29.02.2024

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Inkorrekter Netz-Text: Geschichte der Runengymnastik

„Bei der Runengymnastik (auch als Runenturnen, Runenstellen oder Runen-Yoga bezeichnet) handelt es sich um die Nachbildung altnordischer Runen-Zeichen durch den menschlichen Körper. Diese Körperpraxis wurde in Deutschland in den 1920er Jahren durch Friedrich Bernhard Marby (1882-1966) in Stuttgart und Siegfried AdolfKummer (1899-1977) in Dresden popularisiert. Das Einnehmen einer Runenstellung wird dabei meist mit der Intonation des Namens der gestellten Rune verbunden (Runen-Gesang bzw. Runen-Raunen). Als Runen werden jene Schriftzeichen der nordeuropäischen Ethnien während der Spätantike und des Mittelalters bezeichnet, die, archäologisch nachweisbar seit dem zweiten nach-christlichen Jahrhundert, auf Gehrauchsgegenständen und Runensteinen - meist zur Besitzanzeige sowie in magischer Absicht - angebracht wurden (Baumeister 2002). Zur Herkunft der Runen existieren unterschiedliche Theorien, die sich aber in der Annahme eines kulturellen Transfers von Alphabet-Vorlagen aus dem südeuropäischen Raum (etruskisch/römisch) bzw. aus dem vorderen Orient (phönizisch) überschneiden.“

Ein scheinbarer Experte namens René Gründer fabrizierte den Text von „Runengymnastik - Die soziale Konstruktion eines esoterischen Körper-Kultes“ (2012). Dazu ist korrigierend anzumerken: Nicht erst ab dem 2. Jh. n.0 sind Runen als Schreibsystem fassbar, sondern bereits mindestens mit dem Beginn kirchenchristlicher Zeitrechnung, also seit um 2.000 Jahren. Der gute Herr Gründer geht da aber einer Sache nach, die es in der Realität gar nicht gab und das ist höchst albern. Ich vermute, der Autor hat sich nicht genügend, also nicht hinreichend über sein Thema informiert. - René Gründer, MA, Dipl-Soz.päd. (FH), geboren 1975 in Zittau, erforscht seit 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes für Soziologie der Universität Freiburg im Rahmen eines DFG-Projektes die „Inszenierung des 'Germanischen' im Neuheidentum der Gegenwart“.

1.) Denn der gesamte Runen-Schwulst von Marby und Kummer, besonders des erstgenannten, ist eine Luftnummer und ein Schattenboxen; seine 18-er Runenreihe gibt es nicht, hat es nie gegeben, ist eine neuzeitliche Erfindung des Wieners Gido List (1848-1919). Die ca. 2.000-jährige Ur-Runenreihe umfasst 24 Stäbe, die jungere wikingerzeitliche Runenreihe besitzt 16 Buchstaben oder Stäbe. Dann gab es noch beispielsweise die mönchisch-angelsächsische von 33 Buchstaben. Die 18 Zeichen aufweisende Runenreihe ist das absolut unmaßgebliche Produkt von Herrn List.

2.) Weil Herr Gido List niemals ernsthafte Forschungen über Runen betrieben hat und allein seinen haltlos-unhistorischen Fantasien folgte und auch den Fantasien seines Bekannten, dem Teppichdisigner Friedrich Fischbach, der seinen Kopf voll hatte mit iranischen Feuerkult-Teppichmustern, sind die List'schen Deutungen über die einzelnen Runen - die nun über 100 Jahre alt sind - in der Regel völlig daneben gegriffen. 

3.) Weil die List'schen Runenerklärungen Humbug sind und somit ebenso die seiner epigonalen Abschreiber Marby und Kummer, stimmt nicht nur die geamte 18-er Runenreihe nicht, sondern auch nicht die Begriffe der einzelnen Runen - also die Zugrundelegung der gestellten oder getanzten Runen-Formen.

4.) Der nächste Schwachsinn ist das Hexagramm, in welches die Runen hineinpassen sollen. In Wahrheit sind die runischen Ursprungszeichen zum Teil mit Rundbögen ausgerüstet, die kantigen Formen sind das Resultat einer sekundären Entwicklung, die erst durch den hölzernen Schreibgrund erzwungen wurden. Auf dem Medium Stein/Felsen zeigen die Runen ihre ursprünglichen Rundformen. Keine Rune passt genau genommen in eine hexagonale Grundform hinein. Mit Fug und Recht lässt sich sagen, dass die Zusammenschau von Runen und dem Hexagon die Schnapsidee eines Fantasten war, nämlich eines böswilligen Eulenspiegels vom Clouer eines Cornelius over de Linden (1811-1874), mit seinem fantastischen christlich-antipreußischen Roman „Ura-Linda-Chronik“.         

Dieser gesamte beschämende, lang überholte Runen-Spuk wird heute von anachronistischen oder besser gesagt - skrupellosen Geschäftemachern - in den gewinnorientierten Verlagsanstalten am Scheinleben erhalten, indem der alt-übersäuerte Runen-Lügen-Most immer erneut in frische Schläuche gefüllt wird, womit junge naive Leser zu ihrem Nachteil eingefangen und besoffen gemacht werden sollen. Auf Wahrheitsvermittlung kommt es diesen schäbigen Verlagen nicht an, es geht um Profit und um sonst leider nichts !

Unter dem Begriff Schwulst versteht man eine ungebührliche Übertreibung oder Aufblähung. Genau das geschah in lächerlicher Art und Weise mit dem Hirngespinst des Gido List, das auch „Armanen-Futhark“ genannt wird, nämlich die Blödsinnigkeit der 18er Runenreihe. Sie nahm der Runen-Ignorant Marby für bare Münze, erfand dazu die sog. Runen-Körperhaltungen und lehrte seine Pseudowissenschaft unter seinem Motto: „Runen raunen richtig Rat!“ Auf den halbkriminellen Querulanten Marby (Darlehen-Betrug) wollen wir hier an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Er wurde in WK II. von den NS-Behörden, als Runen-Spintisierer, in Haft (zuletzt KL-Dachau) genommen, um die Unruhen die er verursachte, nicht weiter um sich greifen zu lassen, was in Kriegszeiten notwendig erscheinen mag. Weder ist er in irgendeiner Art bedrängt oder geschunden worden, er wurde lediglich in der KL-Küche stillgestellt und machte nach dem Krieg in Gestalt seiner unheilvollen Geisterverwirrung dort weiter wo er vor seiner Inhaftierung zwangsweise aufgehört hatte. Sein nicht weniger beschränkter, unkritischer Anhänger und Verkünder war ein Rudolf Arnold Spieth, der sich selbst als Vorsitzender des „Bundes der Runenforscher Deutschlands“ bzw. des „Internationalen Zentralverbandes germanischer Runenforscher“ titulierte. Noch in den 1957/85/87 erschienen Büchern „Der Weg zu den Müttern“ (S. 8f) und „Die drei Schwäne“ (S. 152f) erwähnte Marby die 24er Ur-Runenreihe mit keinem Wort. Für ihn, den eifrigen Nachbeter aller List’schen Skurrilitäten, galt die jüngere 16er Runenreihe irrigerweise als die ursprüngliche. Ich beurteile F. B. Marby ausdrücklich NUR hinsichtlich seiner falschen Auslassungen über Runen, seine übrigen Postulate - ausgenommen seine verquaste Christophilie - werden hier an dieser Stelle nicht beachtet. Gesetzt den Fall, es hätte tatsächlich Runenmagier, also Erilari, gegeben, die den 24er Runen-Reigen gestellt oder getanzt hätten, um ihn zu verinnerlichen bzw. sich mit den magischen Zeichen ganz zu identifizieren, dann ausschließlich mit den 24 Ur-Runen und nicht mit den Produkten von den Herren List oder Marby.