28.12.2023

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Das Buch „Germanische Magie“, dessen Titelgraphik (ODING-Runen-Jahrkreis) von mir stammt und ohne Erlaubnis benutzt wurde, im Arun-Verlag, von einem Autor namens „GardenStone“. Stefan Ulbrich vom Arun-Verlag wurde über die Rechte am Titelbild selbst getäuscht durch einen Franz Mack, der die Dreistigkeit aufbrachte, mein Werk (Zeichnung und Holzschnitzring) als seine eigenen Produkte auszugeben. Herr Ulbricht wurde juristisch verpflichtet, die gestohlene Graphik bei keinem seiner weiteren Verlagserzeugnisse zu verwenden.

„Binderunen“ 

Es handelt sich bei dem Machwerk, vom geklauten Titelbild bis zu den unseriösen Ausführungen, um den üblichen ahnunslosen deutschen Runenulk der jüngeren Zeit. Ich lasse den Textteil zu angeblichen „Binderunen“ folgen und kommentiere im Anschluss. Sollte einer meiner Leser das Buch besitzen und es mir kurzzeitig zur Verfügung zu stellen, wäre ich dankbar. Er würde  mich in die Lage versetzen, auch den Rest der Texte einer fachmännischen Prüfung zu unterziehen.

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Fantasie-Abbildung aus dem Machwerk

Der salbungsvoll-närrische Mystizismus liest sich so: „Im Grunde genommen ist eine Binderune, oft auch Sigille genannt, eine ,Rune‘, die aus zwei oder mehr Runen zusammengesetzt ist.

Die Vorteile der Binderune sind einerseits praktischer Art: Ein Wunsch in Runenschrift braucht mehr Raum als eine Komprimierung des Wunsches in ein einziges Zeichen. Auf einem Amulett nimmt es viel weniger Platz ein als die einzelnen Runen, aus denen die Binderune zusammengestellt wurde, und ein Außenseiter wird weniger schnell ahnen, um was es geht. Andererseits ist aber auch ein wichtiges Moment, dass eine Binderune länger und kräftiger wirkt als die einzelnen Runen.

Eine Binderune kann nach zwei unterschiedliche Methoden hergestellt werden:

● Buchstabenmethode 

Bei der Buchstabenmethode geht man so vor, dass man ein Wort oder einen kurzen Satz in Runenschrift niederschreibt und diese Runen dann in einem Entwurf kombiniert. Dabei soll man sich entscheiden, ob der Entwurf später noch ‚zurücklesbar‘ sein soll, d.h. dass die einzelnen Runen noch erkennbar sein sollten, oder ob die aktuelle Kombination zu wichtig für eine solche Beschränkung ist.

Bei einer Binderune, die zur Genesung bei einer Krankheit dient, könnte man also den Namen des Leidens als Text nehmen und diesen in Runenschrift schreiben. Diese Runen werden anschließend übereinander geschrieben und dann zu einem Zeichen vereinfacht und stilisiert. Während des Herstellens dieser Binderune konzentriert man sich maximal darauf, dass das Zeichen die Krankheit beseitigen wird. Die fertige Binderune wird auf dem Körper getragen, am besten auf der kranken Stelle, damit sie ihre beabsichtigte Wirkung ausüben kann.

Eine andere, eher schamanische Technik ist, bei der Anfertigung Konzentration und Visualisierung darauf zu richten, dass die Binderune die Krankheit aus dem Körper aufsaugt.

● Bedeutungsmethode

Die Bedeutungsmethode ist eine andere Technik für das Herstellen einer Binderune; dazu wählt man die einzelnen Runen nach ihrer inhaltlichen Definition für einen bestimmten Zweck aus und macht davon eine Binderune. Bei einem Leiden wählt man z.B. die Runen, die auf den entsprechenden Körperbereich einwirken. Diese werden dann in der beschriebenen Weise wieder zu einer Binderune umgeformt und anschließend angewendet.

● Einige allgemeine Anmerkungen zu Binderunen

Bevor man praktisch mit der Anfertigung einer Binderune beginnt, sollte man drei wichtige Überlegungen anstellen:

1. Wann soll die ‚Ent-Bindung‘ stattfinden? Wenn ‘man die Möglichkeit dazu nicht einbaut, besteht die Gefahr, dass die Rune sich später nicht mehr lösen lässt, und damit die Wirkung nicht angehalten oder beendet werden kann. Man bedenke also, wie lange die Binderune wirken soll für immer oder nur für eine bestimmte Zeit. Vorsichtshalber sollte man in der Regel die Wirkung einer Binderune‚ zeitlich begrenzen, indem man sich bei der Anfertigung darauf konzentriert und imaginiert, dass die Wirkung nach x Tagen nachlassen soll. AnschlieBend wird die Rune zu Asche verbrannt oder, wenn das Trägermaterial nicht brennbar ist, zerbrochen und zermalen und verstreut.

2. Gibt es bereits eine Binderune, die inhaltlich etwas mit dem Zweck der geplanten zu tun hat? Man muss also überlegen, ob man schon vorher eine andere Binderune gemacht hat, die den Zweck der neuen Binderune beeinfiussen kann, ja, den Zweck sogar völlig ändern könnte. Falls dies so ist, muss man entweder die Wirkung der früheren Binderune berücksichtigen oder diese erst ,ent-binden‘, bevor man aufs Neue ans Werk geht.

3. Die Form einer Binderune korrespondiert mit ihrem Zweck. Ein ausbalancierter Entwurf steht für Stabilität; eine Binderune, die als Zeichen künstlerisches Gleichgewicht ausstrahlt, beinhaltet auch größere Stabilität. Wenn die Binderune aber ‚Aktivität‘ bringen soll, dann ist ein offenes, dynamisches Zeichen besser. Das Zeichen muss jedenfalls grafisch seinen Zweck ausdrücken.“

Kommentar zum Thema Binderunen

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Binderunische Glückwunsch-Signatur auf der Rückseite der Plattenfibel vom Frauengrab 106 in Soest.

Dass man in der lebendigen Runenzeit auch Binderunen benutzte darf als sicher gelten, obwohl wir auf den vielen Amulett-Brakteaten keine finden, woraus hervorgeht, dass die Nutzung von Binderunen nicht als übliche und verbreitete Schreibweise bezeichnet werden kann. Aber ein Beispiel gibt es:

König „At(t)ala“ ist die Schreibweise der isländ. „Handschrift B“ der Thidrekssaga aus dem 13. Jh., sonst „Attila“, (altschw. Aktilius, Atilius) im Hunaland („Hünenland“). Sie berichtet von „Þiðrekr af Bern“ (Dietrich von Bern), unter dem man sich den Ostgotenkönig Theoderich den Großen (451-526) vorzustellen hat und/oder, durch die Vermischung mit einer westfälischen Sage, den Friesenkönig Atala, der im damaliges Zentrum des Hünenlands residierte, nämlich in Susa, dem heutigen Soest. Einige der reichen Gräberfunde vom Soester südöstlichen Stadtrand könnten bis in diese Sagenzeit reichen. Die meisten sind der Zerstörung durch Baumaßnahmen anheimgefallen. Insgesamt wurden 215 Bestattungen ergraben, von denen 202 von Menschen und 13 von Pferden stammten. Die meisten lagen in altgermanischen Baumsärgen. 11 Holzkammergräber sind typisch für die germanische Oberschicht des 6./7. Jhs. Der bekannteste Fund ist die prächtige goldene „Almandinenfibel“ aus dem Frauen-Holzkammergrab Nr. 106, mit ihrer rückseitigen Monogramm-Runenritzung. Der verdiente Forscher Heinz Ritter-Schaumburg deutete diese Runenanordnung in seinem Buch „Die Nibelungen zogen nordwärts“, 1981 wohl korrekt als rechtsläufige Zeichenfolge des Königsnamens „A-T-A-L-O“. Doch das Runenmonogramm sagt viel mehr aus. Die „o“-Rune ist demonstrativ hervorgehoben, über der ebenso hervorgehobenen „g“-Rune, des Malkreuzes, mit der Bedeutung „Geben und Nehmen“ bzw. „Vermehrung“. Es handelt sich dabei um eine runische Beschwörungschiffre an die Gottheit mit dem Sinn: „Gebe gutes Seelenheil-Schicksal dem Atalo“. Im Grab fand man eine Anhänger-Münze Kaiser Justinians I. (Prägezeit: ca. 555-565). Das Grab gehört zwar der merowingisch-heidnischen Zeit an, die Plattenfibel aber könnte noch älter sein. Unterhalb des Monogramms sind ebenfalls Runen eingeritzt: „rada:daða“. Beides könnten (nach Wolfgang Krause) germ. Frauennamen sein. Es wäre also so zu verstehen, dass die Schmuckfibel dem Atalo, mit der ihm gewidmeten Segensformel, von einer runenwissenden aber schreibungeübten Frau aus der Elite geschenkt worden ist; später kam sie in den Besitz der Dame von Grab 106. Ritter-Schaumburg deutete die Runenkombination als Königsmonogramm. Das ist sie sicher nicht gewesen, denn sie ist von unsicherer Hand geritzt worden. Erst während des Ritzens formten sich dem Verfasser die Gestaltungsideen aus, er verbesserte, er korrigierte daran herum. Keinesfalls war es die bestellte Arbeit eines Fachmannes. Es sieht nach der „Glückwunsch”-Signatur eines weiblichen Schenkers an den Fürsten Atalo aus.

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Die Binderunen-Abbildungen aus dem „GardenStone“-Buch (siehe oben), die sich ein närrischer Kopf ausgedacht hat, um etwas möglichst geheimnisvoll wirkendes Obskures seinen Lesern vorstellen zu können, dokumentieren einen derart albernen Unsinn, dass sich jeder germanische Runenkenner vor Lachen gebogen hätte. Warum sollten die genannten Gottheiten mit der Vielzahl von Runen in Kombinationen beschrieben werden, wo es doch so viel einfacher gegangen wäre, wie ich im Folgenden darlege:

                                   Freya = Rune_P.png- Thor =  Rune_D.png - Odin =  Rune_A.png - Loki = Bilder_2.png - Tyr = Rune_T.png

Es bedarf, weißgott, keiner jeweils 4/5 einzelne Runenstäbe, um eine der germ. Hauptgottheiten zu beschreiben, das ist kindsköpfig gedacht. Je größer und erhabener etwas ist, um so einfacher und klarer ist es symbolisch erklärbar.

Natürlich darf man mit Runen und Binderunen spielerisch experimentieren. Dazu heißt es auf einer nicht sehr ernst zu nehmenden Hexen-Seite: „Binderunen sind beliebt. Ich kann das gut verstehen, versprühen sie doch schon allein durch ihre Optik einen besonderen Zauber. Im Grunde ist dies nichts anderes als Sigillenmagie - nur eben mit Runen. Was aber ist das nun genau, wann und wozu sollten Bindenrunen eigentlich genutzt werden?“ Dann folgen einige Vorschläge, zu denen ich keine Stellung beziehen will: 

Algiz + Berkana = Schutz für Frauen
Hagalaz + Thurisaz = Zerstörung (VORSICHT)
Laguz + Wunjo + Sowilo = Leichtigkeit, im Fluss sein, Sonnenkraft
Jera, Perthro, Berkana = Heilungsprozesse auf den Weg bringen
Fehu, Dagaz, Algiz = Schutz bei finanziellen Notfällen
Algiz + Mannaz = mehr Selbstsicherheit
Othala + Isa = von etwas Abstand nehmen
Wunjo + Naudhiz + Mannaz = Freunde finden
Hagalaz + Eihwaz + Algiz = Schutz gegen böse Kräfte
Fehu + Othala + Jera = Geldfluss in Gang bringen
Fehu + Perthro + Berkana = spirituelles Wachstum

Neben der ernsthaften Arbeit mit Runen müssen die Experimentierfreude und die persönliche Kreativität grundsätzlich erwünscht bleiben. Doch die unabdingbare Voraussetzung dazu ist, dass die Runen in ihren Grundcharakteren einigermaßen verstanden wurden, damit etwas Sinnvolles und logisch Nachvollziehbares entsteht. Wer den Unsinnsschulen folgt, jener unvernünftigen Mystagogen: Guido List (18er Armanen-Runen u. Schleipfers „Norning“-Quark), John-Gorsleben (Hexagramm-Manie), F.B. Marby-Hokuspokus, Karl Spiesbergers Runenexerzitien, letztlich auch die Runenverdrehung durch Herman Wirth, kann zu keinem gehaltvollen Ergebnis gelangen. 

Neudeutscher Runen-Schmarrn

DAS LARIFARI DES GUIDO LIST >>
https://oding.org/poesie-2/raetsel/das-larifari-des-guido-list

JOHN-GORSLEBENS RUNEN-GAGA >>
https://oding.org/poesie-2/raetsel/gorslebens-runen-gaga

John-Gorslebens runische Pseudologie >>
https://oding.org/poesie-2/raetsel/john-gorslebens-runische-schein-logik

Ratloser Runen-Rabauke >>
https://oding.org/poesie-2/raetsel/ratlose-runen-rabauken

DER MARBY-HOKUSPOKUS >>
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