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Abb. 3
 
 
Helm „Negau-B“
 
Im Jahre 1811 brachte der Depotfund von Ne­gau (südl. Steiermark) 26 Bronzehelme ans Licht, zwei davon („Negau A u. B“) schenkten die bislang früheste Feststellung germani­scher Worte, geschrieben mit alpenländischen Buchstaben. Wahrscheinlich handelt es sich um die geraubte oder geborgene Votivgaben­sammlung aus einer Kultstätte -, die Ablegung in einer Waldparzelle von Negau, im Hügelland der „Windischen Bühel“, erscheint zufälliger Art. Allerdings steht eine wissenschaftliche Grabung am Fundhügel noch aus. Die Negauer Helme werden fachlich so beschrieben: Krempe, eine steile hohe Kalotte (Kugelkappe) und eine „Kehle“ an der Kalottenbasis. An der Krempen-Unterseite konnte ein Futterblech befestigt werden, zwecks Haltung des Helmfutters. „Negau-B“ zählt zum „italisch-slowenischen Typ“, der ältesten Serie von den im Südostalpenraum hergestellten „Negauer Helmen“, welche in die erste Hälfte des 5. bis in das beginnende 4. Jh. v.0 datiert werden. Der Fachwissenschaftler Prof. Dr. Markus Egg teilte mir auf Anfrage mit, dass „Negau-B“ im Helminneren - das in antiker Zeit ein Lederfutter verdeckte - das Zahlzeichen XIIX eingeritzt ist, „d. h., dass diese Zeichen entweder schon bei der Herstellung, vor dem Einbau des Lederfutters, oder erst nach der Entfernung des Futters, als die Helme z. B. in einem Heiligtum geweiht und nicht mehr als Waffe eingesetzt wurden, angebracht werden konnten.“ Während der Helm-Typ selbst aus sehr viel früherer Zeit stammt, werden die Inschriften um 100-50 v.0 datiert. Inschriftenkundler vertreten die Auffassung, dass diese nordetruskischen Schriftformen zumeist um 90 v.0 vom lat. Alphabet verdrängt worden seien. Doch alpenländische Inschriften unterschiedlicher Alphabetformen finden sich bis zum Beginn unserer Zeitrechnung. Bei der Grabung unter den Trümmern eines Herrensitzes der eisenzeitlichen Siedlung am Pirchboden bei Fritzens / Innsbruck kam das Teilstück einer zerstörten Harfe zu Tage, mit alpenländischer bzw. rätischer Inschrift. Die Ausgräber vermuten, der Zerstörungshorizont stamme aus der Eroberung des Alpenraums durch die Römer im Jahr 15 v.0. Die Art der Negauer Helme wurde ursprünglich von den Etruskern entwickelt, sind jedoch im alpinen Raum noch lange weiter fabriziert worden und zwar in einigen keltischen Rückzugsgebieten bis ins 2. und 1. Jh. v.0. Ein auf das 2.-1. Jh. v.0 datierter alpiner Helm vom Typ Negau fand sich z.B. in Saulgrub / Lkr. Garmisch-Partenkrichen; er trägt ebenfalls eine knappe Buchstabenritzung. Herr Dr. Markus Egg war so freundlich, mir mitzuteilen (Mai 2013), das jüngste Exemplar aus Idrija bei Baca datiere in das 1. Jh. v.0 Für die Inschriften gilt das Gleiche wie für die Helme, sie wurden gebietsweise weitergetragen als sie schon längst aus der Mode waren. Die von unterschiedlichen Händen vorgenommenen Negauer Helmgravierungen könnten zu Beginn des 1. Jhs. v.0 erfolgt sein. Auf der Krempe von „Negau-B“ ist der Text einer Weihein­schrift bzw. Bittformel eingeritzt: „harigastiteiva“ (urgerm. harja-gasti-teiwa), „Gast des Heeres / Kampfes Tiwaz“, woraus sich zwanglos lesen lässt: „Gott sei/ist beim Heer/Kampf“. Teiwa ist als westgerm. Form für Gott/Himmelsgott, indogerm. deiwos, lat. divus, urgerm. Teiwaz / tiwaz, altengl. Tīw, altnord.Tyr, in Völuspá: tivar Pluralform von Gott, griech. Zeus, ahd. Ziu / Tiu / Tiuz. (Abb. 3) Die Entstehungsursache der Inschrift wäre erklärlich:
 
Es gilt der Fachwelt gut begründet und gesichert, der erste Impuls zur Entwicklung germ. Runen müsse aus alpenländischen Schriftformen gekommen sein, vor deren Verdrängung und Untergang durch die Lateinschriften. Schon der norwegische Sprachgelehrte Carl J.S. Marstrander erwog, wegen des in Frage stehenden Zeitfensters, die Kimbern als Schöpfer und Vermittler. (Helmut Arntz, „Runenkunde“, 1935, S. 79ff) Seit 120 v.0 waren die aus Jütland aufgebrochenen, neuen Lebensraum suchenden germanischen und gallischen Stämme der Kimbern, Teutonen und Ambronen auf Wanderschaft. Die Hauptschar zog der Elbe entlang südwärts über Schlesien, Böhmen und Mähren wo die keltischen Boier wohnten, durchdrangen Österreich, gelangten in die Ostalpen zu den ebenfalls keltischen Norikern und südlich nach Illyrien zum Flussgebiet von Save, Drau und Donau. Anzunehmen ist, dass die Teutonen, unter ihrem König Teutobod, dort, am südöstlichen Punkt ihres Wanderweges, eine gewisse Zeit gelagert haben. Die Erinnerung daran könnte im Namen des röm. Kastells „Teutiburg­ium“ (germ. Volksburg) erhalten geblieben sein, er wurde erstmals im 2. Jh. n.0 vom Geographen Claudius Ptolemäus erwähnt. Die späteren Heerlager gotischen, germanischen Volks kämen für die Namensprägung nicht Betracht, aber auch eine noch ältere Volksburg bzw. ein Marschlager der Kelten könnte in Erinnerung geblieben sein. Nach der röm. Provinzeinteilung Diocletians zur späteren Kaiserzeit ist es die Region „Pannonia-Inferior“, wo „Teutiburg­ium“, südöstlich des Städtchens Mursa, unmittelbar an der Donau, heute bei der kroatischen Ortschaft Dalj zu finden ist. Um einen bildhaften Eindruck des Kimbern- und Teutonenzuges zu gewinnen, an dem Kelten beträchtlichen Anteil hatten, hören wir den Historiker Diodorus-Siculus, der sich in den 50-er Jahren v.0 in Rom aufhielt, wie er die Kelten beschreibt: „Ihr Anblick war furchterregend ... Sie sind hochgewachsen, mit spielenden Muskeln unter weißer Haut. Ihr Haar ist blond, aber nicht nur von Natur, sie bleichen es auch noch auf künstliche Weise, waschen es in Gipswasser und kämmen es von der Stirn zurück nach oben. So sehen sie schon deshalb Waldteufeln gleich, weil ihre spezielle Wäsche das Haar auch noch dick und schwer wie Pferdemähnen macht. Einige von ihnen rasieren sich den Bart ab, andere, vor allem die Vornehmen, lassen sich bei glattgeschabten Wangen einen Schnurrbart stehen, der den ganzen Mund bedeckt und beim Essen wie beim Trinken als ein Seiher wirkt, in welchem Nahrungsteile hängen bleiben … Gekleidet sind sie, das ist verblüffend, in grell gefärbte und bestickte Hemden. Dazu tragen sie Hosen, die sie ,bracae’ nennen und Mäntel, welche auf der Schulter von einer Brosche festgehalten werden, schwere im Winter, leichte im Sommer. Diese Umhänge sind gestreift oder kariert, wobei die einzelnen Felder dicht beieinander stehen und verschiedene Farben aufweisen.“ - „Sie tragen Bronzehelme mit großen getriebenen Figuren darauf oder auch mit Hörnern, die sie noch größer erscheinen lassen, als sie ohnehin schon sind … während andere sich in eiserne, aus Ketten zusammengefügte Brustpanzer hüllen. Aber die meisten sind mit dem zufrieden, was die Natur ihnen an Waffen mitgab: sie gehen nackt in die Schlacht.“
 
Von Tauriskern und Skordiskern scheinen die Einwanderer beherzten Widerstand erfahren zu haben, so dass sie sich den Ostalpen zuwandten. Um ein möglicherweise geplantes Einrücken in Oberitalien zu verhindern, sie davon abzulenken, gaben unehrliche römische Gesandte des Konsul Carbo vor, ihnen bessere Siedlungsgebiete anzeigen zu wollen, waren jedoch bedacht, sie in die Irre zu führen. Die Wanderscharen wurden dann im ostalpinen keltischen Königreich Noricum bei Noreia 113 v. 0 während einer Rast überraschend von römischen Truppen überfallen. Es finden sich viele gute Gründe, das Ereignis bei der norischen Siedlung an den Hängen und am Gipfelplateau des Magdalensbergs, etwas nördlich von Klagenfurt am Wörthersee, zu verorten. Die Kimbern und Teutonen siegten in dieser Schacht, zogen darauf nach Westen in Richtung Gallien ab, so dass  sich die Vermutung aufdrängt, der Helm „Negau-B“ sei die Weihegabe eines dankerfüllten teutonisch-kimbrischen Anführers an den „himmlischen Vatergott“. Bestätigend mutet der römische Bericht an, die Kimbern hätten bei Verträgen ihre Eide auf einen ehernen Stier geschworen, dem allgemeinen Attribut des majestätischen indogerm. Himmelsherrn. Die Inschrift hat er sich - so lautet das Erklärungsangebot - von geübter, kundiger Hand, vielleicht in einem Tempel von, oder nahe Noreia, in dort landesüblicher Buchstabenmanier einritzen lassen. Dass es so geschehen sein könnte, geht aus den röm. Berichten hervor, die Germanen hätten sich auf die Erklärung der Römer hin, die Noriker wären ihre Freunde und Bundesgenossen, umgehend bereit erklärt, „das hätten sie nicht gewusst, sie würden diese sofort in Ruhe lassen.“ (Appian, „Celt.“) Ersichtlich versuchten die Landsucherscharen zunächst eine Verschärfung der Auseinadersetzung mit dem mächtigen Rom zu vermeiden und werden ohne Plünderungen und Verwüstungen durch Norika abgezogen sein. Der Fundort Negau / Negova liegt zwischen dem jetzt slowenischen Maribor-Marburg und dem deutsch-österreichischen Bad Radkersburg, ca. 120 km Luftlinie vom Magdalensberg, dem anzunehmenden Kampfplatz entfernt.
 
Zu hinterfragen wäre, wie die Negau-Helme zur Fundstelle gelangt sein könnten. Friedlich und einvernehmlich ging, wie archäologische Befunde nachweisen, die spätere Einverleibung des bis dahin unabhängigen Königreichs Norikums durch Rom nicht vonstatten, vielmehr wurde es 16 v.0 durch die Truppen unter Kaiser Augustus, gegen den Widerstand der Bevölkerung, in die tributpflichtige Abhängigkeit gezwungen und unter Kaiser Claudius (42-54 n.0) endgültig zur röm. Provinz gemacht. Noreia ergab sich nicht, es wurde niedergebrannt. Eine neuangelegte Römersiedlung, Virunum, am Fuße des Magdalensbergs, wurde als neue Hauptstadt der Provinz aus dem Boden gestampft. Plinius berichtet, dass Noreia in einem heldenhaften Kampf untergegangen ist (Plinius, 23-79 n.0, 19, 131: „... interiere ...Tauriscis Noreia ...“). In diesem Zeitrahmen, wäre anzunehmen, könnte die Bergung oder Verschleppung des Votivhelmhortes aus einem Norikumer Tempel auf dem Fluchtweg in die Gegend von Negau erfolgt sein.
 
Der hervorragende Erhaltungszustand der Helme setzt ihre langzeitige pflegliche Behandlung in einem Tempeldepot voraus, wie es bei den Kelten üblich war. So erzeigt es z.B. die Fundsituation des bayerischen Oppidum von Manching, wo im Zentrum auffällig viele Waffen lagen, die der Fachwissenschaft nur durch das Vorhandensein eines Heiligtums bzw. kultischen Waffendepots, erklärbar erscheinen. Neben der Frage, wie die Helme nach Negau gelangten, erhebt sich die Frage, wo kamen sie her ? Im slowenischen Stična fand sich ein solcher Helm -; die Fachwissenschaft geht davon aus, dass im Südostalpenraum diese Helme bis ins letzte Jh. v.0 produziert und im Gebrauch waren. Es wäre aber denkbar, dass der Kimbern-Teutonenzug bereits im Oppidum von Manching an diese Helme in größerer Stückzahl gelangte. Er wird diese riesige keltische Industrie- und Handelsstadt der Vindeliker, am Südufer der Donau bei Ingolstadt, kaum übersehen haben. Die gewaltsame Zerstörung und Plünderung Manchings scheint durch die Fundumstände wahrscheinlich: „Dass am Ende des 2. Jh. v. Chr. die Züge der Kimbern und Teutonen die keltische und bald auch die römische Welt in Angst und Schrecken versetzt haben, kommt hinzu, und wir können zumindest nicht ausschließen, dass Manching Opfer eines solchen Überfalls geworden ist.“ (S. Sievers „Krieger d. Latènezeit“, S. 58, in „D. kelt. Jahrt.“) In Manching fanden sich Scherben mit griechischen Schriftzeichen, es fand sich auch das bronzene Futterfragment eines Negauer Helmes. (M. Egg, „Italische Helme“, Monogr. RGZM 11, 1986). Von den 12 in Wien aufbewahrten Negauer Helmen weisen drei deutliche, zwei bis drei weniger gut sichtbare Hiebspuren auf, während Negau-B das völlig unversehrte, besterhaltende Stück ist. Der These steht kein unüberwindliches Argument entgegen, dass diese Helme von kimbrisch-teutonischen Männern in Manching oder einem ostalpinen Waffenlager aufgegriffen worden sind, dass sie von ihnen während des röm. Überfalls bei Noreia getragen wurden und man sie, nach glücklichem Ausgang, als Dankopfer in einem dortigen Tempel niederlegte. 
 
Helm „Negau-A“
 
Auch „Negau-A“ gehört der „Variante Vace“ südostalpiner Helme an, die ursprünglich in die 2. Hälfte des 5. und ins beginnende 4. Jh. v.0 zu stellen sind. Die vier zu unterschiedlichen Zeiten angebrachten linksläufigen Inschriften auf Helm „Negau-A“ stellen andersvölkische, wohl keltische und venetische Na­mensritzungen der diversen Helmbesitzer dar, darunter befindet sich ein germanischer „C[enturio] Erul“, falls das mit kleinem Abstand vorangestellte „k“ wirklich „Centurio“ sagen will. Wir hätten also einen germ. Hundertschaftsführer vor uns, der eine röm. Hilfstruppe (Auxiliarkohorte) anführt haben müsste. Wir kennen das Schicksal dieses Soldaten Erul nicht, sicher ist nur, dass auch er im ostalpinen Raum, bei den Norikern, Formen der alpenländischen Schreibschriften kennengelernt haben muss. Er könnte ein Teutone oder Kimmerier / Kimber gewesen sein, der nach den schrecklichen Niederlagen seines Volkes in den Schlachten von Aquae Sextiae (102 v.0) und Vercellae (101 v.0) ins römische Heerwesen eintrat -, in wieweit so etwas willig oder gezwungen geschah, entzieht sich unserer Kenntnis. Die röm. Historiker machen unterschiedliche Zahlenangaben über die getöteten, überlebenden, gefangenen und geflohenen Germanen. So wird bei der Schlacht von Aquae Sextia von 80.000 gefangenen und 3.000 entronnenen Teutonen geschrieben. (Orosius, V 16, 9-13) Vom Untergang der über die Ostalpen, also nach Norika zurückmarschier­ten, von der Höhe des Gebirges herabgestiegenen, nach Venetien hineinströmenden, in das fruchtbare Tiefland der Po-Ebene eingefallenen, sich dort zunächst dem Wohlleben ergebenden und schließlich zum Kampf um Rom aufstellenden Kimbern heißt es: „Ihre Reiter, die 15.000 Mann stark waren, zogen in glänzender Rüstung aus mit Helmen, die den geöffneten Rachen furchtbarer Raubtiere und seltsamer Tiergesichter glichen, da sie diese noch durch Federbüsche erhöht hatten, erschienen sie noch größer, mit eisernen Panzern und weißleuchtenden Schilden. Als Wurfgeschoss hatte jeder einen zweispitzigen Speer. Im Nahkampf gebrauchten sie große und schwere Schwerter.“ Auf den Raudischen Feldern wurden sie in einem unglücklichen Waffengang, an einem heißen Hochsommertag geschlagenen, wonach von 60.000 Gefangenen die Rede ist. (Plutarch, „Marius“, 25-27) Ihr König Boiorix fiel tapfer kämpfend in vorderster Frontlinie. Die verbündeten keltischen Tiguriner hatten als Rückendeckung die Norischen Berge besetzt, kamen deshalb nicht zum Kampfeinsatz und blieben verschont. (Florus I. 38, aus Livius) Es wird von einem im Kimbernkrieg versklavten Germanen erzählt, der in den Wirren des röm. Bürgerkriegs (88 v.0) den verurteilten Feldherrn Marius, den berühmten Teutonen-Überwinder, als Henker hinrichten sollte, es aber aus Achtung vor dessen Soldatenruhm verweigerte. (Velleius II 19,3) An den Sklavenaufständen, unter Hauptführung des Spartakus (73-71 v.0), waren Kimbern- und Teutonen­söhne beteiligt. Die röm. Historiker hinterließen die Feststellung, es waren hauptsächlich „Germanen und Kelten“. Die in Belgien stehen gebliebenen 6.000 Mann der Kimbern-Abteilungen, die nicht benötigtes Gepäck bewachen sollten, nannten sich Aduatuker. Fest steht, dass es nicht wenige Überlebende der nordgermanischen und keltischen Katastrophe gab und es darf als sicher gelten, dass auch schon vor Cäsar und röm. Kaiserzeit Brauchbare und Willige in die Legionen der röm. Militärmaschinerie als Hilfs- bzw.  sog. Auxiliar-Truppen eingegliedert worden sind.
 
DAS GOTTESURTEIL DES TEIWAZ
 
Über die geographischen Verhältnisse Oberitaliens waren Kelten und Germanen völlig im Klaren -, Teutonen sollten über die westliche, Kimbern über die östliche Einfallspforte in die Apenninhalbinsel einbrechen. Die geplante Zangenbewegung nahm aber einen unglücklichen Verlauf. Bevor es zur Schlacht von Vercellae kam, hatte der Kimbern-Heerführer Boiorix dem röm. Feldherrn Marius ein neuerliches Friedensangebot gemacht, seine Scharen würden auf den Kampf verzichten und Rom bei Bedarf als Soldaten dienen wollen, wenn sie das Land zur Feldbebauung behalten dürften. Marius lehnte ab, indem er siegesstolz den von ihm bereits gefangenen Teutonen-König Teutobod präsentierte. Auf diese Bestürzung hin forderte Boiorix die Römer auf, Tag und Ort des Kampfplatzes selbst zu bestimmen, womit die Kimbern dieser entscheidenden Schlacht um Italien den Sinn und die Weihe eines Gottesurteils zumaßen. Wie sehr in diesen alten Zeiten viel weniger Planung, Strategie und Organisation ein Rolle spielten als das Vertrauen auf die huldvolle Führung durch göttliche Mächte, ist aus dem Verhalten der Wandervölker abzulesen und kann, freilich in abgeschwächter Weise, auch aus den Gelübden des professionellen Soldaten Marius erkannt werden, der den Göttern eine Hekatombe versprach. Er hatte die Mittagszeit als Austragungszeit gewählt. Den von Norden vorrückenden Kimbern stand die Sonne ins Gesicht, so dass sie geblendet, die Schilde vor die Augen halten mussten. Die Strahlenglut der sommerlichen Himmelssonne des 30. Juli 101 v.0 hat sie um Glück und Leben gebracht. Die Kimbern und Teutonen führten, wie Plutarch („Marius“ 23) berichtet, ein ehernes Stierbild mit, auf welches sie Eide schworen. Als des Teiwaz Attribut muss das Stierbildnis gegolten haben. Wie auch die Griechen den ursprünglichen Zeus als Stiergott, als Sonnenstier verehrten und im antiken Rom der Stier ein Attribut des Jupiter war. Führernamen der keltischen Galater in Kleinasien, wie „Deiotaros“ (gallisch Dēvo-tarvos = Himmelsstier), sprechen von gleichen Anschauungen. Der höchste Himmelsherrscher hatte sich - so lautete die Erschütterung der Überlebenden - gegen seine Nordlandkinder entschieden -, das musste religionsgeschichtliche Folgen haben !