28. Juni 2015

Harmannus-Säule_neu.JPG

Aufnahme des Hartmannus-Kopfes durch einen Freund, Januar 2024. Hier ist die gespaltene Zunge, von der die beiden Flügel-Drachen (kirchliches Sinnbild des Teufels) „heidnischer Lügen“ ausgehen, sehr deutlich erkennbar, ein typisches Verteufelungs-Indiz der Mittelalter-Kirche, mit der sie die unterstellte Lügenhaftigkeit des Heidentums zu markieren gewohnt war.
 
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GoslarSäule.JPG
Hartmannus-Bestien-Säule - Domvorhalle zu Goslar
 
DIE HARTMANNUS-SÄULE ZU GOSLAR
 
Die Stiftskirche „St. Simon und St. Judas“, eine einstmals prachtvolle Säulenbasilika stand genau gegenüber vom Regierungssitz der deutschen Kaiser und war das größte „Gotteshaus“ der Kaiserstadt Goslar. Die von Kaiser Heinrich III. in den Jahren 1047-1056 errichtete Kirche soll Vorbild für viele andere sakrale Bauwerke in Deutschland gewesen sein. Sie wurde 1819/22 wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Domvorhalle wurde im Jahre 1150 fertiggestellt. Sie ist der einzige Gebäudeteil, welcher von dem Kirchenbau übriggeblieben ist. In ihr werden heute die erhalten gebliebenen Denkmäler aus der Stiftskirche und eine Kopie des Throns der ersten deutschen Kaiser aufbewahrt. Das Original befindet sich in der Kaiserpfalz. Ein verbliebenes Relikt ist die im einstigen Eingangsbereich befindliche „Bestien-Säule“, oder „Hartmannus-Säule“ genannt, mit sehr ungewöhnlichen aber verständlichen Darstellungen. Die Reliefs der Vorhallensäule sollten den in den Kirchenbereich eintretenden Menschen, die damals zum Großteil den Christenlehren ohne tieferes Verständnis gegenüber standen - lediglich „Taufchristen“ waren - die Symbole ihres Altglaubens vorführen, dem sie, nach den Erwartungen der klerikalen Obrigkeit, abzuschwören hatten. Das Bestiensäulen-Relief stellt eine Menge altgläubiger Symbole dar innerhalb der Maschen eines Netzes gefangen erscheinen sollen.
 
 
Hartmannus-Würfelkapitell
 
Der Säulenkopf zeigt ein Würfelkapitell mit der Darstellung eines Heidenkopfes - etwa gleich auf allen vier Seiten - dem zwei geflügelte Drachen aus dem Munde kommen. Der Flügeldrachen ist in der Zeit der Romanik das übliche Ausdrucksmittel für den Teufel bzw. „teuflische“ antikirchenchristliche Gedanken und Unternehmungen. Zum anderen gehen die beiden an den Hälsen verschlungenen Drachen im antiheidnisch-kirchlichen Propagandakonzept verballhornend auf die altgläubige Vorstellung der Doppelschlange ein, welche das Seelenleben und den Wiedergeburtsglauben versinnbildlichten. Der darüber befindliche Schriftzug nennt weder die an Gebäuden dieser Art üblichen Namen wie Jesus, Maria oder Johannes, sondern eine zunächst scheinbar völlig unbekannte Person namens „Hartmannus“.
 
 
 
Dass es sich bei dieser Inschrift eigentlich um keine Schöpfer-Signatur, also den Hersteller-Namen des Steinmetzkünstlers handeln kann, ist so gut wie jedem urteilsfähigen Fachmann klar. Eine solche wird an bescheideneren Stellen angebracht oder durch ein Steinmetzzeichen angegeben. Vielmehr muss mit dieser markanten Überschriftung derjenige gemeint sein welcher darunter ins Bild gesetzt wurde. Wir haben fraglos mit dem Heidenkopf eben diesen Hartmannus vor uns. Unter dem „Mannus“ verstanden die Altdeutschen nicht einen Mann sondern den Menschen schlechthin, der aus seinen Teilhälften Mann und Weib besteht. Es handelt sich um den germanisch-altdeutschen Begriff für das Menschentum. Zur Deutung des Kapitell-Bildes wird - wie üblich im kirchenchristlich dominierten Nachkriegsdeutschland - eine Menge jegliches Verständnis entbehrenden Unsinns geschrieben. So lautet ein dümmlicher Kommentar im Netz: „Ob dann wohl die Ungeheuer der Vertreibung böser Geister dienten ?“ Die beiden „Ungeheuer“ (Flügeldrachen), die dem Heiden aus dem Mund fahren, könnten keine bösen Geister vertreiben, sie stellen „böse“ Heidengeister dar ! So kann mit dem als Heide gebrandmarkte „Hartmannus“ nur das personifizierte hartköpfige Altheidentum gemeint sein, mit dem die kirchliche- und weltliche Obrigkeitsära der Romanik noch heftig zu kämpfen hatte.
 
Nur will die Inschrift, welche dem Namenszug folgt, zur vorgetragenen Plausibilität nicht recht passen. Nach dieser scheint es der Name des Handwerkers zu sein, der die Säule erschaffen hat: „HARTMANNVS. STA-TVAM FECIT BASIS-Q (VE) FIGRAM“ (Hartmannus machte Säule und Basis ….). Der Personenname bzw. Vornamen Hartmannus ist nicht unbekannt, so gab es einen Hartmannus Helfenstein (1679-1771) in der Schweiz. Auch als Familienname ist der Namen belegt. Ein „Hartmann von Brixen“ (1090-1164) wurde in der Nähe von Passau als Sohn einer wohlhabenden, nicht adeligen Familie geboren. Seine Verehrung als „Seliger“ wurde 1784 päpstlich bestätigt. Ein Bild ist von ihm bekannt, wo „Der heilige Hartmannus, Bischoff zu Brixen“ sich mit entblößtem Oberkörper von einem geistlichen Diener auspeitschen lässt, während er in seiner Zelle vor einem Kruzifix kniet. Dass es den bürgerlichen Namen „Hartmannus“ gegeben hat, erklärt nicht die Betittelung des Heidenkopfes als Krönung der „Bestiensäule“.
 
5. Rune - mannus-Zeichen = Hieroglyphe für die „Menschheit“
 
Eine Erklärung zur Fragestellung bietet sich an: Die Goslarer „Bestiensäule“ der Domvorhalle war zur Zeit ihrer Herstellung ohne Beschriftung, aber der Begriff für ihr Kapitell wurde vom Volksmund genutzt und tradiert, im Sinne des „hartköpfigen Altheidentums" das da verbildlicht war --, und Jahrhunderte später wurde erst im Hochmittelalter - weil keiner mehr die Ursprungsbedeutung des „Hartmannus“ verstand - die zusätzliche Beschriftung im Sinne der heutigen Herstellererklärung eingemeißelt. Das würde auch erklären, warum - wie mir scheint ? - die Buchstaben einen etwas geringeren Verwitterungsgrad aufweisen als das darunter liegende Kopfrelief. - Trifft diese Deutung zu, würde sich auch das doppelte Drachenbild erklären als Nachvollzug des im 12. Jh. natürlich den Gebildeten noch vollends bekannten Runen-Hieroglyphen der mannus-Rune, welche als Menschheitszeichen, die in der Weltrealität nicht zu erkennende imaginäre Doppelwesenheit „des Menschen“ versinnbildlicht, nämlich die sich nur im Kreuzungspunkt berührenden Teilwesenheiten von Frau und Mann -, welche Martin Luther noch korrekt „Mann und Männin“ nannte, also Menschen-Frau und Menschen-Mann. Dann meinen die beiden Hartmannus-Drachen des Hartmannus-Kapitells die heidnische Frau und den heidnischen Mann.
 
 
HARTMANNUS

Mann und Männin die Menschheit ist -
im Ideal ganz ohne Zwist -
ergänzt die Frau sich mit dem Mann,
zum Menschenwesen-Zwie-Gespann.
 
Der „Mannus“ stand in alter Zeit
als ein Begriff für Mensch bereit.
Verschieden ist der Menschen Art,
von Urzeit bis zur Gegenwart.
 
Was mancher Menschen Fehler sind,
sind wankelmütig wie der Wind,
verraten eigenes Volks-Gesetz,
vertrauen fremdem Trug-Geschwätz.
 
Nur denen die mit starrem Kopf,
  kein Schicksalsschlag verdreht den Schopf,
die Harten bleiben sebst sich treu,
so scheidet Weizen sind von Spreu.
 
Wer hartnäckig ein Heide blieb,
der war dem Klerus gar nicht lieb,
der wurd' geschmäht und verunglimpft,
„Hartmannus“ hat man ihn geschimpft.