Bohlenfernstraße im Stapeler Moor, Uplengen / Lkr. Leer
 
Älteste Fernstraßen
und vorrunische Zeichen
 
Wieder war ich auf Tour, wieder in Richtung Norden, abends gelangte ich nach Oldenburg, stellte meinen Mitsubishi-Colt auf einem ruhigen Parkplatz ab und begann mich für den Rest der Nacht darüber zu ärgern, dass es den Autobauern völlig gleich­gültig zu sein scheint, wie ein erwachsener Mann in ihren Konstruk­ten zum verdienten Schlaf kommen soll, denn an ein Ausstrecken war ja nicht zu denken.  
 
Morgens stand ich als Erster vor dem Museum für Naturkunde und Vorgeschichte. Ich musste sie gesehen haben, die Sonderausstellung „Wohin die Toten gehen - Kult und Religion der Steinzeit“ (Nov. 2000-April 2001). Beeindruckend, die Rekon­struk­tion des Vierradwagens aus dem 3. Jahrtausend vor Null. Perfekt gearbeitete eisen­zeitliche Moor­bohlenwege mit den beiden Kultzeichen der „Brückenheiligen“ (Abb. 2), Moor­leichen und die erstaunlichen Funden des 4. und 3. Jahrtau­sends, die ein aus­ge­klügeltes Fernstraßennetz in Nord­deutschland beweisen. Eine schöne Sammlung von Fundnachbildungen wurde hier anschaulich zusammen­getragen. Unter anderem fand sich der Deckstein des Warburger Großsteingrabes (Kr. Höxter) ausgestellt, der aufgrund von Begleitfunden auf 2.974 v.0 zu datieren ist. Darauf sind einige Symbolzeichen zu finden, u.a. ein kleiner Ring als Sonnensymbol und ein U-förmiges Zeichen als Stier-Chiffre. Die beiden Sinnzeichen sind die frühen Vorläufer der 3. und 23. ODING-Rune, also unseres urdeutschen Schrift- und Sinn­zeichensystems.
 
In Campemoor, nahe Osnabrück, liegen die weltweit ältesten bislang gefundenen von Menschenhand ange­legten Wege („P 31“ gilt als ältester), sie verliefen durch einen Wald, überbrückten Hoch­moorflächen von einer Sandinsel zur anderen; sie wurden ge­schaffen zwischen 4.835 u. 4.715 u. 4.100 vor 0. Fünf Wege und zwei Stege sind bisher freigelegt. Der „jüngste“ entstand um 2.900 v. 0. Seit Jahren werden hier Pfahl­wege ausgegraben, die in früheren Jahrtausenden das Moor überqueren halfen. Auch der spätjungzeitliche Bohlenweg im Meerhusener Moor wurde 2.350 v.0 an­ge­legt, ist möglicherweise noch bedeutend älter. Es handelt sich um einen Bohlen­damm bei Aurich/Ostfries­land, welcher zu den ältesten befestigen Straßen­bauten zählt. Er führt, mindestens drei km lang, von der Geestplatte in Nähe des Großstein­grabes von Tan­nen­hausen über das Meerhusener Moor bis er wieder die nördlichen Geest­sand­bö­den errei­cht. In der Breite maß er um 4 m, durchschnittlich jedoch rund 2,8 m. Die Maximalbreite war nötig, weil er von Wagen mit starren Achsen befahren wurde, die auf engeren Spur­breiten nicht manövrieren konnten. Bei seiner Freilegung wur­den Teile des ält­esten jemals entdeckten Rades gefunden.
 
Abb. 2
 
Die norddeutschen steinzeitlichen Überlandwege, von vielen Kilometern Länge, waren sinnvoll und kunstfertig konstruierte Gebilde. Weil das Moor, je nach Niederschlags­menge, immer in Bewegung ist, durfte der Straßenaufbau nicht unbeweglich sein. Un­ebene Untergründe wurden mittels Strauchwerk aufgefüllt. Den jeweils zwei langen parallel liegenden Baumstämmen in Fahrbahnrichtung wurden Querhölzer von Birke, Eiche und Erle aufgelegt, wofür insgesamt rund 120 Hektar Wald abgeholzt werden musste. Schichten von Flechtmatten, Torf und Heidesoden deckten die Bahn zwecks leichterer Befahr­barkeit ab. Die Ausgräber fanden 12 zerbrochene Achsen, Deichseln und Eichenräder von 70 bis 90 cm Durch­messer, deren Laufflächenbreite sechs cm aufwies. Die verwendeten Fahrzeuge besaßen eine Spur­weite von 1,5 m. Sie wurden von Ochsen gezogen; mehr als 50 zwischen den Dammbohlen steckengebliebene Rin­derhufe erzählen von dramatischen Wagen­trecks über das Moor. Die Wagenreste stammen aus der Zeit von mindestens ca. 2.500 v.0. Wenn man bedenkt, dass die Indianer weder Räder noch Wagen kannten, als die ersten Europäer Amerika erreichten, kann man sich ein Bild von der weit vor­aus­eilenden über­legenen Innovationskraft un­serer eigenen Vorfahren machen.
 
Abb. 3
 
Südlich des Jadebusens u. Varel, zwischen Weser und Ems, finden sich Dutzende Boh­lenwege. Die vorzüglichsten bestehen aus sehr ebnen, glatt geschlagenen Eichen­bohlen, die an ihren Enden gelocht und durch Pflöcke mit den Unterbaulängsbalken so verfestigt sind, dass ein seitliches Verschieben unmöglich wurde. Auf den eisenzeitlichen Bohlen von Oltmanns­fehn, nahe Wilhelmshaven, vom Jahre 713 v.0, fand man einige runen­ar­tige Symbole, deren Sinn und Zweck bisher unerschlossen blieb (Abb. 3). Bei dem rekon­struierten Abschnitt der Fahr­bahn XLII (135 v.0) fand man zwei möglicherweise schütz­ende Kultfiguren an riskanter Wegstrecke (Abb. 2), sowie eine auf­recht stehende warnende Ver­kehrs­zeichen-Bohle, deren eingearbeitetes Symbol. Der wis­sen­schaftliche Kommentar dazu lautet: „Verblüffend ist, dass das heutige moderne Ver­­kehrszeichen für Hinweise auf Bodenwellen oder Schlaglöcher recht ähnlich aus­sieht.“ (Archäol. Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, 21/1998, S.48)
 
 
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STEINZEIT-RUNEN ?
 
Gab es in der Steinzeit Schrift,
die Frage ist noch offen,
wenn man auch auf Zeichen trifft,
ist Klärung kaum zu hoffen.
 
Symbole hat man zwar gekannt,
das ist korrekt ersichtlich,
doch keinen runischen Verband,
der wurde spät geschichtlich.
 
Fernstraßen hat man da gebaut,
im Steinzeit-Ur-Germanien,
war mit dem Holzbau gut vertraut,
das war kein Schlendrianien.
 
Wer Straßen baut hat Ordnungskraft,
hält Recht und Ruh’ im Lande -;
der Ochsenkarren Güter schafft,
vom Dorf zum Nordseestrande.
 
Sinnzeichen gab’s also gewiss,
das ist nicht anders möglich,
geistig herrscht’ keine Finsternis,
die Leistung war höchst löblich !