Die 21 - - Vollkommenheit
Das archaische lat. Alphabet umfasste 21 Buchstaben. Der Spielwürfel (Hexaeder/Kubus), als ein von 6 Quadraten begrenzter Körper, ist Symbol der veränderlichen Dauer bzw. Ewigkeit. Unter den fünf platonischen Körpern repräsentiert er die Erde; er trägt 21 Augen. Die 21 wurde zwar „Krone der Magier“ genannt, doch ohne einleuchtende Begründung. (Cheiro, „Das Buch der Zahlen“, 1964, S. 78) Eine pythagoreische Erklärung wäre aus dem Mysterium dieser Geheimlehre um die Tetraktys („Vierheit“) zu gewinnen: Die Summe der ersten vier harmonischen Zahlen multipliziert mit der vollkommenen 6-Zahl ergibt 210 (6+8+9+12=35X6=210). Die 21 ist Produkt aus der ganz außerordentlichen, einerseits erdhaft-mütterlichen, andererseits kosmisch-geistigen 7 und der Gottesgeistzahl 3 (7x3). Schon die 7 verglichen die Pythagoreer mit dem Lenker des Weltalls, um wie viel mehr müsste die Dreimalsieben die Zahl des Weltgeistes sein! Sie muss als noch einmal überhöhte „vergeistigte Sieben“, als Kronensieben verstanden worden sein. Jedenfalls ist sie ein Signum für die Feuergeistigkeit Gottes.
Die 21 und das Würfelspiel: Die Zahl 21 ist auch die Würfelzahl. Jeweils zwei sich gegenüberliegende Seiten eines Würfels, ergeben 3x die Summe 7 (1+6, 2+5 und 3+4), ein Würfel hat somit insgesamt 21 Augen. Das Würfelspiel war bei den Indogermanen immer fest im Kult verwurzelt, so kannten Griechen wie Inder ein Würfelorakel und die Balten verwendeten Würfel zur medizinischen Diagnose. Ein sehr altes und wahrscheinlich auf gemeinindoeuropäische Wurzeln zurückgehendes kultisches Würfelspiel ist aus den Veden bekannt und ging einem Stieropfer für Rudra, dem Patron und Führer der Vrātyas, der Männerbünde voran. Dass auch Germanen leidenschaftliche Würfelspieler waren, davon berichtet Tacitus (Germ. 24), ob diese Würfelspiele kultischer Natur sein konnten, ist anzunehmen. Im rituellen Würfelspiel werden sie die Zahl 21 automatisch mit Gott Wodanaz-Wodan assoziiert haben. (Kris Kershaw „Odin: Der einäugige Gott und die indogermanischen Männerbünde“, S. 248 ff)
Allgebärerin
Sie ist die geheimnisvolle Allzahl, Rundzahl, versteckte Jahreszahl. Die Totale der 24 Runen verdichtet sich zur QS 6 und aus der Theosophischen Addition jener perfekten 6-Zahl (1+2+3+4+5+6=21=2+1=3) wird über den Umweg der 21 die Gottes-3 als Kernziffer sichtbar. Das wäre schon fähig, die ihr entgegengebrachte Hochschätzung zu erklären. Bei Theosophischer Addition der Geistzahl 21 ergibt sich 231 als Zahlensymbol der Geistwelt; deren Umkehrung müsste folglich die Körperwelt versinnbildlichen, das wäre 132. Die Addition beider ergibt mit 363 die fast genaue Anzahl der Jahrestage; denn das Jahr wurde mythisch verstanden als etwas aus den beiden großen Gegensätzen Zusammengebrachtes. Die Geistwelt der Größenordnung 231 (QS 6), als Schöpfung des Asen (Wodin), ist zwangsläufig der irdischen Schöpfung vorgeordnet, deshalb musste die 21., die A-Rune des Asen im Runen-Jahr (Zeit)kreis vor dem Kreislaufbeginn eingeordnet werden.
Im ähnlichen Sinne verwendete die Zahl der Autor der Nag-Hammadi-Schrift (NHC VIII,1) über die Himmelsreise des Zostrianos, aus Anfang des 2. Jh. n.0. Sein Text von 132 Seiten soll der irdische Spiegel der geschilderten geistigen Himmelswelten für seine Schüler sein. Auch jüdische Kreise ließen sich von der neupythagoreischen Buchstabenmagie anstecken und verarbeiteten die Geistweltzahl 231, das beweist das mittelalterliche Sepher Jezira („Buch der Schöpfung“). Es vermittelt in dunkler, mystischer Sprache die magische Anwendung der 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets. Im Vers 2,2 heißt es: „Zweiundzwanzig Buchstaben: Er gravierte sie, Er meißelte sie, Er permutierte sie, Er wog sie, Er transformierte sie, und mit ihnen bildete Er alles, was geschaffen ward, und alles, was geschaffen wird." Mit dem „Er“ ist zweifellos Gott gemeint. Gemäß dem Thora-Satz „Die Erde war Chaos und Leere" (Gen. 1,2) definiert das Sepher Jezira das Chaos als Ursubstanz der magischen Schöpfung. In dieses pränatale Sein, das eigentlich Nochnichtsein, oder vorirdisch-ideenhaftes Sein ist, stellt der Text geheimnisvolle 231 Tore „in einem Kreis wie eine Mauer", die aus den 22 Buchstaben gebildet werden. Sie stellen die 231 mathematisch möglichen Verbindungen zweier Buchstaben des Alphabets dar, wenn sich keine Kombination wiederholt: A und B wird z.B. also nur einmal verbunden, die Kombinationen AB und BA gelten als gleich. In der Kabbala ist häufig von den „Pfaden der Weisheit" die Rede. Das hebräische Wort bytn („Pfad“) hat den Wert 462, also 2 x 231. In einem Entwurf von 231 Verbindungen gibt es jeweils 462 Buchstaben. Wenn aus dieser Zahlengröße die Welt hervorgegangen sein soll, und das Judentum bekanntermaßen den Anspruch erhebt, mit dieser gleichwertig zu ein, muss auch Israel auf 231 zurückgeführt werden können: Durch eine kabbalistische Umformung wird hebr. larwy (Ishrael) in alr wy verändert, was bedeutet: „da sind 231“. Da die Zahl 231 Ergebnis der arithmetischen Addition der Zahl 21 ist und diese schon in den alten ind. und pers. Religionsschriften von Bedeutung war, dürfte es sich bei den jüd. Konstruktionen nur um späte gesuchte erkünzelte Ausdeutungen des eigentlich dazu unpassenden 22-er Buchstabensystems handeln. Die ursprüngliche Bedeutung der Geistweltzahl hat das Sepher Jezira aber getreulich bewahrt und anschaulich vermittelt.
Wie wichtig die 21. Rune im System ist, geht aus folgendem verstärkt hervor: Der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci (1180-1240) veröffentlichte eine bedeutsame Zahlenreihe aus Überlieferungsgut, denn er schreibt nicht er wäre ihr Entdecker: 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34 usw. Die später nach ihm benannte „Fibonacci-Reihe“ stellt die Zahlenfolge des Goldenen Schnitts dar. Sie hat die Eigenschaft, dass sich die jeweils folgende Zahl aus der Addition der zwei vorangegangenen ergibt: 1+1=2; 1+2=3; 2+3=5; 3+5=8; 5+8=13; 8+13=21 usw. Je drei aufeinander folgende Glieder dieser Reihe bilden eine Dreiergruppe (z.B. 5 : 8 : 13) und die Verhältnisse des Goldenen Schnitts. Sie sind so beschaffen, dass sich die jeweils kleine Strecke zur größeren verhält wie die größere zum Ganzen. Dergestalt lässt sich rechnerisch die Erweiterung von Kleinsten bis ins unendlich Größte darstellen. Aus neupythagoreischem Denken kommt die Gewissheit: „Wenn Gott schafft, rechnet er“. Der bedeutendste multigeniale Kopf der Neuzeit, Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) prägte den Satz: „Cum deus calculat, fit mundus", „Die Schöpfung der Welt ist eine Rechnung Gottes!" Dass dies auch Glaube der Runenmeister war und die gesamte Zahlensymbolik der runenmeisterlichen Darstellungskunst auf dem Goldhorn von Rosengaard, zu Anfang 5. Jh., auf der sog. „Fibonacci-Reihe“ beruht, konnte Heinz Klingenberg in seinem Runenbuch nachweisen. Die Reihe beginnt mit der Einheit und reiht zunächst die ersten natürlichen Zahlen 1, 2, 3 - dem runischen Zahlen- und Buchstabenhaupt - also von „O“ beginnend“, bis zum „A“ der 21. Rune. Im zahlenmythischen Sinne, übertragen auf Vorstellungen der Weltwerdung, wird nach dem Gesetz des Goldenen Schnitts der Kosmos geschaffen, in 6 sich erweiternden Rechenprozessen; in 6 Schritten aus dem Urgrund der „1-2-3“ bis zur asisch-göttlichen Geistwelt des 21-ers, der „2-3-1“. (Erinnerung: Die Theosophische Addition von 21, also die Emmanation der Asenrune 21 ist 231) Innerhalb dieser Spanne, von „O“ bis „A“, oder umgekehrt (im runischen Zeitkreis ist A dem O vorgeordnet), liegen alle Elemente des Kosmos nach hellenistischer Buchstabenmystik, so wie es in einer koptischen Mysterienschrift von der Bedeutung des großen Namens des wahren Gottes heißt: Er bedeutet „Vater aller Vaterschaft, denn das All ist aus dem Alpha herausgekommen und wird zu dem Omega zurückkehren, wenn die Vollendung aller Vollendung statthaben wird“. (Hans Leisegang, Die Gnosis, 1985, S. 330f) Getreu dem hermetischen Grundsatz „Oben wie unten“, ist das Runen-All so gut wie aus dem „O“ aus dem „A“ des Asen Wodan hervorgegangen, er wird damit als der germanische Logos („Weltgesetz / -vernunft“) geoffenbart. Der schon im altägyptischen Totenbuch vorkommende Gottesnamen Iao bestand aus dem mittelsten, ersten und letzten Buchstaben des griech. Alphabets. Das erschien tiefsinnigen Gemütern derart bezeichnend, dass diverse Kultgruppen diesen Begriff ihren Hauptgottheiten beilegten, so auch der aus persischer Mystik stammende Aion, der als Licht- und Zeitgott, Weltschöpfer und -regent, Offenbarungsgott und Erlöser galt. Auch ein altgerm. Wōðinaz würde dem Rahmen dieses Buchstabenschemas sehr genau entsprechen.
In den griech.-hellenistischen Zauberpapyri wird die Woche durch die 7 griech. Vokale bezeichnet, in Zusammenhang mit den 28 Mondhäusern: Die Vokale schrieb man dann in ansteigender Zahl, also: a, ee, hhh, iiii, ooooo, uuuuuu, wwwwwww-, so dass 28 Buchstaben hintereinander stehen. (Franz Dornseiff, Das Alphabet in Mystik und Magie, 1925, S. 35ff) Übertragen wir diese Verständnismanier auf ODING-Verhältnisse, mit den 6 Runen-Vokalen, ergibt sich folgendes Bild: o, ee, yyy, iiii, aaaaa, uuuuuu= 21 Stäbe. Der 21-er, der Ase-Wodin, wird als Herr und Schöpfer der Vokale, also der Grundlaute runischer Sprache und Schrift, erkennbar.
Altheilige Zahl
Die heilige Zahl 21 besitzt altehrwürdige Tradition: Als Umlegehölzer der vedischen Brandopfer wurden 3 x 7 Hölzer gebraucht (z.B. Rigveda 10.90,5,15). Ein solches Brandopferzeremoniell war nichts anderes als ein Entstofflichungsprozess, d. h. Vergeistigung des Opferangebotes für die im Geistigen wesende Gottheit. An anderer Stelle heißt es: „Das Opferfeuer hat 7 Einschlusshölzer und 21 Brennhölzer“ (Rigveda 10.90,15). Die feurige Urkraft Agni wohnt in verborgener Gestalt (rupa) in diesen 21 Hölzern. Erst wenn die Flamme erwacht, ist Agni in seiner sichtbaren Offenbarung zu schauen. Agni ist also ebenso die 21 (2+1= 3 ), wie das Himmelsfeuer Surya, von dem die Veda-Wissenden sagten: „Die Sonne ist gleich 21“ (z.B. Cankhayanacrautasutra 16.3,9), oder „Mit 21 [Silben] gelangt man zur Sonne“ (Chândogya-Up. 2.10,5). Welche Vorstellung Altindien von dieser Totalitätszahl hegte, erweisen Erklärungsschriften wie Satapatha Brahmana 4.2,2,3: „Will man die Zahl 21 haben, so ergibt sie sich aus der Addition der 12 Monate, der 5 Jahreszeiten, der 3 Welten und der einen Sonne; oder daraus, dass der Mann / Mensch [purusha] 21-fältig ist: Er hat nämlich 10 Finger, 10 Zehen, dazu das Ich.“ Purusha galt indischen Spekulationen als das geistige Prinzip, das man in der hellenistischen Gnosis Logos und Christos nannte; im Germanischen eben Wodan. Gemäß solcher Hochschätzung mussten es 21 Vedaschulen sein, welche das würdige Wissen hüteten,69 und auch das Avesta, das heilige Buch der Zorasterreligion, war in 21 Teile, sogenannte Nasks, gegliedert. Das Ahuvar-Gebet, welches Gott Ohrmazd selbst wider den bösen Geist einst gesungen hatte, um ihm die endliche Niederlage anzuzeigen, bestand aus 21 Worten. Dazu kennt die iranische Religion 21 gute Geister, sogenannte Jagatas.70 Der jüdische Widerspruch veranlasste die Zahl 21 bzw. den 21. Buchstabe des jüd. Alphabetes als „sin“ („Zahn“) zu deuten. Der zur Aneignung und Vereinnahmung des Materiellen, Körperlichen) und „Narrheit" ?
Ptolemaios, wahrscheinlich schon vor ihm Hipparch, beschrieben 21 Sternbilder nördlich der Ekliptik.71 Hoch oben im Norden glaubten die alten Völker den Weltenberg und darüber die Götterthrone. Dort hinan zum Himmelszenit hoffte auch der Mithrasgläubige dereinst aufzufahren in den unermesslichen Strahlenkreis. Nach bestimmten Gebeten und der Anrufung des Licht- und Feuergottes in dessen 21 griech. Bezeichnungen erhoffte er sich Einlass in die Welt der Seligen.72 Und auch die Ägypter glaubten an 21 Tore zur Jenseitswelt, wo die Seele von Osiris mit 2x21=42 Totenrichtern erwartet wurde.73
Der zahlensymbolische Befund der ODING-Lehre stimmt also überein mit einer Menge eindeutiger Quellen, auch mit den aus hermetischer Theosophie hervorgegangenen mittelalterlichen alchimistischen Systemen. So zeigt noch ein Kupferstich von 1723 den Annulus Platonis („platonischer Ring“), mit dem geflügelten Schlangenwesen des Aufstiegs und dem ungeflügelten des unterirdischen Prinzips (vgl. Abb. 4). Die 7 Metall- bzw. Planetenzeichen sind derart geordnet, dass 6 davon rings um das Allsymbol kreisen (Sonne=Gold, Mond=Silber, Venus=Kupfer, Jupiter=Zinn, Saturn=Blei, Mars=Eisen), während im Herzen der Dinge und des Kosmos als 7. Symbol Merkur=Quecksilber thront. Galt er, der Hermes-Merkur, aus Sicht der alchimistischen Merkur-Enthusiasten, dort im Zentrum, als Summe seiner 6 um ihn kreisenden Trabanten, war er rein rechnerisch der 21-iger. Hat man ihn als 7. und als als 7-ener verstanden, dann musste er als Hermes-Trismegistos („Dreimalgrößter“), wie man den Gott im Hellenismus nannte, zur Dreimalsieben, ebenfalls zum 21-er werden. Bei dieser Gelegenheit sei auf das Merkurzeichen hingewiesen (), das dem uralten Schlingen- und Doppelschlangenzeichen am Herolds- und Zauberstab des griech. Hermes ebenso gleicht wie der gedrehten Odal-Rune, dem Odem-Seelensymbol des Wodin-Odin (), das ein einfaches Schlingenzeichen ist das in kurviver bzw. runder Form gleiche Gültigkeit hatte. Nach antik-römischem Verständnis entsprach der germ. Wodan dem Merkur und auch die Christenkirche ersetzte Wodan folgerichtig durch ihren Erzengel Michael, der ebenfalls dem Planet Merkur zugerechnet wurde.
Die Hochschätzung unserer Zahl hat sich auch im Tarot niedergeschlagen: Die 21. Karte ist die stärkste, bedeutungsvollste, sie heißt „die Welt“, sie symbolisiert das Absolute, die Erfüllung: „Die Karte zeigt die göttliche Urkraft hinter dem Kreislauf, dem Spiel der Welt“.74 Ältere Handschriften definieren die Bedeutung der Zahl 21 in Übereinstimmung mit unserem Befund: „Gekröntes Haupt“, „Ruhm“, „Geistiger Aufstieg“. (Werner Zimmermann, Geheimsinn der Zahlen, 1948, S. 24) Nicht uninteressant erscheint die Frage, ob sich auch im germ., altnord. und frühdt. Fundmaterial die Bedeutung der 21 nachweisen lässt: Das bronzezeitl. (ca. 800 v.0) Hängegefäß von Sophienhof/Kreis Temmin (ehem. Museum von Stettin) weist 21 Sonnenstrahlen auf (vgl. Abb. ???) Die eisenzeitl. Hakenplatte des Holsteiner Gürtels von Thorsdorf/Kr.-Grevesmühlen führt 3x7=21 Sonnenzeichen (vgl. Abb. ???). Das altheidn. Sonnengeist-Relief in der Tübinger Jakobuskirche (vgl. Abb. 15) besitzt drei zentrische Ringe, zehn Finger und acht Armreifen, zusammen 21 Zähleinheiten. Im altgläubigen Runen-ODING durfte diese esoterische Kronenzahl allein dem Weltengeist zugesprochen werden, dem Hermes-Trismegistos, dem Asen Wodin, dem Atem des Alls.