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Die Eibe - der keltisch-germanische Weltenbaum,
 
ist als solcher bestritten worden, allerdings zumeist mit untauglichen Argumenten.
Unter Fachleuten ist man sich eher einig. Beim großen heidnischen „Heiligen Hof“ zu Uppsala, so berichtete Adam von Bremen in seiner „Hamburgischen Kirchengeschichte“ (Scholion 138 aus den Jahren 1075-81): „... steht ein sehr großer Baum, der seine Zweige weithin ausbreitet, sommers und winters immer grün; welcher Art er ist, weiß niemand. Dort ist auch ein Quell ...“ Eine Eibe (Taxus baccata) muss es gewesen sein; der heilige Baum der keltisch-germanischen Mystik hat höchstwahrscheinlich sinngemäß und sprachlich Pate gestanden für den eddischen Weltenbaum Yggdrasill. Da Yggr, von altn. ýgr „grimmig, gereizt, heftig im Umgang“, als Beiname des Gottes Odin/Wodin belegt ist, deutet man landläufig Yggdrasill = „Odins-Träger“ in Berücksichtigung des bekannten Mythos, nach dem sich Odin selber speerverwundet in die Zweige der „Weltesche“ hängte, um Runenwissen zu erlangen.
 
Tiefergehende, historische und sprachliche Untersuchungen gelangen jedoch zur Feststellung, dass der germ. Weltenbaum als Eibe und nicht als Esche verstanden wurde. Eine „immergrüne Esche“ ist ein Unding -, und da der germ. Eibenbegriff in manchen Formen einen Guttural aufweist (ahd. īgo, schweiz. īge), so konnte aus urgerm. igwa, igwja ein altn. yggwa, yggia werden. Das zweite Wortglied drasill aus urgerm. drasilaz hat die Grundbedeutung „Träger“ und weiterhin „Säule“. Hinzu kommt, dass an bedeutsamer 12. Position des ODING keine Esche sondern die Eibe erscheint, so dass mit großer Sicherheit gesagt werden darf: Diese immergrüne „Weltesche Yggdrasil“ war zur urgerm. Ära sicher eine Eibe. Es handelt sich bei ihr um die älteste heimische Baumart überhaupt; seit 600.000 Jahren siedelt sie in Europa.

Zu der Vertauschung von Eibe und Esche mag beigetragen haben, dass wohl im Altnordischen, zumindest in einigen seiner Regionen, die Eibe als barraskur „Nadelesche“ umschrieben wurde, so wie sie noch in Mundarten Skandinaviens barrlind oder barrlönn „Nadellinde“ und „Nadelahorn“ heißt. Dass aber in spätheidn. Zeit auch oder ausschließlich wirklich die Esche als Welten-Baum angeschaut wurde, geht aus dem 26. ags. Runenvers hervor: „Esche (æsc) ist überhoch, den Menschen wert. Fest im Boden hält sie stetig Stand, wenn auch viele [firas] Lebewesen sie anfallen.“ Ähnliches klingt im Grimnirslied (Grm. 35) an: „Ascr Yggdrasils drygir erfiði, meira, enn menn viti;...“ d.h. „Die Esche Yggdrasil muss Pein erleiden, mehr als die Menschen ahnen;....“

Es wird so sein, dass der herkömmliche Welteibenbegriff in späterer isländ.-eddischer Zeit durch den Odinsbeinamen neu ausgedeutet wurde. Für diese Feststellung liefert das eddische Fjölsvinnsmál (20-22) zusätzliche Bestätigung. Hier wird vom Weltenbaum gesagt: „Mimameiðr heißt er, Menschen wissen selten aus welcher Wurzel er wächst.“ Und weiter: „Mit seinen Früchten soll man feuern, wenn Weiber nicht wollen gebären. Aus ihnen geht dann was innen bliebe: so wird er der Leute Schicksalsbaum [Maßbaum].“ („mjötuðr“ = Baum des Gesetzes, oder des rechten Maßes). Da Eibenabkochungen bei ungewollten Schwangerschaften als Abtreibemittel Verwendung fanden, was schon der griech. Arzt und Apollopriester Nikandros um 275 v.0 in seinen Versen über die Gifte (Alexipharmaka) beschrieb, erhellt sich die zunächst dunkel erscheinende Eddastelle. Noch eindeutiger wird unsere Vermutung durch Begriffe bestätigt, mit denen Eddatexte den Weltenbaum umschreiben. Im Altn. bedeutet barr, got. barizeins „Nadeln des Nadelholzes“; im heutigen Isländisch ist barrtré, schwed. barrträd der „Nadelbaum“. Im eddischen Háv. 50 heißt es von einer Föhre, dem Nadelbaum, sie hätte nicht „borkr ne barr“ = „Borke noch Nadel“. Im eddischen Fjöls. 13 wird nach dem Namen des Baumes gefragt „der mit breiten Ästen die weite Welt überwölbt“ = „hvat dat barr heitir, ...“ = „wie heißt der Nadel(baum), ...?“ Auch in Gylf. 16 u. 39 wird berichtet, dass des Weltbaums (Yggdrasil/Lärað) Krone vier Hirsche bzw. Ziege Heidrun die Nadeln abäsen („bita barr“); oder sind hier die jungen Blättersprossen gemeint ? Bekanntlich sorgt zwar das Alkaloid Taxin dafür, dass Eibensamen (ausser dem roten Samenmantel), Nadeln, Rinde und Holz für Mensch und Pferd sehr giftig sind, dagegen können Wiederkäuer wie Rotwild und Rehe große Mengen an Eibennadeln ohne Probleme zu sich nehmen.
 
Eibe und Eibendarstellung im bronzezeitlichen skandinavischen Felsritzbild
von Lövasen / Schweden