29.05.2023

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Taifali-Gothenkrieger mit Ing-Rune auf dem Schild

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Beispiele von soldatischen Schildzeichen aus spätröm. Staatshandbüchern

Die „Notitia dignitatum“ ist ein spätrömisches Staatshandbuch, das in seiner heutigen Textgestalt vermutlich zwischen 425-433 entstanden sein dürfte. Es wird von Seiten der Fachleute angenommen, dass die Aufzeichnungen im Kern auf das Jahr 395 bzw. auf noch ältere Quellen zurückgehen. Der Text gewährt einen Überblick über die verwaltungsmäßigen Gliederungen des spätantiken Römerreiches, die militärischen und zivilen Dienststellen sowie die Verteilung der Heereseinheiten in seinen beiden Reichshälften von West und Ost. Überliefert sind die Aufzeichnungen durch mittelalterliche Handschriften. Unter anderem sind in den „Notitia dignitatum“ die Schild-Zeichen der diversen römischen Heeresverbände abgebildet, wie auch der Auxiliartruppen (lateinisch auxilium „Hilfe“), also der Hilfstruppen aus den verbündeten Völkern, die oft aus den Grenzprovinzen rekrutiert wurden. Verlockend war für diese Soldaten, dass ihnen bei ehrenhafter Entlassung, nach dem Ende ihrer Dienstzeit, zumeist das - mit vielen Vorteilen verbundene - römische Bürgerrecht angeboten wurde. - (ich schreibe in diesem Artikel „gothisch“, nach alter deutscher Schreibweise, mit „th“.) 

Die Sprache der Schildzeichen

Mir fielen die Runen-Schilde der Teruingi auf = Odal-Rune und die Schilde der Taifali = Ing-Rune. Man vergleiche dazu meine Aufsätze (über die Suchfunktion): „Sonnenheil-Rune in christlicher Zeit“ und „Die Odal-Rune der Teruingi“. Mit der Odal-Schlingen-Rune beginnt das 24er Ur-Runensystem des ODING, während an dritter Stelle die Ing-Rune platziert ist. Die Odal-Rune vertritt die Vorstellung von geistig-seelischen Urraum aus dem alles - auch die Gottheit - geworden ist. Die Ing-Rune verkörpert die junge Januar-Sonne altn. Ingvi-Freyr bzw. ahd. Ingo-Frō (Sonnen- und Fruchtbarkeits-Herr).

Die „Equites Taifali“, also berittene gothische Taifalen-Krieger, im Verband der röm. Armee, werden in den Quellen zum ersten Mal in der Mitte des 3. Jh. n.0 erwähnt. Sie kämpften im 4. Jh. in mehreren Konflikten entweder gegen oder für Rom. Sich ergebende Gruppen sind - mehr oder minder freiwillig - in fernere Reichsgebiete verbracht worden. Zusätzlich zu den verschiedenen Taifali-Einheiten die in den röm. Verzeichnissen der „Notitia“ angegeben werden, existierte auch eine „Präfektus Taifalorum gentilium Pictavis“ in Galia. Es existierte eine Präfektur, also röm. Statthalterei, für ein Gebiet in Gallien wo die gothischen Taifalen angesiedelt worden waren. Ihr Stammesname lebt in der Gemeinde „Tiffauges“, weit im französischen Westen, in der Region „Pays de la Loire“ weiter. Taifali sind sogar bis England deportiert worden. Dafür spricht ein ostmittelenglisches Dorf namens Tealby, früher Teflesbi, in der Grafschaft Lincolnshire. Ein gleiches besagt, dass dem „Dux Britanniarum“, d.h. dem hohen spätröm. Offizier bzw. Herzog oder Heerführer, eine Taifalen-Truppe in Britannien unterstand. Das Amt war entweder durch Kaiser Diokletian (236-312) oder Kaiser Konstantin I. (um 270-337) eingerichtet worden.

Das Schildzeichen der Taifalen zeigt - abgesehen von irgendwelchen Einfärbungen - ein sich krümmendes Drachen- oder Schlangenmotiv, mit einer Kugel bzw. Perle vor dem Schlangenmaul. Die Köpfe solcher „Dracones“ erinnern aber oft an einen Wolf, höchstwahrscheinlich weil die Abzeichner der Abzeichner sich im Laufe der Jahrhunderte unter dem geöffneten Rachen nichts anderes als einen Wolfskopf vorzustellen vermochten. Die geheimnisvoll anmutende Kugel/Perle entschlüsselt sich durch Betrachtung entsprechender Vergleichsfunde und der alternativ auftretenden Ing-Rune als Symbol für die Sonne. Und deren Bedeutung ist ebenso ergründbar: Die sieghafte Sonnenkraft der Taifalen-Krieger wird dem Unheilsdrachen entgegengesetzt. Andere Schildzeichen gebrauchen das Sinnzeichen Abnehmender-Sichelmond, dem gegnerischen Drachen, Minderung und Untergang zu wünschen.

Das Schicksal der Terwingen-/Taifalen-Gothen

Die ostgermanischen Taifalen erscheinen gemeinsam mit dem Westgotenstamm der Tervingi oder Teruingi in der Geschichtsschreibung, als sie im Jahr 248 gemeinsam mit anderen Germanen, wie Wandalen, Bastarnen und die dakischen Karpen nach Niedermösien, dem heutigen Bulgarien zogen. Der terwingisch-taifalische Stammesverband hatte über 100 Jahre Bestand. Taifalen, Victofalen und Terwingen siedeln lange Zeit in der ehemaligen röm. Provinz Dakien (Walachei, Banat, Siebenbürgen) und in den Gauen an der unteren Donau. Die Taifalen waren ein sehr bewegliches Reitervolk und verfügten wohl nur in geringem Umfang über „feste“ Wohnsitze. Bald setzte ein Verschmelzungsprozess der sich nicht sehr unterscheidenden gothischen Stämme ein. Die terwingische Führerschicht bestand im 4. Jahrhundert aus Taifalen, Sarmaten, welche die Griechen nie von Germanen unterscheiden konnten und auf der Trajanssäule indogerm. Gesichtszüge aufweisen. Ein Anteil indogermanischer Iranier und römische Provinzialen mag sich dazugeschlagen haben. Im Jahr 291 verbündeten sich Terwingen und Taifalen gegen die nach Dakien expandierenden Hasding-Wandalen und Gepiden. Flavius Valerius Constantinus, „Konstantin der Große“ (306-337) drängte seit 328 die Taifalen und Terwingen von der Donau ab, die sich daraufhin nach Nordwesten orientierten und um 332 mit den Theiß-Sarmaten in Konflikt gerieten. Dann arrangierten sich Teile zu römischen Hilfstruppen (foederati), schlugen unter Constantius II. (337–361) in den Jahren 358/359 einen Aufstand der sarmatischen Limiganten nieder.

Im Jahr 375 begann der Hunnensturm berittener asiatisch-mongolider Massen über Osteuropa herzufallen. Unter dem immer stärker werdenden Druck der Hunnen, zerfiel im Jahr 376 auch der terwingisch-taifalische Stammesverband. Die Taifalen verließen das Gebiet und schlossen sich den greutungischen Ostgoten an. Unter dem Reiterführer Farnobius (-377) überquerten die tervingischen Gothen, weil sie sich von den Hunnen nicht beherrschen lassen wollten, die die Donaugrenze, was ihnen der röm. Kaiser Flavius Valenz (328-378) zu verwehren gedachte. Im Balkangebirge, zwischen dem Schipkapass und dem Pass am Succi, wurden die heimatlosen Reitergruppen des Farnobius noch im Jahr 377 von dem in Thrakien kommandierenden röm. Statthalter (Comes) Frigeridus, der selbst Germane war, im Marizatal geschlagen und fast vollständig aufgerieben. Dem letzten Rest gewährte Frigeridus, auf inständiges Flehen, Pardon und verpflanzte sie als Colonen in die Umgegend der norditalienischen Städte Modena, Reggio und Parma, wo noch in langobardischer Zeit der Ortsname Taivalo (heute San Giovanni in Persiceto) an sie erinnerte. Andere wurden - wie erwähnt - nach Gallien deportiert, wo der Ort Tiffauges nach ihnen benannt ist. Doch die gothische Militärmacht war nicht erschöpft, die terwingischen Gothen erzwangen am 9. August 378 die Schlacht von Adrianopel, mit ca. 20.000 Toten, in der diese Gothengruppe siegte und das römische Heer auf dem Balkan völlig aufrieb. Es war die zweite große Schlacht in der es Germanen gelang, die Römer entscheidend zu schlagen. In den folgenden zwei Jahrzehnten blieben die Terwingi eine ständige Bedrohung der Balkanprovinzen. Sie hatten von den Romkaisern genug Ränkespiele und Gemeinheiten erfahren müssen, so verheerten sie manche griechisch-byzantinischen Gebiete und zogen im Jahr 401 über die Provinz Damatia nach Italien hinein. Unter ihrem König Alarich I. (Alareiks, um 370-410) waren sie die ersten nach 800 Jahren, die die Stadt Rom einnahmen und die Römer von einigen ihrer zusammengeraubten Schätzen erleichterten. Im Jahre 408 starb der röm. Feldherr Stilicho, seine 30.000 germanischen Truppenteile liefen zu Alarich über. Ende 408 belagerte Alarich erstmalig Rom, zog aber nach Zahlung von 5.000 Pfund Gold, 30.000 Pfund Silber und 4.000 Seidengewändern wieder ab. Am 23.08.410 erfolgte die erwähnte Eroberung Roms durch Alarich. Aelia Galla Placidia, die Tochter des röm. Kaisers Theodosius I., als solche einige Jahre lang Regentin Westroms, fiel in Alarichs Hand. 410 zogen die Gothen nach Süditalien, nach Kalabrien, doch die Überfahrt nach Nordafrika scheiterte am fehlenden Schiffsraum. Als Alarich starb, wurde sein Schwager Athaulf der Nachfolger, unter dem die zweite Eroberung Roms erfolgte. Er führte seine Gothen über die Westalpen nach Gallien. Er heiratet 414 in Narbo (Narbonne) die röm. Kaisertochter Galla Placidia, wegen politischer Rücksichten gegenüber der romanischen Bevölkerung nach römischer Sitte, was vielen seiner Getreuen nicht recht gefallen haben dürfte. Ein röm. Offizier, germ. Abstammung, erschlug 415 den Athaulf, wohl auf Anstiftung des intriganten, machthungrigen Kaisers Constantius III..

Als die Westgoten in Südfrankreich das Tolosanische Reich (418-507) errichteten, wurden viele Taifalen Untertanen der westgotischen Könige. Die Völker erhielten jedoch ihre Identität und es kam nicht zu einer Annäherung wie zweihundert Jahre zuvor. Die Christianisierung zur röm. Staatskirche begann erst in der Mitte des 5. Jahrhunderts. Vorher bekannte sich die gothische Oberschicht zum „Arianismus“ und die Volksmasse zur germ. Volksreligion. Wie kam es dazu? Ein vom byzantinischen Hof zu Konstantinopel auf die Gothen angesetzter mischblütiger Priester, namens Wulfila (um 311-383), folgte dem politischen Auftrag und eigenem Antrieb, die Terwingen christlich zu missionieren. Wulfila wirkte zunächst sieben Jahre bei diesen Westgoten, unter heftigen Widerständen, dann 33 Jahre lang bei den Kleingoten auf dem Balkan, die ihn als geistliches Oberhaupt anerkannten. Wulfilas lehrte den „Arianismus“, nach dem Priester Arius aus der Cyrenaika/Libyen benannt, der sich zur Ansicht bekannt hatte, „Jesus Christus“ sei nicht wesensgleich mit Gott. Die Lehre wurde später verdammt und im Jahr 379 durch Kaiser Theodosius I. im ganzen Reich verboten. In merowingischer Zeit ist ein fränkischer „Taifalen-Gau“ (pagus theifalia) belegt. Der fränkische Bischof und Geschichtsschreiber Gregor von Tours (538-594) schrieb, dass die zum Teil noch immer heidnischen Taifalen einen ihnen zugeteilten Bischof angeblich nicht aus religiösen Gründen ermordet hätten, sondern weil er ihnen vom fränkischen König aufgezwungen worden war. Eine solche Aussage ist zu bezeifeln, aufgrund unserer Erkenntnis vom hartnäckigen Festhalten dieser germanischen Bevölkerungsgruppe an ihren runengläubigen Überzeugungen. Es ist mir eine tiefe Genugtuung, von der Erschlagung des Bischofs zu hören, denn diese fremden, frechen Missionare, diese besserwisserischen Überredungskünstler und Umerzieher, zu ihren judäochristlichen Albernheiten, hätten es allesamt nicht besser verdient, wie es die spätere Historie nahelegt. Von 418 bis 507 entstand das westgotische „Tolosanischen Reich“ (Reich von Toulouse), mit der Hauptstadt Tolosa (heute Toulouse). Zwischen Provence und Pyrenäen lag das Land das man Okzitanien nannte, in dem sich überwiegend Germanen, viele Westgoten, niedergelassen und ihre freiere Gesellschaft- und Glaubensformen eingeführt hatten. Nach dem Verlust des größten Teils der Gebiete in Südgallien, einschließlich der Hauptstadt Tolosa, infolge einer Niederlage gegen die katholisierten Franken in der Schlacht von Vouillé (507) verlagerte sich der Schwerpunkt des Westgotenreichs nach Süden auf die Iberische Halbinsel. Damit begann die zweite Phase der westgothischen Reichsbildung, die nach der neuen Hauptstadt Toledo Toledanisches Reich genannt wird, das von 418 bis 711 (bzw. 725) bestand.

Lob den „Barbaren“ !

Nach dem Abklingen der fürchterlichen Turbulenzen und Wüstungen, die mit dem etappenweisen Zusammenbruch des Römerreiches einhergingen, hauptsächlich verursacht durch die Schläge heimatlos gewordener germanischer Volksgruppen, gedieh eine vorher nie gekannte Züchtigkeit und Ordnung, unter Regie der neuen Herren im sittlich verkommenen, römischen Vielvölker-Imperium. Die gallorömischen Eliten hatten sich nun - teils murrend, teils dankbar erfreut - der „pax Gothica“ zu fügen. Die siegreich-stolzen Goten trugen gern Pelze, Rhenones genannt, ferner safrangelbe und mennigrote Gewänder. Das konnte den nun nicht mehr die erste Geige spielenden Provinz-Patriziern nicht sehr gefallen. Doch auch der in Lyon geborene Gaius Sollius Modestus Sidonius Apollinaris (431-479), Bischof in der Auvergne, fügte sich nach anfänglichem Widerstreben, der rücksichtsvollen Mildtätigkeit der Goten, die er am eigenen Leibe erleben durfte. Der hispanische Historiker u. christl. Theologe Paulus Orosius (um 385-418) sprach sich lobend über die Goten aus (vgl. Hist. adv. paganos VII 39 - Corp. script. eccl. Lat. V 545). Und Isidor von Sevilla (um 560-636) rühmte die Milde der Gotenherrschaft in Hispanien im Gegensatz zu der Härte der vorhergehenden Römerherrschaft (vgl. R. Wallach, „Das abendländische Gemeinschaftsbewusstsein im Mittelalter“, 1928, S. 9). Am ausführlichste behandelte der „Kirchenvater“ u. Schriftsteller Salvian von Marseille (um 400-45) das Thema in seinem erhaltenen Hauptwerk „De gubernatione Die“ (Von der Herrschaft Gottes), wo er im V. Buch, Kap. 4 schreibt: „Bei den Römern herrschen größere Laster als bei den Goten und Vandalen… fast alle Barbaren, wenn sie nur ein Volk unter einem König sind, lieben einander; fast alle Römer verfolgen einander.“ Und: „Deshalb wandern sie [Römer] scharenweise entweder zu den Goten oder zu den Bagauden [keltisch „Streitbare“ Freischärler] oder zu anderen Barbaren, die ja allenthalben herrschen; und es reut sie nicht, hinübergewandert zu sein. Denn lieber leben sie unter dem Schein der Gefangenschaft frei als unter dem Schein der Freiheit als Gefangene.“ Oder VII., 6: „Unter züchtigen Barbaren leben wir in Unzucht. Ja, ich sage sogar noch mehr: Die Barbaren nehmen sogar an unserer Unkeuschheit Anstoß. Einem Goten ist es bei den Goten nicht gestattet, ein Hurer zu sein; nur die Römer erlauben sich auf Grund des Vorrechtes ihres Stammes und ihres Namens, mitten unter ihnen unzüchtig zu leben.… Wir lieben die Unkeuschheit, die Goten verfluchen sie; wir fliehen die Reinheit, jene lieben sie; Buhlerei ist bei ihnen ein strafwürdiges Verbrechen, bei uns eine Zierde. Und glauben wir, daß wir vor Gott bestehen können, glauben wir, dass wir gerettet werden können, wenn jedes Verbrechen der Unkeuschheit, jede schamlose Schändlichkeit von den Römern gestattet, von den Barbaren aber bestraft wird? Da frage ich nun die, die uns für besser halten als die Barbaren; sie mögen sagen, was von diesen Dingen auch nur ganz wenige Goten tun oder was davon alle oder doch fast alle Römer unterlassen! Und da wundern wir uns, wenn Länder wie das der Aquitanier oder das unsrige von Gott den Barbaren gegeben wurden, da die Barbaren die Gebiete, welche die Römer mit ihrer Unkeuschheit besudelt haben, nun durch ihre Keuschheit wieder reinigen?“ (S. 223) VII. Kap. 7: „Aber um die Verurteilung der Unkeuschheit noch klarer herauszustellen, kommt bei diesen hinzu, dass sie [hispanischen Römer] in der Hauptsache den Vandalen, das ist den keuschesten Barbaren, ausgeliefert wurden. Auf zweifache Weise wollte bei der Einnahme Spaniens Gott zeigen, wie sehr er die Lust des Fleisches hasse und die Reinheit liebe: einmal, indem er die Vandalen ganz allein wegen ihrer Reinheit zu Herren machte, und dann, weil er die Spanier ganz allein oder doch zum größten Teil wegen ihrer Unkeuschheit unters Joch beugte.“ Buch VII., Kap. 9: „Aber die Goten machen es nicht so [übel]; die Vandalen machen es nicht so; obwohl sie von schlechteren Lehrern [heidnischen od. arianischen] unterrichtet sind, so sind sie in diesem Punkt doch besser als die Unsrigen. Ich möchte freilich annehmen, dass einige sich durch das Gesagte beleidigt fühlen. Aber man muss mehr an das denken, was wahr ist, als an das, was etwa beleidigt; und deshalb sage ich es immer wieder: nicht so machen es die Goten, nicht so die Vandalen. Wenn sie im Unglück sind, erbitten sie Hilfe von Gott, und ihr Glück nennen sie ein Geschenk der Gottheit. Dies bewies auch unser Unglück im letzten Krieg. Denn als die Goten in Furcht waren, maßten wir uns an, unsere Hoffnung auf die Hunnen zu setzen; jene setzten sie auf Gott. Als jene den Frieden verlangten, verweigerten wir ihn; als jene ihre Bischöfe sandten, schickten wir sie zurück. Jene ehrten auch in fremden Priestern Gott, wir verachteten ihn sogar in unseren eigenen. Je nach der Handlungsweise beider Teile war auch der Ausgang der Dinge. Jenen wurde trotz ihrer größten Angst die Siegespalme verliehen; über uns brach trotz unseres übermäßigen Stolzes die Niederlage herein, so dass damals an ihnen und an uns das Wort unseres Herrn sich deutlich als wahr erwies: „Wer sich erhöht, wird erniedrigt, und wer sich erniedrigt, wird erhöht.“ Jene nämlich wurden erhöht für ihre Demut, wir wurden gestürzt für unsere Überhebung. … Denn die Tatsachen zeigen, wie Gott über uns oder über die Goten oder über die Vandalen urteilt. Jene wachsen von Tag zu Tag, wir nehmen ab. Sie machen Fortschritte, wir werden gedemütigt; jene blühen, wir verwelken.

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 Detail aus dem Fresko „Die militante und triumphierende Kirche“ des florentinischen Malers Andrea di Bonaiuto (-1379) in der Spanischen Kapelle der Basilika Santa Maria Novella von Florenz: Germanische katharische Hofdamen.

Die Katharer-Albigenser-Bogumilen

Die Katharer waren alles andere als „Bibel-Christen“, sie lehnten die Lehren der katholischen Kirche als unmoralisch und die meisten Bücher der Bibel als vom Satan inspiriert ab. Sie kritisierten die Papst-Kirche heftig für die Heuchelei, Gier und Ausschweifung ihres gemeinen Pfaffentums, ihres schwelgenden Klerus und wegen des Erwerbs von Land und Reichtum durch die Kirche. Folgerichtig wurden die Katharer von der Papstkirche als „ketzerisch“ verurteilt und im Albigenischen Kreuzzug (1209-1229) massakriert, welcher die Städte und Siedlungen und allgemein die germanisch geprägte Kultur Südfrankreichs verwüstete. Von der Stadt Albi, etwas nördlich vom südfranzösischen Toulouse, bezogen die Albigenser ihren Namen. Es waren Katharer (die „Reinen“), die dem iranisch-arischen, gnostisch-dualistischen Weltbild anhingen, wie wir ihm noch im ODING'schen-Runensystem begegnen: Die Welt der Vorstellungen ist in zwei Seiten geschieden: Das Gute und das Böse. Gott (Tiu-Wodin, der 21er) schuf das Licht und ist „das Gute“. Der Teufel (der Thurse, der 22er) schuf die Finsternis und ist „das Böse“. Das katharische Werk „Liber de duobus principiis“ (das Buch der zwei Prinzipien) fundierte dieses Weltverständnis. Eine Glaubensbewegung dieser Art ist keineswegs auf den persischen Religionsgründer Mani (216-276) zurückzuführen, wie es Wikipedia glauben machen will, vielmehr schuf auch der aus urarischen Vorstellungen den sog. Manichäismus, der sich mit dem arianischen Kristismus der Westgoten vertrug. Die Katharer-Albigenser beriefen sich nie auf den Manichäismus, wenn überhaupt auf das „Neue Testament“ (in Teilen) oder auf eigene Inspiration. Es gibt den Bericht, wie sie auf das NT pinkelten. Als nämlich die päpstlichen Kreuzzugstruppen am 21.07.1209 die südfranzösische katharische Festungsstadt Béziers erreichten, urinierten die Verteidiger auf ein „Evangelium“ und schleuderten es den „Kreuzfahrern“ vor die Füße, so berichtete es ein Chronist. „Nur gelegentlich hört man von Beziehungen zwischen ihnen: eine Frau aus Italien soll die Ketzerei nach Frankreich gebracht haben, ein Italiener [Germanenstämmling] namens Gundulf nach Arras, ein Bauer aus dem Périgord nach Orléans; Genaueres erfährt man nicht“, schreibt der renommierte Historiker Herbert Grundmann in „Religiöse Bewegungen im Mittelalter. Untersuchungen über die geschichtlichen Zusammenhänge zwischen der Ketzerei, den Bettelorden und der religiösen Frauenbewegung im 12. und 13. Jh. und über die geschichtlichen Grundlagen der Deutschen Mystik“ (1935).

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Vertreibung der Katharer im Jahr 1209 aus der Stadt Carcassonne (Bild: „Grandes Chroniques de France“, 1415)

Die markant germanischen, ideell überhöhten, als ketzerisch-katharisch eingestuften Glaubensauffassungen lauteten: 1. Anerkennung des weiblichen Prinzips im Göttlichen, Gott gilt sowohl männlich als auch weiblich. Der weibliche Aspekt Gottes ist die Sophia, „Weisheit“. 2. Diese Anschauung bewirkte die Gleichstellung der Geschlechter in den Katharer-Gemeinschaften. 3. Die altgerm. Reinkarnationslehre (siehe 3. Helgilied der Edda), eine Seele würde ständig wiedergeboren werden, bis sie sich der Welt vollständig entzog und auf Wiedergeburt verzichtete. 4. Die Kosmische Dualität, welche die Existenz zweier mächtiger Instanzen im Universum erkannte, einer guten und einer bösen, die sich in einem ständigen Kriegszustand befinden (Im ODING: 21er gegen 22er). 5. Der Zweck des Lebens ist es, dem Guten zu dienen, indem man der geschwisterlichen Gemeinschaft dient und den Kreislauf der Wiedergeburt und des Todes beendet, um zu Gott (ins germ. „Glanzheim“ oder auch „Walhall“) zurückzukehren. 6. Der fleischreduzierte oder fleischlose Lebenserhalt wurde idealisiert, wie es schon die Pythagoreer empfohlen hatten. Fisch zu essen, da er scheinbar ohne Blut ist, erschien ohne Bedenken. 7. Das Zölibat für „Perfecti “ (Vollkommene), die den harten Kern der Mitglieder der katharischen Kirche bildeten. 8. Die Würde der Handarbeit; die Katharer arbeiteten alle, Priester wie Laien, viele als Weber. 9. Der Freitod, die „Endura“, wurde unter bestimmten Bedingungen, wie es schon Epikureer und Stoiker anerkannten, erlaubt.

Das gothische Okzitanien hatte sogar eine eigene Sprache, was für das Mittelalter recht ungewöhnlich war. Wegen dem gothischen Wohlstand und der germanischen Toleranz bzw. „Religionsfreiheit“ bekamen die Katharer in Okzitanien viel Zulauf, ähnlich wie im heutigen Deutschland. Das erweckte den typischen Neid der Nachbarn, die auf Raub und Mord sannen. Von 1209 bis 1229 führten der Papst und später auch der König von Frankreich insgesamt zwei Kreuzzüge gegen die Albigenser. Doch der Krieg galt nicht nur der religiösen germanischen Mehrheit, sondern einem ganzen Landstrich Okzitanien, der den Machthabern des Vatikan und den Nordfranzosen kulturell zu unabhängig erschien. Die päpstlichen Kreuzzugsmeuten erlebten tapferen Widerstand und zähe Belagerungen katharischer Burgen. In grauenvollen Exzessen wurden die großen, hellen schönen Tervingi-Germanen in unvorstellbar-grausamen Blut- und Brandbädern beraubt und niedergemetzelt -, Männer, Frauen, Kinder - entsetzliche Untaten waren an der Tagesordnung, der Papst in Rom hatte ja seinen Segen dazu gegeben.

Wie erkannt wurde, stand das Katharertum im gedanklichen Austausch mit weiteren Gruppen, ähnlicher oder gleicher Ansichten. Auch in Oberitalien, dem zweiten wichtigen Zentrum freien Denkens, verbreiteten sich ab 1155, insbesondere in der Lombardei, die Katharer-Vereinigungen, die sich in mehrere Ortskirchen spalteten, welche Verbindungen zu den Kirchen der Bogomilen im Osten unterhielten. Die bogumilische Schrift „Interrogatio Johannis“ oder „Das geheime Abendmahl“ ist ein neutestamentlicher Geheimtext, der behauptet, ein vertrauliches Gespräch des „Apostel Johannes“ mit „Jesus“ während des „Letzten Abendmales“ wiederzugeben. Die Schrift erhielt der italienische Katharerbischof Nazarius von Bogomilen aus Bulgarien. Katharer traten weniger zahlreich auch in anderen Teilen Italiens auf, man traf sie in Sizilien, im Rheinland, in Österreich, Spanien, England und den skandinavischen Ländern. Sie hatten sich aus den Kreisen der judenfeindlichen Gnosis impfen lassen, die den jüd. Stammesgötzen als Teufel sahen, wovon schon der griech. Weltweise, Apollopriester und Schriftsteller Plutarch (um 45-125) in seinem Werk „De Iside et Osiride“ geschrieben hatte. Das Johanneszitat aus dem NT, Jo. 8:44, das Jesus in den Mund gelegt wurde, lautet: „Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures Vaters Begierden wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit, denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus dem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.“ So nimmt es nicht Wunder, dass in Avignon, der provencalischen Stadt am Zusammenfluss von Rhone und Durance, deren Befestigungen 1246 wegen Begünstigung der Katharer geschleift wurden, im Jahre 1243, also noch zur Zeit der Katharer-Herrschaft, die Bestimmung bestand, dass auf dem Markt Dirnen und Juden kein Brot oder Obst anfassen durften. Ansonsten galt dieses Verbot nur noch für Aussätzige, deren Hütten vor den Stadttoren lagen und denen eine Anleitung beibrachte: „Ich lege dir ans Herz, dass du nicht irgend eine Sache, die du kaufen willst, wo es auch sei, berührest, damit man erkenne, was für eine Sache es sei.“ Unter den Schlägen der französischen Könige und der päpstlichen Inquisition mussten die verbliebenen Katharer ab 1250, nach dem Fall der Pyrenäen-Festung Montségur, in die italienische Lombardei flüchten, zu ihren Glaubensbrüdern. Sie hatten sich gemeinsam die Festung „Sirmione“ am Gardasee als letzte Zufluchtsstätte erwählt. Im Jahre 1276 wurde die Burg eingenommen und die überlebenden Katharer, insgesamt 178 „Perfecti“ (die „Vollendeten“), im Jahr 1278 in der Arena von Verona den todbringenden Flammen übergeben. Die Zusammenschlüsse der Katharer, wie die der Bogumilen, sahen sich selbst als wahre Volkskirchen, weil sie den ganzen Ämterkult der übersatten schmarotzenden Kirchenfürsten ablehnten. Ihr Ziel war die Befreiung der eigenen Seele, in der typisch nordisch-germanischen Manie einer übertriebenen Pietät hoher Geister, die bis zur irdischen Selbstaufgabe gehen kann. Sie verwarfen das rein jüdische „Alte Testament“, wie den jüdischen Schöpfergott und schrieben die Weltwerdung einer bösen Macht zu, was durchaus logischer erscheint, als von einem „Guten, allmächtigen Gott“ zu reden, denn entweder war er nicht bedingungslos „gut“, oder er war nicht mächtig genug, das „Böse“ der Welt zu verhindern. 

Über die sog. Ketzereien auf dem Balken soll ebenso berichtet werden, die denen der südfranzösischen Katharer-Albigenser höchst ähnlich waren. Sie verwarfen unter anderem die Verehrung des Kreuzes, das Sakrament der Taufe, das Abendmahl und die üblichen religiösen Bildnisse. Der vorgebliche Begründer der organisatorischen Bogomilen-Bewegung soll der bulgarische Priester Bogomil (eine slawische Lautung aus griech. Theophilos) gewesen sein, der zur Zeit des Zaren Petăr I. (927-69) gelebt haben mochte. Die geistige Basis der Bogomilen - hinsichtlich Theologie, Symbolismus und Darstellungskunst - kann er freilich nicht erfunden haben, die müssen älter und dürften nordisch-germanisch inspiriert sein, entweder durch die Gothen oder auch die Langobarden. Die letzteren waren ein Teilstamm der norddeutschen Sueben, eng mit den Semnonen verwandt, also ein elbgermanischer Stamm, der ursprünglich an der unteren Elbe siedelte. Im späten 5. Jh. wanderten sie zur Donau und nach Pannonien (ungarische Tiefebene), ab 568 eroberten sie unter König Alboin (um 520-573) große Teile Italiens, wobei sich Gepiden und Sachsen der Landnahme angeschlossen hatten. Die Geschichte des Volkes, verfasste der Mönch Paulus Diaconus, eigentlich Paul Warnefried (725-800), mit der „Historia Langobardorum“; er war ein Gelehrter am Hofe Kaiser „Karls des Großen“, also als eifernder antiheidnischer Parteimensch, kein unbedingt korrekter Berichterstatter. Die Reste der bewundernswürdigen Langoardischen Kunst in Italien, wie man sie kennt, könnte sehr wohl den westlichen Balkanbewohnern die Anregungen vermittelt haben (siehe Rudolf Kutzli, „Langobardische Kunst: Die Sprache der Flechtbänder“ (1986). Die Adrianische See ist durchschnittlich nur 160 km breit, sie bietet für kulturelle Anregungen und Übernahmen kein Hindernis. Von der Langobardenkunst, mit ihren vielen Spiral-Bäumen und Lebensbäumen könnten die Vorläufer der Bogomilen und sie selbst die nötigen Vorlagen erhalten haben.   

Nicht den biblischen Juden-Gott Jahwe, sondern jener, „Gott“ legendär untergeordnete und von ihm abgefallene „Satanael“, wurde von den Bogomilen als Weltenschöpfer angesehen. Aufgrund der Gleichsetzung des Teufels mit dem jüd. Stammesgott standen sie in der Tradition der antijüdischen Gnosis, sie verwarfen das AT und ließen nur Teile des NT gelten, dessen Texte sie zumeist allegorisch auslegten. Das „Leben Christi“ fassten sie doketistisch (reiner Gott u. nie Mensch) auf: Christus sei nicht von Maria geboren worden, habe nicht wirklich gelitten, denn er sei nur Geist gewesen. Die kirchlichen „Sakramente“ lehnten sie als nutzlos ab, weil sie sich mit materiellen Dingen befassten. Die Verehrung von Ikonen, Kirchengebäuden und Heiligung des Sonntags sahen sie als sinnlos an.

In den von Germanen zeitweise überschwemmten Balkangebieten erwuchsen im Mittelalter Glaubensformen, die denen der Katharer-Albigenser entsprachen. Ich gehe davon aus, dass sie überall dort entstanden, wo der germanische Bevölkerungsanteil die Voraussetzung dazu bot. Das trifft auch für Innergermanien, also Deutschland, zu. Die Gebiete Bosnien und Herzegowina liegen im westlichen Teil der Balkanhalbinsel, die noch zum weström. Reich des Germanen Odoaker/Odowakar (um 433-493), ein Name der wohl „Od-Erwachter“ bedeutet, und des ostgotischen Amalers Theoderich des Großen (um 453-526) gehörten. Der germanische Siederanteil muss also in diesen Balkanländern hoch gewesen und mit dem zunächst schleichenden Einsickern von Slawen, seit dem letzten Drittel des 6. Jahrhunderts, nicht zu Ende gegangen sein. Im Jahr 1224 erreichte die Kunde über einen eigenen „Papst“ der Bogomilen in Bosnien die römische Kurie: „Der päpstliche Legat in Frankreich, Konrad von Porto, berichtete … die Häretiker hätten ihren eigenen Papst: ‚Dieser ruchlose Mensch … den die ketzerischen Albigenser [Katharer] ihren Papst nennen, und der im Gebiet Bosniens, Kroatiens und Dalmatiens beim Volk der Ungarn wohnt. Zu ihm strömen die häretischen Albigenser, damit er sie in ihren Anliegen berate.‘ Es kann sich nur um Bosnien handeln, das also in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein Zentrum der bogomilischen Bewegung für ganz Südeuropa war“, schreibt die bulgarische Historikerin Papasov. Die Bogomilen (slawisch: „Gottesfreunde“) lehnten die kirchlichen Sakramente, die Taufe und die Verehrung von Ikonen und natürlich den Papst ab. Aber ihre Relief-Bilder auf den Zehntausenden der Grabdenkmäler, den Stećci, geben bis heute Zeugnis vom bogomilischen Leben und seinen Glaubensformen. Über Bosnien braute sich die Katastrophe zusammen, die in einer Reihe päpstlicher Kriegstreibereien dieser Zeit steht. „Im 13. Jahrhundert begann die große Zeit der Kreuzzüge von Christen [Katholiken] gegen Christen: gegen griechische Christen 1203/1204, gegen die Albigenser [und Katharer] 1209/1229, gegen Serben [und Bosnier] 1227/1234, gegen die Stedinger Bauern 1234 … Hinter all dem stand das Papsttum als unermüdlich und unerbittlich kriegstreibende, als all diese Kriege intensiv befürwortende und nicht zuletzt auch entscheidend finanzierende Kraft“, stellt der deutsche Historiker Karlheinz Deschner fest, in „Kriminalgeschichte des Christentums“, 2003, S. 85.

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Massaker an Bogomilen, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=0gQ29b9yWLc = Film Stećci – Mahnmale der Bogomilen? - Warum diese Buchmalerei zwei Folterknechte als Juden darstellt, ist unbekannt. Möglicherweise weil die Bogumilen in der Tradition antihebräischer Gnosis standen. Und die im päpstlichen Auftrag mordenden Dominikaner sich jüdischer Hilfskräfte bedienten ?

Die Stećci der Bogomilen

„In der Herzegowina und in Bosnien wird der aufmerksame Wanderer immer wieder größeren und kleineren Gruppen von mächtigen, durch Menschenhand zugehauenen Steinblöcken begegnen. Diese Steine finden sich meistens an besonders schönen Orten: auf Anhöhen, auf alten illyrischen Grabhügeln, in fruchtbaren Tälern bei alten Hainen, in verborgenen Waldlichtungen. Oft sind sie in der Richtung nach Osten aufgereiht. Sie sehen aus wie uralte Grabstätten … Wo sind die Dörfer, die Siedlungen, die einmal zu diesen einsamen, oft von dichter Vegetation überwucherten, manchmal tief in der Erde versunkenen Totensteinen gehörten?“, schreibt Rudolf Kutzli in „Die Bogumilen: Geschichte Kunst Kultur“, 1977, S. 16 f -, Kutzli, der sich so feinsinnig auch in die Langobardische Kunst Italiens eingefühlt und sie beschrieben hat. Die britische Kunsthistorikerin Marian Wenzel erläutert: „Es scheint, dass die frühesten verzierten Grabsteine von Mitgliedern einer feudalen Aristokratie errichtet wurden, und dass dieser Brauch später übernommen und die Dekoration weiter ausgearbeitet wurde durch bestimmte Gruppen bekannt als Vlachen, die auf Stammesbasis nicht-feudal organisiert waren.“ Der Begriff Walachen kommt aus dem Germanischen und wurde durch südslawische, lateinische und griechische Vermittlung in verschiedenen Gebieten zur Bezeichnung vor allem romanisierter Volksgruppen verwendet. Das zugrundeliegende germ. Wort „Walchen“ (Adjektiv „welsch“), ahd. walha (Adjektiv walhisk), ist höchstwahrscheinlich aus dem kelt. Volksnamen der Volker entlehnt. Die Bogomilen-Steine, die sog. Stećci, wären mithin keine ursprünglich slawischen Produkte, vorslawische, wohl nordisch geprägte Aristokraten begannen mit dem skandinavischen Brauch, schon aus Bronze- und Eisenzeit (einige bereits in der Jungsteinzeit), Erinnerungssteine, sog. „Bautasteine“, zu errichten. Diese „Ketzerkunst“ der Bogomilen ist unendlich weit von aller typisch-judäochristlichen und byzantinisch-christlichen Kirchen-Ikonographie entfernt wie es sich nur denken lässt. Die führt vielmehr typisch-nordisch-germanische Vorstellungselemente vor Augen. Man fühlt förmlich den beflügelnden Atem nordisch-gothischer Grundgedanken durch dieser Kunstgattung strömen.

Auf dem gesamten Territorium von Bosnien und Herzegowina rechnet man mit etwa 60.000 dieser Grabmonumente, von denen viele kunstvolle Flachrelief-Dekorationen tragen. Einige stammen aus dem Hochmittelalter, einige erscheinen bedeutend älter. Auf den teilweise kolossalen Gedenksteinen sind die wahrnehmbaren Motive: Schlange die hinauf zum Sonnenball schnappt (Turovima/Turovi bei Trnova); im Grundcharakter das Motiv der Gothen-Schilde - Drei-Ingrunen-Baum, Ing-Rune aus der Sonnenkreuz erwächst - die übergroße Segenshand (wie auf bronzezeitlichen Felsbildern von Bohuslän u. irischen Kruzifixen) - Hakenkreuze - Hakenkreuz aus dem der Dreispross des Lebens gedeiht - Triskele - S-Spiralen - Doppelspiralen (Doppelhelix) - Spiral-Säulen, also Irminsulen - Sonnenhirsch über der Spiralsäule - Doppelwendel als Zeitsymbol, aus dem die Blume des Lebens sprießt - Sonnen und zunehmende Mondsicheln - Sonnenkreise, zentrische Doppelkreise - Sonnenkreuze - Motiv der Stierjagd, wie man es bereits aus der skandinavischen Felsbildkunst der Bronzezeit kennt - Flügeldrachen des 11./12 Jhs. (wie z.B. im Externsteinrelief) - Gestalten mit Sonnenkreis-Kopf, wie wir es von den Bronzezeit-Felsritzungen im schwedischen Bohuslän kennen - Doppelschlangen (Schlangensteine von Bistrina, Nekropola Međugorje, Tamara Maric) und das aus der gotländischen Taufstein-Produktion bekannte, Heraldische Lilie, variable heidnische „Lilien“-Gebilde, des 12. Jhs., wie es sich im Dekor vieler Taufsteine in Angeln und Schwansen, Dänemark, Schweden, Norwegen findet - Das nordisch-bronzezeitliche Tupfenkreuz kannten die Bogomilen, wie es auch auf Münzen von „Ludwig dem Kind“, im 10 Jh. erscheint und den Oboli von Herzog Heinrich I. (948-955), auch Tupfenkreuz-Münzen der Kaiser Otto I., Otto II. - Den nordisch-bronzezeitlichen Sonnenhirsch und das skandinavische Motiv des „verfolgten Hirsches“, die „Hirschjagd“, wie man es ebenso vom Runen-Schemel des Bootsfundes von der Warft bei Wremen/Kr. Cuxhaven kennt, mit Datierung: 410-440 n.0. Die Katharer und Bogomilen verfügten über eine weitgehend übereinstimmende Bildsprache. Die Inschriften der letztgenannten sind gleichsam frohe „Botschaften aus dieser Welt“. Fast 6.000 der Stećci zeigen menschliche Gestalten. Häufig sind Szenen aus dem Alltag, der Jagd oder von Ritterspielen abgebildet. Manche zeigen in ihren Motiven die Momente örtlich heidnischer Mythen und Rituale, mit heraldischen Symbolen den Status eines regionalen Adligen oder die Taten der Menschen, für die sie gesetzt worden sind. Manchmal sind die Erinnerungssteine mit Inschriften versehen, wie z.B. „Bitte störe mich nicht, ich war wie du und du wirst wie ich sein“ (Inschrift Bosančica).

Als Fenster in eine vergangene Epoche geben die Stećci nicht nur Einblick in die vielfältigen Lebens- und Glaubenswelten im Bosnien des Mittelalters –, und das über Jahrhunderte. Darüber hinaus sind Stećci in den Landstrichen, die einst Heimat von Illyrern, Germanen, Slawen und Bogomilen waren, Stein gewordene, gar nicht stumme Mahnmale: Sie zeugen bis heute letztlich von einer Jahrhunderte währenden, unnachgiebigen Ausgrenzung und brutalen Verfolgung Andersgläubiger durch Päpste und Könige -, aber sie sind für mich zweifellos auch lesenswerte Mahnmale einer Spielart germ. Volksreligiosität, wie sie unter dem Deckmantel einer scheinchristlichen Überkleisterung hervorschimmert.

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Die nordische Irminsul auf Bogomilen-Gedenksteinen (siehe dazu meine Arbeit: IRMINSULEN im Bild) 1. Bild Osamljeni stećak u Krvavom Polju - istočna čeona strana - 2. Bild - Stećak kod rimokatoličke crkve u Ostrošcu - 3. Bild Banovići, nahe Banovići - Die meisten Spiral-Voluten-Abbildungen werden in der Nähe von Olov, Zvornik und Kladnje gefunden, d. h. in Ostbosnien. Es gibt viele davon rund um Vlasenica und in der Gegend von Majevica, dann um Kalinovik und in einigen anderen Teilen Zentralbosniens. Sie kommen auch in der Imotska Krajina und im serbischen Teil von Unter-Podrinje vor. 

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Die altnordische Idee von der Doppelspirale als Zeit-Symbol (links beginnend): 1. Bild bronzezeitliches Felsbild von Ryland/Bohuslän/Schweden, ca. 1.000 v.0 = Der Jahrgott als Herr der Doppelspirale, mit seinen beiden Armen von Frühlingspferd und Herbst-Totennachen. - 2. Bild St. Brigid's-Quellein Sligo/Irland, mit Doppelspiralen-Kreuz-Stele, 8. Jh. = Kreuz mit beiden Sonnenzeichen, zentrischer Dreier-Ring u. Hakenkreuz - 3. Bild Stele bei Kirche Portnahaven/Islay/Schottland = Kombination von Weltengott-Kreuzsäule mit Sonnenspiral-Armen der jährlichen Auf- und Abspiralung des Sonnenweges - 4. Bild sog. Bogumilen-Stein Sonnengottheit, mit Sonnenringen-Kopf und Spiralarmen der jährlichen Lichtzunahme u. Lichtabnahme. Quelle: „Imaginacije stećaka - Antropozofska bajka o bogumilima“, 2021, S. 15, Bild 5. Der Stein findet sich in Podveležje, Mostar,  eine Hochebene im zentralen Teil der Herzegowina, am Fuß des Berges Velež.

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Bilderklärung: von links beginnend: 1. Bild = Apollo aus Dupljaja, mittlere Bronzezeit (15.00-1.200 v.0) - 2. Bild = Kopie einer Ionische Amphore zeigt Dionysus begleitet von Satyren, ca. 540 v.0, Stavros S. Niarchos - 3. Bild = Daker-Schild von der Trajansäule/Rom - 4. Bild = langobardische Brunnen-Reliefs, Museum Venedig. 

Über den Charakter und das Alter der sogenannten „Bogomilen-Steine“ auf dem Balkan, haben eine Menge fleißiger und scharfsinniger Forscher Überlegungen angestellt. Es sind Zusammenstellungen und Übersichten zusammengetragen worden. Es liegen also die Motivsammlungen vor, die es erlauben, Rückschlüsse auf die Genese der Mahnmale anzustellen. Die slawischen Bogomilen des Hochmittelaltes haben sicher ihre Beiträge geleistet, auch die islamischen Eroberer des Landes. Es gibt sehr junge Motivsteine, auf denen Säbel und Gewehre abgebildet sind, und es gibt die archaischen Formen, denen uralte Ansichten und Kunstformen zugrunde liegen, wie sie durch nordeuropäische bzw. norddeutsche Zuwanderer in den Süden gebracht worden sind. Schon die Urnenfelderbewegung war eine Kultur der späteren Bronzezeit (1.300-800 v.0) die weite Teile Europas erfasste und der neue weltanschauliche Überzeugungen ihre Antriebe gaben. Sie führte nordische sowie mitteleuropäische Wanderscharen, über den Balkan hinweg, bis vor die Tore Ägyptens. Als Frühgriechen und sog. „Seevölker“ eroberten sie die Inseln u.a. Kreta, Cypern und das Land Amurru (Palästina), im Vorfeld der Rames-Pharaonen. Ihre Keramik-Motive waren Wasservögel, Hakenkreuze, zentrische Sonnenkreise, Spiralen, ihr wesentlichster Gott erscheint als Form aus welcher der hyperboreische Phoebus-Apollo (Glanzsonnengeist) hervorging, den die spätere hervorragende Griechen-Kunst als in einem Schwanenwagen reisenden Gott schilderte, der ein halbes Jahr in seiner Nordheimat weilen und den Frühling nach Griechenland bringen würde. Ein Produkt dieser Kultur ist beispielsweise der Bronzekultwagen, mit den vier Schwanenköpfchen, aus dem bayerisch-fränkischen Acholshausen, der aus einem Steinkammergrab zu Tage trat. Die früheste Darstellung Apollos lässt sich aus der balkanischen „Garla-Mare-Kultur“ nachweisen, nämlich in Gestalt eines tönernen, von Wasservögeln gezogenen Votivwägelchens aus Dupljaja in der serbischen Vojvodina (Nationalmuseum Belgrad). Es zeigt die anthropomorphe vogelgesichtigen Gestalt, auf einem Radkreuz stehend, mit seinem Dreier-Spiralschmuck auf der Brust, im von drei Schwänen gezogenen Gefährt. Gefunden wurde eine weitere vogelköpfige Figur im zweirädrigen tönernen Wägelchen, bei dem die „Zugvögel“ verloren gingen. Sein Brustschmuck besteht aus zwei zentrischen Kreisen, flankiert von zwei links- und rechtsdrehenden Hakenkreuzen. Ein weiteres rechtsdrehendes Hakenkreuz befindet sich auf Höhe des Bauches. Ihren Namen gab man der Kultur, der ursprünglichen Schreibweise „Gîrla Mare“, einer Gemeinde im rumänischen Kreis Mehedinţi, dem Fundort eines umfangreichen Urnengräberfeldes, an der unteren Donau, für welche Statuetten typisch sind, mit Spiralen und Mäandern verzierte Tongefäße. Im Zuge der „Seevölkerbewegung“ des 13./12. Jhs. v.0 zogen die nord- und mitteleuropäischen Wanderscharen über den Balkan, Griechenland und die östlichen Mittelmeerinseln nach Palästina, das von ihnen, den Philistern, seinen Namen erhielt. Sie behaupteten sich gegen die pharaonischen Militärmächte Ägyptens und ließen sich hauptsächlich in fünf Küstenstädten nieder: Aschkelon, Gaza, Aschdod, Gath und Ekron. Später versuchten auch die Vorfahren der Hebräer in gleichen Regionen Fuß zu fassen, man kennt die König-David-Episoden aus dem jüd. Geschichtsbuch der Bibel. Heutige DNA-Tests, die an hunderten von Philister-Gebeinen der Skelett-Proben vom z.B. Philisterfriedhof in Aschkelon durchgeführt wurden, ihre europäische Herkunft. Die Kunst der Philister-Keramik hatte ihren Ursprung in der frühgriechisch-helladischen Kunst, deren Motive noch in der griechisch-schwarzfigurigen Vasenmalerei auftauchen. Letztere war besonders zwischen dem siebenten und fünften Jahrhundert v.0 als griech. Exportschlager verbreitet. Beispiele sind auf einer Schale die Volutenranken die unter dem Reiter aus dem Boden und, sich wiederholend, gewissenmaßen aus dem Kopf des Reiters wachsen (Namenvase des Reiter-Malers, um 550/530 v.0., British-Museum). Oder die Amphora Vase, mit dem Symposium „Gott Dionysos mit Satyrn“, oder die Amphore, mit der Amazonomanie auf einer Nikosthenischen Amphore des Töpfers Nikosthenes und des Malers N. (um 520/510 v.0, heute Louvre). Von den Thrakern, einem der bedeutendsten indogerm. Völkern der Antike auf dem Balkan, also dem heutigen Rumänien, Bulgarien, Serbien, Kosovo, Moldau Nordmazedonien und Nordgriechenland, liegen zu wenige Funde vor, aber eines ihrer Nachfolgevölker, die Daker, die seit dem 5. Jh. v.0 die Gebiete des westlichen Schwarzmeergebietes, um die Karpaten, im heutigen Rumänien, besiedelten, zeigen Schildbemalungen, die gewisse Rückschlüsse nahe legen. Sie sind zu sehen auf der Trajanssäule in Rom, die den gewalttätigen röm. Kaiser Trajan feiern, dem es in zwei Kriegen (101-106) gelang die Daker zu unterwerfen und ihr Land in die röm. Provinz Dacien umzuwandeln. Etliche Argumente zum nordischen Sonnenspiral-Motiv wären auch von keltischen und skythischen Belegen beizubringen, doch das würde den Rahmen dieser kurzen Übersicht sprengen. Von der Westgothen-Kunst hat der katholische Hass auf die verketzerten Arianer und die darauffolgende islamische Überlagerung in Spanien nicht viel übrig gelassen. Eine westgothische Gürtelschließe des 6./7. Jh. aus dem Archäolog.-Museo von Madrid zeigt das germ. Doppelschlangenmotiv, mit vier Schlangen und zwei antithetischen Löwen. Eine andere westgoth. Gürtelschnalle (Museo de León) zeigt die typischen Sonnenwirbel der nordischen Kunst, wie sie noch diverse heidnischen Bautasteine der schwed. Insel Gotland demonstrieren. Ein Altarstein mit Löwenrelief, aus Museo de Oviedo, führt den Sonnenrauten-Baum vor. Ein Relief in „Santa María de Quintanilla de las Viñas“, zeigt die Voluten-Sonnenstütze, vor der zwei Genien/Engel die Sonne wegtragen. Es handelt sich um ein aus westgothischer Zeit erhaltenes klösterliches Kirchengebäude, aus dem man selbstverständlich keine rein gothisch-religiösen Motive erwarten darf. Aber aus dem wenigen was man findet ist die enge Verwandtschaft mit der langobardischen Kunst in Italien zu erkennen. Das von germanischer ornamentaler Geometrik herrührende Hauptelement der langobardisch-arianischen Kunst war das Flechtbandornament, das diese zu wahrer Formvollendung brachte. Die Langobarden, ursprünglich Winniler, waren ein Teilstamm der Sueben, welche sich als Semnonen, für die echtesten Germanen hielten. Ursprünglich siedelten sie im Großraum Berlin, bis zur Elbe. Ihre Verbände berannten, unter dem Namen Alemannen, im 3. Jh. den Limes, tauchten auch an der Donau auf, besetzten die Pannonische Tiefebene, östlich vom heutigen Wien und eroberten ab 568, unter König Alboin große Teile Italiens. Auf die Siedlungsgebiete der Langobarden, mit ihrer Hauptstadt Pavia (bis 774), geht die heutige Bezeichnung der norditalienischen Lombardei zurück. Die langobardische Kunst ist durch mehrere Autoren, in Bild und Sprache, hervorragend dargestellt worden. Es ist darauf hingewiesen worden, dass sie manche Anregungen aus der byzantinischen Kunst bezog, über die nachbarlichen byzantinischen Enklaven auf italischem Festland. Doch aus den langobardischen Kunstäußerungen lesen Kenner der nordischen Symbolsprache die erstaunliche Beharrlichkeit germanisch-religiöser Denkweisen, was auch gutwilligen Leuten, wie beispielsweise dem anthroposophischen Christen Rudolf Kutzli, mit seinem Werk „Langobardische Kunst“ (1974), verschlossen bleiben muss, weil ihnen der Einblick und das Einfühlvermögen in originär germanisch-religiöse Ausdrucksweisen abgeht. Kutzli sieht die ästhetische Schönheit der Flechtbänder und Knotenschnüre nur von außen, begreift aber nicht welchen Wiederhall sie in langobardischen Seelen zum Klingen brachten. Die durchbrochene marmorne Fensterplatte, die Transenne (Gitterfenster) von St. Apollinare nuovo in Ravenna, dokumentiert beispielsweise die heidnisch-dauerhafte Unterströmung in der langobardischen Kunst. Da arrangieren sich Schlingenkreuze, Hakenkreuze, Sonnenradkreuze, mit Ing-Sonnen-Runen (s. Kutzli S. 164). Und die nordische Irminsul übersehen diese Leute sowieso. Nicht weit von der alten langobardischen Herzogsstadt Brecia liegt das Dorf Gussago, mit dem Kirchlein S. Maria Assunta, die beim Volk S. Maria Vecchia, die „Alte“, heißt. Hier steht die große Platte mit dem Bild der germ. Weltsäule. Eine Fülle tiefdeutender Sinnbilder umrankt sie: Das Säulenhaupt krönt die doppelspiralige Chiffre der Sonne oder des Sonnenthrones, wie es schon das bronzzeitliche Sonnensäulen-Felsbild von Kasen/Bohuslän vorführt. Dann sehen wir den Adler der die Schlange schlägt, die Pfauen, Sonnräder, Lichtblumen, zwei Spiralkreuze tragende Gotteslämmer („Agnus Dei“) nähern sich ehrfurchtsvoll, ein Reiter kommt von linker Säulenseite und an ihrem Fuß lagert das schwer deutbare Löwenpaar, welches in der westgothischen Kunst ebenso zuhause ist, wie als unbekannte heidnische Metapher z.B. auf vielen dänischen und schleswig-holsteinischen Taufbeckenbebilderungen auftaucht und auch im außenwandigen Chorabsis-Relief des Speyer-Dombaues II., der unter Kaiser Heinrich IV. seine Vollendung fand. Es ist kaum denkbar, dass die langobardische Kunstgesinnung, über die kurze Adria-Strecke hinweg, den nahen bosnischen Balkan, mit seinen viel späteren Bohomilen-Sekten nicht erreicht haben könnte. Fakt ist, über Jahrtausende hinweg, haben nordeuropäische Glaubensinhalte und dementsprechende Bildersprachen, durch die Träger der Urnengräberleute, Griechen, Kelten, Gothen und Langobarden, ihre Spuren dem Balkanraum eingegraben, zu diesen Spuren zählen auch die Urimpulse zur Bogomilen-Religion und Kunst. 

DER NORDISCHE GEDANKEN

Was meint der Nordische Gedanken?
Das Gemeine weist er in Schranken!
Zu den reinen Höhen zieht er hinan,
wie es Gott Apollo und Baldur kann.

Zucht und Ordnung sind sein Panier:
Die Seele sei wie der Leib so schier.
Und Würde gewähre man jedem Weib,
welches züchtiglich im Gebaren bleib‘.

Das Göttliche ist nie männlich allein,
weiblich ist Gott in seinem Ur-Sein.
Klar taugen Frauen zum Priesteramt,
es leugnen Christen zu ihrer Schand‘.

Den besseren Glauben führten mit,
germanischer Ahnen Schritt und Ritt.
Sie brachten Anstand ins Römerreich,
dies glich ja längst einem Krötenteich.

Des Nordlands Schilde wiesen voraus:
„Die Straßen frei vom Drachen-Graus!
Der Runen-Geist steht uns zur Seit,
mit Odal-Schlinge und Sonnen-Geleit.“

Wo immer Germanen da fassten Fuß,
war es als winkte ein himmlischer Gruß,
ein Streben begann nach Gerechtigkeit,
der Sonnenglauben machte sich breit.

Katharer-Albigenser und die Bogomilen
des Satans Würgern zum Opfer fielen.
Und doch, sie haben der Welt bezeugt,
Nordlands Geist hat nie sich gebeugt.

Sie mögen foltern und Menschen töten,
dass des Blutes Ströme die Erde röten,
aber der Germanen Nordischer Geist
wird siegen weil er das Wahre preist !