IN BEARBEITUNG !
 
Die 7 - Rune_B.jpg - Der Göttin (ge)rechte Zeit
 
Da in der 7 die 3 des Geistes und des Himmlischen, aber ebenso die 4 der Erde und der Körperlichkeit enthalten sind, ist sie die Zahl, die sowohl Geistliches als auch das Weltliches umspannt. Man spricht von 7 Himmeln, Höllen, Wandelsternen und ihren Metallen, Lebensaltern des Menschen, Säulen der Weisheit, Wochentagen, Noten der Tonleiter, Weltwundern, usw. Sie bedeutet Verschmelzung der Gegensätze, sie ist Mond- und Frauenzahl, bedeutete „Jungfräulichkeit“ sowie „die rechte Zeit“ und wurde somit auch Zahl der Großen Göttin.
 
Zahl der Zeit
 
Als Zeitzahl steht die 7 in alter Tradition: Schon der Atharvaveda (19.53,2) sagt: „Mit sieben Rädern fährt dieZeit da­hin; sieben sind ihre Naben; Unsterb­lichkeit ist gewiss die Achse.“ Von Babyloniern wurde sie als hl. Vollzahl gefasst, „Siebenmal“ be­deu­tete „immer“. Den Pythagoreern galt sie als „Zahl der rechten Zeit“, sie verglichen sie auch mit dem Lenker des Weltalls. Noch Agrippa von Nettesheim sprach von der „Zahl Sieben [...], die das Symbol der Zeit ist“. („Die magischen Werke“ I-III, S. 216) Solche Wertschätzungen verdankt die 7 letztlich wohl der Nächtezahl eines sideri­schen bzw. drakonitischen Mo­nats. Das ist der 28-tägige (27 Tage und 8 Stunden) Rundlauf des Mondes um die Erde, nach dem er sich wieder am selben Ort des Fixsternhimmels aufhält. Nach traditi­oneller Vorstellung durchwandert er dabei 28 Stern­gruppen, sog. Mondstationen. Deshalb sprechen die spätantiken griech. Zauberpapyri von 28 Gestalten, Namen, Zeichen und Symbolen der Mondgöttin Mene/Selene. In dieser 28er Periode (4x7=28 Tage) zeigt der Mond (die Meine) seine 4 Phasen in Vollkommen­heit. Daraus leiten sich 7 Wochentage ab, denen später erst die 7 Gestirne - 5 Planeten, dazu Sonne und Mond - beigeordnet wurden. Eine arithmetische Verbundenheit zwischen den bei­den Mondzahlen 7 und 28 ergibt die Addition: 1+2+3+4+5+6+7=28. Dass diese Zahlenzusammenhänge uraltes Wis­sensgut auch im europ. Norden waren, macht eine bronzezeitliche Felsgravur Schwedens (Aspeberget/Bohuslän) wahrscheinlich. Die men­schen­gestaltige Figur hält auf ihrer gespreizten, übergroßen 4-Finger-Hand eine Aufreihung von 4x7 kreisrunden Zähleinheiten.
 
Abb. 2 - Bronzezeitliche Felsritzung von Aspeberget, Bohuslän (farbig angelegt)
 
Auch in China galt die 7-Zahl, die das Natur­leben, insbe­sondere das weibliche Leben, bestimmende Zahlengröße. In 2x7 Jahren öffnet sich die „Stra­ße des Yin“, das heißt, die Monatsblutung des Mädchens setzt ein und wieder­holt sich alle 4x7 Tage, bis sie nach 7x7 Jahren mit den Wechsel­jahren endet. Die Schwanger­schaftsdauer lässt sich ebenfalls unter Zuhil­fenahme der 7 errechnen, in­dem zum ersten Tage der letzten Menstruation 40x7 Tage dazu­gezählt werden.20 Von einer sieben­kammerigen Gebärmutter wurde in der mittelalter­lichen medizini­schen Fakul­tät von Salernum gesprochen, doch das 7-Kammer-Modell geht auf an­tike Vorstellungen zurück, wobei sich pythagoreische und vorsokra­tisch-naturphilo­sophische Einflüsse misch­en. Der Uterus wird nach der Sieben­zellenlehre in 7 Kam­mern unterschiedlicher Wärmegrade eingeteilt. Drei liegen auf der rechten, drei auf der linken, eine befindet sich genau in der Mitte am Scheitel der Gebärmutter.
 
Oswald Spengler drückte es so treffend aus (gekürzt): „Das Weibliche steht dem Kosmischen näher. Es ist der Erde tiefer verbunden und unmittelbar einbezogen in die großen Kreisläufe der Natur, es ist Schicksal, ist Zeit, ist die organische Ursache des Werdens selbst. So oft sich der Mensch das Schicksal faßlich zu machen sucht, er hat es immer den Eindruck von etwas Weiblichem empfunden, von Moiren, Parzen und Nornen. Der höchste Gott ist nie das Schicksal selbst, sondern er vertritt oder beherrscht es - wie der Mann das Weib. Das Weib ist in ursprünglichen Zeiten auch die Seherin, nicht weil es die Zukunft kennt, sondern weil es sie ist. Der Priester deu­tet nur, das Weib aber ist Orakel. Die Zeit selber redet aus ihm.“ (Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 1923, S.960 ff)
Göttinnenzahl
 
Die Mond­ver­bun­den­heit der 7 prädestiniert sie zur Frauen- und Göttinnenzahl. Aus Mitte des 3. Jt. v.0 stammt das Steinrelief von Tell Chuera im Nordosten Syriens. Es führt jene Leben und Fruchtbarkeit spendende Heptade der großen vorderasi­ati­schen Göttin (Inanna-Ischtar) vor. Wir sehen 7 Göt­tinnen in höchst altertümlichen Zottengewändern nebeneinander auf einer Bank sitzen, sie halten kleine Kinder und junge Tiere auf dem Schoß. Aus diesem Vorstel­lungskreis gingen die 7 ugaritischen Kotarat-Geburtshelfer­innen sowie die 7-brüstige Sentalirte hervor, die von Hethitern u. Hurritern als Ninattanni bezeichnet wurde. (Volkert Haas, Hethitische Berg­göt­ter, 1982, S. 85f) 2x7 Steine, 7 aus Bergkristall und 7 aus Lapislazuli, wurden während des hethitischen Totenbrauchs dem verstorbenen König mit ins Grab gelegt -, sicher­lich ein Wiedergeburtsritual. Die vedi­sche Göt­tin Sarasvati glaubte man in allen 3 Weltre­gio­nen in 7-facher Potenz wesend (Rig­veda 1.2,3 / 7.36,6). Die vedi­sche Göt­tinmutter Aditi galt als das die Lebewesen erzeugende All, als Mutter der 7 Aditya, worunter wohl die 7 Planeten zu verstehen sind (Atharvaveda 8.10). Die iran. Muttergöttin Anahita beschrieb man als die Feuchte, Reine, Unbe­fleckte, „siebenmal wohnend“ in allen 3 Sitzen, der Erde, des Zwischen- und des Himmel­rei­ches. Wenn die 7 vor­nehmlich weiblich ver­standen wurde, so ist leicht erklär­lich, wa­rum im Ind.-Iran. auch 7 Weltflüsse und 7 Erdteile erwähnt werden und im Hindu­ismus von den „Sieben Müttern“ (Saptamatrka) gesprochen wird. Sieben­stufig ist der Rock der kretisch-minoischen Muttergöttin, deren Bild wir von Statuetten und Stempelsiegeln kennen. Die sumer.-babyl. Ischtar legt 7 Kleidungs- und Schmuckstücke ab auf ihrem Weg in die Unterwelt. Hesio­d sprach von 7 Zeusgemahlinnen. Isis wurde von 7 schützenden Skorpionen begleitet, als sie vor Typhon-Seth flüchtete; sie trägt 7 Schleier oder Ge­wänder, wie die Natur mit 7 ätherischen Gewändern, den 7 Planetensphären, um­ge­ben ist. Nach An­gaben des Kalenders von Esne wurden zu Ehren der ägypt. Neith im Laufe des Kalen­der­jahres 7 Feste gefeiert.23 Aus der Rede des Kaiser Julian auf die Götter­mutter erfahren wir: „Isis, die Natur, aber ist sie­bengewandig, da sie 7 ätherische Gewänder um sich hat und mit ihnen bekleidet ist - denn in allegorischer Deutung bezeichnen sie so die 7 Planeten und nennen die Zo­nen ätherische Gewänder....“  (Kaiser Julians Philosoph. Werke, übers. U. erklärt von R. Asmus, Leipzig 1908, S.184 u. 194) Das 7-Gestirn der Bärin bezeichneten hel­lenistische Zauberpapyri (P. IV 1275-l389) als Sitz der „größten Göttin“, worunter die volkstümlichste grie­ch. Göttin Artemis / Diana - mit Mond- und Fruchtbar­keitsbe­zü­gen - verstanden wurde.21 Ähnlich äußerte sich der Pytha­goreer Philolaos, näm­lich die Siebenzahl sei „Führerin und Herrscherin über alles“. Als einzige unter den 10 Zahlen sei sie „weder gezeugt noch zeugend“, also „ungezeugt“ bzw. von keiner anderen Zahl, außer der Eins/Einheit, „ge­zeugt“ (da sie innerhalb der Dekade in keiner Zahl als Faktor auftritt). Sie sei eins, ewig-seiend, bleibend, nur sich selber gleich, ver­schieden von allem, so wie die mutter­lose jungfräuliche Göttin Athene (denn als Primzahl ist sie nur durch 1 und durch sich selbst teilbar).22 Tatsächlich erscheint auch im ODING-Kreis die 7 () mit der „mutterlosen“ 1 () identisch: Beim Weiter­zählen über 24 hinaus wird die 1. Rune zur 25. mit QS-Kernzahl 7. Auf dem berühmtesten Bildzeugnis kelt. Religion, dem Kessel von Gundes­trup/Däne­mark, sind 7 Göttinnen dargestellt. Nicht mehr als Zufall dürfte es nach all dem ge­sagten erscheinen, dass sich 7 germ. Völker zu einem Kultverband zu­sam­men­schlos­sen, um ihre Muttergöttin Nertha zu ehren (Tacitus, Germ. 40). Caesar berichtet im Bello Gallico, das Heer des suebischen Führers Ariovist (germ. Ariowist) hätte aus den Angehörigen sieben norddeutscher Stämme bestanden. Wie sehr Ariovist dem Mutterkult verpflichtet war, geht daraus hervor, dass er den Rat der Mütter/Matronen befragen musste, zu welchem Mondstand er den Kampf gegen seinen röm. Feind Caesar beginnen durfte. Die Ostsee galt als Suebenmeer, worin eine der Muttergöttin Nerthus, der „Terra Mater“ (Mutter Erde), geweihte Insel lag. In den an. Edda-Texten erscheint diese Gottheit als Njörd. Von ihr berichtete C. Tacitus in seiner Germania, Kap. 40. Ihrem Dienst gehörte ein Kultverband von sieben Stämmen an, es dürften die gleichen gewesen sein, die um 150 Jahre zuvor im Heer der Ariovist dabei waren. Tacitus zählt sie auf: „Avionen, Anglier, Variner, Eudosen, Suardonen, nördliche Sueben, Nuitonen.“ Bei der Insel, mit ihrem heiligen mutterkultischen Hain, wird es sich um die nordschleswigsche Insel Alsen (got. ahls  = Tempel / Heiligtum) oder um Rügen handeln. Wir sehen, dass die auf Göttinnen bezogene Siebenzahl im Entstehungszeitraum der Runen in der Germania von Bedeutung gewesen ist. Gewiss aus altheidn. Überlieferung heißt bis heute ein kleines rotes Käferlein (Coccinella Septempunctata) allein wegen seiner 7 schwarzen Punkte engl. Ladybird / Ladyfly / Ladycow und oberdt. Frauachüeli / Frouehenje. Nach der Christianisierung wurde wahrscheinlich aus dem Frijavöglein ein Marienvöglein und -käferchen.
Die „böse“ Sieben
 
Wir sahen: aus uraltem Verständnis hervorgehend, trägt im ODING-System die erdhafte germ. Früh­jahrs-Mutter­göttin () die Ziffer 7 als Seiende in der Weltzeit und symbolisiert wie alles rein Weibliche vordergründig das Stofflich-Irdisch-Ver­gäng­­liche. Vom Vergäng­lichen zur Vorstellung, dass es eine Art Krankheit sei, die überwunden werden kön­ne/müsse zur dauerhaften Gesundheit des rein Geisti­gen/­Jenseitigen, ist nur ein kleiner Schritt. So drang in diesem Sinne die Be­deutung der Zahl in die antike Medizin ein. Die Schule des Hippokrates sagte: „Die Sie­benzahl be­herrscht die Krankheiten und alles, was im Körper von Zerstörung be­troff­en wird.“ Die traditionelle heidn. Zahlenalle­go­rese wurde christ­licher­seits über­nom­men. So dass der Kirchen­schrift­­steller Hippolyt (3. Jh.n.0) ausführte: „Die Achtheit [] ist ewiges Leben und Un­sterb­lichkeit, die 7-heit [], die irdi­sche Zeit und Vergäng­lichkeit.“ (Franz Joseph Dölger, Zur Symbolik des altchristl. Taufhauses, in: Antike und Christentum, Kultur- u. religions­wiss. Stud. Bd. 4, 2. Aufl., S.175) Die 7 „Kleino­di­en der Weltherr­schaft“ sind verständ­licherweise für die erdflüchtig-jenseitsgewandten Buddhisten nur irdischer Tand: Rad (Wagen), Elefant, Ross, Weib, Juwel, Minister, Heerführer. Ähnliche Züge entwickelte der Christianismus, beide Religionen trachten ja danach menschliche Begierden, Wille zur Welt, jegliche Geburt, Wiedergeburt und damit Weib und Zeit zu überwinden. So machten sie die 7 zur Zahl der „Sünde und der Sühne“. Erst wenn dem Weltweib die „Sieben Welt­wun­der“ vergangen sind - so wie der Maria Magdalena (nach Nag-Hammadi-Schrift NHC II,3, dem Philip­pus-Ev., 64, Spruch 55: Geliebte des Jesus) die „Sieben Teufel“ aus­getrieben wurden (Mar­kus 16,9) - würde die Welt im Sinne leibfeindlicher Ideologen entnatürlicht und ent­weib­licht sein. Das urchristl. Verständnis wollte ja allein die Jungfrau, also die Noch­nichtfrau und das ver­männlicht-vergeistigte Weib gelten lassen. Auf dem einge­schla­genen Wege dorthin wurde christlicherseits dem Weib Weisheit und Wissen konse­quent abge­spro­chen, bis hin zu solchen Mordtaten an Frauen, die in dieses Schema nicht hineinpassen wollten, wie die schöne weise Griechin Hypatia (370-415). Als redegewandte tapfere heidn. Mathematikerin und Philosophin wurde sie auf Anstiften des Bischofs von Alexandrien von einer Mönchsrotte auf grauenhafte Art und Weise umgebracht. Ein ähnliches gleichbegründetes Schicksal erlitten schließ­lich im christlich dominierten Mittelalter all die Hunderttausende entehrter und verbrannter sog. Hexen. Die Siebenzahl verkörperte ja auch gerade die gefährlich erscheinende weibliche Klugheit, welche ausgemerzt werden sollte, hatte die Antike doch die 7 mit Pallas Athene (röm. Minerva) verglichen, die dem Kopf des Zeus entsprungen war und als Lehrerin in vielen Künsten und Wissenschaften erschien. Ver­ständ­lich also, dass bei einem mit­telalterlichen dt. Kartenspiel auf 7. Blatt ein grimmiges altes Weib ab­ge­bil­det war und so das Wort von der weiblichen „Bösen Sieben“ entstand. (vgl. Abb. 7).