15.08.2023

 

Siehe auch: Dendera-Zodiak und Runen I. >>
https://oding.org/poesie-2/raetsel/dendera-zodiak-und-runen

Dendera-Runen_drei.JPG

Abbildung des Original-Dendera-Tierkreises. Die markierten Sternzeichen zur osirischen Choiak-Festzeit im November, der germanisch-astrologischen Thursen-Phase: a = Stierschenkel des Seth oder Osiris (Großer Wagen/Großer Bär) - b = Isis in Nilpferdgestalt hütet mit einer Kette den Schenkel des Seth, siehe Franz Boll, „Sphaera“ (1903), S. 163 - Oder scheinbar liegendes, rituell getötetes Nilpferd, dem Synonym für den Antigott Seth ? - Horus tötet Seth in Gestalt eines Nilpferds zeigt ein Relief im Tempel von Edfu. - c = Skorpion, Sinnzeichen des argen Verhängnisses. Egal, ob im Zodiak von Dendera das Nilpferd die Isis darstellen soll (die Seth in Gestalt des Stierschenkels) bewacht oder an der Kette hält oder mit dem Nilpferd der Horus gemeint ist, der Seth umbringt, es geschieht aus der Herbstregion des Unheilzeichens Skorpions aus !  

 Es war die Zeit Cäsars und der Kleopatra, keltiberische, gallische und germanische Legionäre waren im ganzen röm. Imperium anzutreffen. Wer davon die Idee der Schrifterfindung nach Norden trug, wissen wir nicht, es könnte ein Centurio namens Erul gewesen sein, dessen  Nachfahren sich Eruler und runenmeisterliche Erilari nannten. Das astrologische Weltbild das dem Zodiakus/Tierkreis vom Hathor-Tempel in Dendera/Ägypten zugrunde liegt, von ca. 50 v.0, kann prinzipiell auch den Schöpfer der Runen beeinflusst haben. Im Kalender-Denken der damaligen Zeit vermutete man den Weltbösewicht, den Antigott und Unhold, unter verschiedenen Namen, in der astrologischen Skorpion-Phase, also des jährlichen Sonnenabstieges, denn die Vorstellungen von Gott waren weltweit übereinstimmend mit dem solaren Prinzip verknüpft.

Man sah im Spätherbst die göttliche Befruchtungskraft schwinden und drückte diese naturreligiöse Tatsache in Kultspielen vom Tod der Gottheit aus. In Ägypten war es der im November erfolgte Tod und die Wiederauferstehung des Osiris. So wie die Gottheit unter diversen Namen verehrt wurde, wurde auch ihr Schädiger oder kalendarisch-vorübergehender Töter unterschiedlich bezeichnet. Für die Ägypter war es der „Gott der Fremdländer“ Seth. Die Griechen nannten ihn Typhon-Seth, der als ein furchtbar hässliches rotes Drachenwesen verstanden wurde. Im germanischen Norden war es der Thurse, der mit dorniger Rute die Welt in den winterlichen Todesschlaf schlägt, wie es die Edda ausdrückte.

Bilder.png = 22. ODING-Rune. In „Hrafnagaldr Odins“ (Odins Rabenzauber) heißt es in 22. Strophe: „Da hebt sich von Osten aus den Eliwagar [5 Urströme] - Des reifkalten Riesen dornige Rute, - Mit der er in Schlaf die Völker schlägt, - Die Midgard bewohnen, vor Mitternacht.“ Die 22. ODING-Rune ist das Zeichen des Thusen, den das norwegische Runen-Lied Saturnius nennt. Warum wurde der Unhold mit dem Planeten Saturn gleichgesetzt ? Weil er als der sonnenfernste, also kälteste Wandelstern galt, auch als Samstag/Saturntag Beschließer und Todbringer der Woche wurde.

„Mesechtiu/Chepesch“ (Stierschenkel) ist der Name einer bereits im Alten Reich bezeugten altägyptischen Himmelsgottheit vom Sternbild des „Großen Wagens“, von der es heißt: „Er ist der, der den Untergang nicht kennt“ und „Der Unvergängliche“. Es galt as Sternbild des „Fremdländer- und Wüstengottes“ Seth und als Vorderbein bzw. „Schenkel des Seth“. In der Spätzeit, etwa beginnend mit dem Hellenismus, galt das Sternbild als zu Osiris gehörig und zwar als Himmels-Stier. Im Payrus Jumilhac wird beschrieben, wie Horus das Vorderbein des Seth herausreißt und es darauf in den Himmel schleudert. Der ägypt.-astrolog. „Stierschenkel“ steht also, je nach Kultgruppen-Ansicht, mit Seth oder Osiris in Beziehung. Osiris, der Gott der den Tod überwindet, kommt nach altägyptischen Quellen auf zwei Todesarten ums diesseitige Leben, einmal durch gewaltlosen Ertrinkungstod, zum anderen durch gewaltsamen Tod, wobei Osiris von seinem Bruder Seth getötet, sein Körper zusätzlich in 14 Teile zerstückelt und übers ganze Ägypterland verteilt wird. Osiris Sohn Horus setzt sich als Erwachsener in Kämpfen und Gerichtsstreitigkeiten mit dem Widersacher Seth auseinander. Er rächt den Tod seines Vaters und übernimmt dessen irdische Nachfolge, nimmt also den ehrenhaften Platz eines wohltätigen solaren Herrschers ein, den zuvor Osiris ausübte.Da Osiris möglicherweise von Seth in der Gestalt des Himmelsstieres mit seinem Vorderschenkel als „Waffe des Seth“ ermordet wurde, ergibt sich die mythologische Verbindung zur Deutung, dass der „Stierschenkel“ sowohl „Tod für Osiris“ als auch „Neues Leben für Osiris“ bedeuten konnte. Ergänzend galten neben dem Begriff „Chepesch“ in seiner ursprünglichen Bedeutung für das „Vorderbein des Stieres“ einige weitere Chepesch-Varianten: „starker Arm“, „Kraftarm“, „Krummsäbel“ und „Kriegsaxt“.

Norman Fiedle, in „Sprüche gegen Seth, Bemerkungen zu drei späten Tempelritualen“ (2011) behandelt Texte des Seth-Buches (Urk. VI), in dem die Untaten des „Tricksers“, des „Gottes der Fremde“ beschrieben sind, die als Äußerungen des Widerstands gegen Fremde gesehen werden müssen. Die ägyptischen Erfahrungen mit Seth: „Diese Erfahrung wiederholte sich in dem Einbruch der Perser. In ihm erlebte man aufs neue das verderbliche Wirken des S. [Seth] [...] Der Fremdenhaß entlädt sich gegen den Auslandsgott [...] Selbst die Götter werden von seiner Ruchlosigkeit [...] bedroht. Man kommt ihnen drum mit Ritualen zu Hilfe“. Der tölpelhaften, hemmungslosen und zum Untergang verdammten notorischen Tabubrechers, der „Gegengott“, eben der Satan, der für die Legitimation der „guten Sache“ jedoch unverzichtbar ist, wird von Fiedle behandelt vor allem unter dem Gesichtspunkt seines Streites mit dem Gegenspieler Horus, dem Mord an der Herrscherfigur des Osiris und seinem Aufstieg zum Dynastiegott der Ramessiden, um sich schließlich über seine Funktion als „divine foreigner“ (vergöttlichter Fremder/Ausländer) mit seiner Stigmatisierung in der Spätzeit auseinanderzusetzen.

Den Höhepunkt dieser Entwicklung sieht er in einem Texttraktat versinnbildlicht, zu dem er wie folgt ausführt, S. 32ff: „Noch Plutarch hat derartige Vorstellungen in der ägyptischen Spätzeit beobachten können, da er desgleichen von Genossen des Typhon und der Schmähung „Roter Menschen“ (64) berichtet. Gleiches gilt von Diodor [lebte in 1. Hälfte des 1. Jh. v.0], der sogar von der Opferung typhonischer Menschen zu erzählen weiß.“ Im Osiris-Kult gab es rituelle Anweisungen, eine Figur aus rotem Wachs, mit der Aufschrift, „der elende Seth“, zu formen, die bespuckt, mit dem Messer geschnitten und im Feuer verbrannt wurde. Bei dem Objekt der rituellen Aggression handelt es sich um einen Stellvertreter des Seth in Gestalt eines wächsernen Ächtungsfigürchens. Noch dem „Verräter Judas“ schrieb man Rothaarigkeit zu, „zumindest aber sagt man den Rothaarigen Jähzorn und Geilheit nach“. Folglich sind umgangssprachliche Äußerungen, wie das „Rotsehen“ als Umschreibung eines Gefühlszustandes höchster Aggressivität, Emotionalität und Rage leicht verständlich. Bis heute verstehen wir im Politischen unter „den Roten“ einen hemmungslosen und ruchlosen, umstürzlerischen Bolschewicken-Mob.

Mit der Invasion der fremdländischen Hyksos ins Nildelta, zwischen 1650-1530 v.0, begann die Ära des Seth, dem Baal der Hyksos („Herrscher der Fremdländer“). Die Hyksos waren wahrscheinlich aus dem nordsyrischen Raum kommende hurritisch-mitannisch-arische Kampfwagenkonstrukteure und Pferdezüchter-Fürsten, über einer semitisch-kanaanäischen Volksmasse. Vom Hyksos-König Apophis hieß es, dass er „keinem anderen Gott diente außer Seth“. Nach der Eroberung das gesamten Nildeltas, hielten sich die Fremdherrscher ca. hundert Jahre auf dem Thron. Schon zur Zeit des Neuen Reiches (1570-1069 v.0) wurde Seth am nachhaltigsten als der erste Mörder bekannt. Nachdem er im Osiris-Mythos seinen älteren und geliebten Bruder Osiris aus Eifersucht getötet hatte und dessen Sohn Horus bei einem Kampf das Auge ausschlug. Die Geschichten behaupteten, Seth wolle die Welt regieren und versuchte daher, Osiris’ Sohn Horus zu ermorden. Seth blieb im Laufe der Geschichte immer der bösartige, rachsüchtige Gott, der von den meisten eher gefürchtet, denn verehrt wurde. Sein Geburtstag galt als besonders unglückseliger Tag, an dem man besser zu Hause bleiben sollte. Aber weil er als bösartiger Schläger galt, versuchten manche sich mit ihm gutzustellen, um seine Hilfe zu erlangen, ähnlich wie es in der deutschen Faust-Sage zum Vertrag mit dem Mephisto-Teufel kam. Die Herrscherfamilie der Ramesiden, aus der berühmte Pharaonen hervorgingen, wie Sethos I. und Ramses II., stammte ursprünglich aus dem nordägyptischen Auaris, bekannten sich zu Gott Seth in seiner Schreibweise als „Sutech“, als ihrem Dynastiegott. Das zeigen ihre Königsnamen an: Sethos I. u. II. (Mann des Seth), Sethnacht (Seth ist mächtig).

Die rituelle Nilpferdjagd, in der ein Nilpferd (= Seth) vom Pharao (= Horus), getötet wurde, gab es zwar schon seit der 1. Dynastie, sie wurde in späterer Zeit aber besonders häufig volksfestartig veranstaltet. Das osirische Choiak-Fest wurde, als man der Tötung des Osiris durch Seth gedachte, im Monat Choiak abgehalten, das war der vierte Monat der Überschwemmungssaison, also Beginn des Monatsanfangs am 27. November (seit der gregorianischen Kalenderreform, Okt. 1582). Thema des Festes war der Kampf zwischen Osiris und seinem Bruder Seth, Osiris‘ Tod und Auferstehung. Die Feier dauerte zehn Tage und gipfelte in der Auferstehung von Osiris am Ende des Monats, der mit der Aussaat neuer Pflanzen zu Beginn des landwirtschaftlichen Jahres einherging.

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Das 23. Runenzeichen im ODING-Kalender ist der Stier-Tod ( Rune_U.png) Uranaut bzw. das Taurobolium, wie es aus Abbildungen der minoischen Kultur Kretas bekannt ist und ebenso aus altägyptischen, griechischen und römischen Darstellungen, insbesondere denen aus dem eranisch-römischen Mithras-Kult. Der bemalte minoische Hagia-Triada-Sarkophag von ca. 1370-1300 v.0 zeigt die Stieropfer-Scene (Archäologisches Museum Heraklion). Der Mithraismus oder Mithraskult war ein seit dem 1. Jh. n.0 im ganzen Römischen Reich verbreiteter Mysterienkult, aber das religiöse Stieropfer war ersichtlich seit alters bekannt. Ich erkannte eine Stieropfer-Scene unter der Sonnenspiral-Weltstütze im Fundus der bronzezeitlichen Felsbilder von Bohuslän, Region Kasen (Schweden). Auch hierin folgt die Oding'sche Runenfolge den offensichtlich uralten Gedankengängen des Nordens, sowie ihrer Entstehungszeit des letzten vorchristlichen Jahrhunderts v.0, denn dass der röm. Mithraskult in seinen Anfängen bei den Legionen nicht erst mit seiner erstmaligen, für uns erhaltenen Erwähnung begann, sondern bereits mindestens eine Generation zuvor, liegt auf der Hand.

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Die Stieropferung im röm. Mithras-Altarbild von Nida, heute im Archäolog. Museum Frankfurt/Main. Darunter Detail aus dem Mithras-Altarbild einer röm. Statue, 2. Jh., im British Museum. Es zeigt wie der Skorpion die Hoden des Mithras-Stieres packt, ihm also die Befruchtungskraft rauben will, was eben nur im Sternzeichen des Skorpions passiert. Schon der Autor Arat/Aratos von Soloi (ca. 310-245 v.0) gab in seinem kalendarisch-astronomisch-astrologischen Lehrgedicht „Phainomena“ („Himmelserscheinungen“) den astrologischen Skorpion als „Unhold“ und Feind des Orion an. Arat in der Übersetzung von Albert Schott, „Aratos, Sternbilder und Wetterzeichen“, 1958, Kap. 82-85: „In seinen Händen schleppt der Schlangenträger tüchtig - Die Schlange vor sich her. Gut hat er Fuß gefasst - Und dem Skorpion auf Rumpf und Auge seine Last - Verteilt; so steht er da, dem Unhold sehr zuleide.“

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Die ur-runische luni-solare Kalenderordnung des ODING-FUThARK, nach Gerhard Hess (1983/1993).