 setzte den Startschuss der intensiven Hexen- und Ketzer-Verfolgungen, an denen sich im exponierten Maße der Dominikaner-Orden - als die Wölfe des Papstes - schuldig machten. 1630 begannen Hexenverfolgungen auf dem Gebiet des Grafen Johann von Nassau-Idstein (1603-1677). Die Pfarrer predigten gegen das „Hexenunwesen“. Auch 1676/1677 wurden Hexenverfolgungen in Idstein durchgeführt. Zwischen dem 3. Februar 1676 und dem 31. März 1677 wurden in Idstein 39 Personen wegen Hexerei hingerichtet, 31 Frauen und 8 Männer. Pfarrer Wicht, aus dem Dorfe Heftrich, predigte auch gegen die Hexen und forderte die Gläubigen auf, Hexen namhaft zu machen. Erst als seine eigene Frau als Hexe weggeschleppt wurde und er mit seinen 8 Kindern ohne Mutter stand, sah er seinen Hexenwahn ein und pilgerte in einer Nacht nach Idstein, um am Hexenturm seine Frau um Vergebung zu bitten. Es heißt zwar beim Autor O.W. Schupp, er hätte mit ihr vom Turmfenster aus noch einmal letzte Zwiesprache halten können, doch sie wird ihn, im Blute ihres gefolterten Leibes liegend, nicht gehört haben. Am 22. März 1676 wurde seine Frau, laut Gerichtsurteil zum Feuertode verurteilt, „gnädiglich nur“ geköpft.
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Die Pfarrfrau von Heftrich Cäcilie Zeitlose Wicht, geboren als Cäcilie Rhod zu Dachsenhausen 1626 - enthauptet mit dem Beil am 22. März 1676 in Idstein. -- Einer der tragischen Hexenprozesse fand 1676 in Idstein statt, da eine Pfarrfrau aus Heftrich als „Hexe“ angeklagt wurde. Die Wunden des 30-jährigen Krieges (1618-1648) waren kaum erst einigermaßen verheilt, da wurden auch etliche hessische Familien in den Strudel von Aberglauben, Hexenwahn und Teufelsspuk hineingezogen. Johann von Nassau-Idstein (1603-1677) war eigentlich kein roher oder fanatischer protestantischer Landesvater, aber er war fromm und fürchtete um sein persönliches Seeelenheil, so hielt er seine Pfarrer an, gegen das Hexenwesen zu predigen. Er reichte dem christenkirchlichen Verbrechen der Hexenausrottung willig die Hände und ließ sich instrumentalisieren. Jeder Auffällige konnte unter den Verdacht und die Anschwärzung der Hexerei geraten, ob besonders groß oder klein oder ob besonders schön oder hässlich oder ob besonders klug oder einfältig oder ob besonders reich oder arm oder ob alt oder jung oder ob krank oder gesund oder ob verheiratet oder verwitwet oder ob fromm oder ungläubig. Ein schlechter Ruf, eine unbeholfene Geste oder Gebärde oder ein unbedachtes Wort und das Unheil der Verfolgung nahm seinen Lauf. Ein Opfer böser Verleumdungen wird die Pfarr-Familie Wicht aus Heftrich samt ihrer acht Kinder, durch das vom Pfarrer selbst heraufbeschworene Verhängnis. Er predigte fanatisch gegen die „Hexen“, die er meinte, in seiner Pfarrei mit Stumpf und Stil ausrotten zu müssen. Schließlich wurde seine eigene, treue, gute Frau angeschwärzt und hatte sich zu verantworten. Pfarrfrau Cäcilie Zeitlose Wicht, geboren 1626 in Dachsenhausen als Cäcilie Rhod, wurde in Idstein nach schweren Folterungen und erpressten Geständnissen ihrer „Schuld“ zunächst durch den Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt (die Verbrennung erfolgte zumeist - festgebunden an einem Holzpfahl oder an einer Holzleiter - in's Feuer geworfen), wenig später wurde sie aber als „Begnadigung“ mit dem Beil hingerichtet, ihr also gnädiglich „nur“ der Kopf abgeschlagen. Ihr angesehener Sohn, der in Landesdiensten stand, hatte sich sehr energisch und ausdauernd für seine Mutter eingesetzt.
 
Zum Verlauf des Hergangs und des „Hexenprozesses“:
 
Aus den Prozessakten geht hervor, dass insgesamt 39 Personen, unter ihnen acht Männer, als Zauberer und Hexenmeister verurteilt wurden. Die beiden ersten Opfer dieses Prozesses waren Katharina Häuser aus Idstein und Eva Heinemann, die als „Rothköpfin“ benannt wurde aus Niederseelbach, sie wurden am 03. Februar 1676 hingerichtet. Eine gefangene Frau erstach sich im Gefängnis mit einem Brotmesser, nachdem sie in grausamer Weise gefoltert worden war. Ohne Mitleid wurde ihr Leichnam öffentlich durch die Straßen zum Richtplatz geschleift und dort verbrannt. Pfarrer Heymann aus Burgschwalbach zeigte drei Frauen aus seiner Gemeinde an. Diese und ein Mann aus Burgschwalbach wurden hingerichtet. Sieben Opfer wurden aus Wehen und Neuhof geholt. Nur eine, die die Kraft hatte, allen Folterungen zu widerstehen, entkam der Hinrichtung. Aus Wiesbaden wurden zwei Mädchen (neun und elf Jahre), ihre Mutter und Großmutter geholt, aber aufgrund der vom Graf Johannes gesetzten Altersgrenze wurde „nur“ die Großmutter als Hexe hingerichtet. Durch die Angaben gefolterter Frauen weiteten sich die Untersuchungen nach Heftrich aus. Dort waren Anna Magaretha Fey, die alte Schultheißin Maria Wex und die Witwe des J. Andrae Magarethe die ersten Opfer dieser Verfolgungswelle. Als die alte Schultheißin Maria Wex von der Verdächtigung ihrer Person als Hexe erfuhr, erklärte sie, wenn sie brennen müsse, dann werde auch der Pfarrer Wicht büßen müssen. Sie wolle alles dafür tun, dass dann auch die Pfarrfrau Cäcilie Zeitlose Wicht den Scheiterhaufen besteigen müsse. Die drei verdächtigten Frauen wurden von dem Landbereiter Hosius verhaftet und nach Idstein gebracht. Die als „Hexen“ beschuldigten, sind in den Verliesen des Torbogengebäudes gefangen gehalten worden. In Idstein trägt der Schlossturm zu Unrecht den Namen „Hexenturm“, da er nur in Ausnahmefällen als Gefängnis diente. Die Prozessprotokolle ergeben, dass die Verhöre und Folterungen hauptsächlich im Kanzleigebäude vorgenommen wurden. Bei den Verhören der Frauen gestanden diese dann unter Folter zumeist alles wessen man sie beschuldigte. Ein „Geständnis“ lautet, dass sie in einem Wagen von vier schwarzen Katzen gezogen, zur Alteburg gefahren seien und von ungetauften Kindern Hexensalben gemacht und Weiden vergiftet hätten. Sie sagten aus, dass auch die verwitwete Schullehrerin Anna Magdalena Schneider aus Heftrich und deren Schwester, die Frau des Pfarrers Wicht, dabei gewesen waren.
 
Am 18. Februar 1676 wurde dann auch die Frau des Pfarrers verhaftet und nach Idstein gebracht. Auch Anna Magdalena Schneider wurde festgenommen. Noch am selben Tag wurde das erste Verhör durchgeführt. Zu ihrer Person gab sie an, dass sie Cäcilie-Zeitlose heiße, Tochter des verstorbenen Pfarrers Johann Wendelin Rhod zu Dachsenhauen sei, 50 Jahre zähle und sich vor 27 Jahren an den Pfarrer zu Heftrich verheiratet habe. Die Anschuldigungen gegen ihre Person wies sie entschieden zurück. Ein weiteres Verhör wurde am 26. Februar 1676 abgehalten. Am 13. März 1676 wurde sie, als sie erklärte, nichts zu gestehen zu haben, wieder in die Folterkammer gebracht. Unter den entsetzlichen Qualen der Folter brach auch ihr Widerstand und sie gestand alles, was man hören wollte. Als somit überführte „Hexe“ wurde die Ehefrau des Pfarrers Johannes Wicht aus Heftrich zum Tode durch das Feuer verurteilt. Die zur gleichen Zeit verurteilten beiden anderen Frauen starben auf dem Scheiterhaufen, während durch Druck der Öffentlichkeit die Strafe für die Pfarrfrau abgemildert wurde. Als achtzehntes Opfer starb Cäcilie Zeitlose Wicht am 22.03.1676 durch das Beil des Henkers Hans Leonard Busch aus Neuhof. Der qualvolle Feuertod blieb ihr somit erspart. Heuchlerische „Geistliche“ standen ihr in ihrer letzten Stunde betend bei. Auf dem Friedhof Wolfsbach wurde die Pfarrfrau vergraben. Nach einem späteren Gnadenakt wurde erlaubt, die Leiche wieder auszugraben und auf dem Heftricher Kirchhof beizusetzen.
 
Seine Trauer durfte der feige Pfarrer Johannes Wicht nicht zeigen, um nicht Gefahr zu laufen, auch beschuldigt zu werden und nach Idstein gebracht zu werden. Er überbrachte eigenhändig das Entgelt für die entstandenen Gerichtskosten seiner Frau. Die letzten Opfer dieses Prozesses verloren ihr Leben am 16. Dezember 1676. Pfarrer Johannes Wicht in Heftrich Pfarrer seit 1647, übte sein Amt seit dem Tode seiner Frau nicht mehr aus. Er erlitt einen Schlaganfall und starb am 10.01.1687 im Alter von 69 Jahren. Sein Sohn Johannes Andreas Wicht war an seiner Stelle als Pfarrer von Heftrich seit 1676 bis zu dem Tode seines Vaters 1687 tätig.
 
Mit dem Todes 1677 des protestantischen Grafen Johann von Nassau, Saarbrücken und Saarwerden, Herr zu Lahr, Wiesbaden und Idstein, endeten die „Hexenprozesse“ im Idsteiner Gebiet. Er berief sich auf den Befehl Gottes, keinen Zauberer am Leben zu lassen, widrigenfalls er es im Fegefeuer zu büßen habe. Auch an dieser Aussage erkennt man überdeutlich, wer hinter diesen Massenmorden stand und sie letztlich zu verantworten hat, die Christenkirche mit ihren Wahnvorstellungen von Fegefeuer und Höllenstrafen.
 
Cäcilie Zeitlose Wicht ist nicht eine der letzten „Hexen“, die in Deutschland sterben mussten, vielmehr eines der letzten völlig unschuldigen Opfer einer perversen religiösen Idee ! Der Hintergrund dieser entsetzlichen Tragödie wird transparenter, wenn einem bekannt ist, dass in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts etwa 300.000 Frauen in Europa als „Hexen“ vor Gericht gezerrt wurden und später auf dem Scheiterhaufen endeten. In Deutschland wird ihre Zahl heute auf mindestens 45.000 geschätzt (die nach unten geschönte offiziöse Angabe), in etwa 500 Orten gab es diese Verfolgungen. Die Anschuldigungen richteten sich meist gegen Frauen, es waren aber auch Männer betroffen. Die Verfolgung konnte in der Hauptzeit der Hexenprozesse jeden treffen, Adelige, Bauern, selbst vor Kindern und älteren Bürgern wurde nicht halt gemacht.
 
Nach Informationen durch Andreas Schmitt und dem Büchlein des Volksschriftstellers Ottokar Wilhelm Schupp (1834-1911). Letzterer war von 1868 bis 1872 als Pfarrer in Walsdorf tätig. Hier befasste er sich mit dem Hexenwesen und schrieb den Historischen Roman „Die Pfarrfrau von Heftrich“.