Die Grundlagen zur Zeitmessung liefern die regelmäßigen kosmischen Geschehnisse, insbesondere die Auf- und Niedergänge der Sonne. Wir bezeichnen die Spanne von einer Mitternacht bis zur nächsten, als einen „Tag“. Er wird nach alter Festsetzung in 24 Stunden, die Stunden in 60 Minuten, die Minuten in 60 Sekunden geteilt. Diese Zahlen (6 ist Quersumme von 24) harmonieren auffällig mit der 24-typigen altgermanischen Buchstabenreihe (dem ODING), die als ringförmiger Zeichenkreis, als Jahres-Kultkreis-Zeitweiser, konstruiert wurde.
Da der Sonnentag zu Recht als des Sonnenjahres „kleiner Bruder“ galt, erscheint es nicht abwegig, den Runenring auch als Tages-Zeitweiser zu erproben. Aber auch geistesgeschichtliche Argumente sprechen dafür: 12 Doppelstunden umfasste schon der altbabylonische Volltag - und als im 1. Jh. v.0 die Hermetiker jene Neuschöpfung der astrologischen Lehre von den 12 Himmelshäusern einführten, schöpften sie aus der Tageslaufsymbolik. Darauf deuten die wichtigsten Häuserbezeichnungen hin. Man teilte die Ekliptik in 12 Abschnitte (Häuser) bis zur Erde verlaufender keilförmiger Felder, die möglichst alle Bereiche des Menschenlebens widerspiegeln sollten - und von denen, je nach dem in welchem der Häuser Planeten und Sternzeichen des Geburtsmomentes standen, die Menschenschicksale abzulesen seien. Da Tageslaufeinteilungen die bestimmenden Analogien für das linksläufige Häusersystem wurden, könnte der Schöpfer des ebenso linksläufigen ODING-Runenringes durchaus die Verbindung von Runen mit Tageszeiten erwogen und auch konzeptionell berücksichtigt haben. Astrologie, Horoskopie und Schrifterfindung wurden ja als Offenbarungen des Gottes Hermes-Merkur-Wodan aufgefasst.
Wenn die 1. Rune für die erste Tagesstunde (von 0 bis 1 Uhr) steht, und so fort, dann belegt die letzte Rune den Tagesausklang (23 bis 24/0 Uhr). Es ergibt sich, da Ziffernblätter lediglich 12 Stunden anzeigen, der Ansatz einer nach innen gewendeten Runenspirale, die sich zum Ausgangsort zurückschlingt und somit auch dem Ewigkeitszeichen, der liegenden Acht ∞ gleicht. Das Runenzeichen für z.B. 1 Uhr findet sich außen, das für 13 Uhr am gleichen Ort innen. Wir sind nunmehr befähigt jede Tageszeit mit einem Runenzeichen sowie der dazugehörenden Runenbezeichnung anzugeben. Beispielsweise trägt dann die Zeitspanne der begonnenen oder vollen ersten Stunde, den Namen „Odal“; Name der zweiten Stunde ist „Tag“ usw. Menschen die die 24 Runenworte wissen, könnten sich untereinander mittels dieser Begriffe hinsichtlich abzusprechender Uhrzeiten verständigen. Einen größeren Zugewinn bedeutet es aber, dass mit dieser Zeit-Runenordnung die Tagesstunden ihre mathematisch-nüchterne Gestaltlosigkeit verlieren und beginnen eine eigene Identität zu erwerben. Jede Runenstunde könnte - sofern Bedürfnis und Neigung vorhanden ist - einen ihrem Charakter entsprechenden Meditationsanreiz auslösen.
Wenn in uns, während der Beschäftigung mit Uhr und Runenuhr, die tiefsten Menschheitsfragen ins Bewusstsein drängen - nach dem Sinn der Zeit, unserer Zeit, und unseres Lebens überhaupt, dann gelangen vielleicht manche Geister mit mir zu der Erkenntnis: Der Sinn des Lebens ist es nicht der Lust und der Liebe zu entsagen -, der Sinn des Lebens ist nicht das Leid zu suchen oder fremdes Leid zu teilen -, der Sinn des Lebens ist nicht das herrliche Leben der Herren und nicht das kriecherische Leben der Knechte, ist nicht Herrschen und nicht Dienen. Der letzte Sinn des Lebens ist auch nicht das Streben nach Freiheit -, am allerwenigsten nach Bindungslosigkeit --, nein -, der Sinn des Lebens in der Zeit ist, dass die Spirale nicht endet, ist ganz einfach: DAUER --; bzw. sich zu bewahren im sich steigernden Sein !