WODANS PLAN ?
 
Wär’ es vermessen, wär’ es ein Wahn,
wer sinnt und rechtet über Wodan ?
Wer könnte des Weltgeistes Plan erseh’n,
wer den Gang der Geschichte versteh’n ?!
 
Der Mensch hält vieles in seiner Hand,
er ist der Herr von Ehr’ und Schand’.
Und ohne Ehre gilt er nichts -,
so ist der Spruch des Weltgerichts.
 
Die Ehre ist des Menschen Teil,
in ihr liegt alles Himmels-Heil.
Doch Sieg und Unsieg liegt an Gott,
er sagt das große Hüh und Hott.
 
Der eine steigt, der andere fällt.
Oft ist der Fallende ein Held,
der Sieger doch ein Schurken-Hund.
Macht Gott mit Schurken seinen Bund ?
 
Kein Weiser weiß der Gottheit Sinn,
wo zielt des Wodans Speerwurf hin -,
gibt er Triumph, gibt er den Tod ?
Das ist des Himmels Rätselnot !
 
Bild: Wodan von Franz Stassen (1869-1949)
 
PS: „Hüh und Hott“ bedeutet in der deutschen Fuhrmannssprache „links“ und „rechts“ herum. „Hüh“ wird auch als Kommando für „vorwärts“ gebraucht. In der Alltagssprache haben sich diese Befehle vor allem in der Redewendung „mal hü, mal hott sagen“ erhalten, mit der Bedeutung „heute so und morgen genau das Gegenteil“ (wörtlich: „mal linksherum, mal rechtsherum“). Im übertragenen Sinne kann es auch „mal falsch, mal richtig“ bedeuten, wobei „links“ immer als Synonym für „das Falsche“ steht.